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Kapitel 1

 

Unverhoffte Neuigkeiten

 

 

 

Der Himmel über Coruscant war dunkel geworden und jemand, der nicht wusste, was jenseits der Atmosphäre des Planeten vor sich ging, der hätte das Schauspiel, welches sich ihm am Nachthimmel bot, sicherlich bewundert wie ein Kunstwerk. Hauchfeine bunte Linien zogen sich zwischen vermeintlichen Planetoiden oder Asteroiden, während sie von unzähligen Glühwürmchen umkreist wurden.

In der Loft-Suite von Republica 5000 jedoch hatte dafür niemand einen Sinn. Hier wusste jeder, dass das bewundernswerte Spiel von prächtigen Farben am Firmament nur bedeutete, dass Leute bei dem Versuch starben, den Angriff der Konföderation, geführt von General Grievous, abzuwehren.

Im Gegensatz zu meinen Kammerdienerinnen hatte ich mich direkt an die großzügige Fensterfront gestellt, um den Himmel zu beobachten. Ich konnte nicht ausmachen, welche Lichter zu welchen Schiffen gehörten oder wer wohl die Oberhand hatte, aber was ich genau sehen konnte, war, dass der Kampf erbittert sein musste.

"Was geschieht, wenn die Konföderation siegt?", fragte Halé, die jüngste meiner Kammerdienerinnen, verängstigt. Sie war gerade einmal 14 Jahre alt und die jüngere Schwester von Dané, die schon seit mehr als 2 Jahren in meinem Dienste stand. Sie war von Königin Apailana persönlich ausgesucht worden, nachdem ich fünf Monate nach dem Kampf in der Arena von Geonosis das Krankenhaus wieder verlassen hatte.

Offiziell hatte sie damit meine Aufopferung ehren wollen, denn Dané war während der ersten Amtszeit der Königin ihre Erste Kammerdienerin gewesen. Inoffiziell unterstützte sie mich bei einer eher geheimen Bildung einer Opposition gegen den Obersten Kanzler. Dané war es zu verdanken gewesen, dass ich bereits 2 Wochen nach meiner Entlassung wieder meinen Dienst als Botschafterin hatte antreten können.

Diese Aufgabe war nun wichtiger denn je, denn während ein großer Teil der Republik nun den Krieg mit Waffengewalt für sich entscheiden wollte, waren Naboo und einige andere Systeme für eine friedliche, diplomatische Auflösung des Konfliktes. Leider hatte die Königin in den letzten Jahren ihre Zweifel daran bekommen, dass auch der Kanzler an einem solchen Ergebnis war. Und da Padmé als Senatorin zu viel Aufmerksamkeit bekam, hatte sie mich damit beauftragt, im Geheimen Informationen und eventuelle Unterstützer zu sammeln.

In den letzten zweieinhalb Jahren hatte ich mein neues Loft, das mir Padmé nach ihrem Umzug in ein größeres Apartment - es befand sich praktischerweise direkt unter meinem - überlassen hatte, vielleicht gerade einmal 3 Wochen bewohnt. Ansonsten waren meine Kammerdienerinnen und ich meist auf diplomatischen Missionen gewesen, manchmal offiziell mit Padmé, manchmal auch inoffiziell.

Meine seltene Anwesenheit auf Coruscant hieß natürlich auch, dass ich weder Obi-Wan noch Anakin oft gesehen hatte. Auch sie waren in das Geschehen des Krieges involviert. Im Gegensatz zu uns befanden sich die Jedi jedoch an vorderster Front. Sie waren Generäle der Klonarmeen und führten ihre Truppen in die Schlacht gegen die Droidenarmeen des Feindes.

Doch ich war erleichtert, dass ich kaum Berührungspunkte mit Obi-Wan gehabt hatte in den letzten Jahren.

Während ich im Krankenhaus gewesen war, war er immer wieder gekommen, um nach mir zu sehen. Unser gegenseitiges Geständnis war nicht vergessen worden. Doch wir beide wussten, dass sich mit dem Ausbruch des Krieges alles geändert hatte. Es war wichtiger denn je, unsere Aufgaben zu erfüllen. Keiner von uns beiden konnte sich eine Ablenkung erlauben, so sehr wir sie uns auch gewünscht hätten.

Für einen kleinen, selbstsüchtigen Moment hatte ich überlegt, Obi-Wan tatsächlich um seinen Ausstieg aus dem Jedi-Orden zu bitten, und wäre am liebsten mit ihm nach Tatooine oder irgendeinem anderen Planeten verschwunden, auf dem die Republik uns nicht zu interessieren brauchte. Doch ich kannte uns beide zu gut. Eine solche Aktion hätte uns beide zerstört, hätte uns das geraubt, was wir am anderen am meisten respektierten: Unsere Loyalität denen gegenüber, denen wir verpflichtet waren.

Wir hatten nicht einmal darüber sprechen müssen, wie wir nun weiter vorgingen, nachdem unsere gegenseitigen Geständnisse nicht mehr zurückgenommen werden konnten und sollten. Dennoch waren wir beide uns sicher, dass es Wichtigeres gab, als unsere eigennützigen Ziele und Hoffnungen.

Und dennoch stand ich nun hier und blickte besorgt in den Himmel über mir. Ich fragte mich, welche der kleinen Glühwürmchen wohl Obi-Wans Kampfjet war. Ich betete zu allen Göttern, die ich kannte, dass er noch am Leben war. Oft hatte ich in den letzten Monaten, in denen sich der Kampf zugespitzt hatte, das Bedürfnis gespürt, mein Amulett, das mittlerweile an einer Transparistahlkette wieder um meinen Hals hing, abzustreifen, um Obi-Wan über die Macht zu kontaktieren.

Seit dem er letztes Jahr wegen eines Einsatzes seinen Tod vorgetäuscht hatte und ich tatsächlich gedacht hatte, er sei getötet worden, war mir bewusst geworden, dass auch Obi-Wan sterblich war und ich trotz unserer stillen Übereinkunft wissen wollte, dass er lebte und wohlauf war. Ich hatte danach oft das Verlangen gehabt, ihn zu erspüren.

Doch sowohl Yoda als auch Obi-Wan hatten mir deutlich zu verstehen gegeben, wie wichtig es war, dass ich das Amulett anbehielt. Zum einen konnte ich mit der lebendigen Macht nicht umgehen, weil ich schon zu alt für ein Training war, und zum anderen würde meine plötzlich erscheinende Präsenz mich zu einem Ziel sondergleichen machen. Der Sith-Lord, welcher hinter allem, was vor sich ging, steckte, war immer noch nicht gefunden. Und wer wusste schon, was er mit einem untrainierten, starken Machtnutzer machen würde, wenn er ihn nur zu fassen bekam?

Das Öffnen der Fahrstuhltüren unterbrach meine Gedanken, bevor ich Halé antworten konnte, und ich sah Padmé hinaussteigen. Ich sah ihr an, dass auch sie sich in großer Angst befand, denn tiefe Sorgenfalten durchzogen ihre sonst weichen, makellosen Züge.

"Hast du bereits eine Nachricht erhalten?", fragte ich sie mit ebenso unruhiger Stimme, doch sie schüttelte nur den Kopf und stellte sich neben mich.

"Ich konnte es nur nicht alleine durchstehen", antwortete sie mir zittrig und als einer der vermeintlichen Asteroiden in tausend Teile und einem grellen Licht zerbarst, ergriff sie unweigerlich meine Hand.

"Das dort", ich zeigte auf den Größten der Himmelskörper, "ist Grievous Schiff. Dort hällt er den Kanzler als Geisel und dort werden auch Anakin und Obi-Wan sein. Solange dieses Schiff existiert, sind sie am Leben." Ich wusste, es war ein erbärmlicher Versuch, ihr Hoffnung zuzusprechen, immerhin war das Schiff voller Feinde und Anakin und Obi-Wan alleine, aber Padmé nahm es dankend an und versuchte tief durchzuatmen. Und dann bemerkte ich etwas, was mir förmlich die Luft abschnürte.

Ihr war es sicherlich gar nicht aufgefallen, aber sie hatte ihre Hände für einen kurzen Moment auf ihren Bauch gelegt und damit den sehr weiten Umgang nahe genug an ihren Körper gepresst, dass die Wölbung ihres Bauches nicht zu übersehen war. Tausende Gedanken gingen mir durch den Kopf, doch der deutlichste war wahrscheinlich die Frage nach dem Vater, die ich mir auch direkt selbst beantworten konnte: Anakin Skywalker.

Ich ließ ihr gar keine Möglichkeit irgendetwas zu sagen, sondern zog sie nur an ihrem Arm in meine privaten Gemächer und musste mich sehr zusammenreißen, sie nicht zu fragen, wie dumm man sein konnte, sich von einem Jedi schwängern zu lassen. "Wie konnte das passieren?", war die Frage, die mir dann doch über die Lippen kam, und ich war froh, dass es die diplomatischere war. Ich sah Padmé an, dass sie zuerst verleugnen wollte, was ich nun, selbst wenn ihr Umgang weit ausgebreitet war, gut sehen konnte.

Deswegen drängte ich: "Ich weiß von eurer Beziehung, weiß es schon seit mindestens 2 Jahren. Ich weiß sogar, dass ihr auf Naboo heimlich geheiratet habt." Wieder sah sie mich nur an, als wolle sie es nicht bestätigen. Doch ich war noch nicht fertig. "Anakin und du, ihr seid nicht sonderlich gut darin, es zu verbergen. Wahrscheinlich weiß halb Coruscant von euch. Selbst Obi-Wan weiß es."

"Er weiß es?" Es war zwar keine direkte Bestätigung, aber sie reichte mir vollkommen aus. Obi-Wan war eigentlich nur ein Köder gewesen. Ich wusste nicht, ob er es tatsächlich wusste. Ich wusste nur, dass er mir gegenüber bei einem unserer seltenen Aufeinandertreffen bereits seine Sorge bezüglich der engen Bindung zwischen Anakin und Padmé geäußert hatte. Ich hatte damit nur eine Reaktion aus Padmé kitzeln wollen, die ich auch bekommen hatte.

Doch es war immer etwas anderes, etwas über einen Freund zu wissen und es dann von selbigem bestätigt zu bekommen. So löste Padmés stummes, bestätigendes Nicken auf meine Frage hin, ob Anakin der Vater war, eine Menge Gefühle in mir aus. Einige davon hatte ich gedacht, in Bezug auf Padmé nie zu haben. Verständnislosigkeit und Enttäuschung waren noch die Harmlosen unter ihnen.

Was mich selbst etwas verwunderte, war ein gewisses Maß an Neid, das in mir aufstieg. Neid darauf, dass sie hatte ihren Gefühlen nachgeben können, während mich und meinen Jedi schreckliche Gewissensbisse plagen würden, wenn wir etwas Derartiges tun würden. Warum war sie von uns beiden diejenige, die immer alles bekam, was sie wollte, die im Vergleich so ein einfaches Leben hatte? Und war es nicht Padmé gewesen, die mich damals bestärkt hatte, dass es besser war, dass Obi-Wan und ich unseren Gefühlen nicht nachgingen?

"Bitte, verrate es niemandem. Die Republik und die Jedi brauchen Anakin mehr denn je. Wenn er jetzt aus dem Orden ausgeschlossen wird, war alles umsonst. Tausende und abertausende hätten dann für nichts ihr Leben gelassen." Sie ging zum Fenster und blickte auf einen Sektor der Stadt, in dem nur noch brennendes Inferno herrschte, wo vor einer halben Stunde noch ganze Wohnkomplexe und Industriehochburgen gestanden hatten.

Padmé wusste, wie man sein Gegenüber mit Worten entwaffnen konnte, das hatte sie schon immer am besten gekonnt. Natürlich wusste ich, dass Anakin ein wichtiger Teil dieses Krieges war, immerhin war er laut den Jedi der Auserwählte, der Jedi, der die Macht wieder ins Gleichgewicht bringen würde. Es blieb einige Zeit still zwischen uns, wusste ich doch nicht, was ich sagen sollte. Alles, was mir in den Kopf kam, war zu ... unschicklich.

"Wann ist es soweit?" Die Stille, die sich zwischen uns ausgebreitet hatte, war langsam unangenehm geworden.

"Laut dem Mediziner noch ungefähr 4 Monate." Ich hatte bisher noch keine Berührungspunkte mit Schwangeren gehabt, aber ich hatte eigentlich immer gedacht, dass man es einer Frau ansah, wenn sie ein Kind erwartete war. Anscheinend hatten die Sorgen der letzten Monate dies verhindert. Ich überschlug, was wir alles in letzter Zeit durchgemacht hatten, wie viele Möglichkeiten es gegeben hatte, in denen Padmé das Kind hätte verlieren können und es dennoch überlebt hatte. Hatte es dann nicht verdient zu leben?

Natürlich tat es das, jedes entstehende Leben verdiente es gelebt zu werden, verdiente es geliebt und beschützt zu werden. Und wenn dieses Leben nun das Kind meiner besten Freundin war, der Frau, die ich vor so langer Zeit gelobt hatte, mit meinem eigenen Leben zu schützen, so würde ich es gleichermaßen für ihr ungeborenes Kind tun. Egal wie enttäuscht ich von ihr war.

"Dann werde ich mir zu diesem Zeitpunkt nichts vornehmen", stimmte ich eher monoton ein.

Bevor sich weiteres unangenehmes Schweigen zwischen und breitmachen konnte, wurden wir jedoch von erschrockenen Schreien in die Realität gezogen. Sofort traten wir wieder in die Empfangshalle, von der aus man einen guten Blick über den Himmel und einen kleinen Teil des Diplomatenviertels hatte. Die Sonne war mittlerweile aufgegangen, oder zumindest ließen es die künstlich in der Atmosphäre installierten Spiegel so erscheinen, damit auf dem ganzen Planeten eine Zeit herrschte. Von der Schlacht waren nur noch die gleißenden Lichter zu sehen, wenn ein großer Raumkreuzer zerstört wurde. Doch plötzlich donnerte ein riesiger Asteroid ungefähr hundert Kilometer von uns entfernt auf die Landebahn des extra für den Krieg erbauten Raumhafens. Nur war es kein Asteroid, der gerade von Feuerschiffen begleitet eine Bruchlandung hingelegt und dabei den Radarturm zerstört hatte. Es war die Spitze eines noch viel größeren Schiffes, der Unsichtbare Hand, das Schiff General Grievous'.

Wenn dieses Schiff zerstört war und dessen Vorderteil mitsamt der Brücke nun hier war, konnte das nur bedeuten, dass der Kanzler gerettet und Anakin und Obi-Wan erfolgreich gewesen waren. Das wusste auch Padmé und nichts in der Welt hätte sie aufhalten können, sich auf den Weg zu diesem Raumhafen zu machen.

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