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Kapitel 8

 

Reise nach Camino

 

 

 

Alles war still in dem doch etwas engen Cockpit des Raumgleiters, den uns die Jedi für die Reise nach Camino zur Verfügung gestellt hatten. Schon seit einiger Zeit hatten wir das letzte Sternensystem hinter uns gelassen und nichts außer weit entfernten Sternen war zu sehen. Angestrengt kämpfte ich gegen den Gedanken an, was passieren würde, wenn hier draußen unsere Systeme auf einmal versagen würden. Das erbarmungslose Vakuum des Alls würde uns töten, bevor wir überhaupt die Möglichkeit eines Notrufes haben würden. Und selbst wenn uns selbiges gelingen würde, würde uns dennoch niemand mehr finden, wenn ein Rettungsteam hierher gelangte. Es machte einem klar, dass man, egal für wie wichtig man sich selbst doch hielt, eigentlich ziemlich unwichtig in diesem Universum war. 

Natürlich, der Tod von mir und Obi-Wan könnte das weitere Leben für einige wenige Menschen beeinflussen, darunter auch Padmé, aber die Planeten und Sterne würden dann immer noch da sein. Ihre Existenz dauerte schon unzählige Jahrmillionen an und würde auch noch weitere Zeitalter überdauern, daran würde kein Mensch etwas ändern können.

Gedankenverloren spielte ich mit dem kleinen Amulett unter meiner Kampfrobe, eine Robe, die mir Padmé geschenkt hatte, nachdem ich meinen Dienst als ihre Kammerdienerin absolviert hatte. Seitdem ich wusste, was dieses Amulett bedeutete, hatte ich auffällig häufig damit gespielt, hatte mich immer wieder versichert, dass es nicht auf wundersame Weise verschwunden war. Wie fühlte es sich wohl in dieser Leere an, wenn man ein Machtnutzer war? Wie sahen die Jedi diese Leere?  Ein Blick neben mich zeigte mir jedoch, dass mein Begleiter anscheinend wenig beeindruckt von dem Ganzen war. 

Obi-Wan saß mit geschlossenen Augen auf seinem Pilotensitz und er schien beinahe zu schlafen. Seine sonst ernsten Gesichtszüge waren entspannt und er sah so unheimlich friedlich aus. Das erste Mal, seit ich ihn nach 10 Jahren wiedergesehen hatte, hatte ich die Möglichkeit, ihn wirklich anzusehen. Sicherlich hatte ich das zuvor auch schon getan, aber nie so eindringlich wie jetzt. Jetzt konnte er nicht zurückstarren, konnte mir nicht das Gefühl geben, dass er in meinen Augen genau dasselbe suchte wie ich in seinen. Jetzt gab es keine Gefahr etwas aufzuwühlen, was besser vergraben blieb.

Ich sah mir seinen Bart etwas genauer an, denn das war etwas, was ihn gänzlich von dem Obi-Wan unterschied, den ich vor 10 Jahren auf Naboo verabschiedet hatte. Er konnte ihn noch nicht zu lange haben, denn dafür war er noch zu wild gewachsen und an manchen stellen doch kahler als er nach jahrelanger Pflege gewesen wäre, aber er hatte ihn auch nicht erst seit kurzem. Der Bart nahm ihm ein wenig seine Jugend und wahrscheinlich war das auch sein Ziel gewesen, denn es war sicherlich nicht einfach, der Meister von Anakin Skywalker zu sein. Die feinen Falten auf seiner Stirn waren Zeugen der Sorgen, die er sich in den letzten Jahren sicherlich um seinen hitzigen Padawan gemacht hatte.

„Ihr informiert mich doch hoffentlich, wenn Ihr einen Pickel gefunden habt?“ Überrascht schreckte ich zurück. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich dem Jedi wieder so nahe gekommen war. Seine Augen waren immer noch geschlossen, aber ein schelmisches Grinsen lag auf seinen Lippen.

„Unter diesem Bart verstecken sich bestimmt einige davon“, kommentierte ich und ließ mich wieder zurück in meinen Sitz fallen. Skeptisch öffnete er eines seiner Augen und sah mich aus dem Augenwinkel an. „Kommt schon! Wie seid Ihr auf diese Idee gekommen?“, fragte ich neugierig. Auf Naboo gab es nur wenige Männer, die sich einen Bart stehen ließen. In der Tat war Senator Bibble der einzige gewesen, den ich kannte, und er hatte mit dem Bart nur versucht, eine schlimme Narbe zu verdecken.

„Ein Bart ist keine Idee, auf die man kommen muss“, sagte er eintönig und schloss sein Auge wieder. Aber ich wollte diese Aussage nicht auf sich beruhen lassen. „Ihr wisst, dass ich selbst bei Euch merken kann, wenn Ihr mir anstarrt, oder?“ 

„Ich habe es vermutet“, gab ich kühl zurück. Resignierend ließ der Jedi seinen Kopf sinken und öffnete dann beide Augen, während er seinen Stuhl in meine Richtung drehte. Die etwas gereizte Mimik in seinem Gesicht war nur oberflächlich und sehr leicht zu erkennen. Daher ließ ich nicht locker, sondern drehte auch meinen Stuhl in seine Richtung. „Also sagt mir, Meister Jedi, wie kam es zu diesem Bart?“

Tief durchatmend stützte er seine Hände auf den Armlehnen meines Stuhles ab und war mir auf einmal so nahe, dass ich wieder nicht anders konnte, als auf seinen Bart zu starren. Es war immerhin besser, als ihm genau in die Augen zu sehen. „Was stört Euch so an ihm?“

Seine doch etwas aufdringliche Nähe brachte mich dazu, ihm dennoch in die Augen zu sehen, und das war etwas, das in unserer Situation ziemlich gefährlich sein konnte. Vor allem wenn ich seinen auffordernden Blick sah, mit dem er mich beinahe zu durchbohren schien. Es war falsch dieses Spiel zu spielen, aber darin war ich schon immer gut gewesen. Daher trieb ich es noch eine Stufe weiter und stützte meine Hände nicht auf den Armlehnen seines Stuhles, sondern knapp über seinen Knien ab und unsere Gesichter pendelten sich in der Mitter unserer Körper ein, während er mich immer noch erwartungsvoll an. 

„Mich stört, dass Ihr damit versucht, wie Euer Meister zu sein.“ Dieser Kommentar ließ mich offensichtlich ein bisschen Boden gutmachen, denn der Jedi lehnte sich nun wieder etwas in seinem Stuhl zurück und sah mich einen Moment verwundert an. Anscheinend wusste er nicht genau, wie ich zu diesem Schluss gekommen war, und um ehrlich zu sein wusste ich es selbst nicht. Aber jetzt, da ich es ausgesprochen hatte, klang es beinahe plausibel. „Ihr habt Angst, kein guter Meister zu sein, und seid der Meinung, dass dieser Bart Weisheit vorgaukelt, die Ihr noch nicht habt.“ Obi-Wan neigte seinen Kopf ein klein bisschen zur Seite und schien über meine Worte nachzudenken. „Qui-Gon war für Euch immer das Maß aller Dinge, Euer Mentor, es ist nur logisch, dass Ihr versucht so zu sein wie er.“

„Was ist daran falsch?“

„Ich war jahrelang Padmés Kopie. Glaubt mir, es ist viel zu einfach sich selbst zu verlieren, wenn man jemand anderes sein muss.“ Ein Schauer fuhr mir durch den Körper und verlieh mir eine kleine Gänsehaut, als ich merkte, wie eindringlich Obi-Wan mich auf einmal ansah. „Man kann nicht frei von Angst, Schmerz und allem Schlechten sein, wenn man ständig versucht, das Leben eines anderen zu leben.“ Er konnte nicht der Obi-Wan sein, der er hätte sein können, wenn er immer noch versuchte, so zu sein wie Qui-Gon Jinn. Er konnte nicht sein volles Potenzial ausschöpfen, wenn er es nicht in sich selbst sah. Wenn er den Schmerz nur aushielt, weil Qui-Gon ihn ausgehalten hätte, anstatt ihn auszuhalten, weil Obi-Wan ihn gar nicht spürte, dann war das ein großer und entscheidender Unterschied.

„Und Ihr seid sicher, dass Ihr nicht von einem Jedi unterrichtet wurdet?“, fragte der junge Meister mich überrascht und sah mich immer noch mit festem Blick an. „Diese Worte hätten auch von Meister Windu stammen können.“

„Nicht nur Jedi lehren solche Weisheiten“, gab ich zu bedenken, denn selbst wenn ich tatsächlich nie von einem Jedi ausgebildet worden war, hatte ich dennoch eine ähnliche Ausbildung genossen, eine Mischung aus Wissen und Kampf. Dann stand Obi-Wan von seinem Stuhl auf und begab sich in den Laderaum des Gleiters, in dem wir während unserer 3-tägigen Reise aßen und schliefen.

„Dann lasst mich sehen, ob Eure Lehrmeister Euch auch in anderen Techniken als in der der Weisen Worte unterrichtet haben.“ Sein Laserschwert lag schneller in seiner Hand als ich reagieren konnte und ich saß immer noch auf meinem Sitz, als das Surren der Lichtklinge ertönte und er eine kleine Strähne meiner Haare abschnitt. Gereizt funkelte ich den Jedi für einen Moment an, sein dämliches Grinsen provozierte mich nur noch mehr, als er langsam wieder sein Schwert zurück schwang. Meinen Blick nicht mehr von ihm abwendend schob ich mich an ihm vorbei zu der Pritsche, die mir nachts als Bett diente, und holte aus der Tasche, die darunter lag, das Schwert heraus, das er mir vor so vielen Jahren gegeben hatte. 

Sein Blick verreit für einen Augenblick, wie überrascht er war, das Schwert bei mit zu sehen. Wahrscheinlich hatte er gedacht, ich habe es nach all den Jahren weggeworfen oder an jemand anderen weitergegeben, doch das hätte ich niemals tun können. Im Gegenteil, das, was er nun sehen würde, würde ihn wahrscheinlich mehr verwundern, als er es erwartete. 

Innerhalb eines Sekundenbruchteils fuhr die Laserklinge aus dem Schaft und ich hielt auf Obi-Wan zu. Überrascht von meiner schnellen und fließenden Bewegung mit dem Schwert konnte er meine Klinge erst viel zu nah vor seinem Kopf aufhalten und entgegen dessen, was er wahrscheinlich erwartet hatte, hatte auch ich ihn nun einer Strähne seines Haares beraubt. Im Gegensatz zu ihm hielt ich diese jedoch triumphierend in den Händen, während meine Haare verteilt auf dem Boden des Cockpits lagen.

„Wie ich sehe, habt Ihr etwas geübt“, bemerkte der Jedi und begab sich in die Ausgangsposition für einen Testkampf. „Haltet diese Strähne in Ehren, denn es wird die erste und letzte sein, die ihr erhaschen konntet.“

Auch ich ging in die Kampfhaltung über, legte seine Haarsträhne jedoch zuvor vorsichtig in eine Tasche meines Rucksackes. Auch wenn ich äußerlich nicht so wirken wollte, ich ahnte, dass Obi-Wan mit dieser Aussage wahrscheinlich Recht behalten würde. Das würde wahrscheinlich tatsächlich die einzige Haarsträhne sein, die ich ihm je würde klauen können. „Glaubt mir, Jedi, schon bald werde ich mir eine ganze Perücke aus Euren Haaren machen können“, provozierte ich ihn und versuchte dabei so überzeugend und verhöhnend wie nur möglich zu klingen. Wie eine Katze kurz vor dem Absprung ging ich dann in die Knie und beobachtete jede einzelne Bewegung des Jedi genau.

Er stand einfach nur da und schien darauf zu warten, dass ich den ersten Angriff einleitete, immerhin konnte er dann viel besser auf mich reagieren. Diese Genugtuung wollte ich ihm jedoch nicht gönnen und so umkreisten wir uns erst einmal mit gezückten Lichtschwertern. Doch selbst nach einigen Minuten dieses eintönigen Tanzes machte er keine Anstalten, mich von sich aus anzugreifen, und er hatte zumindest in dieser Hinsicht gewonnen. Mit einem kleinen Sprung deutete ich an, von oben anzugreifen. Ich krümmte mich bei dem Sprung jedoch so, dass ich auf seine Knie zielen konnte, und der bisher doch noch relativ bewegungslose Jedi sprang meiner Klinge ausweichend ebenfalls in die Höhe. 

Kaum war ich wieder auf dem Boden gelandet, hörte ich das gefährliche Summen seines Lichtschwertes neben meinem Gesicht. Ich duckte mich etwas weg und wehrte sein Schwert mit meinem ab. Das Zusammentreffen der beigen Laserklingen zischte in meinen Ohren.

So ging unser Kampf einige Zeit weiter und trieb uns beiden den Schweiß auf die Stirn, einfach weil keiner von uns beiden nachgeben wollte. Schlussendlich war es jedoch die Tatsache, dass ich einfach kein Jedi war, die mir die Niederlage einbrachte, indem Obi-Wan, selbst vollkommen verschwitzt und schwer atmend, einfach seine freie Hand ausstreckte und meine Waffe dann auf einmal in seine Hand flog.

„Ohne Eure Jedi-Tricks würdet Ihr mich niemals besiegen“, stellte ich mir den Schweiß abwischend fest. Mit einem schiefen Grinsen kam Obi-Wan auf mich zu, nahm meine Hand und drückte mir das Laserschwert, mit dem ich gekämpft hatte, wieder in die Hand.

„Welchen Sinn hat es dann, sie nicht anzuwenden?“ Er wartete erst gar nicht auf meine Antwort, sondern nahm einfach seinen Rucksack und verschwand in der kleinen Kabine, die uns als Waschraum dienen sollte. Natürlich hätte ich ihm auch während er dort war, eine passende Antwort entgegen können, doch meine Worte blieben mir im Hals stecken, als die Tür zum Waschraum einen kleinen Spalt aufsprang und ich etwas sah, das ich besser nicht gesehen hätte.

Es war ein Ausblick, der mir in unserer momentanen Situation besser verwehrt geblieben wäre, denn auch wenn ich nur einen ziemlich begrenzten Blickwinkel hatte, reichte er vollkommen aus, um mich aller Worte und Gedanken zu berauben. Um ehrlich zu sein hatte ich mir nie viel Gedanken darüber gemacht, was unter der Robe des Jedi stecken konnte. Nein, das stimmte nicht wirklich. Ich hatte mir schon das ein oder andere Mal in den letzten 10 Jahren vorgestellt, was darunter liegen mochte, aber was ich nun sehen konnte, stach alle meine bisherigen Vorstellungen aus. 

Durch die wallende Robe konnte man sich oftmals nur schwer ein Bild von den Muskeln machen, die sie sich sicherlich mit den Jahren antrainiert hatten, aber ich war mir sicher, dass ich es nun nicht mehr würde übersehen können. Das Wasser, mit dem er sich nun den Schweiß vom Körper wusch, machte die ganze Situation natürlich nur noch schlimmer, und für einen Moment wünschte ich mir, ich könne einer dieser Wassertropfen sein, die von seinem linken Schulterblatt bis nach unten zu seinen Füßen wanderten.

In einem kurzen Moment, in dem mein Verstand wieder über mein Herz und meinen Körper siegte, schloss ich jedoch dann vorsichtig die Tür, bevor ich noch mehr sah und damit vielleicht einfach alles aufs Spiel setzte. Niemand konnte wissen, was geschehen würde, wenn wir auf einmal wieder da standen, wo wir vor 10 Jahren gestanden hatten, bevor er Naboo verlassen hatte. Dieses Mal hatten wir für einige Tage keine Möglichkeit, einander aus dem Weg zu gehen.

Als Obi-Wan dann wieder aus der Kabine kam, seine Jedi-Robe wieder sicher um sich geschnürt, merkte ich erst, was es bedeutete, wenn man etwas gesehen hatte, was man nicht mehr ungeschehen machen konnte. Es war wirklich schwer ihn anzusehen und nicht an seine entblößte Rückseite zu denken oder über das, was ich vielleicht von vorne gesehen hätte.

„Solltet Ihr Euch nicht auch besser etwas frisch machen?“, fragte er und sein ziemlich verschmitzter Blick sagte mir, dass er sehr wohl bemerkt hatte, dass ich ihn beobachtet hatte, bis ich die Tür geschlossen hatte. Ich versuchte jedoch nicht auf seine Mimik zu reagieren, sondern schnappte mir meinerseits meinen Rucksack, um in die Kabine zu verschwinden. Ich achtete allerdings sehr genau darauf, die Tür gut zu verschließen. Immerhin wollte ich nicht, dass er es mir gleichtat. Und dennoch kam ich nicht um das Gefühl herum, dass er mich, oder besser gesagt die Tür zwischen uns, eindringlich beobachtete. Vielleicht war es genau das, was mich leicht grinsen ließ. Die Idee, dass er gerade darüber nachdachte, wie ich unter meiner Robe aussah, ließ mir allerdings trotzdem direkt die Röte in meine Wangen schießen.

Es war wirklich nicht gut, sich über so etwas Gedanken zu machen. Nicht, wenn ich mit ihm alleine auf diesem Gleiter war, und das noch für weitere 2 Tage. Immerhin hatten wir beide schon einmal erlebt, was passierte, wenn wir beide unsere Aufgabe und unsere Grenzen vergaßen. Und das durfte nicht noch einmal passieren. Nicht, wenn Padmés Leben einmal mehr dabei auf dem Spiel stand.

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