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Kapitel 7

 

Informationen

 

 

 

Beinahe etwas beleidigt versuchte ich mit Obi-Wan Schritt zu halten. Nachdem Padmé und Anakin abgereist waren, hatte er mir gerade einmal eine halbe Stunde in unserem Loft gelassen, um die wichtigsten Sachen einzupacken und mich unauffälliger zu kleiden. Dann war er einfach losgegangen, ohne auch nur den Hauch einer Erklärung, wo wir hingingen, so als würde er mich überhaupt nicht sehen.

Sein Weg führte uns in ziemlich abgelegene Gegenden der großen Stadt, Gegenden, in die ich als Botschafterin alleine niemals gegangen wäre. Aber Obi-Wan schien sich hier ziemlich frei bewegen zu können, was ich auch der Tatsache zuschrieb, dass einfach jeder Respekt vor den Jedi hatte, selbst Verbrecher. Ich war jedoch erstaunt, als wir dann nach einigen Gehminuten zu Fuß wieder in ein etwas helleres Viertel zu kommen schienen.

„Wärt Ihr vielleicht so freundlich, mir endlich zu sagen, wo wir hingehen?“ Zuerst schien Obi-Wan überhaupt nicht zu beachten, dass ich stehen geblieben war, doch dann drehte er sich um. Seine Miene war nicht gerade erfreut, eher genervt.

„Die ist sicherlich kein Ort, um Halt zu machen“, flüsterte er mir leise zu und zog mich dann wieder hinter sich her. In einer etwas unbeobachteteren Ecke hielt er dann an. „Die Leute, die ihr gerade gesehen habt, mögen sich zwar in der Dunkelheit verstecken, doch sie arbeiten auch hier“, bemerkte Obi-Wan und er sah tatsächlich nicht gerade glücklich darüber aus, dass ich ihn begleitete. „Es wäre also besser, wenn sie sehen würden, dass Ihr zu mir gehört, Botschafterin.“ Sein Ton und der Blick in seinem Gesicht machten mir klar, dass er besorgt war, dass er sich selbst nicht gerne hier aufhielt, vor allem nicht mit so einer Person wie mir.

Ich nickte ihm also missmutig zu und folgte ihm wieder, ohne dass er mich ziehen musste. Meine Augen waren nun viel aufmerksamer und hin und wieder meinte ich einige Sachen zu sehen, die ich wahrscheinlich besser nicht sehen sollte. Zumindest nicht, wenn ich es hier heil herausschaffen wollte, um Padmé helfen zu können.

„Ein Diner?“, fragte ich etwas entgeistert, als Obi-Wan vor einem ziemlich schäbig aussehenden Geschäft stehen blieb. Das konnte nicht sein ernst sein. Hier wollte er etwas essen? Hier, wo es im sicheren Teil der Stadt so viele gute Restaurants gab? Dafür hatte er mich hergebracht?

„Ein Diner. Es gehört einem guten Freund von mir, der mir vielleicht hiermit helfen kann“, antwortete Obi-Wan und zog den Pfeil aus seiner Tasche, der den Auftragsmörder getötet hatte. Ich sah ihn verstehend an. In so einer Gegend wusste sicherlich jeder über jeden Bescheid, oder man kannte zumindest solche Geschosse und wo sie herkamen. Wenn man uns schon keine genauen Informationen über den Auftraggeber geben konnte, dann vielleicht darüber, woher dieser Pfeil stammte. Und vielleicht würde uns das schon etwas näher an die Lösung dieses Problems bringen.

Und tatsächlich. Der Wirt des Diners, ein ziemlich riesiger Typ mit mehreren Armen – leider wusste ich im Moment nicht, welcher Spezies er angehörte – begrüßte Obi-Wan überschwänglich als wir hineingingen. Er war nicht der sauberste, aber Obi-Wan schien ihn wirklich zu mögen. Und er hatte Informationen für uns. Laut ihm kam dieser Pfeil aus dem Camino-System. Die Kloner, also. Ich hatte dieses seltsame Alien-Volk erst einmal kennengelernt. Ihre Hälse, Arme und Beine waren drei Mal so lang wie es bei einem Menschen der Fall war und ihr Gang sah dementsprechend seltsam aus. Sie waren immerzu freundlich, bevorzugten es aber unter sich zu bleiben. Das einzige, was sie wirklich interessierte, war der Handel, und zwar mit ihrem Talent, Klone herzustellen.

„Was für einen Profit würden sie aus Padmés Tod ziehen?“, fragte ich Obi-Wan leise, als wir uns zurück auf den Weg  in den Jedi-Tempel machten. Er wollte Meister Yoda und dem Rest des Rates Bericht erstatten und seine weitere Vorgehensweise absegnen lassen.

„Ich habe keine Ahnung, aber was auch immer es ist, ich habe das Gefühl, dass wir hier in etwas weitaus Größeres geraten sind“, sagte er und irgendwie spürte auch ich, dass er recht haben könnte. Eine dunkle Vorahnung, dunkle Gedanken, die sich in meinem Kopf ausbreiteten, wann immer ich daran dachte, was das wohl alles bedeuten könnte, überkam mich. Irgendwie hatte ich sogar das Gefühl, dass es noch nicht einmal wirklich um Padmé ging. Sie war nur eine Art Schachfigur, die geschlagen werden musste, bevor der König mattgesetzt werden konnte.

Zurück im Jedi-Tempel gingen wir jedoch nicht direkt zum Rat. Obi-Wan wollte erst noch mehr Informationen über das System und über das Volk von Camino einholen. Doch als wir mit unserer Suche begannen, wurde uns, oder zumindest mir, eines klar: irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht! Es gab keine Aufzeichnungen über Camino, noch nicht mal der Planet war auf einer Sternenkarte des Systems zu finden. Einfach nichts war vorhanden, als hätte das alles nie existiert. Und dennoch war ich ziemlich sicher, dass es existierte. Immerhin hatte ich schon einmal jemanden aus Camino gesehen, hatte Geschichten über sie gehört.

Irgendjemand musste in den Aufzeichnungen rumgefuscht haben, doch Obi-Wan wollte das erst glauben, als auch Meister Yoda dies vermutete. Anscheinend hatte niemand außer den Jedi Zugriff auf die Archive, oder konnte sie ändern. Das musste also bedeuten, dass es jemand aus dem Orden getan hatte. Natürlich warf das nicht nur bei mir die Frage nach dem Wieso auf. Auch Obi-Wan und Yoda schienen ziemlich verwirrt zu sein, dass einer der ihren so etwas tun würde, ganz zu schweigen, dass sie den Grund dafür wussten.

„Sollten wir nicht einfach dorthin fliegen und herausfinden, was los ist?“, fragte ich in die Stille hinein und Obi-Wan sah mich entgeistert an. Anscheinend war er nicht meine Meinung. Zu meinem großen Glück schien Yoda jedoch meiner Meinung zu sein und er entschied, dass wir tatsächlich nach Camino suchen würden. Ich hatte ihn noch bitten wollen, dass uns jemand begleiten sollte, aber Yoda war der festen Ansicht, dass wir das auch alleine hinbekommen würden. Ich hatte schon beinahe das Gefühl, dass er uns testen wollte, oder zumindest in irgendeiner Weise mit uns spielte, dass er genau wusste, was sich zwischen mir und Obi-Wan unter der Oberfläche abspielte.

„Meister, dürfte ich kurz mit Euch sprechen? Alleine?“ Ich war erstaunt über Obi-Wans Frage, schien er doch damit anzudeuten, dass er irgendetwas vor mir verbarg. Vielleicht hatte er aber auch einfach nur dasselbe Gefühl wie ich und wollte seinen Meister dazu befragen. 

„Ich werde in der Zwischenzeit einige Sachen holen, die ich für diese Unternehmung brauchen werde“, sagte ich und verabschiedete mich aus dem Tempel. Wenn wir wirklich Coruscant verlassen würden, dann musste ich zusehen, dass die anderen hier sicher waren. Und um das zu gewährleisten, musste ich einen ziemlich beschwerlichen Weg einschlagen. Einen Weg, den ich lieber nicht gegangen wäre.

„Das ist Wahnsinn!“, äußerte ein ziemlich aufgebrachter Gregar seine Meinung dazu, dass ich bald den Planeten verlassen würde. „Das kann nicht dein Ernst sein, Sabé.“ Ich sah Dormé an, ihr Blick war auf den Boden gerichtet und sie wusste, dass ich Recht hatte. Sie wusste, dass es die einzige Chance war, Padmé zu schützen.

„Wir müssen tun, was getan werden muss“, stimmte sie mir mit etwas besorgter Stimme zu und ich sah sie dankbar an. Sie war zwar nie eine Kammerdienerin der Königin gewesen, doch auch sie schien eine große freundschaftliche Liebe für Padmé zu hegen, und wusste, dass wir alles nur Erdenkliche tun mussten, auch wenn es nicht dem entsprach, was wir und andere vielleicht wollten.

„Ihr werdet beide sterben!“

„Dann soll es so sein, Gregar, aber Padmé lebt wenigstens“, antwortete ich ihm und auch meine Stimme wurde etwas lauter und gereizter. Er war der erste Wachmann, wollte er Padmé denn nicht beschützen? Doch als ich ihm in die Augen sah, merkte ich, wieso er sich so sehr dagegen sträubte. Ich sah auf einmal, warum die Gefühle in solchen Situationen nur eine Bürde und ein Hindernis waren. Gregar hatte Angst, die Frauen zu verlieren, denen sein Herz gehörte. Wenn mir und Dormé etwas passierte, dann wäre sein Herz gebrochen, und davor hatte er fürchterliche Angst.

„Du wirst Dormé mit deinem Leben beschützen, das weiß ich, Gregar. Und Obi-Wan wird dasselbe für mich tun“, sagte ich und das erste Mal gab es nichts in mir, das sich gegen diesen Gedanken wehrte, gegen diesen Vergleich. Ich wusste einfach, dass es stimmte, ich konnte es irgendwo tief in mir spüren. Auch wenn ich immer noch der Meinung war, dass diese Gefühle besser verborgen werden mussten.

„Ich bin mir sicher, das wird er.“  

Dann gab ich Dormé den Schlüssel zu Padmés zurückgelassenen Kleidern. Wenn sie schon die Senatorin mimen sollte, dann musste sie auch Padmés Kleider tragen.

Als wir dann fertig waren und ich die wichtigsten Sachen in eine kleine Tasche gepackt hatte, verabschiedete ich mich von Gregar und Dormé, die beide alles andere als glücklich über diese Wende schienen, und ging zu den Transportern, die mich zurück zum Jedi-Tempel bringen würden. Ich war ebenfalls nicht besonders froh über diese Wendung, die sich nun aufgetan hatte, aber es war die einzige Möglichkeit, Padmé zu schützen. 

Unbewusst glitt meine Hand während der Fahrt mit dem Transporter immer und immer wieder zu dem Amulett um meinen Hals. Ich fragte mich, ob ich in der Lage wäre, Padmé zu retten, wenn ich es nicht mehr tragen würde, ob ich die Kräfte, die Meister Yoda anscheinend in mir gesehen hatte, würde kontrollieren können.

„So nachdenklich, Botschafterin?“ Ich schreckte bei dieser gehauchten Stimme förmlich zusammen. „Es tut mit leid, ich wollte Euch nicht erschrecken“, entschuldigte sich der ältere Mann mir gegenüber. Er war in den letzten 10 Jahren älter geworden, doch nicht so deutlich älter, wie ich es vielleicht erwartet hatte. Ich ließ mein Amulett unter meiner Robe augenblicklich wieder los, doch ich war mir sicher, dass er diese Geste nicht übersehen hatte.

„K-Kanzler. Ich… ich hatte Euch wahrscheinlich einfach nicht hier erwartet.“

„Ich unternehme gerne Dinge, die niemand erwartet“, antwortete er und ein Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht, das mich nicht ansteckte, sondern mir eher einen Schauer über den Rücken fahren ließ. Dieser Mann war mir schon immer unheimlich gewesen, doch irgendwie wurde dieses Gefühl bei jeder Begegnung, die wir hatten, schlimmer. 

„Ich hörte, dass Senatorin Amidala meinem Rat gefolgt ist“, leitete er nach einiger Zeit der Stille ein neues Gespräch ein. Ich nickte nur verhalten, denn ich hatte noch nie das Gefühl gehabt, dass Palpatine zu trauen war. „Habt Ihr schon Nachricht von den Jedi erhalten? Wisst Ihr, wer für das alles verantwortlich ist?“

„Nein, Kanzler. Die Jedi sind genauso ratlos wie wir. Deswegen hatten sie darauf bestanden, dass die Senatorin nach Naboo zurückkehrt“, erklärte ich und ich merkte wieder, wie meine Hand sich unbewusst um mein Amulett legte, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Diesmal bemerkte der Kanzler meine Geste und schien interessiert auf die Stelle zu sehen, unter der ich augenscheinlich etwas verbarg.

„Ein Erinnerungsstück, keine Frage“, bemerkte er mit einem fragenden Blick. Mein Atem stockte einen Moment, als er mich so offen darüber ansprach, und ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte. Doch dann fiel mir ein, dass das Amulett meiner leiblichen Mutter nicht das einzige war, was ich um meinen Hals trug. Ich hatte noch ein Amulett unter meiner Robe verborgen. Es war das, was Padmé mir beim letzten Mal, als ich ihr Leben schützen musste, gegeben hatte. Vor ihrer Abreise nach Naboo hatte sie darauf bestanden, dass ich es wieder an mich nehme.

Vorsichtig zog ich es heraus und zeigte es dem Kanzler.

„Eine Erinnerung daran, was wir während der Belagerung unserer Heimat alles erdulden mussten“, erklärte ich ihm und er nahm das Amulett einen Moment in die Hand und beobachtete es eindringlich, beinahe so, als erwartete er, dass damit irgendetwas passierte. Dann erreichen wir jedoch zu meinem großen Glück auch schon das Senatsgebäude und der Kanzler verabschiedete sich. 

Als er außer Sichtweite war und der Transporter endlich gen Jedi-Tempel flog, merkte ich, wie angespannt ich während der Anwesenheit des Kanzlers tatsächlich gewesen war. Ich fragte mich, ob nur ich mich so unwohl in seiner Gegenwart fühlte. 

Endlich am Jedi-Tempel angekommen war ich doch etwas erstaunt, als ich nicht einen ungeduldig wartenden Obi-Wan vorfand. Erst am eigentlichen Eingang, an dem mich die nette alte Jedi-Dame wieder einmal nicht reinlassen wollte, – Wie lange würde es wohl noch dauern, bis sie endlich begriff, dass ich in den Tempel gehen durfte? – kam mir ein ziemlich atemloser Obi-Wan entgegen. Eigentlich hatte ich gedacht, mich verspätet zu haben, aber anscheinend war das nicht so schlimm.

„Für einen Jedi seid Ihr in ziemlich schlechter Form, Meister Kenobi. Die Zeit als Lehrmeister scheint Euch nicht gut zu bekommen“, sagte ich mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem schiefen Grinsen. Er blieb einen Moment stehen und sah mich gekränkt an. Natürlich erkannte ich sofort, dass das mehr gespielte als echt Kränkung war, und so ging ich erst schulterzuckend einige Schritte weiter, bevor ich mich dann doch zum ihm umdrehte.

„Wir werden auf unserem Flug genug Möglichkeit haben, meine Ausdauer zu verbessern“, sagte er mit einem ebenso süffisanten Grinsen wie dem meinen und auf einmal blieb mir die Spucke weg. Ich wusste, er hatte es sicherlich anders gemeint, aber seine Aussage hätte man auch anders verstehen können, zumindest in dem Wissen, dass wir beide versteckte Gefühle füreinander hegten. Ich wurde unweigerlich rot und etwas in seinem Gesicht sagte mir, dass zumindest ein Teil von ihm diese zweideutige Aussage mit Absicht platziert hatte.

Aber das Spiel konnte auch zu zweit gespielt werden. „Glaubt mir, wenn ich mit Euch fertig bin, werdet Ihr sehr erschöpft sein.“

„Ich freue mich darauf“, sagte er und seine Stimme klang etwas rauer als er es wahrscheinlich selbst geplant hatte. Als ich das merkte, rief ich mich direkt selbst zur Ordnung. Genau deswegen war ich der Meinung gewesen, dass man uns beide nicht alleine nach Camino hätte fliegen lassen sollen. 

„Was wird uns auf Camino erwarten?“, fragte ich dann, nachdem ich einen kleinen Schritt von ihm zurückgetreten war, um das Thema auf unseren Auftrag zu lenken. Natürlich merkte Obi-Wan direkt, dass ich mich etwas entfernt hatte, und auch er schien seine Fassung wieder zu erlangen.

„Ich habe keine Ahnung“, sagte er nur ernüchternd und wir gingen den Rest des Weges schweigend zu dem kleinen Schiff, das uns nach Camino bringen würde.

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