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Kapitel 5

 

Erkenntnis

 

 

 

Unruhig saßen Padmé und ich auf dem Sofa im Empfangsraum unseres Lofts. Nach dem Angriff hatte niemand mehr richtig Ruhe gefunden und wir hatten immer noch kein Wort von den Jedi gehört. Wir waren uns sicher, dass heute niemand mehr versuchen würde Padmé anzugreifen, immerhin wussten sie nun, dass uns die Jedi beschützten, aber dennoch waren wir unruhig.  Selbst JarJar, der sonst immer fröhlich und unbeschwert war, schien besorgt zu sein, als er an den Fenstern des Lofts hin und her lief und nach draußen sah.

Ich traute mich nicht nach draußen zu blicken. Sobald ich dort hinaussah, bemerkte ich, in welcher Höhe wir uns befanden, und musste daran denken, dass Obi-Wan sich vor einiger Zeit aus Padmés Schlafzimmerfenster gestürzt hatte. Keiner von uns wusste, ob er überlebt hatte. Auch Padmé schien um ihre Beschützer und Freunde besorgt zu sein. Es war seltsam, wir hatten die beiden Jedi seid 10 Jahren nicht mehr gesehen, dennoch war es seit dem ersten Moment des Wiedersehens so gewesen, als wären wir nie voneinander getrennt gewesen. Die alte Vertrautheit war also nicht nur eine Einbildung meinerseits, Padmé konnte sie auch spüren.

Ich hatte sie tatsächlich schon lange nicht mehr so glücklich gesehen wie heute Morgen, als sie mir mit dem breitesten Lächeln, das ich bisher bei ihr gesehen hatte, erzählt hatte, dass der Jedi-Rat zwei alten Freunden aufgetragen hatte, sie zu beschützen. Es war die Erleichterung in meinem Herzen gewesen, dieses Gefühl zu schweben, das mir Angst gemacht und mich zu meiner panischen Reaktion, mich in mein Schlafzimmer einzuschließen, gedrängt hatte.

Obi-Wans und Gregars Worte gingen mir wieder durch den Kopf. Ja, er hatte mich damals verletzt und wahrscheinlich war das auch der Grund für mein Herz gewesen, panisch zu werden, als es erfuhr, dass Obi-Wan zurückkommen würde. Aber während unseres Gespräches hatte ich sehen können, dass es ihm beinahe genauso viele Schmerzen bereitet hatte, mich gehen lassen zu müssen. Und dennoch fragte ich mich, ob die Blicke, die er mir nun zuwarf, die Erinnerung an längst vergangene Gefühle waren, wie ein Schatten dessen, was einmal gewesen war, oder ob sie aufrichtig waren. Er war ein Jedi. Hatte er nicht vor einigen Stunden seinem Schüler noch gesagt, wie gefährlich es war, Leidenschaft für Padmé zu empfinden, dass er es loslassen und sich auf seine Aufgabe als Jedi konzentrieren sollte? Hatte er es denn selbst geschafft, hatte er in diesen 10 Jahren loslassen können?

Als die Dämmerung dann langsam einsetze und die Sonne hinter dem Horizont von nicht aufhören wollenden Hochhäusern aufstieg und alles in ein diesiges, orangenes Licht hüllte, stand Padmé auf einmal auf.

„Sabé, als Botschafterin der Naboo trage ich dir auf, in den Jedi-Tempel zu gehen und dort auf Jedi Kenobi und seinen Padawan zu warten. Ich möchte wissen, wer versucht hat mich zu töten. Weiche ihnen nicht von ihrer Seite, bis sie dir Auskunft erteilen“, sagte Padmé und das erste Mal seit 2 Jahren hörte sie sich wieder an wie Königin Amidala. Trotz der ernsten Situation konnte ich mir daher ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Einmal Königin, immer Königin“, war mein einziger Kommentar, als ich leicht glucksend aus unserem Loft ging.

Ich kannte den Weg zum Jedi-Tempel noch, als würde ich Tag für Tag nichts anderes tun, als immer wieder von unserem Loft aus dort hinzugehen, und ich war erfreut zu sehen, dass vor unserem Hochhaus nirgendwo ein Anzeichen zu sehen war, dass hier vielleicht ein Jedi zu Tode gestürzt sein könnte. Das hieß, dass er den Sprung selbst zumindest überlebt hatte, und es gab mir Hoffnung. Auf meinem Weg passierte ich auch die Stelle, an der noch zwei Tage zuvor die Landeplattform zu Boden gekracht war, und immer noch lagen Trümmerteile auf dem großen Platz, auf dem Dormé und ich festgehalten worden waren. Der Platz war nun durch Sicherheitsbarrikaden abgesichert, aber man konnte deutlich sehen, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren.  Wahrscheinlich würden die Jedi schneller fündig werden als die Droiden.

Um diese Uhrzeit war die Stadt zwar noch nicht so belebt wie am helllichten Tag, aber dennoch hatte ich Schwierigkeiten, von der Ersatzplattform einen Gleiter zum Jedi-Tempel zu bekommen. Der Besitzer des Gleiterverleihs schimpfte über einen Unbekannten, der sich einfach einen seiner Gleiter geschnappt und damit weggeflogen sei. Als er erwähnte, dass es eventuell ein Jedi gewesen sein könnte, ahnte ich, dass wahrscheinlich Anakin seinem Meister hinterher geflogen war, und ich war etwas beruhigter.

So stürmisch und ungehalten Anakin laut seinem Meister vielleicht auch war, er hatte ein Potential, das niemand, der ihn kannte, unterschätzte. Wenn jemand die richtige Unterstützung für Obi-Wan war, dann Anakin. Und wenn ich genauer darüber nachdachte, ahnte ich, warum der Rat beschlossen hatte, Anakin und Obi-Wan zusammen zu führen. Obi-Wan war durch die Fehler seiner Vergangenheit zu steif geworden in der Interpretation des Kodex, Anakin hingegen konnte ihm vielleicht einen gewissen Leichtmut wiedergeben.

Als sich dann endlich einen Gleiter für mich gefunden hatte und ich langsam in Richtung Tempel gebracht wurde, ging die Sonne langsam hinter dem Horizont von Hochhäusern auf und tauchte ganz Coruscant in ein rötlich, violettes Licht. Hier war alles komplett anders als auf Naboo. Der Smog der Industrieviertel veränderte das einfallende Sonnenlicht zu sehr, als dass Bäume hier natürlich hätten wachsen können. Das meiste Leben spielte sich hier in der Luft ab und ich war froh, dass mich jemand durch dieses Chaos von Gleiterrouten zum Tempel flog.

Dort angekommen merkte ich direkt die abschätzenden Blicke einiger Jedi, die ihren täglichen Aufgaben für den Tempel nachgingen. Ich wusste, manche von ihnen waren keine Jedi-Ritter, sondern waren eher für die Instandhaltung des Ordens und dessen Besitztümer verantwortlich. Dennoch waren sie eins mit der Macht und ich erinnerte mich daran, was Obi-Wan einmal zu mir gesagt hatte.

Man konnte mich mit der Macht nicht wahrnehmen. Ws war so, als würde kein bisschen davon in mir wohnen, auch wenn das eigentlich fast unmöglich war. Wahrscheinlich merkten diese Jedi das nun ebenfalls und ich war für sie so etwas wie eine Bedrohung oder im besten Fall einfach nur ein Sonderling. Manche von ihnen wichen sogar vor mir zurück, als hätte ich eine ansteckende Krankheit, als könnte mein Mangel an Macht auf sie übergehen.

Auch die ältere Twi’lek im Eingang des Tempels schien mich misstrauisch zu beäugen, als ich nach Meister Obi-Wan und seinem Padawan fragte. Die beiden waren noch nicht wieder im Tempel angekommen, sagte man mir und man wollte mich auch nicht hineinlassen, um niemanden zu beunruhigen, wie die Torwächter sagten.

Ich fragte mich, wie ich es dann vor 10 Jahren hatte in den Tempel schaffen können, doch ich erinnerte mich daran, dass ich Anakin bei mir gehabt hatte. Wahrscheinlich besaß er genug Macht, um meinen Mangel daran verdecken zu können, und so hatte man mich hinein gelassen. Nun war ich jedoch alleine und es gab niemanden, der von meiner Machtlosigkeit, wenn ich es so nennen konnte, ablenken konnte.

„Sie durchlassen, ihr werdet“, hörte ich auf einmal eine gebrechliche und dennoch bestimmte Stimme. „Zusammen auf Kenobi und seinen Schüler warten wir werden.“ Ich konnte nicht sehen, woher diese Stimme kam, bis ein kleines, auf einen Stock gestütztes Geschöpf hinter der Ecke hervorkam. Ich hatte ihn schon einmal gesehen, vor 10 Jahren auf Naboo, da war ich mir sicher. Ich hatte mich auch kurz mit ihm unterhalten, doch damals hatte er mir nur zu meiner geglückten Aufgabe gratuliert.

„Ja, Meister Yoda.“  Die Twi’lek verbeugte sich kurz und verschwand dann, um mich und den kleinen Mann alleine zu lassen. Auch er sah mich einen Moment abschätzig an und redete dann einen Moment mit sich selbst. Dann ging er, auf seinen Stock gestützt, einfach in den Tempel und ich ahnte, dass ich ihm folgen sollte. Es war seltsam, aber so klein dieser Jedi-Meister auch war, er machte mich nervös und flößte mir einen Heidenrespekt ein. Ich traute mich kein Wort zu sagen, während er still vor mir herlief.

„Mir von Euch erzählt, Obi-Wan hat“, sagte er dann auf einmal, ohne dass es einen wirklichen Grund gab, auf einmal doch mit mir zu reden. Seine Stimme hatte meine Nervosität nur noch mehr angefacht und ich merkte, wie ich unweigerlich begann meine Hände zu kneten.

„Ich hoffe, nur Gutes“, lachte ich nervös. Wie ging man mit jemandem wie Yoda um? Wie verhielt man sich richtig in seiner Gegenwart? Ich wusste es nicht.

„Ein Rätsel Ihr für ihn seid, wie für viele Jedi.“

Verwundert senkte ich nun meinen Blick zu ihm hinunter. „Für Euch nicht?“, fragte ich und schien den alternden Jedi mit dieser Frage ziemlich zu belustigen, denn ich vernahm ein leichtes Glucksen aus seiner Richtung. Dann streckte er einen seiner Arme aus und eine runde Scheibe kam direkt zu ihm geflogen. Er setzte sich darauf und auf einmal hob sie vom Boden ab, bis der kleine Mann mit mir auf einer Augenhöhe war.

Es war seltsam, auf einmal in seine Augen zu sehen. Sie strahlten eine Jugend aus, die ich leider in dem Rest seines Aussehens nicht sehen konnte. „Ein Rätsel Ihr für mich nicht seid, nein.“ Doch in seinem Ton und in seinem Gesicht lag ein deutliches Aber. Seine Augen strahlten die Neugierde eines jungen Kindes aus und es war beinahe so, als suchte er eine Antwort.

„Aber Jedi Kenobi sagte…“

„Was seine Meinung ist, ich weiß. Doch nicht meine Meinung es ist.“ Er streckte seine Hand aus und sie schien meine gesamte Länge in der Luft nachzufahren, bis er auf einmal zwischen meinem Dekolleté und meinem Hals innehielt. „Etwas Interessantes Ihr bei Euch tragt, Botschafterin. Zeigt es mir.“

Ich wusste ohne ein weiteres Wort, was er meinte, doch ich wusste wirklich nicht, wie er es bemerkt hatte oder was dies mit meinem Mangel an Macht zu tun hatte. Vorsichtig zog ich die lederne Kette, an der das Amulett befestigt war, unter meinem Umhang hervor. Ich beäugte es kurz, fast so, als fürchtete ich, es habe sich seit letztem Morgen unter der Dusche verändert, doch es war immer noch so wie zuvor. „Interessant“, murmelte der alte Jedi nur und auf einmal beschleunigte die kleine Scheibe, auf der er saß, so sehr, dass ich beinahe rennen musste, um mit ihm Schritt halten zu können.

„Meister Yoda, was - “ Ich konnte meine Frage nicht zu Ende stellen, denn auf einmal war er verschwunden. Er war einfach um die Ecke geflogen und ich war zu langsam gewesen, um ihm zu folgen. Einen Moment stand ich ratlos in dem kleinen Gang, bis der kleine grüne Mann, nun wieder auf seinen Stock gestützt, aus einem kleinen Raum rausblickte und mich zu sich winkte.

Als ich ihm folgte, bemerkte ich, dass in diesem Raum nur zwei runde Erhebungen vor verdunkelten Fenstern waren. Beide Erhebungen waren mit Kissen bedeckt und ich ahnte, dass dieser Raum zur Meditation diente. Ich setzte mich also mit angewinkelten Beinen auf eine dieser Plattformen, während der alte Jedi sich auf die andere setzte.

„Woher Ihr es habt?“, fragte er dann, als ich nochmals auf mein Amulett hinabblickte. Irgendetwas daran hatte den alten Jedi dazu gebracht, hierher zu kommen, und das anscheinend so schnell wie möglich. Diese Tatsache beunruhigte mich dann doch etwas und ich war mir nicht sicher, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, den Tempel aufzusuchen.

„Ich weiß es nicht, Meister Yoda. Ich hatte es bereits, als meine Eltern mich auf ihrer Türschwelle gefunden haben. Sie sagten, meine Mutter habe es mir mitgegeben“, sagte ich ihm wahrheitsgetreu und der Jedi wurde noch nachdenklicher.

„Ein Machtnutzer der Gurlanin das ist. Verbergen vor der Macht er sich kann“, begann er in seiner unverkennbaren Sprache zu erklären, doch selbst wenn ich die Worte, die er sagte, und deren Bedeutung kannte, verstand ich nicht, was er mir sagen wollte. Ich wusste noch nicht einmal, was ein Gurlanin war. Dann erzählte er mir, dass die Gurlanin eine gefährliche Spezies für die Jedi seien, dass sie praktisch unsichtbar für einen Jedi sein konnten.

„Ein getrocknetes Herz dein Amulett ist“, schloss der Jedi dann mit seiner Ausführung und ich kam nicht umhin, einen leichten Ekel bei seiner Aussage zu verspüren. „Es dich vor der Macht verbirgt und deine eigene Macht unnutzbar macht.“  

Ich legte meine Hand einen Moment nachdenklich auf das Amulett. Dieser faltenüberzogene Stein sollte einmal das Herz einer Kreatur gewesen sein, die sich vor der Macht verbergen kann? Wie konnte das möglich sein? Vorsichtig nahm ich sie mir vom Hals, das erste Mal, seit ich denken konnte, und ließ sie auf das Kissen, auf dem ich saß, fallen. Ein seltsames Gefühl durchströmte mich. Ich konnte es nicht erklären, konnte nicht erfassen, was sich gerade in mir abspielte, es war Chaos und Schönheit zugleich. Chaos wegen Emotionen und Empfindungen, die durch meinen Körper schossen, und schön wegen der leichten Farbfäden, die einfach überall hindurchgezogen zu sein schienen. Es war, als würden sie einfach alles durchweben und in allen Farben des Regenbogens schimmern. Als ich meinen Blick dann auf Meister Yoda richtete, sah ich, wie viele dieser Fäden in vielen verschiedenen Farben auch durch ihn verliefen und in seiner Mitte beinahe zu pulsieren schienen.

„Was ist das?“, fragte ich ihn verwundert.

„Die Macht“, war alles, was er antwortete, und ich dachte nicht weiter darüber nach, zu erstaunt von dem, was ich sah. Ich wusste nicht, wieviel Zeit verging, während ich immer weiter diese Strukturen beobachtete, wie manche unaufhörlich umherzutanzen schienen und andere starr waren wie Gebäude.

„Dich nicht ohne Anleitung darin verlieren, du solltest. Gefährlich es sein kann“, sagte der alte Jedi und auf einmal verschwanden die Fäden und Emotionen wieder. Ich merkte ein leichtes Gewicht in meiner Hand und sah, dass das Amulett darin lag. Ich konnte kaum glauben, was das alles zu bedeuten schien. Dieses Amulett verhinderte, dass die Macht, die doch in mir zu wohnen schien, herausbrach, dass man sie spüren konnte, und es hinderte mich daran sie zu nutzen. Ich war also ein Machtnutzer gewesen, mein ganzes Leben lang.

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