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Kapitel 3

 

Ankunft auf Coruscant

 

 

 

Noch nie hatte ich die einzelnen Symptome der Angst so genau gespürt wie in diesem Moment. Mein Mund war vollkommen ausgetrocknet, als hätte ich schon seit Tagen nichts mehr getrunken, mein Herz schlug so schnell und stark, dass es drohte aus der Brust zu springen, und das Blut, das es nun mit einer rapiden Geschwindigkeit durch meinen Körper pumpte, rauschte in meinen Ohren und ließ meinen Kopf erröten.  Angestrengt versuchte ich meinen Puls zu senken, indem ich mich auf meine Atmung konzentrierte, doch es war nicht besonders einfach, wenn es einem vor lauter Hitze, die der Körper von innen auszustrahlen schien, schlecht wurde.

Mit nur wenigen, sehr wackeligen Schritten ging ich auf den Balkon hinaus. Ich brauchte frische Luft und vielleicht konnte der Wind, der in dieser Höhe wehte, mich etwas abkühlen. Doch es passierte nichts. Rein gar nichts schien meinen Körper beruhigen zu können. Ich fühlte mich, als müsste ich die Flucht ergreifen. Ich wollte hier einfach nur raus, wollte in diesem Moment jede andere Lebensform in der Galaxie sein, außer mir selbst, aber das war keine Option. Verstecken war auch keine Option, zumindest nicht solange Padmé und Saché hier waren. Die beiden würden dafür sorgen, dass ich mich nicht lange würde verstecken können, da war ich mir ziemlich sicher.

Trotz meiner ziemlich schwachen Beine ging ich nervös auf dem Balkon auf und ab, mir der hämischen Blicke meiner Freundinnen durchaus bewusst. Der Drang zu rennen war so groß, dass ich mich einfach bewegen musste, um mich nicht direkt hier und jetzt vom Balkon zu stürzen, denn diese Option geisterte ebenfalls durch meinen Kopf. Es war die schnellste und einfachste Möglichkeit, dieser Situation aus dem Weg zu gehen. Doch der vernünftige, nicht panische Teil in mir hielt mich davon ab.

Ich merkte, wie nun auch langsam meine Handflächen anfingen feucht zu werden. Warum machte es mir solche Angst? Ich hatte tödlichere Situationen durchlebt und hatte nicht solche Angst verspürt wie in diesem Moment.

„Ich möchte nicht gestört werden!“, rief ich den mich beobachtenden, kichernden Frauen dann zu und verschwand schnell und mit großen Schritten direkt in meinem Schlafzimmer. Als sich die Tür hinter mir geschlossen hatte, hörte ich nur lautes Lachen und dann leises Getuschel. Ich wusste genau, dass sie sich gerade über mich unterhielten, doch es interessierte mich nicht. Sollten sie doch tuscheln, sollten sie doch von mir denken, was sie wollten. Ich würde dieses Zimmer heute nicht mehr verlassen.

„Sabé, sie werden gleich hier sein“, informierte mich Padmé und ich hörte, wie sie ein Lachen unterdrückte.

„Vergiss es! Ich komme hier nicht raus!“, entgegnete ich ihr und verschränkte meine Arme vor der Brust. Es war eine ziemlich unnötige Geste, konnte Padmé mich doch nicht sehen, aber sie war so natürlich, dass ich sie trotzdem gemacht hatte. Als dann ein kleiner Piep andeutete, dass der Fahrstuhl endlich in unserem Loft angekommen war, hielt ich förmlich die Luft an. Meine Hände zitterten noch mehr und meine Beine gaben endgültig nach und ich musste mich hinsetzen.

„Es ist eine große Freude, Euch wiederzusehen, Mylady.“ Die Stimme war nur sehr gedämpft durch meine Tür zu hören und wahrscheinlich standen sie auch noch sehr weit davon entfernt, aber ich konnte sie sehr wohl erkennen.  Der Klang dieser Stimme bewirkte allerdings nur, dass ich noch mehr zitterte und noch mehr schwitzte. Er war tatsächlich hier, in diesem Loft, nur wenige Meter von mir entfernt. Und er hörte sich genauso an wie in meinen Träumen, wie ich ihn in Erinnerung hatte.

Unweigerlich merkte ich, wie meine Finger meine Lippen berührten, genau da, wo seine die meinen vor mehr als 10 Jahren getroffen hatten, und ich schien noch immer das kribbelnde Gefühl zu kennen, das sie ausgelöst hatten.

Es war seltsam, es war nun schon 10 Jahre her und so viel war in dieser Zeit passiert, aber alleine seine Stimme brachte mich dazu, mich wieder so zu fühlen wie damals, als sei ich immer noch die 17-jährige Sabé, nicht die beinahe 28-jährige Sabé. Die Stimme der zweiten Person kannte ich noch nicht, aber ich war erstaunt, als ich hörte, wie Padmé ihn verblüfft als Anakin erkannte. Er klang bereits so erwachsen, denn wenn ich an Anakin dachte, war er für mich immer noch der kleiner 9-järige Junge von Tatooine. Natürlich waren auch an ihm die 10 Jahre nicht unbemerkt vorbeigegangen, aber ich hatte diese Jahre nicht miterlebt, und daher gab es sie für meinen Kopf nicht.

Ich hörte aufmerksam zu, wie die beiden Jedi Padmé ihren Schutz versprachen, und wie Anakin, gegen den Willen seines Meisters, auch noch versprach, den Täter zu finden. Die beiden hatten eine kurze Auseinandersetzung und ich merkte, dass Anakin sich anscheinend nicht zu sehr von seinem Meister unterschied. Auch er war, wie ich hörte, übermütig und selbstbewusster, als es gesund für ihn war. Und scheinbar empfand er etwas für Padmé. So zumindest kam es mir vor, als er sich mit ihr, und später mit JarJar, unterhielt, nachdem Padmé und ihre Dienerinnen gegangen waren. Obi-Wan und Anakin blieben im Loft zurück.

„Du konzentrierst dich nur auf das Negative, Anakin. Du musst auf deine Gedanken achten“, hörte ich dann wieder die Stimme Obi-Wans und ich musste lächeln. Ja, er war immer noch der Alte, zumindest was das anging. „Sie war erfreut uns zu sehen“, fügte er dann noch hinzu und ich hatte es auch nicht anders erwartet. Natürlich war Padmé erfreut. Sie hatte in der letzten halben Stunde, bevor sie erwähnt hatte, dass auch Obi-Wan kommen würde, und mich damit zu einer Panikattacke getrieben hatte, nur davon gesprochen, wie Anakin sich wohl verändert haben mochte. Sie hatte gestrahlt und hatte die Strapazen ihrer Anreise gestern zum ersten Mal vergessen können.

Dann gingen die Jedi, um die Sicherheitsvorkehrungen zu checken. Ich wagte es dennoch nicht, mich aus meinem Zimmer zu schleichen, immerhin würden sie sicherlich jeden Moment zurückkommen. Ich wollte wirklich nicht auf ihn treffen. Nicht, weil ich ihm wegen dem, was zwischen uns passiert war, böse war. Eher das Gegenteil war der Fall. Ich hatte Angst, meine Freude darüber, ihn wiederzusehen, könnte gefährlich für uns beide werden.

„Sabé?“, hörte ich auf einmal nach einiger Zeit eine sanfte Stimme durch meine Tür dringen. Sie war leise und dennoch ließ sie mich zusammenschrecken als hätte mich auf einmal jemand angeschriene. Ich wusste, Padmé oder eine der anderen hatte ihm nichts verraten. Keiner von ihnen hatte auch nur eine Andeutung gemacht, dass ich hier auf Coruscant war. Woher wusste er dann, dass ich hier war?

Und dann, ich hatte gerade genug Zeit gehabt aufzustehen, öffnete sich auch schon die eigentlich verschlossene Tür. Ich verfluchte die Kraft eines Jedi! Es war so unfair, dass sie einfach in geschlossene Räume eintreten konnten. Ich merkte, wie meine Hände wieder begannen zu schwitzen und ich nervös wurde. Ich hatte der Tür immer noch den Rücken zugedreht, aber ich konnte deutlich merkten, dass er mich musterte. Ich fragte mich, was er sah. Hatte ich mich aus seinem Blickwinkel auch verändert?

Ich atmete ein letztes Mal tief ein und aus, versuchte meine Fassung wieder zu bekommen, und drehte mich dann um. Was ich sah, ließ mich sprachlos zurück. Vor mir stand Obi-Wan. Ich hatte gewusst, dass er es war, und dennoch war sein Anblick, die Tatsache, dass er tatsächlich vor mir stand so … unwirklich, dass ich glaubte, mich wieder in einem Traum zu befinden. Er hatte sich in den letzten 10 Jahren eindeutig verändert. Seine Haare waren länger und heller, als ich sie in Erinnerungen hatte, eine interessante Mischung aus Blond und Kupfer. Sein früher so makelloses Gesicht lag jetzt versteckt unter einem Vollbart, den er sich anscheinend langsam wachsen ließ, aber es machte ihn durchaus männlicher. Es verhärtete seine früher weicheren Züge gerade so viel, dass man zwar noch erkannte, wer er einmal gewesen war, es ihm aber nicht mehr hinderlich war.

Ich merkte auch, wie er mich von oben bis unten musterte, und fragte mich, was er sah. In meinen Augen hatte sich mein Spiegelbild in den letzten 10 Jahren kaum verändert, aber ich sah es ja auch mehrmals am Tag. Er hatte mich wahrscheinlich noch als 17-jähriges Mädchen in Erinnerung gehabt, doch mittlerweile war ich eine Frau.

„Es wäre eine Beleidigung, nicht zu erwähnen, wie sehr Ihr Euch verändert habt, Mylady“, sagte er und verbeugte sich mit einem überraschten Lächeln auf den Lippen. Ja, er war immer noch der Jedi, der Naboo verlassen hatte, daran konnten auch der Bart und die längeren Haare nichts ändern.

„Auch Ihr habt Euch verändert, Jedi Kenobi, doch bin ich mir noch nicht so sicher…“, sagte ich und hielt kurz inne. Ich musste mich sehr zurückhalten, sein Gesicht nicht zu berühren, ihm nicht zu zeigen, wie sehr ich ihn tatsächlich vermisst hatte, auch wenn ich wusste, dass ich es nicht gedurft hätte. Er sah mich fragend an und schien darauf zu warten, dass ich meinen Satz zu Ende brachte. Ich hatte ihn extra nicht weitergeführt, aber nun musste ich es tun.

Vorsichtig streckte ich meine Finger doch nach seinem Gesicht aus und berührte die krauseligen Haare an seiner rechten Wange. „Der Bart… Er versteckt zu viel von Eurem hübschen Gesicht“, endete ich dann, hielt sein Gesicht noch einen Moment länger in meiner Hand und ließ sie dann wieder sinken. Doch er fing sie auf und hauchte einen zarten Kuss darauf.

„Und ich bin froh, dass Ihr Euch nicht länger hinter der Identität einer Anderen oder unter langen Umhängen verstecken müsst“, sagte er und sah an mir herunter. Ich hatte noch dasselbe, lange und bequeme Kleid an wie heute Mittag, als Padmé mir von der Ankunft der Jedi berichtet hatte. Es war nicht dafür gedacht, von anderen als meinen Freundinnen und vielleicht Gregar gesehen zu werden. Es zeugte kein bisschen von der Stellung einer Botschafterin.

Dann sah ich einen jungen Mann hinter Obi-Wan auftauchen und unser Moment des Wiedersehens verpuffte in der Überraschung über Anakins Anblick. Padmés Erstaunen, das ich hinter meiner Tür miterlebt hatte, war überaus gerechtfertigt gewesen. Als ich Anakin Skywalker das letzte Mal gesehen hatte, war er noch ein kleiner Junge gewesen und hatte gerade mal bis zu meiner Brust gereicht. Jetzt überragte er selbst seinen Meister um einen halben Kopf.

„Anakin? Bist du das?“, fragte ich nun genauso ungläubig wie Padmé und ging an Obi-Wan vorbei durch meine Tür zu ihm hin. Er starrte nur verlegen lächelnd auf den Boden und nickte leicht. Es war wirklich unglaublich, wie sehr der Verstand einen austricksen konnte. „Meine Güte, du bist wirklich groß geworden!“

„Wenn es nach mir geht, seid Ihr geschrumpft“, sagte er und wir mussten alle drei leicht lachen. Ja, ich war nun wesentlich kleiner als er, daran gab es keinen Zweifel.

„Seid Ihr immer noch in Padmés Diensten?“,fragte Anakin mich neugierig, als ich mich mit ihm und Obi-Wan auf die Sofas in unserem Empfangsraum setzte. Es war seltsam, Anakin war tatsächlich erwachsener geworden, doch wenn er jetzt sprach, mit seiner unbändigen Neugierde, sah ich wieder den kleinen Jungen von Tatooine vor mir, der uns damals allen das Leben gerettet hatte. Es war interessant zu wissen, dass man anscheinend nicht alle Eigenschaften, die man hatte, bevor man ein Jedi wurde, verlor. Andererseits war Anakin auch eine Ausnahme gewesen, denn ich wusste mittlerweile, dass vor ihm nur zwei weitere Jedi weit über dem Säuglingsalter in den Orden aufgenommen worden waren. Beide hatten besondere Fähigkeiten bewiesen und bis heute saß einer von ihnen noch im Jedi-Rat. Der andere hatte es bis zu seinem Tod getan. Sicherlich würde auch Anakin einmal in diesem Rat sitzen, wenn er sich bewies.

Dann erklärte ich ihm, und auch Obi-Wan, der zwar versuchte, teilnahmslos aus dem Fenster zu sehen, dem ich seine Neugierde aber dennoch ansehen konnte, was in den letzten 10 Jahren auf Naboo geschehen war. Natürlich interessierte Anakin vor allem Padmés Geschichte und er hakte immer wieder nach, wenn ich etwas über ihre Vergangenheit ausließ. Es zeigte mir, wie sehr er anscheinend auch während seiner Ausbildung an sie gedacht hatte, und wäre er kein Jedi gewesen, dann wäre es mir eine Freude gewesen, ihm zu sagen, dass Padmé sich auch oft gefragt hatte, wie es ihm ergangen war. Doch ich wollte ihn nicht in etwas bestärken, dass eigentlich nicht sein durfte.

Selbst wenn ich mir mittlerweile das Wissen um die Prophezeiung, deren Auserwählter Anakin angeblich sein sollte, angeeignet hatte, so war ich mir der ganzen Sache nicht gerade sicher. Ich verstand nicht alles davon und so klang diese Prophezeihung für mich eher unheilvoll und beinahe wie ein schlechtes Omen. Wenn ich dazu die Impulsivität des jungen Padawan sah, gab es mir leider nicht mehr Zuversicht. Natürlich, vor Jahren war ich bereits einem jungen, selbstsicheren Padawan begegnet, dessen Ansichten manchmal nicht mit denen seines Meisters übereinstimmten, aber dieser Jedi hatte nie eigenständig gehandelt. Er hatte vielleicht mit seinem Meister geredet, oder seine Gedanken mit ihm geteilt, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hatte. Aber er hatte nie einfach das getan, was er für richtig gehalten hatte, so wie Anakin es augenscheinlich schon einige Male getan hatte. Die ganze Sache mit dem Auserwähltsein war ihm entweder zu Kopf gestiegen oder alle Jedi begannen langsam arrogant zu werden.

„Wer hat Euch über meine Anwesenheit informiert?“, fragte ich dann Obi-Wan, als Anakin endlich fertig damit war, mich über Padmé auszufragen. Ich merkte, wie der Meister unbehaglich sein Gewicht verlagerte und anscheinend dieser Frage am liebsten aus dem Weg gegangen wäre.

„Der Sicherheitschef hat es uns gesagt“, bemerkte Anakin dann schnell, als er merkte, dass sein Meister nicht antworten wollte. Ich sah Obi-Wan direkt an. Typho war es gewesen? Aber wieso?

„Wir haben den verschlossenen Raum auf den Sicherheitsprotokollen gesehen, und wir wollten wissen, was sich darin befindet“, erklärte Obi-Wan nach einer weiteren kleinen Pause. Nervös kratzte er sich am Bart und schien seine Worte zu wählen. „Captain Typho war sehr... deutlich damit, wieso Ihr Euch in diesem Zimmer versteckt hattet“, sagte Obi-Wan und schob seinen rechten Ärmel nach oben, um seinen Unterarm zu entblößen. Wäre Obi-Wan kein Jedi gewesen, hätte ich mich nicht weiter über den langsam blau werdenden Handabdruck gewundert, der sich mir nun zeigte. Das hatte Gregar schon zu Akademie-Zeiten vielen meiner Verehrer angetan, die mich nicht in Ruhe lassen wollten. Aber dass Obi-Wan zugelassen hatte, dass er ihn verletzte, war doch ein kleiner Schock für mich. Wieso hatte der Jedi sich nicht gewehrt?

„Ich werde mich mit ihm unterhalten müssen“, lenkte ich ein, doch Obi-Wan hielt mich auf, indem er seine Hand auf die meine legte, bevor ich Gregar zu mir rufen konnte.

„Ich denke nicht, dass das von Nöten sein wird, Mylady.“

„Ich war zwar leider nicht dabei, aber Meister Obi-Wan kann ziemlich überzeugend sein", erklärte Anakin mit einem schiefen Grinsen an seinen Meister. Ich ahnte, was die beiden besprochen hatten, und es gefiel mir nicht, dass sie sich wegen mir gestritten hatten. Gregar wusste, dass ich keine Gefühle für ihn hegte, die tiefer waren als Freundschaft. Und er wusste auch, dass ich meine Gefühle zu Obi-Wan nie zulassen würde, weil ich sein Leben nicht zerstören wollte. Es gab also keinen Grund, mit Obi-Wan über mich zu reden. Und erst recht nicht so, dass er verletzt wurde.

„Ich hoffe, Ihr wart nicht zu streng, Jedi Kenobi“, sagte ich und sah ihn nach einer stillen Antwort flehend an. „Captain Typho ist ein sehr alter Freund von mir und es ging ihm nur darum, mich zu beschützen.“ Obi-Wan nickte nur wissend und drehte sich wieder zum Fenster um. Ich fragte mich, was Gregar ihm wohl erzählt hatte.

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