top of page

Kapitel 11

 

Geonosis

 

 

 

Das erste, was ich merkte, als ich langsam mein Bewusstsein wiedererlangte, war der dröhnende Schmerz in meinem Kopf, ein Schmerz, der mich beinahe wieder in die Ohnmacht trieb. Dann war da dieses übermächtige Gefühl der Angst und der Wut, von der ich noch nicht sicher wusste, von wo sie kam. Das einzige, was ich wusste, war, dass es nicht meine eigenen Gefühle waren. Um ehrlich zu sein empfand ich es, als wären meine eigenen Gefühle unter all dem, was auf einmal über mich hereinbrach, vollkommen verschüttet.

Sabé? Sabé, könnt Ihr mich hören? , hallte auf einmal eine Stimme in meinem Kopf wider und sie war weitaus freundlicher als alles, was ich bis jetzt aufgenommen hatte. Direkt spülte eine Welle von Ruhe über mich hinweg und viele der bedrückenden Gefühle, die über mir hereingebrochen waren, schienen unterdrückt zu werden. Sabé, könnt Ihr mich hören? Konzentriert Euch auf mich. 

Es war unheimlich schwer, sich auf etwas zu konzentrieren, das man nicht kannte, das man nicht wirklich ausmachen konnte, und ich wusste ja noch nicht einmal, wo ich war. Bisher hatte ich es noch vermieden, meine Augen zu öffnen, da ich direkt gemerkt hatte, dass ich immer noch empfänglich für die Macht war, dass ich anscheinend meinen Schutz verloren hatte, was nichts Gutes bedeutete.

Sabé, Ihr müsst Euch auf mich konzentrieren. Wo seid Ihr? Die Stimme in meinem Kopf war fordernd, aber dennoch merkte ich, dass sie nicht feindselig war. Im Gegenteil, ich spürte eine gewisse Sorge darin. Dazu aufgefordert, öffnete ich nun doch meine Augen und direkt prasselte wieder das unglaubliche Bild der Macht auf mich ein. Die unzähligen Lichter, die überall herumschwirrten und sich überall dort verdichteten, wo irgendetwas Materielles war.

Ihr müsst versuchen, Formen und Gebilde daraus zu erkennen, riet mir die Stimme. Ich fragte mich, ob auch ein junger Padawan so lernte, sich in der Macht zurechtzufinden, ob sie es schneller begriffen und lernten als ich. Wahrscheinlich schon, immerhin lernten Kinder immer schneller als Erwachsene. Außerdem hatten sie sich schon von Anfang an in gewisser Weise mit der Macht auseinandergesetzt, wohingegen ich bis vor kurzen noch gänzlich unwissend war. Nicht der geringste Funke davon war bis zu meiner Begegnung mit Meister Yoda zu mir durchgedrungen und jetzt sollte ich auf einmal durch die Macht wandeln, als hätte ich nie etwas anderes getan?

Nein, dass sollt Ihr nicht. Konzentriert Euch einfach. Ich hielt einen Moment in meinen Gedanken inne. Hatte diese Stimme mich gerade wirklich zurechtgewiesen? Wenn es nötig ist, gab sie zu. Und auf einmal wusste ich, wer diese Stimme in meinem Kopf war. Ich wunderte mich sogar, dass es mir nicht direkt in den Sinn gekommen war. Dieses zwiespältige Gefühl, das zwischen Sorge und Pflichtbewusstsein lag, war genau dasselbe, das ich in mir immer und immer wieder spürte. Und ich kannte nur einen Menschen im ganzen Universum, von dem ich annahm, dass er es nachempfinden konnte: Obi-Wan.

Ich finde es gut, dass Ihr das herausgefunden habt, aber jetzt solltet Ihr Euch wirklich auf Eure Umgebung konzentrieren, Botschafterin, oder ich werde Euch nie finden können. Selbst jetzt schaffte er es nicht, diesen kleinen Funken Arroganz aus seinen Worten zu vertreiben, den ich schon damals bemerkt hatte. Natürlich argumentierte der Jedi, dass er mittlerweile ein Meister war und dass er keineswegs arrogant war, aber das ließ ich nicht gelten. Ich hatte ihn durchschaut und das würde er nie wieder rückgängig machen können.

Ich war mir im Klaren darüber, dass er alles, was gerade in meinem Kopf vorging, anscheinend mitbekam, und deswegen musste ich äußerst vorsichtig damit sein, an was ich dachte und was ich tat. Immerhin wollte ich nicht unbedingt, dass er einfach alles sah, was sich in meinem Kopf befand. Noch einmal ermahnte, oder besser gesagt: bat Obi-Wan mich, mich endlich auf meine Umgebung zu konzentrieren, und dieses Mal, jetzt wo ich wusste, dass die Stimme in meinem Kopf weder bedrohlich, noch pure Einbildung war, nahm ich mich dessen an, was ich nun sehen konnte. Immer wieder ermahnte Obi-Wan mich, mich nicht von den vielen anderen Lichtern ablenken zu lassen, sondern nur auf das zu achten, was ich direkt vor mir sehen konnte. 

Ich war in einem runden Raum und es gab nur einen Ein- oder Ausgang. Ich befand mich in der Mitte des Raumes und es war beinahe so, als würde ich darin schweben, gehalten von einer Art Kraftfeld, das sich um meine Arme und Beine schloss. Als ich nach oben sah, konnte ich erkennen, dass in der Decke einige Löcher waren, an denen irgendetwas schnell vorbeihuschte.

Dann spürte ich eine Präsenz in den Raum kommen. Sie war dunkel und mir unheimlich, und das, was ich von der Person erkennen konnte, ließ mich annehmen, dass ich diesen Mann noch niemals in meinem Leben zuvor gesehen hatte. Und dennoch grinste er mich vermeintlich warm an, als wäre wir alte Freunde. Er erzählte mir, dass der Kopfgeldjäger mich gefangen genommen hatte und dass dies sicherlich ein furchtbarer Irrtum sein musste, den er natürlich aufklären würde, wenn ich ihm nur sagte, warum ich hier war.  

Auch ohne Obi-Wans Stimme in meinem Kopf wusste ich, dass ich das besser nicht tat. Dieser Mann war mir beinahe so unheimlich wie der Kanzler. Die Macht in ihm war unruhig, teilweise versuchte sie aus den festgeschriebenen Formen des Körpers auszubrechen, wurde aber von irgendetwas zusammengehalten. Auch als ich ihm eine Antwort verwehrte, blieb er äußerlich ruhig, doch sein Inneres sprach eine ganz andere Sprache. Er hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass jemand, der die Macht nutzte, hierherkommen würde, wo immer hier auch sein mochte.

Wir befinden uns auf Geonosis, einem Verbündeten der Handelsföderation, beantwortete Obi-Wan meine Frage. Die Handelsföderation? Sofort schossen mir etliche Gedanken durch den Kopf. Wenn Gunray und seine schleimigen Gefolgsleute etwas damit zu tun hatten, dann war klar, dass wir hier eindeutig richtig waren. Niemand hatte ein dringenderes Motiv, Padmé zu ermorden, als Gunray. Und wenn er es tatsächlich geschafft hatte, die Separatisten für seine Sache zu gewinnen, dann war Padmé tatsächlich in größerer Gefahr, als wir anfänglich vielleicht gedacht hatten. 

Es blieb uns also keine andere Wahl, wir mussten Kontakt mit Coruscant und Naboo aufnehmen, um sowohl den Rat der Jedi von unseren neuen Kenntnissen zu unterrichten, als auch Anakin und Padmé zu warnen. Obi-Wan bestand darauf, mich erst retten zu wollen, doch ich war der eindeutigen Meinung, dass es wichtiger war, die anderen zu warnen, vor allem weil noch überhaupt nicht klar war, wie diese Klonarmee in das ganze Bild hineinpasste. Dieser Kopfgeldjäger arbeitete für die Separatisten, fungierte aber gleichzeitig als Spender für die Klonarmee der Republik, die vor 10 Jahren in Auftrag gegeben wurde. 

Ich werde eine Nachricht schicken, sobald ich Euch da rausgeholt habe, Mylady. Dieses Mal konnte ich Obi-Wan jedoch nicht zustimmen. Sonst war er immer derjenige gewesen, der einen kühlen Kopf bewahrt und das getan hatte, was richtig war. Ja, ich war es gewesen, die uns erst in diese missliche Lage gebracht hatte, indem ich einfach zurückgelaufen war und nicht darauf vertraut hatte, dass Obi-Wan das Richtige tun würde. Aber anscheinend musste ich nun diejenige sein, die klar dachte, obwohl das in meiner momentanen Situation eher schwer war. Ich dachte also an das Gespräch zurück, das er mit Anakin geführt hatte. Das, indem er seinem Padawan hatte klarmachen wollen, dass die Pflicht immer an erster Stelle stand, dass er einen Auftrag auszuführen hatte, und eine Rettungsmission erst einmal nicht seine Aufgabe war. 

Es dauerte einen Moment bis ich spürte, dass er mir zustimmte, wenn auch widerwillig. Er wusste genauso gut wie ich, dass unser Pflichtbewusstsein das einzige war, was uns von anderen Angelegenheiten abhalten konnte. Und wir wussten beide, dass dies die wichtigste Waffe war, die wir hatten.

Daher war ich erleichtert, als Obi-Wan sich doch dazu entschloss, erst Coruscant und Naboo über unsere Erkenntnisse zu informieren, bevor er sich an meine Rettung begeben würde. Doch wie so oft in diesen Zeiten hielt die Erleichterung nicht lange an. Als Obi-Wan bei dem Versuch, eine Verbindung mit Anakin auf Naboo herzustellen, herausfand, dass dieser sich gar nicht auf Naboo, sondern auf Tatooine befand, sackte mir buchstäblich das Herz in die Hose. Was wollten die beiden dort? Waren sie wirklich so einfältig, sich noch einmal dort verstecken zu wollen? Ich konnte mich jedoch gar nicht richtig darüber aufregen, denn bevor ich anfangen konnte, darüber zu wettern, brach auf einmal die Verbindung zu Obi-Wan ab. So abrupt, dass ich ahnte, dass dies nichts Gutes bedeuten konnte. 

Eine Panik überfiel mich augenblicklich, eine Panik, die ich nur sehr schwer unterdrücken konnte. Unter diesen durchaus beschwerten Umständen konnte ich unmöglich selbst etwas unternehmen, das Obi-Wan oder gar Padmé geholfen hätte. In der Tat konnte ich mir ja noch nicht einmal selbst helfen, und das war das, was mir am meisten Angst machte. Bisher hatte ich in fast allen Situationen immer noch einen Trumpf im Ärmel gehabt, eine überraschende Wendung, die niemand außer mir hätte vorrausehen können. Aber irgendetwas war mit diesem Trumpf passiert, doch ich konnte nicht genau sagen, was das war. 

Noch schlimmer war aber, dass, wenn Anakin tatsächlich eine Nachricht von seinem Meister bekommen hatte, vielleicht auch noch gesehen hatte, was mit Obi-Wan passiert war, Padmé auch davon erfahren würde. Sie würde erfahren, dass ich hier irgendwo gefangen gehalten wurde, und sie würde dumm genug sein, mich retten zu wollen. Dass sie dabei direkt in die Arme derer rennen würde, die sie am liebsten tot sehen würden, wäre ihr dabei egal.

„Es ist zu lange her, Senatorin“, erklang dann auf einmal eine Stimme hinter mir und ich brauchte nicht normal sehen zu können, um zu wissen, wer dort direkt hinter mit stand. Dass er mich immer noch mit Padmé verwechselte, war jedoch überraschend.

„Vizekönig. Ich dachte, man hätte Euch zurück nach Kato Neimodia geschickt, nachdem Euer Versuch, Naboo zu übernehmen, gescheitert ist.“ Es war schon lange her, aber ich nahm an, dass ich die kühle Stimme von Königin Amidala immer noch wunderbar imitieren konnte. Es war seltsam, dass man Sachen, die einmal wichtig gewesen waren, nicht so schnell verlernte oder vergaß, mit welchen Erinnerungen sie behaftet waren, wenn man sie wieder hervorrief.

„Wir werden sehen, wie Euch Euer Triumph morgen in der Arena schmeckt, Senatorin“, sagte er mit einem gehässigen Lachen und war auch schon wieder verschwunden. Damit überließ er mich wieder gänzlich mir selbst. Was er nicht ahnen konnte war, dass er mir damit die Möglichkeit gab, mich wieder mehr dem zuzuwenden, was ich wahrnahm.

Ich konnte mich wieder voll auf die Macht konzentrieren und lernen, mit ihr umzugehen. Ich erinnerte mich daran, was Obi-Wan versucht hatte, mir klarzumachen. Die Lichter, die ich sehen konnte, waren an manchen Stellen dichter oder heller als an anderen. Sie bildeten Formen, Gegenstände und wenn man sich darauf konzentrierte, dann konnte man wahrscheinlich einfach alles erkennen, was sich um einen herum abspielte.

Obi-Wan? Könnt Ihr mich hören? , versuchte ich mich nun selbst in der wortlosen Kommunikation über die Macht. Die ersten Minuten gab es überhaupt keine Reaktion, doch dann merkte ich, wie sich etwas in der Macht regte. Das Gefühl, das ich vernahm, hatte ich nun schon einige Male vernommen. Es erinnerte mich etwas an einen Moment aus meiner Kindheit.

Damals war ich gerade erst mit meinen Eltern nach Theed zurückgezogen, weil sie mir eine bessere Bildung hatten ermöglichen wollen, als es auf dem Land möglich gewesen wäre, wo ich aufgewachsen war. Ich war nicht mehr in dieser Stadt gewesen, seitdem man mich auf die Türschwelle meiner Eltern gelegt hatte. Dementsprechend verängstigt war ich damals auf meinem ersten Schulweg gewesen.

Auf dem Weg nach Hause hatte ich dann schon Freundschaft mit einigen meiner neuen Mitschüler geschlossen und unterhielt mich so angestrengt mit ihnen über das, was wir in der Schule erlebt hatten, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass ich ihnen in einen vollkommen anderen Teil der Hauptstadt gefolgt war. Erst als Ryú, die ziemlich schüchterne Tochter eines Abgeordneten, sich von mir verabschiedet hatte und ich mich umsah, hatte ich wahrgenommen, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich nun nach Hause kommen sollte. Natürlich hatte ich mich vor meiner neuen Freundin nicht blamieren wollen und hatte mich daher nicht getraut, bei ihr zu klopfen, um ihre Eltern um Hilfe zu bitten. Also war ich einfach drauflos gegangen, in der Hoffnung, irgendwann schon den Weg nach Hause zu finden.

Natürlich fand ich den Weg nicht alleine. Vollkommen verängstigt und weinend fand mein Vater mich nach Anbruch der Dunkelheit in einem Park hinter einer Bank, wo ich mich vor den seltsamen Außerirdischen versteckt hatte, die sich in diesem Teil der Stadt herumtrieben. Er war nicht böse mit mir gewesen, nur froh, dass mir nichts passiert war. Obwohl ich in keiner unmittelbaren Gefahr gewesen war, hatte mein Vater so getan, als würde er jeden, der mir zu nahe kam, vertreiben, einfach um mir die Sicherheit zu geben, die ich in diesem Moment gebraucht hatte. Und genau dieses Gefühl spürte ich auch jetzt und wusste direkt, dass es Obi-Wan war, der dieses Gefühl in mir auslöste.

Anscheinend funktionierte die Erkennung über die Macht anders als die normale. Man erkannte jemanden nicht an den Gefühlen, die der andere hatte, sondern an den Gefühlen, die man mit dieser Person verband. In meinem Fall Sicherheit und Vertrauen. Nicht die Art Vertrauen, bei dem man wusste, dass der andere einen in keiner Weise betrügen würde, sondern die Art Vertrauen, bei dem man dem anderen sein Leben anvertraute und wusste, dass dieses Vertrauen nie willentlich missbraucht wurde.

Obi-Wan, könnt Ihr mich hören? Seid Ihr in Ordnung? , fragte ich nochmal, in der Hoffnung, dass er mich nun, da er wieder bei Bewusstsein war, wahrnehmen würde. Direkt fragte ich mich, wie er mich wohl wahrnahm, jetzt da er es konnte. War das Bild, das er nun von mir hatte, ein anderes als zuvor?

Nein, es ist nur deutlicher, hörte ich seine Antwort in meinen Gedanken. Doch selbst wenn ich die Macht noch nicht so nutzen konnte wie er, merkte ich, dass er mir etwas verheimlichte, dass er etwas zu verbergen versuchte. Ich war jedoch zu erleichtert darüber, dass er in der Lage war, mir zu antworten, um darauf einzugehen. Dann berichtete er mir von unserer wirklich misslichen Lage, wobei er mir dabei noch viel zu ruhig und gelassen vorkam. Noch während er versucht hatte, den Rat auf Coruscant zu erreichen, war er aus dem Hinterhalt angegriffen und überwältigt worden. Und nun saß er genauso wie ich fest, nur dass er anscheinend die größere Bedrohung darstellte.

bottom of page