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Kapitel 10

 

Der Meister und sein Padawan

 

 

 

„Ich sage Euch, er war es!“ Beinahe verzweifelt eilte ich hinter Obi-Wan her durch den Regen zurück zu unserem Gleiter, aber Obi-Wan schien kaum Notiz von mir zu nehmen. War es ihm egal, dass wir vielleicht gerade den Kopfgeldjäger entwischen ließen, der Padmé angegriffen hatte? „Ich habe seine Ausrüstung gesehen, sie sah genauso aus, wie Ihr sie beschrieben habt.“ 

Ohne ein weiteres Wort oder auch nur einen Blick verschwand Obi-Wan im Raumgleiter und ich hielt einen Moment im strömenden Regen inne. Wenn er nun tatsächlich so mir nichts, dir nichts zurück nach Coruscant wollte, dann würde er alleine gehen müssen. Ich war hierhergekommen, um ein weiteres Attentat auf Padmé zu verhindern, nicht um eine Verschwörung innerhalb der Jedi aufzudecken.

Ohne noch einmal darüber nachzudenken lief ich wieder in Richtung des Gebäudes zurück, aus dem wir gerade gekommen waren. Ich würde diesen Kopfgeldjäger sicherlich nicht so einfach laufen lassen, nicht in dem Wissen, dass er sich vielleicht auf den Weg machen würde, um seinen Auftrag doch noch zu Ende zu bringen. Das konnte ich in keinem Fall zulassen. Padmé war zwar heimlich nach Naboo geflogen und hatte Anakin als ihren Beschützer dabei, aber er war nicht mehr als ein Padawan, ein Schüler, und ich traute ihm nicht zu, Padmé alleine vor einem gut geplanten Attentat zu schützen. 

Ich schlich mich also wieder zurück in die Gebäude der Kloner. Obi-Wan würde meine Abwesenheit sowieso erst bemerken, wenn er damit fertig war, den Rat der Jedi über alles zu informieren, und losfliegen wollte. „Ist Eurem Meister noch etwas eingefallen?“, fragte mich die freundliche, aber verwunderte Stimme der großen Kaminoanerin, die uns über unseren Besuch hier begleitet hatte.

„Ja, er hat vergessen, dem Spender etwas Wichtiges mitzuteilen. Er informiert gerade den Rat und den Kanzler von den erstaunlichen Fortschritten, die ihr gemacht habt. Deswegen bat er mich, diese Aufgabe für ihn zu unternehmen“, versuchte ich mich herauszureden und hoffte, dass diese Kloner nicht auch noch gut darin waren, Lügen zu durchschauen.

„Ihr müsst Euch beeilen, wenn Ihr ihn noch erwischen wollt. Er hat dem Premierminister gerade mitgeteilt, dass er mit seinem Sohn abreist“, informierte mich die anscheinend tatsächlich unwissende Kaminoanerin. Offenbar wussten sie zwar, dass ihr Spender ein Kopfgeldjäger war, dass er aber tatsächlich an einem Anschlag auf ein Mitglied des Senats beteiligt war, schienen sie nicht zu ahnen. Ich bedankte mich schnell bei ihr und lief in Richtung des Quartieres. Leider war es in diesen immer gleich aussehenden Gängen nicht gerade einfach, die Orientierung zu behalten, und so fürchtete ich irgendwann, ich habe mich vollkommen verlaufen.

Innerlich verfluchte ich mich dafür, dass ich mich zur Eile hatte hinreißen lassen, dass ich durch die Nachricht, dass Jango und sein Sohn sich für die Abreise bereit machten, einfach nur losgelaufen war. Obi-Wan hätte diesen Fehler sicherlich nicht gemacht. Wahrscheinlich hätte er sich einfach durch die Macht leiten lassen und hätte sie gefunden, bevor sie überhaupt noch einen Atemzug hätten tun können. 

Ich dachte an das Amulett, das ich immer noch trug, und fragte mich einmal mehr, warum meine Mutter mir den Weg eines Jedi hatte verwehren wollen. Was hatte sie dazu gebracht, meine Macht zu verstecken, vor mir und vor allen anderen? Wenn ich Glück hatte, würde ich gerade rechtzeitig wieder zur Landeplattform finden, bevor Obi-Wan zurück nach Coruscant flog. Und wenn ich selbst nicht hier rausfand, war ich sowieso verloren. Diese Gänge sahen nicht so aus, als hielten sich die Kaminoaner häufig in ihnen auf, und ich hatte auch schon eine ganze Weile keinen dieser großen abstrusen Kreaturen mehr gesehen. Obi-Wan würde mich nicht finden können, immerhin konnte er sich bei mir nicht auf die Macht verlassen, und ob die Kaminoaner tatsächlich nach einem verschollenen Jedi-Padawan suchen würden, war eine ganz andere Sache.

Es gab also nur einen einzigen Weg, um aus diesem Labyrinth an Gängen zu entkommen, und ich wusste nicht, ob das eine besonders clevere oder äußerst dumme Idee war. Die letzten beiden Male, wo ich, eher unfreiwillig, das getan hatte, was ich nun im Kopf hatte, war ich beinahe handlungsunfähig gewesen. Okay, es war das letzte Mal eindeutig besser gelaufen, als das erste Mal, aber dennoch war es ziemlich gefährlich. Andererseits wäre das eine Möglichkeit für Obi-Wan gewesen, mich zu finden. Sicherlich würde er es merken, wenn auf einmal eine Präsenz der Macht auftauchen würde und vielleicht, vielleicht würde er auch bemerken, dass ich es war. Aber auf jeden Fall würde er nach der Quelle der Macht suchen und mich damit finden.

Vorsichtig und immer darauf bedacht, das Amulett dennoch so nah wie möglich bei mir zu behalten, damit ich es nicht verlieren würde, öffnete ich den Knoten, den Obi-Wan in das Lederband gemacht hatte, nachdem dieses mir auf dem Gleiter zerrissen war. Ich war etwas nervös vor der Reaktion, die das fehlende Amulett an meinem Körper auslösen würde.  Je weiter es sich von meinem Herz entfernte, desto mehr sah ich wieder diese Lichtpunkte, die einfach überall waren. Mir fiel jedoch auf, dass es weitaus erträglicher war, wenn ich das Amulett zumindest noch in der Hand hielt. 

Also entschied ich mich dazu, es nicht ganz abzuziehen, sondern es anstatt um meinen Hals, einfach um mein Handgelenk zu schnüren. Vielleicht war das schon genug, um hier von selbst herauszufinden, ohne dass ich mich vollkommen in der Welt aus hell leuchtenden Lichtern verlieren würde. Und es war in der Tat beinahe so, als könnte ich durch die Wände sehen, als sähe ich einen Plan der ganzen Einrichtung, nur dass dieser Plan sich hinter den Wänden, vor denen ich stand, auftat.

Sabé? , hörte ich plötzlich eine Stimme in meinem Kopf. Es war seltsam. Diese Stimme hatte ich noch nie gehört und es fühlte sich beinahe an, als würde ich in einer anderen Stimme denken als meiner sonst üblichen „Gedankenstimme“. Dennoch kam sie mir etwas vertraut vor. Sabé, seid Ihr das? Könnt Ihr mich hören? 

Obi-Wan? Ich wusste noch nicht einmal, wie ich das, was ich gerade tat, wirklich bezeichnen sollte. Redete ich tatsächlich mit ihm in meinem Kopf, oder war das alles nur Einbildung? Konnte man überhaupt von Reden sprechen, wenn sich meine Lippen nicht bewegten? Ja. Wo seid Ihr? , fragte der Jedi-Meister und ich merkte, dass er leicht verärgert war.

Ich habe alles im Griff , wollte ich ihn und mich selbst überzeugen, als ich mich nun endlich entschloss, weiterzugehen.

Und was macht Ihr dann in den unteren Ebenen der Einrichtung? Diese Frage war durchaus berechtigt, hatte ich bis gerade doch noch nicht einmal gewusst, dass ich überhaupt in den unteren Ebenen war. Aber das hätte ich ihm gegenüber natürlich niemals zugegeben. Warum seid Ihr überhaupt ohne meine Erlaubnis verschwunden? 

Ich wusste nicht, dass ich um Eure Erlaubnis fragen muss, Jedi , bemerkte ich spitz, was er unzweifelhaft bemerken musste. Ich hatte mich vielleicht der Tarnung wegen als sein Padawan ausgegeben, aber ich war sicherlich nichts dergleichen. Und ganz bestimmt musste ich mir nicht seine Erlaubnis einholen, wenn ich irgendetwas tun wollte.

Wenn ich Euch beschützen soll, wäre es von Vorteil, wenn ich wüsste, wo Ihr Euch befindet ,  lenkte er beschwichtigend ein. Und ich merkte, wie seine Präsenz zwar immer noch weit von mir entfernt war, sie aber dennoch langsam näherte. Im Grunde hatte er ja auch recht, aber ich konnte doch nicht einfach daneben stehen, während er den Kopfgeldjäger einfach entkommen ließ. 

Ihr solltet etwas mehr Vertrauen in uns Jedi haben, Mylady. Ich stockte in meiner Bewegung. Konnte er etwa auch alles andere hören, was in meinem Kopf vorging? Alles, was ich dachte, aber nicht zu ihm sagte? Ihr seid nicht gerade geübt darin, eine solche Verbindung über die Macht zu führen , gab er sogar ein wenig belustigt zu bedenken. Das war der Moment, in dem ich verstand.

Sobald ich das Amulett abgelegt hatte, konnte jeder, der auch nur im Entferntesten etwas von der Macht und ihrer Benutzung verstand, herausfinden, was in mir vorging, was ich dachte und fühlte. So einfach ist es auch wieder nicht , sagte Obi-Wans Stimme in meinem Kopf. Ich konnte die Verbindung zu Euch nur herstellen, weil… ich es schon zuvor getan hatte und ich wusste, was ich vor mir hatte, als Eure Präsenz plötzlich erschien. Die Erklärung, die er ablieferte, klang beinahe wie eine Lektion, die er auch Anakin schon beigebracht hatte. 

Bei Anakin war es jedoch sicherlich etwas anderes gewesen, immerhin hatte er sein Leben lang immer mit der Macht gelebt, auch wenn er nicht gewusst hatte, dass er sie besaß. Ich hingegen wurde immer wieder von diesem Gefühl überrannt, wenn ich das Amulett abnahm. So als wäre man sein ganzes Leben lang blind gewesen und konnte auf einmal sehen, wusste jedoch nicht, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden. Um ehrlich zu sein fühlte es sich an, als hätte ich mein ganzes Leben ohne alle Sinne gelebt, als hätte ich noch nie gesehen, gefühlt, gerochen oder geschmeckt. Alles war in dieser Welt aus Macht so viel stärker, so viel intensiver.

Konzentriert Euch auf den Weg , ermahnte mich Obi-Wan. Er hatte recht, denn wenn ich so weitermachte, würde ich wahrscheinlich nur weiter in die falsche Richtung laufen, und die Chance, den Kopfgeldjäger noch zu erwischen, die bereits jetzt ziemlich gering war, würde ganz verstreichen. Was hat Euch eigentlich auf die Idee gebracht, ich würde ihn einfach gehen lassen? 

Wenn Ihr ihn hättet festnehmen wollen, hättet Ihr das direkt getan. 

„Wen haben wir denn da?“, erklang auf einmal eine Stimme hinter mir und durch meine Diskussion mit Obi-Wan und die neue Situation mit der Macht hatte ich wohl nicht gemerkt, wie ich tatsächlich direkt in die Hände des Kopfgeldjägers gelaufen war. „Ein Padawan auf Abwegen.“ Er hatte ein breites Grinsen auf seinem Gesicht und der Lauf seines Blasters zeigte genau auf meinen Kopf. „Eine wunderbare Lebensversicherung“, bemerkte er ziemlich erfreut.

„Ich bin alles andere als Eure Lebensversicherung“, versicherte ich dem Kopfgeldjäger und versuchte angestrengt, die drängenden Fragen des Jedi-Meisters in meinem Kopf zu überhören. Ich musste mich nun auf das Hier und Jetzt konzentrieren. „Sagt mir, wer Euch beauftragt hat, Senatorin Amidala zu ermorden, und ich werde gnädig sein.“

„Ihr werdet mich nicht töten, Jedi“, lachte er mir höhnisch entgegen, beinahe so, als habe er schon gewonnen. Doch ich zückte nur das Laserschwert, das ich von Obi-Wan bekommen hatte. Wenn der Kopfgeldjäger dachte, ich sei tatsächlich ein Jedi, dann bitte. Es konnte für mich nur von Vorteil sein, denn selbst die verruchtesten Gestalten hatten zumindest einen Funken Respekt vor den Jedi. 

„Wieso so sicher?“, bemerkte eine Stimme neben mir und ich war überrascht, dass Obi-Wan mich doch so schnell gefunden hatte. Sicher, dass meine Chancen nun weitaus größer waren, ließ ich im selben Moment wie Obi-Wan die Klinge meines Schwertes aus dem Griff fahren, und es war beinahe unheimlich, wie synchron wir dabei vorgingen. Sofort verlor der durchaus kampferfahrene Kopfgeldjäger die Geduld und schoss einfach drauf los. Ich selbst hatte doch etwas Mühe, diese schnellen Schüsse nur mit diesem Laserschwert abzuwehren, während es bei Obi-Wan schon beinahe wie ein Kinderspiel aussah. Denkt nicht darüber nach, lasst Euren Instinkt handeln , hörte ich seine Stimme wieder in meinem Kopf und ich ahnte, dass er gerade versuchte, mir zu helfen.

Ich versuchte das, was er mir gesagt hatte, umzusetzen, aber es war gar nicht einmal so einfach, den Kopf auszuschalten, wenn man ihn sein Leben lang in solchen Situationen gebraucht hatte, um über Kampftaktiken nachzudenken.

„Schalte die Triebwerke an. Mach alles bereit!“ Mittlerweile hatten wir den Kopfgeldjäger soweit in die Enge getrieben, dass er uns als einzigen Ausweg auf die Plattform geführt hatte, auf dem sein unveränderter Klon mit einem kleinen Schiff auf ihn wartete. Aber ich war mir sicher, nicht viel konnte ihn jetzt wirklich noch davor retten, von uns gefasst zu werden. Ich dachte schon darüber nach, was ich während des Fluges nach Coruscant mit ihm anstellen würde, um ihn zu befragen, da schoss auf einmal eine Ladung seines Blasters direkt auf meinen Kopf zu. 

Geistesgegenwärtig duckte ich mich etwas weg und versuchte den Schuss mit meinem Laserschwert abzufangen, doch leider verfehlte ich mein Ziel um einige Zentimeter und das Blasterfeuer streifte mein Handgelenk. Einen Moment lang spürte ich noch den brennenden Schmerz von ernsthaft verbranntem Fleisch, dann hörte ich nur ein dumpfes Geräusch und auf einmal brach die ganze Macht auf mich herein, wie noch nie zuvor. Ich spürte auf einmal den ganzen Hass, den sowohl Jango Fett als auch sein Sohn uns entgegenbrachten, und die Angst, die der Junge obendrein noch hatte. Das alles war durch den Kampf so überwältigend, dass ich nicht damit umgehen konnte. Ich hörte noch gedämpft, wie Obi-Wan versuchte, durch das Gewirr an Gefühlen und Eindrücken zu mir durchzudringen, dann wurde alles schwarz.

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