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Kapitel 6

 

Nächtliches Training

 

 

 

 

In dieser Nacht schlief ich wieder unruhig. Immer wieder träumte ich, dass ich von etwas verfolgt wurde, dass ich ein schreiendes Kind in meinen Armen hielt und nichts in der Welt es jemals bekommen durfte. Ebenso verfolgte mich ständig dieses mechanische Atmen und die komische, dunkle, metallene Stimme während ich lief. Sie verhöhnte mich, sagte mir, dass ich nicht davon laufen konnte, dass er mich überall finden würde.

Unzählige Male wachte ich in dieser Nacht schweißgebadet auf, rief nach einem Ben, den ich nicht kannte. Eirtaé und Rabé bekamen davon nichts mit, schlief ich doch zur Wahrung der Tarnung im Zimmer der Königin, während sie im Vorzimmer schliefen. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und ich schlich mich erneut aus den Gemächern, gekleidet in die Roben einer einfachen Kammerdienerin.

„Am liebsten würde ich den Jedi und den Gungan zurücklassen und wieder nach Naboo zurückfliegen“, hörte ich einen der Techniker zu einem anderen flüstern, als ich durch die Tür kam. Sie waren augenblicklich still. Nicht weil sie bemerkten, dass ihre vermeintliche Königin nun unter ihnen war, sondern weil auch die Kammerdienerinnen eine gewissen Autorität innehatten. Wir waren keiner einfachen Dienerinnen, die der Königin Essen und Wasser brachten, sie wuschen oder einkleideten. Manchmal taten wir das, gewiss, aber eigentlich waren wir ihr Schutz, ihre Berater und ihre Stimme des Gewissens.

„Und was wollt Ihr auf Naboo unternehmen?“, fragte ich also den Techniker und er sah mich erstaunt an. Wir redeten normalerweise nicht viel mit den anderen Einwohnern des Palastes. Wir schienen für sie schüchtern und zurückhaltend zu sein, ein Mysterium für viele.

„Ich werde meine Familie befreien!“, erwiderte er sehr entschlossen und die anderen sahen ihn nickend an. Manche von ihnen stimmten ihm auch mit Worten oder Geräuschen zu, doch ich sah auch, dass sie darauf warteten, was ich sagen würde.

„Und wie wollt Ihr das anstellen? Wir besitzen keine Waffen. Es gibt keine Möglichkeit, wie wir gegen die Übermacht an Kampfdroiden alleine vorgehen könnten.“ Ich hielt einen Moment inne, damit alle darüber nachdenken konnten, gab aber zu verstehen, dass ich nicht unterbrochen werden wollte, wieder etwas was sie sicherlich nicht von einer Kammerdienerin der Königin gewohnt waren. „Unsere einzige Chance ist es, bei dem Senat eine Entscheidung gegen die Handelsföderation zu bewirken. Und die Königin wird nicht aufgeben, bis eine solche Entscheidung getroffen ist. Gerade jetzt versucht sie alles ihr Mögliche, um uns von diesem Planeten zu bringen“, versicherte ich ihnen, auch wenn sie nicht wissen konnten, wie wahr diese Geschichte doch war.

In ihren Augen lag die Königin momentan wahrscheinlich in ihrem Bett und schlief. In der Tat war sie jedoch mitten in Mos Esba und versuchte zusammen mit dem Gungan und dem Jedi einen Hyperantrieb zu bekommen. Sie setzte ihr Leben  aufs Spiel, damit Naboo geholfen werden konnte, und ich konnte sie diesmal nicht beschützen.

„Unsere Familien sterben, Kammerdienerin.“

„So auch unsere und die der Königin.“ Und damit war für mich das Gespräch beendet, denn ich merkte, wie Wut in mir aufstieg. Ich ging also weiter, damit niemand sehen konnte, wie sehr es mich aufregte, dass diese Techniker anscheinend nicht wussten, welche Bürde im Moment auf Padmé und auch auf mir lag.

„Ja, Meister?“ Ich blieb unweigerlich stehen. Ich wusste, Obi-Wan hatte mich noch nicht gesehen, und mich interessierte wirklich, was bei Padmé vor sich ging. Ob es ihr gut ging, ob wir endlich hoffen konnten nach Coruscant zu fliegen. Doch was ich hörte beunruhigte mich noch mehr und schürte die Wut, die ich in mir aufkochen spürte. Der Jedi-Meister hatte tatsächlich unser Schiff bei einer Wette aufs Spiel gesetzt. Das hatte Padmé unmöglich gutheißen können.

Ging es ihr gut? War ihr etwas zugestoßen oder hatte der Jedi den Rat einer einfachen Kammerdienerin vielleicht einfach ignoriert? Ebenso war ich erschüttert, dass ein Jedi tatsächlich unser aller Schicksal so einfach verspielte, es in die Hände eines Zufalls gab. War dieser Meister wirklich so überheblich in seinem Glauben an sich selbst?

„Was ist, wenn der Plan fehlschlägt, Meister?“, frage auch Obi-Wan und auch, wenn ich nur seinen Rücken betrachtete, ich konnte an seiner Stimme hören, dass er nicht gerade überzeugt von dem Zug seines Meisters war. „Es könnte sein, dass wir dann eine lange Zeit hier festsitzen.“ Da hatte er verdammt noch mal Recht und das konnte ich doch nicht zulassen. Aber was konnte ich schon tun?

Dann hörte ich ihn von einem Jungen sprechen und sah, wie Obi-Wans Schultern leicht nach unten sanken. Irgendetwas sagte mir, dass es hier für den Meister eher um den Jungen ging als um etwas anderes. Irgendetwas in seiner Stimme, das mir eindeutig nicht gefiel und mir beinahe einen Schauer über den Rücken fahren ließ.

Als die Kommunikation zwischen Padawan und Meister abbrach, sah ich, wie Obi-Wan den Kommunikator in seiner Hand einzuquetschen versuchte, beinahe als wolle er ihn zerstören. Aber dann war er wieder plötzlich ganz er selbst, ruhig und bestimmt. Er drehte sich nicht zu mir um. Anscheinend hatte er meine Anwesenheit nicht bemerkt, denn er ging einfach wieder zurück zum Hyperantrieb.

Ich hingegen brauchte nun endgültig ein Ventil, mit dem ich meinen Frust herauslassen konnte, etwas, das mich den Druck und den Stress der letzten Tage vergessen lassen würde, damit ich wieder gelassen als Königin auftreten konnte. Ich konnte schlecht in solch angespannter Stimmung eine kalte, beinahe gefühlslose Königin mimen.

Es gab nur eine Möglichkeit, wie ich schon immer etwas Dampf hatte ablassen können, und das war beim Kampftraining. Schon in der Zeit, in der ich in meiner Ausbildung gewesen war, hatte ich allen Frust und allen Ärger beim Kampftraining freigelassen und so viele mir überlegene Gegner geschlagen, die nicht damit gerechnet hatten. Es tat mir einfach gut, die Energie, die ich durch solche Gemütszustände erlangte, auf diese Art herauszulassen.

Ich ging also zurück in die Gemächer der Königin, zog mir meinen Trainingsanzug unter die Robe der Kammerdienerin und beschloss den Thronraum in einen Trainingsraum zu verwandeln. Dort war genug Platz und niemand war dort und würde mich stören. Als ich dann nur noch meinen dunkelroten Trainingsanzug trug und mir die Haare hochgesteckt hatte, damit sie mir nicht im Weg waren, holte ich aus meiner Robe einen kleinen Zylinder. Er war klein genug, um in einer der kleinen eingelassenen Taschen zu passen, die jede unserer Roben besaß, aber wenn ich den Knopf in dessen Mitte betätigte, wurde daraus ein langer, ausgefahrener Kampfstock.

Vorsichtig legte ich ihn vor mich, während ich versuchte meine Muskeln leicht aufzuwärmen. Sicherlich war es nicht förderlich, wenn ich morgen wegen Muskelkater unkoordinierte Bewegungen machte, während ich als Königin posierte.

Als ich merkte, wie mein Körper langsam zu schwitzen begann, nahm ich meinen Stab wieder auf. Jetzt war ich warm genug, um endlich alles rauszulassen, was mich beschäftigte, was mich jede Nacht zu den verwirrenden Alpträumen führte.

Das Training mit diesem Stab ähnelte zu Zeiten wahrscheinlich eher einem Tanz als einem aggressiven Kampf, aber es war der Stil, den ich erlernt hatte, und der Stil, der am besten zu mir passte, mit dem ich am effektivsten war. Ich wirbelte herum, schlug Räder, überschlug mich und visierte immer wieder ein unsichtbares Ziel an. Ich stellte mir vor, wie ich Padmé in Mos Espa vor unzähligen Verbrechnern beschützte, wie ich zusammen mit ihr den Palast zurück eroberte.

Ich war gerade dabei Nute Gunray den schmierigen Kopf von seinen Schultern zu schlagen, da stoppte mein Schlag plötzlich mitten in der Luft, beinahe so als würde mein Stab gegen irgendetwas prallen, doch das war nicht der Fall.

„Ich dachte, Naboo sind ein friedliebendes Volk und besitzen keine Waffen“, sagte Obi-Wan mit ausgestreckter Hand und einem süffisanten Grinsen auf den Lippen. Ich sah ihn an, rang nach Luft und spürte, wie einige Schweißperlen meine Stirn herunterrollten. Ich schmeckte ihren salzigen Geschmack als sie über meine Lippen liefen, während ich ihn weiterhin beobachtete. Er schien sich kein bisschen anstrengen zu müssen, auch wenn ich mit aller Kraft versuchte gegen diese unsichtbare Wand zu drücken.

Ich sah die Verwirrung in seinen Augen, als ich es schaffte immer weiter zu drücken, sah wie er mich studierte und anscheinend wieder versuchte, irgendetwas zu ergründen. „Ihr habt einen starken Willen, Eure Hoheit.“

„Muss eine Königin nicht einen starken Willen haben?“, fragte ich und sah ihm direkt in die Augen. Ohne darüber zu reden ließen wir beide gleichzeitig locker und ich senkte meinen Kampfstab, während er die Macht entgleiten ließ. Er nickte nur und setzte sich auf eine der Bänke. Ich ließ meinen Stab wieder schrumpfen und steckte ihn in den kleinen Gürtel an meinem Trainingsanzug bevor ich mich neben den Jedi-Padawan setzte.

„Ihr habt mir meine Frage nicht beantwortet“, sagte er ruhig, während ich noch schwer atmete.

„Eure Frage? Ihr habt nur eine Aussage gemacht.“ Ich sah ihm direkt in die Augen und ich sah, wie sein Mund sich zu einem kleinen Grinsen verzog, auch wenn er innerlich etwas angespannt zu sein schien. Wahrscheinlich wusste er nicht, wie er mir die schlechte Nachricht von den Taten seines Meisters beichten sollte, wenn er es überhaupt tun wollte.

„Verzeiht mir. Ihr erwähntet zuvor, dass die Naboo ein friedliebendes Volk seien, Eure Hoheit. Wieso besitzt Ihr diesen Kampfstab?“

Ich überlegte einen Moment, legte mir meine Antwort genau zurecht. „Selbst ein lang anhaltender Frieden ändert die Protokolle nicht. Captain Panaka ist nicht gerade leichtsinnig und hat sichergestellt, dass ich mich zu verteidigen weiß“, antwortete ich und stand wieder auf. Auch Obi-Wan stand auf, aus Respekt gegenüber meiner Person, dessen war ich mir sicher.

„Panaka ist ein weiser Mann“, murmelte er und ich merkte, dass mehr dahinter steckte als die einfache Aussage, aber er machte keine Anstalten, seinen Worten weitere folgen zu lassen. Stattdessen wandte er sich einfach ab und wollte mich alleine im Thronsaal zurücklassen.

„Sicherlich seid Ihr nicht durch einen einfachen Zufall hierhergekommen“, hielt ich ihn also auf. Ich wollte wirklich nicht alleine sein und ich hoffte, dass er mir vielleicht doch noch erzählte, was er gerade von seinem Meister erfahren hatte. Vielleicht hatte ich so eine Möglichkeit mich unauffällig über Padmé zu informieren. Ich machte mir wirklich große Sorgen um sie und ich wollte wissen, dass es ihr gut ging.

„Nein, gewiss nicht. Aber ich muss zugeben, dass Ihr mich etwas irritiert habt, Eure Hoheit“, gab er mit einem leichten Grinsen zu, während er sich wieder umdrehte. Ich sah, dass er die Wahrheit sprach. Anscheinend hatte er nicht erwartet, dass die Königin von Naboo kämpfen konnte.

„Dann berichtet mir erst, warum Ihr mich gesucht habt. Und dann erzählt mir, was Euch so verwirrt hat, Padawan Kenobi.“ Ich konnte den amüsierten Ton in meiner Stimme nicht unterdrücken, auch wenn ich wusste, dass er mir wahrscheinlich gleich berichten würde, was sein Meister ihm gesagt hatte.

„Nun, da ich denke, dass Ihr mich nach dem, was ich zu sagen habe, wahrscheinlich nicht mehr sehen wollt, sollte ich Euch erst mitteilen, was mich verwirrt hat“, sagte er, klang dabei aber sehr ernst und ich hörte an seinem Ton, dass ihm die Nachricht von seinem Meister anscheinend genauso wenig gefiel wie mir. Ich nickte also. Wahrscheinlich hatte er Recht.

„Verzeiht mir, Eure Hoheit, aber ich hatte nicht damit gerechnet, Euch im Kampfe zu sehen, und ich muss zugeben, dass mich Eure Kraft erstaunt hat. Bei allem Respekt, Ihr seid noch relativ jung und sicherlich habt Ihr nur eine halb so gute Ausbildung genossen wie ich. Und dennoch habt Ihr es geschafft, zumindest im Ansatz gegen mein Schild anzukommen“, erklärte er und umkreiste mich beinahe. Ich sah ihn gespielt geschockt an. Es war ein Kompliment, keine Frage, aber es steckte auch ein gewisser Hohn meines Amtes gegenüber darin.

„Und Ihr seid der Meinung, dass eine Königin sich nicht verteidigen darf?“, fragte ich, während nun auch ich begann mich um ihn zu drehen. „Meint Ihr, nur weil man genügend Wachleute hat, muss man sich nicht selbst verteidigen können? Glaubt mir, ich habe früh gelernt, aus den einfachsten Sachen eine effektive Waffe zu machen.“

Wir umkreisten uns beinahe wie zwei Raubtiere, die kurz davor waren, aufeinander loszugehen. Nur das Lächeln auf unser beider Gesichter zeigte, dass wir keinerlei bösen Absichten gegeneinander hegten.

„Nun ja, Eure Hoheit, ich dachte, eine Königin hält es nicht für nötig, sich die Hände schmutzig zu machen“, provozierte er mich bewusst und zu meiner Schande musste ich zugeben, dass er Erfolg damit hatte.

„Vergesst nicht, Padawan, ich bin genauso wenig als Königin geboren worden, wie Ihr als Jedi.“

„Aber das, was mich zum Jedi macht, steckte schon immer in mir“, erwiderte er und der Kreis, den wir umeinander zogen, wurde immer enger.

„Ach, und Ihr seid der Annahme, dass das, was eine Königin ausmacht, nicht von Geburt an in mir steckte?“ Mittlerweile reichte mein Blickfeld nur noch von seinem Haarschopf bis zu seinen Schultern und sein Grinsen war unverkennbar.

„So eine Anmaßung würde ich nie in Erwägung ziehen, Eure Hoheit.“ Wir hielten beide inne. Nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt stehend, konnte ich deutlich seinen Atem spüren und die einzelnen Farbfacetten seiner Augen erkennen. Sie waren von einem silbernen blau, wie ich es noch nie gesehen hatte. Der äußere Rand seiner Iris war dunkelblau umrahmt und genau über seiner schwarzen Linse schien ein beinahe goldener Punkt zu thronen. Es war faszinierend und noch nie hatte ich solche Augen gesehen. Durch das Licht, das sich in seinen Augen spiegelte, sah ich eine perfekte Reflektion meiner selbst und war erstaunt, wie nah wir uns doch waren.

Dann auf einmal, als hätte ihn ein Blitz getroffen, entfernte er sich von mir. Er lächelte nicht mehr, schien zwar leicht irritiert zu sein, versuchte aber den Gleichmut der Jedi wieder aufzunehmen.

„Ich bin eigentlich zu Euch gekommen, Eure Hoheit, um Euch von dem Vorhaben meines Meisters zu informieren“, sagte er, während er noch weiter zurückging, um mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Ich merkte, wie eine Enttäuschung über mich kam, die ich selbst nicht verstand. Ich merkte, wie Wut leicht wieder in mir aufkochte.

„Ich weiß bereits, was Euer Meister getan hat, Padawan Kenobi“, sagte ich und ich merkte, wie kalt und unberührt meine Stimme nun auf einmal wieder klang. Ohne dass ich es wirklich gewollt hatte, klang ich das erste Mal tatsächlich wie Königin Amidala. „Und ich bin nicht einverstanden damit, dass er das Leben dieser Besatzung und das meines Volkes so leichtfertig aufs Spiel setzt.“

„Ich verstehe Euren Unmut, Eure Hoheit. Dennoch muss ich Euch mitteilen, dass dieser Plan bereits ausgeführt wurde und nicht mehr aufgehalten werden kann“, sagte er, verbeugte sich und zog sich dann ohne ein weiteres Wort zurück.

Ich atmete einmal tief ein, versuchte meine Gedanken zu sortieren, versuchte Sabé und die Königin auseinanderzuhalten, aber beide waren sehr verärgert. Die eine über das seltsame Verhalten des Padawan, die andere über diese kopflose Entscheidung des Jedi-Meisters. Aber eines war klar: egal, wer ich nun war, die Jedi bereiteten mir unsägliche Kopfschmerzen.

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