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Kapitel 5

 

Erschreckende Nachrichten

 

 

 

 

Auf meinem Weg zurück in die Gemächer der Königin schalt ich mich für mein Verhalten. Die Königin hätte niemals ihre Fassade bröckeln lassen, nicht einem Fremden gegenüber. Ich musste wirklich aufpassen, was ich auf diesem Schiff sagte und tat, ansonsten würde ich in meiner Aufgabe, Padmé zu beschützen, scheitern. Ich durfte mich nicht von Gefühlen wie Hilflosigkeit und Angst übermannen lassen, musste mich zu jeder Zeit voll unter Kontrolle haben.

Ich war froh, dass Captain Panaka nicht bemerkt hatte, dass ich mich alleine aus den Gemächern geschlichen hatte. Wahrscheinlich wäre ich dadurch nach unserer Ankunft auf Coruscant meines Amtes als Erste Kammerdienerin enthoben worden, und das war das Letzte, was ich wollte.

Der Wunsch, Padmé zu beschützen, war so stark, dass ich dafür einfach alles beiseite gestellt hätte. Sie war nicht nur die Königin, der ich geschworen hatte zu dienen, sie war auch noch die einzige, der ich Vertrauen konnte, die ich wirklich und wahrhaftig Freundin nennen konnte. Auch wenn Eirtaé, Rabé, Yané und Saché wie meine Schwestern waren, konnte ich ihnen nicht alles sagen, was in meinem Kopf vorging. Es hätte auch nichts gebracht. Nur Padmé konnte ansatzweise verstehen, wie ich dachte, und ich war stolz, dass sie genauso über mich dachte.

Als ich mich in mein Bett legte, konnte ich jedoch nicht direkt schlafen, auch wenn ich tatsächlich etwas ruhiger geworden war. Ich musste an das Gespräch mit dem Jedi Padawan denken. Eigentlich hatte er Recht. Padmé war die ganze Zeit alleine, alleine unter einer schier endlosen Zahl von Menschen, und es tat mir leid. Wahrscheinlich war es beinahe befreiend für sie, auch in der Öffentlichkeit einfach nur einmal Padmé sein zu können.

Doch was mich noch mehr nachdenken ließ, war der Schatten gewesen, der sich auf dem Gesicht des Padawans ausgebreitet hatte, als er von seiner Familie gesprochen hatte, und ich fragte mich wieso. Vor allem verstand ich nicht, warum die Jedi solchen Wert darauf legten, die Kinder von ihren Familien zu trennen, und dann, wie in Obi-Wans Fall, sie ab und zu dorthin zurückzulassen.

Als ich dann doch endlich Schlaf fand, träumte ich nicht gerade gut. Die Bilder der Invasion auf Naboo mischten sich mit anderen Bildern. Bildern einer jungen, kranken Frau, der im Schlaf ein Kind entrissen wurde. Ich selbst stand wie ein ferner Betrachter neben dem Geschehen, beobachtete, konnte jedoch nicht eingreifen.

Dann wechselten das Bild und die Szenerie. Auf einmal war ich selbst mitten drin. Ich stand auf einer Lichtung, vollkommen außer Atem. Meine Beine waren müde und ich wusste, irgendjemand verfolgte mich.

„Du kannst mir nicht entkommen, Sabé“, hörte ich eine mechanische Stimme hinter mir und ich merkte, wie ich unweigerlich etwas dicht an meinen Körper presste. Ich blickte hinunter und sah ein kleines Bündel, das ich in den Armen hielt, darin ein kleines Kind, dem Aussehen zufolge gerade einmal wenige Wochen alt. Um jeden Preis wollte ich es beschützen, doch bevor ich weiter laufen konnte, spürte ich, wie ich wie von selbst vom Boden abhob und meine Kehle sich zuzuschnüren begann. Der letzte Gedanke in meinem Kopf war ein verzweifelter Schrei nach der einen Person, von der ich wusste, dass sie mich retten konnte: Ben.

Dann wachte ich nach Luft schnappend wieder auf. Als ich mich umblickte, waren weder Rabé noch Eirtaé mehr in ihren Betten. Die beiden hatten sich anscheinend etwas zu Essen geholt. Sie saßen nun am anderen Ende der Gemächer und schienen mich erst jetzt zu bemerken.

„Wir haben schon gedacht, du wachst nie mehr auf“, seufzte Rabé und brachte mir mein Frühstück. Ich war ihr dankbar, dass sie daran gedacht hatte, mir auch etwas mitzubringen. Es hätte wahrscheinlich seltsam gewirkt, wenn die Kammerdienerin nichts für ihre Königin mitnahmen.

„Du hast schlecht geträumt. Nicht wahr?“ Eirtaé setzt sich mit ihrem Tablett voller Essen auf die Kante meines Bettes und sah mich erwartungsvoll an. Doch ich wollte nicht darüber reden. Zu verstörend war dieser Traum gewesen, zu real. Ich war eine Kammerdienerin und würde es wahrscheinlich immer bleiben. Und das bedeutete, dass ich niemals eigene Kinder haben würde. Ebenso verstand ich nicht, warum ich mit meinem letzten Atemzug an den Padawan gedacht hatte. Doch nicht als Obi-Wan, sondern als Ben, der Name, den seine Eltern ihm gegeben hatten.

„Eure Hoheit, wir erhielten eine Nachricht von Naboo“, sagte Captain Panaka plötzlich und ich hörte an seiner Stimme, dass das nichts Gutes heißen konnte. Ich sah Rabé und Eirtaé kurz an und die beiden strahlten die Besorgnis aus, die ich gerade fühlte. Schnell sammelten sie meine Garderobe zusammen und halfen mir hinein. Wieder einmal waren wir alle froh über die Auswahl, die Padmé noch im Palast getroffen hatte. Dieses Kleid war wirklich praktisch, wenn man es schnell an- und ausziehen musste. Es verdeckte die unordentlichen Haare und ich konnte darunter tragen, was ich wollte, selbst meinen Morgenmantel, wie jetzt.

Innerhalb von 5 Standartminuten war ich vollkommen in die Königin verwandelt und konnte mich in Begleitung des Captains und meiner beiden Kammerdienerinnen in den Thronsaal begeben. Das Gefühl, das mich beschlich, war jedoch schrecklich. Ich ahnte, dass die Nachricht von Naboo keine gute sein würde, dass sie mich vielleicht zu einer Entscheidung zwingen würde, die ich ohne Padmé treffen musste.

Als ich in den Thronsaal eintrat, wunderte ich mich, dass dort bereits Obi-Wan auf uns wartete. Warum war er hier? Wenn Panaka die Nachricht schon kannte, dann er doch sicherlich auch. Doch ich musste zugeben, dass es mich beruhigte, dass er da war. Nicht, weil ich dachte, er müsse mich vor irgendetwas beschützen, was ich sehen konnte, sondern weil wir am Abend zuvor so offen gesprochen hatten, wie ich es bisher nur mit Padmé konnte, und er mir einen Teil Sicherheit gab.

„Es ist eine Nachricht von Gouverneur Bibble, Eure Hoheit“, leitete Panaka das Abspielen der Nachricht ein, nachdem ich mich auf den Thron gesetzt hatte und Rabé und Eirtaé hinter mir in Position gegangen waren. Ich versuchte unberührt darauf zu reagieren, dass anscheinend der Gouverneur mit mir reden wollte, obwohl er wissen musste, dass wir Funkstille halten sollten. Immerhin war es auch seine Idee gewesen.

„Die Zahl der Todesopfer ist Katastrophal. Wir müssen uns ihren Wünschen beugen.“ Das Hologramm war sehr verzerrt und der Gouverneur sah wirklich sehr beunruhigt aus. Stimmte es, was er sagte? Starb unser Volk tatsächlich? „Ihr müsst Kontakt mit mir aufnehmen!“, flehte er beinahe und dann war das Hologramm verschwunden.

Bevor einer von uns reagieren konnte, war der Padawan bereits von seinem Sitz aufgestanden. „Das ist ein Trick. Schickt keine Antwort.“ Ich sah ihn einen Moment an. Sollte ich mir nicht erst einmal selbst ein Bild von der Lage machen können? Diese Nachricht musste gründlich analysiert und evaluiert werden. „Sendet überhaupt keine Übertragungen“, fügte er noch in einem ziemlich harschen Ton hinzu und war verschwunden.

„Was bildet er sich bloß ein?“ Zu meiner Verwunderung war es Panaka, der die Beherrschung als Erster verlor. Ich hatte schon ziemlich früh bemerkt, dass er dem Jedi noch weniger traute als wir anderen. Für ihn waren sie ein nicht einzukalkulierender Sicherheitsfaktor und ich wusste, dass Panaka es gar nicht mochte, wenn er nicht alles unter Kontrolle hatte. Aber auch ich war nicht gerade erfreut darüber, dass der Padawan so herrisch mit uns umgegangen war.

„Was sollen wir nun tun, Captain?“, fragte ich und meine Frage war ernst gemeint. Ich wollte diese Entscheidung nicht alleine treffen, nicht, wenn Padmé nicht hier war. Vielleicht würde ich mit meiner Meinung über das Schicksal unseres Volkes entscheiden und dafür fühlte ich mich leider noch nicht bereit. Ich sah Rabé und Eirtaé an, die beide, wie ich nun sah, Tränen in den Augen hatten. Ich wusste, dass sie gerade an ihre Familien dachten und auch ich kam nicht umhin, an meine Eltern zu denken.

Wahrscheinlich waren sie schon ziemlich zu Beginn der Blockade in eines der Lager gebracht worden und sicherlich ging es ihnen dort alles andere als gut. Vielleicht waren sie auch bereits unter den Naboo, die getötet worden waren, auch wenn ich es nicht hoffte. Rabé und Eirtaé konnte es nicht anders gehen. Aber ich machte mir auch Sorgen um Yané und Saché, die wir hatten zurücklassen müssen.

„Meint Ihr, der Nachricht kann man glauben?“, fragte Rabé besorgt an Panaka gewandt und ich sah ihr an, dass sie am liebsten alle Hüllen fallen gelassen hätte. Nur wir Kammerdienerinnen und die Königin wussten um die enge Beziehung zwischen der Ältesten unter uns und dem Chef der Sicherheit. Die beiden hatten es immer gut verborgen. Doch nun - wir waren unter uns und Rabé sah tatsächlich sehr verzweifelt aus - konnte Panaka anscheinend nicht an sich halten und schlang einen Arm um sie.

„Ich weiß es nicht, Rabé, aber ich fürchte, der Jedi hat Recht. Es ist eine Falle, ob es glaubwürdig ist oder nicht.“ Ich sah den verzweifelten Blick in ihren Augen, der ihn beinahe anflehte zu sagen, was wir tun sollten, aber auch Panaka wusste es nicht. Er wusste nicht, wie er dieses ganze Chaos überwinden sollte, das sah ich ihm an.

„Es gefällt mir nicht, aber wir können rein gar nichts tun. Es ist ganz sicher eine Falle, um unsere Position zu ermitteln. Wahrscheinlich hat Gunray erfahren, dass wir noch nicht in Coruscant angekommen sind, und hofft nun, uns noch aufhalten zu können.“ Nachdenklich hatte er den Arm von Rabé genommen und ging nun im Thronsaal auf und ab, während er anscheinend unsere Möglichkeiten abwog. „Wir können nur hoffen, dass die Königin und der Jedi-Meister bald mit den benötigten Teilen zurückkehren.“

Ich nickte kurz, konnte aber die Sorge, die sich in mir ausbreitete, nicht verbergen. Unserem Volk ging es schlecht, und auch, wenn ich nicht wirklich die Königin war, ich fühlte mich schrecklich, sie alle im Stich gelassen zu haben. „Sagt allen, die Königin hat sich zurückgezogen und möchte nicht gestört werden“, wies ich Panaka an und stand auf, um mit den anderen beiden zurück in mein Quartier zu gehen. Ich wollte nun wirklich keinen weiteren Besuch haben.

Der Ältere verbeugte sich nur kurz, drückte in einer beinahe unsichtbaren Bewegung bestärkend Rabés Hand und führte uns dann zurück in unsere Gemächer. Ich spürte die erschöpften und besorgten Blicke auf mir. Jeder der Piloten und Techniker hatte Freunde und Familie auf Naboo gelassen, in der Hoffnung, wenigstens dabei helfen zu können, mich nach Coruscant zu bringen. Doch nun saßen sie genauso hier fest wie wir alle und ich verstand ihre Hoffnungslosigkeit. Wahrscheinlich hatte sich die Kunde von der empfangenen Nachricht schon rumgesprochen und wahrscheinlich fragte sich jeder von ihnen, ob seine Familie unter den Opfern war.

Auch ich fragte mich, ob meine Eltern bereits in die Lager gebracht worden waren, ob man sie auf dem Land ergriffen hatte, wo Padmé alle Familien der Kammerdienerinnen und ihre eigene hatte hinbringen lassen. Die Gefahr, dass sie als Druckmittel benutzt werden würden, war zu groß gewesen. Ich erinnerte mich noch genau an das ängstliche Gesicht meiner Mutter, als sie erfuhr, dass eine Invasion kurz bevorstand. Sie hatte geweint, geweint um die Menschen von Naboo, geweint um die Natur, um die Königin, um meine Freunde und natürlich um mich. Aber mein Vater war stark für sie beide gewesen.

„Hier, das was das einzige, das du bei dir getragen hast, als wir dich damals auf unserer Türschwelle gefunden haben“, hatte mein Vater gesagt, während er eine Kette aus Transparistahl aus seiner Tasche geholt hatte. Er hatte sie mir in die Hand gelegt, während meine Mutter an seiner Schulter geschluchzt hatte. Als ich meine Hand wieder öffnete, sah ich den Anhänger an der Kette. Es war ein hellgrüner, milchiger Stein, doch seine Oberfläche war rau und ähnelte beinahe einer Rosine.

„Wir wissen nicht, was es ist, aber uns wurde aufgetragen, es dir zu geben, solltest du Naboo jemals verlassen.“ Ich wusste, dass ich nicht die leibliche Tochter meiner Eltern war, das hatten sie mir schon sehr früh erklärt, und ich war erstaunt, dass es anscheinend noch etwas gab, das ich besessen hatte, bevor ich zu ihnen gekommen war. Keiner der Juweliere im Palast hatte mir in der kurzen Zeit bis zum tatsächlichen Angriff auf Theed sagen können, aus was dieser Stein bestand, und niemand hatte so etwas wie diesen Stein jemals zuvor gesehen.

Jetzt hielt ich ihn in meinen Händen und beobachtete ihn. Ich stellte mir, das erste Mal seit langem, die Frage, wer wohl meine richtigen Eltern waren und warum man mich ihnen entrissen hatte, denn dies war eine Antwort, die ich nie erhalten hatte. Wenn ich danach gefragt hatte, war von meiner Mutter immer die Antwort gekommen, dass ich noch nicht bereit war alles zu erfahren, dass ich noch zu jung war. Und nun musste ich fürchten, dass ich es vielleicht nie erfahren würde.

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