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Kapitel 4

 

Gespräche bei Sternenschein

 

 

 

Einige Stunden später - ich war meiner Rolle als Amidala schon wieder überdrüssig - kam auf einmal Captain Panaka wieder herein. Ich war froh, dass er es war, denn ich konnte nicht behaupten, dass ich besonders königlich auf den Thron saß. Im Gegenteil, ich hatte meine Beine über eine der beiden Lehnen gelegt und mein Rücken wurde von der anderen gehalten, während ich nach hinten gebeugt mit Eirtaé redete.

 

„Ihr solltet besser Haltung annehmen“, sagte Panaka mit gesenkter Stimme und ich erkannte, dass er nicht gerade erfreut war uns so… locker zu sehen. Er war immer sehr streng mit uns gewesen und hatte uns eigentlich klar gemacht, dass wir einfach immer im Dienst waren. Unsere Aufgabe war eine Berufung und somit war sie nicht zu einer bestimmten Stunde zu Ende.

 

„Verzeiht, Captain“, sagte ich ruhig, während ich mich schnell wieder aufrichtete. Dann nickte er, die Tür hinter ihm öffnete sich und dort stand der Padawan. Mir entging sein besorgter Blick nicht und ich ahnte, dass das nichts Gutes heißen konnte. Direkt machte ich mir Sorgen, dass Padmé vielleicht etwas zugestoßen sein konnte, und ich tat mich sehr schwer daran, nicht von meinem Thron aufzuspringen und ihn direkt zu fragen, ob mit ihr tatsächlich alles in Ordnung war. Sicherlich hätte Panaka davon gewusst und wäre anders auf uns zugekommen.

 

„Eure Hoheit, ich entschuldige mich für die Störung Eurer Privatsphäre, aber ich habe eine Nachricht von meinem Meister erhalten“, informierte mich der junge Padawan und er sah etwas entnervt aus. Irgendetwas schien schief gelaufen zu sein.

 

„Ich muss Euch fragen, ob sich an Bord des Schiffes irgendetwas von Wert befindet. Irgendetwas, das wir gegen einen Hyperantrieb tauschen könnten?“ Als ich ihn daraufhin fragend ansah, erklärte er mir, dass wohl auf Tatoonie kein Händler Republikanische Kredite annahm. Sie galten auf diesem gesetzlosen Planeten rein gar nichts.

 

„Ich fürchte, ich muss Euch enttäuschen, Padawan. Dieses Schiff ist nur mit minimaler Verpflegung und meiner Reisegarderobe gefüllt.“ Ich überlegte einen Moment, aber sicherlich war die Garderobe der Königin nicht von Wert für die Verbrecher auf diesem Planeten. Außerdem würde somit jemand vielleicht darauf aufmerksam werden, dass eine Königin unter ihnen war, und dadurch würde Padmé vermutlich in Gefahr geraten.

 

„Gibt es vielleicht irgendwelche Waffen, mit denen wir Handeln könnten?“, fragte Kenobi und ich wusste, worauf er hinauswollte. In den meisten Systemen waren die Schiffe der Regierung am besten ausgestattet, um eine maximale Verteidigung zu gewährleisten.

 

„Wir sind ein friedliebendes Volk, Padawan Kenobi. Wir Naboo haben keinen Nutzen für viele Waffen.“ Ich sagte es, als würde ich darüber gar nicht nachdenken müssen, als wäre ich davon überzeugt, dass dies die richtige Haltung war, aber das war ich gar nicht. Ich war es, die Padmé, mit Hilfe von Captain Panaka, dazu überredet hatte, die Wachen wieder mit Waffen auszustatten, als klar wurde, was die Handelsföderation geplant hatte.

 

Sicherlich, ich mochte den Frieden so sehr wie der Rest meines Volkes, aber ich hatte früh in meiner Ausbildung verstanden, dass es nicht immer so friedlich in der Welt zuging. Captain Panaka, welcher selbst einmal als Wache für Senator Palpatine auf Coruscant gearbeitet hatte, kannte die Heimtücke mancher Völker. Er hatte den Senator mehr als einmal nur mit Waffengewalt retten können. Und so hatte er auch uns trainiert. Er hatte auf die Übungsdroiden bestanden, die uns beigebracht hatten, wie man vor Schüssen in Deckung ging.

 

„Dann fürchte ich, wird es ein schweres Unterfangen werden, einen neuen Hyperantrieb zu bekommen.“

 

„Ein schwieriges Unterfangen? Wir müssen so schnell wie möglich nach Coruscant. Für schwere Unterfangen haben wir keine Zeit.“ Diesmal achtete ich nicht darauf, dass Panaka sich stark räusperte um mir klar zu machen, dass ich falsch handelte. Ich redete einfach weiter. „Mein Volk stirbt, Padawan Kenobi. Jeden Tag werden es weniger, während wir hier auf diesem Planeten sitzen und nichts tun können.“

 

„Seid versichert, dass ich nicht weniger bekümmert darüber bin wie Ihr, Eure Hoheit“, sagte er und entschuldigte sich dann. Als die Tür hinter ihm geschlossen war, stand Captain Panaka direkt vor mir. Mir war es egal, wenn er mich nun tadelte. Ich wusste, dass ich Recht gehabt hatte, und ich ahnte, dass Padmé nicht anders gehandelt hätte.

 

„Wir sind alle besorgt, Sabé, aber Ihr müsst an Eure Aufgabe denken. Ihr könnt die Fassade der Königin nicht einfallen lassen“, erinnerte er mich vorsichtig, nachdem er es, ohne Erfolg, mit einer energischen Stimme versucht hatte.

 

„Ich bin mir dessen bewusst, Captain Panaka. Aber offensichtlich teilen wir hier nicht dieselbe Meinung. Es geht hier um das Überleben unseres Volkes und sicherlich wäre Padmé dabei ebenso wenig ruhig geblieben wie ich.“

 

„Da mögt Ihr Recht haben, aber der Jedi scheint misstrauisch zu werden. Ich habe es in seinen Augen gesehen.“ Dann wies er mich an, mit dem, was ich sagte, vorsichtig zu sein, und ich stimmte ihm zu, ohne genau zu wissen, wie ich das anstellen sollte. Schließlich verließ auch er wieder den Raum und ich entschied mich, mich mit Eirtaé und Rabé in meine Gemächer zurück zu ziehen. Ich brauchte nun wirklich Zeit für mich selbst, brauchte Zeit, um wieder ich selbst sein zu können und nicht Königin Amidala.

 

In den Gemächern der Königin war es sicher, ich selbst zu sein, und dennoch war es für mich nicht genug. Dieses Schiff besaß, aus Sicherheitsgründen, keine Fenster und so sah ich immer nur die trostlosen, silbernen Wände, wenn ich mich umsah. Dieses Schiff war einfach nicht für einen längeren Aufenthalt gedacht. Schon als Kind hatte ich mich in engen, abgeschlossenen Räumen nicht wohl gefühlt und der Gedanke daran, hier vielleicht noch länger festzusitzen, machte mich schier wahnsinnig.

 

Ich wartete also, bis Eirtaé und Rabé eingeschlafen waren, nahm mir eine Kammerdienerinnenrobe und zog sie über. Wir Kammerdienerinnen sahen uns alle so ähnlich, dass wahrscheinlich keiner an Bord erkennen würde, dass ich nicht Eirtaé oder Rabé war. Außerdem hing meine Kapuze so weit in mein Gesicht, dass der Schatten meine Augen vollkommen bedeckte. Als ich aus der Tür hinausging, sah ich einige der Mechaniker und Piloten, die wir vom Hangar gerettet hatten. Sie spielten Karten oder unterhielten sich leise. Sie waren alle besorgt, diskutierten, was nun passieren würde, aber ich wollte mich diesen Diskussionen nicht anschließen.

 

Ich ging also weiter und sah, dass die Laderampe herunter gelassen war. Ich fragte mich, ob niemand fürchtete, jemand könnte heimlich das Schiff einnehmen, während wir alle einfach nur darauf warteten, dass die Nacht verging.

 

Die Luft des Planeten war trockener als ich es angenommen hatte. Bei jedem kleinen Wind wirbelten einem die Sandkörner durch das Gesicht und es erschien mir schier unmöglich, hier eine längere Zeit zu bleiben. Und dennoch, hier war es weitaus angenehmer und befreiender als im Inneren des Schiffes.

 

Ich stand eine Weile nur so da und beobachtete den fremden Himmel. Er zeigte Sterne, die ich noch nie gesehen hatte, und ich fragte mich, ob einer davon vielleicht unsere Heimat war, fragte mich, wie weit Naboo wohl tatsächlich entfernt war.

 

„Eurem Volk wird nichts geschehen, Eure Hoheit“, hörte ich eine leise Stimme hinter mir. Ich zuckte leicht zusammen, drehte mich jedoch nicht um. Wenn ich nicht reagierte, vielleicht entschied er dann, dass ich lieber alleine sein wollte. Doch leider tat er das nicht, sondern kam näher.

 

„Ich würde es bevorzugen, alleine zu sein“, sagt ich in dem Versuch, den jungen Padawan abzuschütteln.

 

„Ich denke nicht“, antwortete er leicht amüsiert und ich drehte mich empört zu ihm um, konnte aufgrund des breiten Lächelns, mit dem er mir begegnete, jedoch nichts antworten. Ich fragte mich, woher er wusste, dass ich es hinter dieser Robe war, immerhin konnte es genauso gut Eirtaé oder Rabé sein.

 

„Wenn Ihr hättet alleine sein wollen, hättet Ihr in Euren Gemächern bleiben können“, sagte er und ich verstand ihn nicht.

 

„Ich bin niemals alleine.“ Meine Stimme hörte sich beinahe verbittert an, dabei wollte ich das gar nicht. Dennoch lag Wahrheit in dem, was ich sagte, sowohl für die Position der Kammerdienerin als auch für die der Königin.

 

„Ich glaube, genau das ist das Schlimme. Ihr seid immer in Gesellschaft und dennoch seit Ihr mir Euren Sorgen und Ängsten alleine“, sagte er und ich bemerkte wieder, wie er irgendetwas  in mir versuchte zu finden, wie er versuchte, irgendetwas in mir zu ergründen. Es war komisch so viel Aufmerksamkeit von einem Mann zu erhalten, vor allem in einer so verwundbaren Situation wie dieser. Aber in gewisser Weise hatte er Recht.

 

„Habt Ihr jemanden, dem Ihr Euch anvertrauen könnt? Jemandem, mit dem Ihr Eure Gedanken teilen könnt?“

 

„Ja, das habe ich in der Tat“, antwortete ich ihm dann und ich merkte selbst, wie meine Gedanken abdrifteten. Sie reisten hinter die Mauern der Siedlung, immer auf der Suche nach diesem einen Menschen, dem ich blind vertraute und für den ich bereit war mein Leben zu geben. „Es ist meine erste Kammerdienerin, Padmé. Ihr würde ich alles anvertrauen, selbst mein Leben.“

 

„Doch sie ist nicht hier“, beendete er meinen unausgesprochenen Gedanken und ich sah auf einmal, auf was er hinauswollte. Er musste sehen, wie jung ich noch war, musste erkennen, dass die Last, die ich des Tages so gut versuchte zu verstecken, mich nachts beinahe erdrückte. „Ich habe es bemerkt, als Ihr bei Ihr Halt gesucht habt, während Ihr die Entscheidung treffen musstet, die uns hierher gebracht hat.“

 

„Es war meine Entscheidung, sie mit Eurem Meister zu schicken, und ich bereue sie nicht.“ Ich blickte unsicher auf den Boden, wusste ich doch, dass das nur die halbe Wahrheit war. „Dennoch muss ich zugeben, dass ich sie gerne hier hätte.“

 

„Vielleicht kann ich Euch behilflich sein, Eure Hoheit“, bot Kenobi sich mir an und säuberte mit Hilfe der Macht einen Stein vom Sand. Ich nahm die Geste dankend an, während er sich neben mich in den Sand setzte.

 

„Seit dem großen Krieg haben wir den Waffen entsagt, haben alles dafür getan, die Gewalt nicht mehr in unser Land zu lassen“, begann ich dann auf einmal, ohne dass man mich wirklich gefragt hatte. „Und nun glaube ich, dass genau das unser größter Fehler war. Wir leben in einer großen Galaxis mit vielen Völkern, die unsere Lebensweise nicht verstehen, nicht dulden.  Ich und meine Vorgänger haben zugelassen, dass die Naboo in solch einem Fall vollkommen wehrlos sind.“

 

„Ihr konntet nicht wissen, was passieren würde. Straft Euch nicht selbst für die Hoffnung auf Frieden“, antwortete Kenobi mir mit ruhiger Stimme und sie hörte sich so ehrlich an, dass es keinen Zweifel daran gab, dass er es ernst meinte.

 

„Diese Hoffnung ist nun verstrichen, Padawan Ke-“

 

„Bitte, nennt mich Obi-Wan.“

 

„Obi-Wan“, nickte ich kurz und fuhr dann mich meiner Erklärung fort. „Nach diesem Angriff wird unser Volk auf neue Sicherheitsmaßnahmen bestehen. Naboo wird aufrüsten, damit ein solches Unglück nicht nochmals passieren kann, und ich spüre, dass uns das in eine Katastrophe führen könnte.“

 

„Ihr spürt?“, fragte er und es schien, als hätte ich einen Auslöser bei ihm gedrückt.

 

„Ja. Etwas wie eine dunkle Vorahnung, ein schlechtes Gefühl, das sich über jeden Gedanken an Naboo legt“, erklärte ich ihm und er sah mich nachdenklich an. Ich wusste nicht, was genau ihn auf einmal beschäftigte, aber anscheinend war es etwas, das mit meiner Aussage zu tun hatte.

 

„Habt Ihr öfters solche ‚dunklen Vorahnungen‘?“, fragte er und starrte in die Nacht hinaus.

 

Natürlich hatte ich das, aber das hatte jeder. Wer hatte nicht schon manchmal das Gefühl, dass etwas Gutes oder Schlechtes passieren würde und hatte damit Recht gehabt?

 

„Wurdet Ihr getestet?“, fragte er, als ich ihm meiner Meinung nach glaubhaft versichert hatte, dass alles, was ich empfand, vollkommen normal war, dass viele Naboo solche Vorahnungen hatten.

 

„Ja, natürlich. Jedes Kind auf Naboo wird getestet, direkt nach der Geburt.“ Ich erinnerte mich selbst nicht mehr daran, aber meine Eltern hatten mir davon erzählt, wie ich getestet worden war, dass sie froh waren, mich nicht an die Jedi abgeben zu müssen, da ich nicht machtsensitiv war.

 

„Ich hatte gemischte Gefühle, als wir unseren Auftrag antraten. Es war so, als würde mir etwas Schreckliches und etwas Wunderbares bevorstehen, doch beides hat sich noch nicht gezeigt“, erklärte mir nun Obi-Wan und ich war froh, dass wir das Thema nun von mir abzulenken schienen. Ich konnte mir wirklich nicht erlauben, noch mehr zu erzählen. Immerhin war ich in diesem Moment Königin Amidala, nicht Sabé.

 

„Von welchem Planeten stammt Ihr?“, fragte ich also, um das Thema weiter von mir und dem Elend meines Volkes abzuwenden.

 

„Ich wurde auf Stewjon geboren. Meine Familie lebt heute noch dort, meine Eltern und mein Bruder Owen.“

 

„Owen?“, fragte ich und ich musst ein Grinsen zurück halten bei diesem gewöhnlichen Namen.

 

„Was ist?“

 

„Wie können Eltern ein Kind Owen nennen und das andere Obi-Wan?“, fragte ich irritiert. Owen war ein ziemlich einfacher Name, zumindest für die meisten menschlichen Planeten. Alleine innerhalb der Palastmauern von Theed gab es 3 oder 4, die ich kannte. Aber ich war mir ziemlich sicher, noch nie den Namen Obi-Wan gehört zu haben.

 

„Obi-Wan ist der Name, der mir von den Jedi gegeben wurde. Jeder Jüngling bekommt zu Beginn seiner Ausbildung einen neuen Namen, um die Bindung zu den Eltern zu verringern.“ Ich sah ihn an. War die Sache mit der Bindung wirklich so schlimm? War es so schlimm, dass alle Erinnerungen an die Familie ausgelöscht werden mussten? „Meine Eltern nannten mich Ben, Ben Kenobi“, sagte er jedoch, als er anscheinend meine Verwunderung sah. Sein Lächeln wurde sanfter und ich sah Erinnerungen, die sich in seinem Kopf abspielen mussten, Erinnerungen an zu Hause.

 

„Ist Euer Bruder auch ein Jedi?“

 

„Nein. Er ist ein normaler Mann. Ich war der einzige in unserer Familie, der machtsensitiv war. Ich habe meine Familie während meiner Zeit als Jüngling einige Male besucht.“ Dann hielt er inne. Ich sah eine Art Schatten über sein Gesicht huschen, einen Schatten, den ich nicht benennen konnte, und ich wollte ihn auch nicht verschlimmern, denn anscheinend hatte es irgendetwas mit seiner Familie zu tun.

 

„Es war nett mit Euch zu sprechen, Obi-Wan. Ich denke, ich habe nun die Ruhe gefunden, um etwas Schlaf zu finden“, sagte ich und erhob mich von dem Stein, auf dem ich gesessen hatte. Auch Obi-Wan erhob sich schnell und geleitete mich noch ins Innere des Raumgleiters.

 

„Es war mir eine Ehre, Euer Hoheit.“

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