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Kapitel 3

 

Landung auf Tatooine

 

 

 

Gedankenverloren saß ich auf dem Thron. Ich hatte vor nicht weniger als 5 Minuten zugestimmt auf Tatoonie zu landen, um unseren Hyperantrieb zu reparieren. Dies bedeutete einen enormen Zeitverlust und konnte vielen Naboo das Leben kosten. Aber auch Padmé hatte die Notwendigkeit dazu gesehen und ich war froh, dass sie mich mit dieser Entscheidung nicht alleine gelassen hatte.

 

Was mich jedoch zum Nachdenken gebracht hatte, war der durchbohrende Blick des älteren Jedis, der sich dann doch endlich als Master Qui-Gon Jinn vorgestellt hatte, und der verwirrte, fragende Blick seines jungen Padawans Obi-Wan Kenobi. Sie hatten mich mit ihren Blicken angesehen, als versuchten sie mich zu ergründen, und ich hatte Angst, dass sie gespürt hatten, dass hier ein Spiel mit ihnen gespielt wurde. Spürten sie, dass ich nicht wirklich Königin Amidala war, dass ich nur eine Rolle spielte?

 

Andererseits hätten sie dieses Gefühl dann auch bei Padmé gehabt, denn auch sie war in Wirklichkeit nicht so kalt wie Königin Amidala. Deswegen unterschieden wir auch so zwischen ihr als Padmé und ihr als Königin Amidala.

 

„Ich kann nicht fassen, dass du der Königin tatsächlich einen Befehl erteilt hast“, lachte Rabé, als die beiden zusammen mit mir die königlichen Gemächer auf dem Schiff betreten hatten. Ich schüttelte nur den Kopf und versuchte mein Grinsen zu unterdrücken.

 

„Es war zur Unterstützung unserer Tarnung. Es wäre auffällig, wenn ihr immer Arbeiten verrichten müsstet und Padmé ständig in meiner Nähe ist. Außerdem konnte sie sich damit so positionieren, dass ich ihre Entscheidung sehen konnte.“

 

„Ja ja“, sagte Eirtaé mit einem leichten Kichern, „und du hast es kein bisschen genossen.“

 

Was war verwerflich daran? Es war etwas anderes, diejenige zu sein, die die Befehle erteilen konnte, auch wenn ich mich dennoch etwas unwohl dabei gefühlt hatte, aus Angst, Padmé würde mir das schon irgendwann heimzahlen. Ich kannte meine Freundin, meine Königin, gut genug.

 

„Vielleicht ein bisschen“, kicherte ich nun auch. Wir waren immerhin eigentlich noch Teenager. Gut ausgebildet und ziemlich clever, aber immer noch junge Mädchen. Nun, da die anderen beiden ihre tiefhängenden Kapuzen nach hinten gelegt hatten und ich ihre Gesichter wieder sehen konnte, hatten wir auch endlich wieder die Freiheit, diese jungen Mädchen zu sein.

 

Als Rabé mir dann endlich diesen unsäglichen Kopfschmuck vom Kopf nahm, war ich sehr erleichtert. Ich hatte manchmal das Gefühl gehabt, dass einer meiner Halswirbel jeden Moment nachgeben und einbrechen würde, und mein Kopf dann nur noch lose auf meinen Schultern liegen würde, so schwer und schlecht zu balancieren war dieses Teil gewesen. Dennoch war es äußerst hilfreich gewesen, um mich schnell und effizient in Königin Amidala zu verwandeln.

 

„Eirtaé, du musst gelassener reagieren. Denk daran, eine Kammerdienerin darf keine großen Emotionen zeigen. Wir müssen wie ein Schild fungieren, wenn wir im Dienste der Königin sind“, erklärte ich, während ich vorsichtig das weiße Puder aus meinem Gesicht entfernte. „Die Jedi haben vielleicht deine Überraschung darüber, dass ich Padmé einen Befehl gab, bemerkt.“

 

„Ja, Sabé“, sagte Eirtaé beinahe niedergeschlagen und blickte zu Boden, fast so als hätte Padmé selbst sie getadelt. Nun tat es mir Leid, so mit ihr gesprochen zu haben, und ich wollte sie unbedingt etwas aufheitern.

 

„Aber vielleicht hat sie auch nur verwirrt, dass unsere liebe Rabé beinahe vor lauter Kichern ihre äußere Form verloren hätte.“

 

Dann lachten wir alle drei und trotz des Gedankens daran, dass unser Volk zu Hause auf Naboo litt, tat es gut die Anspannung durch ein Gelächter herauszulassen. Ich war mir zwar sicher, dass wir dafür einen tadelnden Blick von Captain Panaka geerntet hätten, aber dieser war glücklicherweise genauso wenig zugegen, wie alle anderen Männer auf diesem Schiff.  Es tat gut, nach der Zeit, in der ich nun vorgegeben hatte die Königin zu sein, auch einfach wieder Sabé sein zu können.

 

Vorsichtig, um das Kleid nicht noch weiter zu zerstören, stieg ich, mit Hilfe von Rabé und Eirtaé, heraus und setzte mich vor den großen Spiegel im Quartiert der Königin. Für heute war meine Rolle beendet, zumindest wenn nicht noch etwas Wichtiges passiere würde, und ich wollte so schnell wie möglich wieder ich selbst sein. Das lag insbesondere daran, dass das Puder und die rote Farbe nach einiger Zeit so sehr juckten, dass ich bis heute nicht verstand, wie Padmé immer so still halten konnte und nicht in geringster Weise den Ansatz zeigte, gestört davon zu sein.

 

Schon oft hatte ich mich gefragt, ob ich einfach anders darauf reagierte als sie, doch in einem privaten Moment hatte Gouverneur Bibble mir berichtet, wie Padmés Vorgängerin sich nach ihrer Abwahl innerhalb weniger Sekunden das Make-up regelrecht aus dem Gesicht gekratzt hatte, weil es sie so furchtbar gejuckt hatte. Und auch Padmé war abends immer besonders bedacht darauf, dass wir ihr erst das Gesicht reinigten, bevor wir sie aus ihrem Kleid holten, auch wenn sie nie sagte, wieso.

 

Während ich mich selbst abschminkte, sah ich durch den Spiegel, wie Rabé sich gedankenverloren auf ihr Bett setzte und sich um das Loch zu kümmern schien, das der Funken in das Kleid gebrannt hatte. Es war gut, dass jede der Kammerdienerinnen der Königin ihre Spezialgebiete hatte. Doch etwas an ihrem Blick betrübte mich, machte mir die Situation wieder bewusst, in der wir uns befanden.

 

„Ich bin mir sicher, ihnen wird nichts geschehen“, sagte ich zu ihr, setzte mich, endlich wieder Sabé, neben sie und nahm ihre Hand in meine. Rabé war älter als ich, doch in diesem Moment schien ich die Ältere zu sein. Mit „ihnen“ meinte ich nicht nur Yané und Saché, die wir auf Naboo hatten zurück lassen müssen, als wir geflohen waren, sondern auch unsere Familien und die Bevölkerung von Naboo. Als Kammerdienerinnen der Königin dienten wir dem ganzen Volk, und neben unserer Aufopferungsbereitschaft für die Königin galt dasselbe für den Rest von Naboo.

 

„Was, wenn wir zu spät auf Coruscant ankommen?“, fragte sie und ich hörte die Verzweiflung in ihrer Stimme. Das Schlimme an ihrer Frage war, dass ich ihr keine Antwort darauf geben konnte, keine ehrliche. Ich wusste nicht, was dann passieren würde, und ich wollte es mir auch gar nicht vorstellen. Wir durften einfach nicht zu spät kommen.

 

Diese Nacht schlief ich nicht. Nachdem Padmé von ihrer erteilten Aufgabe zurückkehrte und mir von dem Gungan Jar Jar berichtet hatte, fühlte ich mich im Schatten der Nacht auf einmal hilflos und angreifbar.  Voreinigen Stunden waren wir auf Tatooine gelandet und das bedeutete, dass wir nun nur darauf hoffen konnten, schnell die Sachen zu bekommen, die wir für die Reparatur unseres Schiffes benötigten. Ansonsten würden wir hier festsitzen und das war sowohl für uns als auch für Naboo gefährlich.

 

Ich kannte Tatooine nicht, aber ich hatte die Piloten darüber sprechen hören, und sie waren alle nicht begeistert von der Idee, dass wir auf diesem gesetzlosen Planeten zwischenlanden mussten.

 

Auch Padmé hatte einiges von den Piloten mitbekommen, konnte sie sich doch unerkannt unter sie mischen und mit ihnen reden.  Auch sie war alles andere als beruhigt von dem, was sie gehört hatte. Tatooine war ein Wüstenplanet im Outer Rim, ein Planet, auf dem sich Schmuggler, Kopfgeldjäger und andere Verbrecher vor der Republik zu verstecken versuchten.

 

„Sabé, wach auf! Sabé!“ Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich eingeschlafen war, aber anscheinend war es doch während meinen Überlegungen in der Nacht passiert, und anscheinend hatte ich etwas verpasst, zumindest nach dem, wie beunruhigt sich Rabé anhörte. Ich saß direkt aufrecht in meinem Bett. Ich war darauf trainiert worden, so schnell wie möglich wach zu sein, um reagieren zu können.

 

„Padmé und Panaka sind fort. Sie sind dem Jedi und dem Gungan hinterher. Sie wollen in die Siedlung gehen, um die Teile zu besorgen, die wir benötigen“, erklärte Rabé und sie hörte sich wirklich ziemlich besorgt an. Und ich war es auch. Padmé war eigentlich ein vernünftiger Mensch, aber anscheinend beschäftigte die Situation sie genauso sehr wie mich. Sie wollte nicht einfach hier herumsitzen und nichts tun, und im Gegensatz zu mir musste sie das auch nicht.

 

Dann kam auch schon Panaka herein und ich sah, dass er anscheinend auch nicht sonderlich begeistert von der Idee unserer eigentlichen Königin war. Diese Stadt war zu gefährlich für eine Königin, egal ob sie sich als Kammerdienerin ausgab oder nicht.

 

„Es ist nicht Ihre Schuld, Captain“, sagte ich mit ruhiger Stimme, während die anderen beiden mir halfen, mich wieder in Königin Amidala zu verwandeln. „Ihre Hoheit kann ziemlich stur sein. Sturer, als es gesund für sie ist.“ Panaka nickte nur missmutig.

 

„Ich traue diesem Jedi nicht“, sagte er nach einigen Momenten des Schweigens und ich sah ihn wieder an. Er hatte Recht. Ich hatte bereits einiges von Jedi gehört, doch dieser Meister benahm sich komisch. Ich wusste nicht genau, was dieses Gefühl in mir auslöste, aber es war so. Irgendetwas sagte mir, dass wir wegen diesem älteren Jedi noch gewaltige Schwierigkeiten bekommen konnten.

 

„Falls man Euch fragt: Ihr habt Padmé damit beauftragt, den Jedi zu begleiten, weil Ihr mehr über diesen Planeten in Erfahrung bringen wolltet“, sagte Panaka noch, bevor er wieder aus unseren Gemächern trat. Als sich die Tür geschlossen hatte, sah ich mich im Spiegel an. Padmé war weg. Sie war einfach mit diesem Jedi gegangen, ohne vorher irgendetwas mit mir abzusprechen. Natürlich, sie war die Königin, aber was sollte ich nun tun, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden mussten? Was war, wenn Padmé etwas zustieß? Wer sollte dann vor dem Senat für uns sprechen? Ich hatte sicherlich nicht das politische Geschick, das sie zur Königin gemacht hatte.

 

Ich seufzte einmal stark. Wäre Padmé nicht meine Königin, ich hätte ihr sicherlich bei ihrer Rückkehr meine Meinung dazu gesagt, mich in einer solchen Situation alleine zu lassen! Aber so stand es mir nicht zu, die Königin mit den Worten zu bedenken, die mir gerade im Kopf herumspukten.

 

„Eirtaé, ich möchte in 10 Minuten mit Padawan Kenobi sprechen“, sagte ich in der kalten und unbeeindruckten Stimme der Königin, als ich zusammen mit den beiden die Gemächer verließ. Eirtaé nickte nur, und  trennte sich diskret von uns, während wir weiter zum Thronsaal gingen. Ich musste wissen, ob dem Meister zu trauen war, und ich hatte schon einige zweifelnde Blicke gesehen, die zwischen dem Padawan und seinem Meister gewandert waren. Ebenso hatte ich das Gefühl, dass dieser Padawan mich nicht anlügen würde. Er hatte irgendetwas an sich, dass ihn vertrauenswürdiger machte, als seinen Meister.

 

„Meint Ihr wirklich, Kenobi wird etwas gegen seinen Meister sagen, selbst wenn er nicht derselben Meinung ist wie er?“, fragte Rabé nachdenklich, als wir beide auf Eirtaé und Kenobi warteten. Ich wusste keine Antwort darauf, wusste ich doch nicht, wie stark die Loyalität zwischen Padawan und Meister war. Ich wusste aus Geschichten, dass Meister und Padawan oft auftraten wie Vater und Sohn, und dennoch durften sie eigentlich keine gefühlsmäßige Bindung zueinander eingehen, da so etwas im Orden der Jedi verboten war.

 

„Ihr hattet mich rufen lassen, Eure Majestät?“

 

„Ja, Padawan Kenobi.“ Ich sah einen Moment so etwas wie Unmut in seinen Augen aufblitzen, als ich ihn als Padawan ansprach. Dennoch hatte er sich schnell wieder unter Kontrolle, bestimmt eine der Fähigkeiten eines Jedi. „Sicherlich habt Ihr gehört, dass meine Dienerin Padmé mit Eurem Meister gegangen ist.“

 

„Ja, Eure Hoheit, und ich bin nicht der Überzeugung, dass es eine äußerst weise Idee war“, sagte er und es erstaunte mich, wie er mit mir sprach. Wäre ich in diesem Moment nur Sabé gewesen, es hätte mir sicherlich nichts ausgemacht, aber als die Königin konnte ich das eigentlich nicht auf mir sitzen lassen.

 

„Was weise ist und was nicht, liegt nicht an Euch zu entscheiden, Padawan Kenobi“, sagte ich kühl und starrte ihn an. Ich wusste, die meisten Leute ließen sich davon irritieren, aber er sah einfach direkt zurück. „Vergesst nicht, mit wem Ihr hier sprecht“, fügte ich noch hinzu, als er immer noch nicht kleinbei gab.

 

„Es tut mir leid, Eure Hoheit. Es war nicht meine Absicht, Euch zu kritisieren“, sagte er dann auf einmal, doch er sah mich immer noch direkt an, während er sich leicht verbeugte. „Aber sicherlich habt Ihr mich nicht herbringen lassen, nur um mir zu sagen, was ich bereits wusste.“

 

„Nein, in der Tat nicht. Ich habe Euch herbringen lassen, damit Ihr mir versichert, dass Euer Meister weiß, was er tut.“ Dies schien ihn zu verwundern, denn er stand direkt wieder aufrecht und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

 

„Ich verstehe nicht, was Ihr meint, Eure Hoheit“, sagte er und sah mich irritiert an.

 

„Ich habe die Blicke gesehen, die Ihr Eurem Meister zugeworfen habt. Ihr seid selten einer Meinung“, versuchte ich ihn regelrecht in die Enge zu treiben, aber ich war sicherlich nicht so gut darin wie Padmé.

 

„Das bedeutet nicht, dass ich seinem Urteil nicht vertraue. Mein Meister mag oft nach seiner Intuition handeln, doch er lag selten falsch damit.“ Ich sah die Ehrlichkeit im Blick des jungen Jedi und ich fragte mich, wie oft sein Meister schon Entscheidungen getroffen hatte, die er nicht verstanden hatte. Wahrscheinlich schon zu oft, und deswegen, und weil immer alles gut ausgegangen war, hatte Kenobi wahrscheinlich aufgehört, Fragen zu stellen und seinen Meister anzuzweifeln.  Mir gegenüber musste dieser Jedi-Meister sich jedoch erst beweisen, und ich war gespannt darauf, was Padmé mir berichten würde, wenn sie zurückkehrte.

 

„Danke, Padawan Kenobi. Ihr seid entlassen“, sagte ich ruhig und bevor er ging, sah ich noch den verwirrten Blick in seinen Augen. Diesmal konnte es nicht an Rabé oder Eirtaé liegen, denn sie waren während des ganzen Gespräches still gewesen, beinahe so, als wären sie Statuen.

 

Als Kenobi den Thronsaal verlassen hatte, erwachten sie jedoch wieder zum Leben, und nach kürzester Zeit wünschte ich mir, sie wären tatsächlich aus Stein gehauen. Eirtaé konnte einfach nicht aufhören zu bemerkten, wie stattlich und ruhig Kenobi doch gewesen war, wie seine Augen ausgesehen hatten und wie sehr er versucht hatte, meiner Autorität zu entkommen. Sie stellte auch fest, dass er mir ungewöhnlich lange in die Augen gesehen hatte, beinahe so, als hätte er etwas darin gesucht. Rabé allerdings lenkte ihre Aufmerksamkeit eher auf das Unausgesprochene.

 

„Er weiß selbst nicht, was er über seinen Meister denken soll. Und ich denke, er versteht nicht, warum auch du an ihm zweifelst. Er war so verwirrt, als er gegangen ist.“

 

Ich nickte nur. Alles, was die beiden aufgeführt hatten, war auch mir aufgefallen, und ich konnte es nicht zuordnen. Die Zweifel an seinem Meister konnte ich noch einigermaßen nachvollziehen, doch ich wusste nicht, was er in meinen Augen gesucht hatte und wieso es ihn so sehr verwirrt hatte, als er es nicht gefunden hatte.

 

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