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Kapitel 66

 

Hochzeit

Teil 2

 

 

„Ich möchte, dass alle drinnen auf mich warten!“, sagte ich, als das Auto dann endlich vor dem Standesamt hielt. Mittlerweile war mein Puls auf 180 gestiegen und ich zitterte regelrecht am ganzen Körper vor Aufregung. Ich hatte nicht kirchlich heiraten wollen und auch Orlando war dagegen gewesen, aber die Tradition, dass die Braut als Letzte in den Saal kam, hatte ich aufrecht erhalten wollen. Also verschwanden meine Brautjungfern nach draußen und jagten alle Anwesenden, die noch draußen standen entweder in das Gebäude oder davon, unabhängig davon, ob sie zu unserer Gesellschaft gehörten oder ob es gierige Paparazzi waren.

 

Wir hatten zwar die letzten Wochen versucht alle Details über die Hochzeit so gering wie möglich zu halten, aber bei so vielen Involvierten war es ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, es vollkommen geheim zu halten. So hatten anscheinend doch einige Paparazzi davon erfahren und waren zu diesem doch eher kleinen Standesamt am Stadtrand von Manchester gekommen. Durch die getönten Scheiben des Wagens konnte ich erkennen, wie sie in einiger Entfernung wieder Stellung bezogen, und sie sahen eher aus als würden sie wieder nach vorne gerannt kommen, sobald ich auch nur einen Fuß aus dem Wagen setzen würde, als dass sie wirklich dort hintern stehen blieben.

 

Und leider war es auch so. Sobald ich die Türen des Wagens öffnete rannten sie auch schon wieder in meine Richtung und ihre Kameras verschossen schon Blitze, während ihre Bediener noch rannten. Ich musste mich zusammenreißen. Warum in aller Welt konnte man selbst an solch eine Tag nicht einmal in Ruhe gelassen werden? Warum galt für mich nicht das gleiche Recht wie für alle andere auch? Warum durfte man einfach so in meiner Privatsphäre herumstochern, als würde sie der ganzen Welt gehören? Am liebsten hätte ich diese Kerle angeschrien und ihnen die Kameras aus der Hand gerissen, doch man hatte mich schon vor einigen Wochen darauf getrimmt, das lieber sein zu lassen.

 

Ich atmete einmal tief durch und ging einfach in das Gebäude, wenigstens konnte sie mir nicht hinein folgen. Am Eingang fing mich bereits mein Vater ab, der mich von hier aus in den Saal führen würde. Als ich mich bei ihm einhakte und meine Brautjungfern hinter mir Stellung nahmen, hätte ich mir am liebsten mein Kleid wieder vom Leib gerissen. Ich hatte das Gefühl vor lauter Aufregung nicht mehr atmen zu können.

 

Ich konnte durch das Glas der Flügeltüren genau den Weg einsehen, den ich gleich beschreiten würde und an dessen Ende Orlando stand. Er unterhielt sich gerade noch mit Viggo und schien gar nicht bemerkt zu haben, dass ich bereits in Sichtweite war. Sein strahlendes Gesicht beruhigte mich wieder. Ich hatte ihn schon oft glücklich gesehen, aber diesen Blick, den kannte ich noch nicht, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht auf einmal vor Freude zu weinen.

 

„Bist du bereit?“, fragte mich mein Vater dann, als man drinnen die Musik laufen hörte. Ich hatte mir bereits ziemlich früh ein Lied ausgesucht, das ich für passend hielt. Ich hatte es vor einiger Zeit einmal gehört, als ich mir seit langem mal wieder ein klassisches Album gekauft hatte, auf dem neue Klavierstücke veröffentlicht worden waren. Dieses Lied, „Kiss the Rain“ von Yiruma, hatte mich direkt in besonderer Weise berührt und mir eine Gänsehaut beschert. Auch Orlando hatte es gefallen, als ich es ihm das erste Mal vorgespielt hatte.

 

„Jetzt oder nie“, seufzte ich, als sich die Flügeltüren öffneten, und mein Vater und ich setzten uns langsam in Bewegung. Auf einmal hörte mal im Saal ein lautes, beinahe gleichstimmiges Raunen und Rücken von Stühlen. Alle wollten mich sehen, und einige machten sogar Fotos. Ich sah viele bekannte Gesichter und es freute mich, dass sie alle gekommen waren, egal welchen Weg sie hatten in Kauf nehmen müssen.

 

Ich versuchte möglichst jeden einmal anzusehen und mit einem leichten Kopfnicken zu begrüßen, aber dafür waren es dann doch einfach zu viele, und ich hoffte, niemand würde es mir übel nehmen. Vor allem war es schwer, weil mein Blick immer und immer wieder zu Orlando schweifte, der mit offenem Mund ganz am Ende des Weges stand.

 

Ich merkte unweigerlich, wie sich mein Hals zuschnürte und das Schlucken begann zu schmerzen. Dann tätschelte mein Vater leicht meine Hand. Er schien zu spüren, dass ich kurz davor war in Tränen auszubrechen und je näher ich kam, konnte ich sehen, dass auch Orlando nicht mehr weit davon entfernt war. Sein Kinn bebte regelrecht und seine Augen wurden immer kleiner. Dann drückte er den kleinen Seth an sich, wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass weder er, noch der kleine Mann direkt auf mich zu liefen.

 

Da vorne stand meine Familie und wartete bereits auf mich. Meine Familie, die ich schon seit vielen Jahren hatte, zu der ich aber bald auch offiziell gehören würde. Bereits morgen vor dem Abflug in die Malediven würden wir die Adoptionspapiere für Seth unterschreiben und ich war auch rechtlich seine Mutter.

 

„Tete ist ein Engel!“, flüsterte der Kleine seinem Vater zu und ich konnte ein leichtes Lachen nicht unterdrücken, was zur Folge hatte, dass eine kleine Freudenträne doch aus meinem Auge fliehen konnte. Auch alle anderen Anwesenden, die es gehört hatten, lachten leicht. Seth war einfach einmalig, und wie er da stand mit dem kleinen Anzug und dem Kissen mit den Ringen in den Händen. Es war einfach vollkommen, so wie ich es mir besser nicht hätte wünschen können.

 

Dann waren wir vorne angekommen und Orlandos Augen strahlten noch mehr als mein Vater meine Hand in seine legte und Seth mit sich zur Seite nahm. Wir warteten noch einen Moment bis das Lied zu Ende war und veranstalteten eine Art Wettstrahlen, in dem einer dem anderen nur mit seinem Blick versuchte zu zeigen, wie richtig das hier alles war. Es fühlte sich tatsächlich an wie das Ende einer langen und beschwerlichen Reise. Nun würde eine Neue beginnen, die hoffentlich einfacher sein würde als die, die bereits hinter uns lag.

 

„Ja, zu allererst möchte ich Sie hier alle ganz herzlich im Standesamt in Manchaster willkommen heißen“, begann der Standesbeamte, als wir uns gesetzt hatten und es langsam stiller im Saal wurde. „Für Sie beide, Herr Bloom und Frau Kensington, ist heute ein ganz besonderer und aufregender Tag.“

 

Das konnte er laut sagen, aber ich konnte ihm ansehen, dass auch er alles andere als routiniert an die Sache heranging. Wahrscheinlich, weil heute so viele ziemlich berühmte Persönlichkeiten im Saal saßen. Allein, wenn ich in die ersten drei Reihen sah, saßen dort einige Leute, vor denen selbst ich große Hochachtung und großen Respekt hatte, obwohl ich sie bereits so gut und so lange kannte.

 

„Eine wichtige Entscheidung wird hier heute getroffen und besiegelt. Sie beide wollen sich das Ja-Wort geben und damit einen neuen Lebensabschnitt beginnen.“ Hinter uns hörte man das Rascheln von sich bewegender Kleindung und ich wusste, dass sich gerade einige unserer Freunde gegenseitig ansahen und vielsagende Blicke austauschten. Dann stellte sich der Standesbeamte vor und kontrollierte noch einmal unsere Angaben zur Trauung. Aber um ehrlich zu sein hatte ich das Gefühl an einem anderen Ort zu sein.

 

So wirklich bekam ich nichts von dem mit, was der Standesbeamte sprach. Ich hörte es zwar und wusste auch, um was es ging, aber mir ging nur das Wort „Ehe“ durch den Kopf. Dann erwähnte er die Gemeinsamkeiten, von denen er wusste, dass sie uns verbanden: die Liebe zu Filmen, unsere treue gegenüber Freunden und unsere Liebe für Seth und füreinander. Er erwähnte die Rechte und Pflichten, die auf uns in der Ehe zukommen würden, und ich musste lachen, als er erwähnte, dass man für den anderen da sein musste. Dieses Thema hatten wir bereits zur Genüge durchgekaut und wir waren uns einig geworden. Ebenso erwähnte er die viele Ehen von Schauspielern, die heutzutage wieder geschieden wurden, sagte, dass er bei uns allerdings nicht den Eindruck hatte, dass so etwas passieren würde.

 

Darüber hatten wir mit ihm auch schon im Vorgespräch geredet und anscheinend war es tatsächlich klar geworden, dass wir die normalen Differenzen, die eine Ehe mit einem Schauspieler mit sich brachte, bereits geregelt hatten. Wir waren uns im Klaren darüber, welche Schwierigkeiten es geben könnte und wie sehr die öffentliche Meinung vielleicht in unsere Ehe eingreifen würde.

 

„Wenn zwei Menschen zusammenleben wollen, ist es für sie wichtig, sich auf den anderen einzuspielen, sich ihren Alltag zurecht zu legen und sich ein gemeinsames Leben aufzubauen. Obwohl Sie beide schon seit einiger Zeit zusammen leben ist das kein einzelner Vorgang, sondern ein Prozess, der sich durch das ganze Eheleben zieht. Auch in den besten Ehen bleibt es nicht aus, dass es zu Unstimmigkeiten, Auseinandersetzungen oder Missverständnissen kommt, die ein erneutes aufeinander Zugehen erforderlich macht.“ Ich sah Orlando lächelnd an. Wenn es jemanden gab, der in den letzten Jahren viel aufeinander zugehen musste, dann waren es wohl wir beide. Immer und immer wieder hatte sich in den letzten Jahren ein neuer Keil zwischen uns getrieben und immer wieder waren wir uns wieder nah gekommen.

 

„Sie beide wissen, dass sich zwischen Ihnen eine starke Bindung aufgebaut hat, denn Ihre Bindung besteht aus Verständnis und Vertrauen zueinander, aus der Gewissheit für einander da zusein, und durch diese Bindung können Sie auch alle Abgründe überwinden. Ihre Gefühle für einander und Ihre Bereitschaft einander Halt zugeben, schaffen ein festes Fundament, um ein gemeinsames Leben aufzubauen.“

 

Dann sollten wir uns zur endgültigen Eheschließung erheben.

 

„Und so frage ich Sie, Orlando Jonathan Blanchard Bloom“, der Standesbeamte holte kurz Luft nach diesem Langen Namen und alle mussten etwas lachen, „wollen Sie mit der hier anwesenden Teti Kensington die Ehe eingehen, so antworten Sie mit ‚Ja‘.“

 

„Ja.“

 

„Frau Teti Maymunah Kensington.“ Ich sah und hörte schon, was nun vor sich ging, bevor es eigentlich passierte. Orlandos Kopf schnellte zu mir herum und er sah mich mit großen Augen an. Auch die Gäste tuschelten. Ich hatte den Standesbeamten in einer ruhigen Minute vorgewarnt, dass das passieren könnte, und er hielt einen Moment inne. „Wollen Sie mit dem hier anwesenden Orlando Bloom die Ehe eingehen, so antworten Sie bitte mit ‚Ja‘.“

 

„Ja.“

 

„Nachdem Sie nun beide meine Frage mit Ja beantwortet haben, sind Sie nunmehr Kraft des Gesetztes rechtmäßig verbundene Eheleute. Die Ringe bitte“, gab er das Stichwort für Seth und der Kleine kam zu uns nach vorne, um uns das Kissen mit den Ringen entgegen zu halten. Die Ringe waren eher schlicht und aus Weißgold, aber in der Innenseite war etwas ganz persönliches eingraviert worden: „Veleth n’uir“, was so viel hieß wie „ewige Liebe“, nur dass es in einer anderen Schrift verfasst war, in Tengwar, der Schrift, die Tolkien sich für seine Elben ausgedacht hatte. Wir hatten es mehr als passend gefunden, diese Worte auf Sindarin und in Tengwar auf unsere Ringe gravieren zu lassen, immerhin hatte Der Herr der Ringe uns zusammen geführt.

 

„Maymunah?“, fragte mich dann Viggo, als er auf uns zukam, um uns zu gratulieren. Ich zuckte nur lachend mit den Schultern. Wer hätte diesen Namen schon freiwillig seinen Freunden gegenüber erwähnt?

 

Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis wir es endlich schafften, die ersten Fotos außerhalb des Gebäudes zu machen, im historischen Innenhof, in den, glücklicherweise, keine Paparazzi kamen. Die würden schon früh genug wieder Bilder von uns zusammen machen können.

 

„Teti Maymunah Bloom, wie hört sich das an?“, fragte Orlando lächelnd, als wir gerade zusammen für ein Bild posierten.

 

„Wenn du das Maymunah weglässt, ist es perfekt“, bemerkte ich kurz. Zu unserer Überraschung hatte Peter als ein Hochzeitsgeschenk den Fotograph für unsere Hochzeit engagiert, der auch die Stills für die Herr der Ringe-Filme gemacht hatte, und das würde bedeuten, dass wir wahrscheinlich die besten Fotos bekommen würden, die es je von einer Hochzeit gegeben hatte. Natürlich ließen wir uns in vielen Variationen ablichten, nur wir beide, dann mit Familie, mit Trauzeugen, mit den Herr der Ringe-Leuten, nur mit den Gefährten, alle zusammen, doch der Fotograph versprach auch bei der Feier dabei zu sein. Es würde also noch viel mehr Bilder geben.

 

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