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Kapitel 44

 

Abschied von einer Freundin

 

 

 

„Aritmei, hast du Nibui gesehen?“, fragte ich etwas besorgt als ich durch den Garten des Palastes lief. Ich spürte, dass irgendetwas nicht stimmte.

 

„Es tut mir leid, Herrin.“, antwortete mein treuer Freund und er schien genauso besorgt zu sein wie ich, denn er ordnete sofort an, dass jemand anderes seinen Platz als Wache einnehmen solle, damit er mir folgen konnte. Ich wusste in den letzten Jahren hatten er und Nibui eine besondere Beziehung zueinander aufgebaut. Sie war wie seine kleine Schwester geworden. Dann lief uns Merenptah, Isisnofret ältester Sohn entgegen. Er war mittlerweile ein Mann geworden und hatte sich seiner Kindheitslocke entledigt. Ich wusste er war nicht anders wie seine Mutter und verachtete mich und Amunher für unsere Stellung. Aber dennoch musste er mir den Respekt zollen, den mein Amt mit sich brachte.

 

„Teti? Kannst du mich hören?“, ertönte eine bekannte Stimme im hintersten meines Kopfes, aber ich beachtete die Stimme nicht. Es gab nun wichtigeres.

 

„Merenpath, hast du Nibui gesehen? Sie sollte schon längst von ihrer Reise zurückgekehrt sein.“ Er schüttelte nur mit dem Kopf, aber irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Ein Grinsen lag auf seinem Gesicht das mich mehr als beunruhigte. Ich hatte Nibui ausgesandt um eine Nachricht von meinem Informanten aus Byblos zu holen. Ich wollte sichergehen, dass sie nicht auf dem Weg zum Palas verloren ging und Nibui war eine der wenigen denen ich vertrauen konnte. Außerdem durfte der Pharao nicht davon erfahren dass ich gegen Isisnofret ermittelte. Er würde wieder behaupten ich würde eine Bedrohung sehen wo keine war.

 

Miss Kensington, können sie mich verstehen?“, diesmal war es eine eher unbekannte Stimme und es wurde für einen Moment gleißend hell in meinen Augen. Was ging hier nur vor? „Beide Pupillen sind erweitert, sie ist in einer Art Trance, eine Schockreaktion.“

 

„Aritmei, verständige den Pharao. Ich habe wirklich kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache.“, schickte ich ihn weg. Er zögerte einen Moment, anscheinend spürte auch er einen Anflug von Gefahr. Ich musste es ihm erst ausdrücklich befehlen bevor er endlich loslief. Ich jedoch ging in die andere Richtung weiter.

 

Als ich am Treppenabsatz des Palastes stand der zu den Stallungen führte stockte ich. Die Luft in meinen Lungen wich einfach und ich konnte nichts dagegen tun, ich konnte auch meinen Blick nicht abwenden. Dort unten in einer riesigen Lache von Blut lag Nibui, ihr Kopf von ihrem Körper getrennt. Ihre Augen waren offen und starrten ängstlich vor sich hin, ihr Mund war zwar geknebelt, aber man sah dass sie geschrien hatte. Direkt vor ihr stand Isisnofret, sie hielt das Blutverschmierte Messer immer noch in ihrer Hand. Ein Bettler kam auf einmal auf sie zu, nahm die Waffe an sich, tauchte seine Hände in Nibuis Blut. Dann verschwand Isisnofret. Erst dann begann ich zu schreien.

 

Teti beruhig dich doch!“ schrie wieder eine bekannte Stimme, doch diesmal war es eine Frau und ihre Stimmte brach und hörte sich so an als weinte sie. Aber es war niemand hier der zu mir gesprochen haben konnte.

 

Dann kam auch schon der Pharao angerannt, aber was er sah war nicht das was tatsächlich passiert war. Ich wusste, wenn dieser Mann, warum auch immer, zugab Nibui getötet zu haben, dann war es egal was ich sagte. Isisnofret würde ungeschoren mit dem Mord an meiner Kammerdienerin, meiner Freundin davon kommen.

 

 

„Ich gebe ihr jetzt ein Medikament, dass sollte sie wieder beruhigen und aus diesem Schock holen.“ Und das tat es auch. Auf einmal sah ich wieder wo ich war. Ich war im Krankenzimmer, in einem Ägyptischen Krankenhaus und ich hatte gerade erfahren, dass Maria tot war, sie war umgebracht worden, von Astrate.

 

Dann schlug es mich wie ein Blitz sie war Nibui gewesen. Deswegen waren wir uns immer so nahe gewesen. Warum musste ich das erst jetzt herausfinden, jetzt wo es zu spät war?

 

„Was … warum … wie?“ Ich konnte keinen vernünftigen Satz formen. Mein Vermögen, klar zu denken oder zu sprechen, war weg. Es war nun schon mehrere Stunden her seitdem Ben meinen schlimmsten Alptraum bestätigt hatte und ich in einen Schock verfallen war. Seitdem hatte sich keiner von uns auch nur geregt. Die Schwester war ein paar Mal ins Zimmer gekommen um meinen Blutdruck erneut zu messen, aber ich hatte sie nicht bemerkt. Ich hatte nichts getan um ihr vielleicht zu helfen. Ich ließ meinen Arm einfach schlaff hängen. Welche Motivation sollte es nun noch geben, irgendetwas zu tun?

 

„Sie hatte eine schwere Kopfverletzung und Hirnblutungen. Sie wurde nur noch von Geräten am Leben gehalten“, antwortete mir Ben ruhig. „Ich dachte, du könntest es uns erklären. Die Ärzte wissen nur, dass du wohl angegriffen wurdest und Maria dich verteidigt hat. Das hat sie noch gesagt, bevor sie …“ Ben blickte wieder auf den Boden als seine Stimme brach und Elijah trat plötzlich näher an mein Bett.

 

„Bitte, Teti, du musst uns sagen, was passiert ist. Wer ist dafür verantwortlich?“ Sein Blick war flehend und erfüllt von demselben Schmerz, den auch ich spürte. Ich öffnete meinen Mund. Ich wollte ihnen wirklich so gerne eine Antwort auf alles geben, doch meine Kehle war so trocken. Ich bekam kein einziges Wort heraus. Wieder schossen die Tränen in meine Augen, von denen ich dachte, sie wären schon gar nicht mehr vorhanden. Ich hatte in den letzten Stunden so viel geweint, dass ich der Überzeugung gewesen war, dass mein Körper nicht so schnell neue produzieren konnte. Anscheinend lag ich da falsch.

 

„Ich bin es Schuld. Ich hätte sie nicht mitkommen lassen dürfen. Sie hätte nie mit nach Ägypten kommen sollen“, schluchzte ich und Elijah packte meine Hand.

 

„Es war ihre Entscheidung gewesen, Teti. Sie wollte dich begleiten. Bitte, ich muss wissen, was passiert ist“, flehte er mich an. Er hatte es verdient, alle hatten verdient zu erfahren, was geschehen war. Maria hatte verdient, dass man wusste, wofür sie letzten Endes ihr Leben lassen musste.

 

„Der Professor sagte mir, ich solle mich am Ausgrabungsort mit unserem Investor treffen. Ich habe Maria gesagt, sie soll im Hotel bleiben. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gefühl bei der Sache. Ich wollte sie nicht dabei haben und bin einfach abgehauen als sie unter der Dusche war. Sie … sie muss mir gefolgt sein.“ Meine Stimme brach wieder. Ich hatte es geahnt. Ich hatte geahnt, dass sie mir später folgen würde und hatte nichts getan um das zu verhindern. Ich hatte sie in den Tod laufen lassen.

 

„Du bist also zur Ausgrabungsstätte gegangen. Und dann?“, drängte Elijah.

 

„Ich war alleine dort und sah mich um. Dann fiel mir dieses Stierhorn auf und die Wand öffnete sich. Ein neuer Raum mit vielen Relikten. Dann stand auf einmal Astrate hinter mir.“

 

„Astrate!?!“, unterbrach mich Rian entsetzt. Ich nickte nur schluckend. Ein dicker Kloß lag auf meinen Stimmbändern und hinderte mich am Weiterreden.

 

„Sie griff mich mehrmals an, sie wollte mich töten. Ich konnte ausweichen, aber manchmal hat die mich gestreift. Ich denke, dabei hat sie mich stärker erwischt als ich es gedacht hatte. Dann ist mir meine Lampe auf den Boden gefallen und erloschen. Es war dunkel.“ Ich musste mich wirklich zusammenreißen um nicht wieder in Panik zu geraten. „Dann, auf einmal ein Schlag und ein erstickter Schrei und alles war still. Als ich die Lampe wieder anmachte, lag sie bewegungslos auf dem Boden und ich sah … Maria und viel Blut. Ich bin sofort rausgetaumelt und habe Hilfe gerufen“, versuchte ich mit immer wieder brechender Stimme zu erklären. Das alles war so surreal, es konnte nicht wahr sein, es durfte nicht wahr sein.

 

„Ich … ich möchte sie sehen“, stammelte ich.

 

„Miss Kensington, Sie dürfen das Bett nicht verlassen“, warf die Krankenschwester ein.

 

„Hören Sie, entweder Sie helfen mir dabei aus dem Bett zu kommen, oder ich reiße mir alle Zugänge selbst ab. Wie auch immer, ich werde mich von meiner besten Freundin verabschieden!“, zischte ich und wollte schon nach den Schläuchen greifen, die mich mit den Infusionen verbanden.

 

„Draußen steht ein Rollstuhl, bitte holen Sie den. Ich werde ihr helfen die Infusionen mobil zu machen“, bat die Krankenschwester Ben, der von uns allen am klarsten zu sein schien. Er ging sofort raus und holte den Stuhl, denn auch er erkannte, dass es gefährlich werden konnte, wenn ich nun Maria sehen wollte.

 

„Ich werde sofort Dr. Hammet informieren. Sie sollten wirklich nicht aus dem Bett“, protestierte die Schwester ein letztes Mal als ich mich vorsichtig und von Schmerzen erfüllt in den Rollstuhl setzte. Ich musste sie sehen, es musste einfach sein. Nur dann würde ich es tatsächlich glauben können, dessen war ich mir vollkommen sicher.

 

„Was … was ist mit der anderen Frau?“, fragte ich die Krankenschwester, die mich nun durch die Gänge schob.

 

„Sie war bereits tot als die Rettungssanitäter eintrafen“, sagte sie etwas betroffen, ich jedoch nickte nur kurz. Ich konnte nicht verhehlen, dass es mich erleichterte, das zu erfahren. Es war vielleicht grausam so etwas zu denken, aber immerhin hatte diese Frau meine beste Freundin auf dem Gewissen und hätte auch beinahe mich ermordet. Sie hatte schon so viel in meinem Leben komplizierter gemacht als es vielleicht hätte sein müssen, und nun auch noch das. Nun hatte sie mir meine beste Freundin genommen.

 

Als wir vor Marias Bett ankamen, waren alle Monitore bereits abgeschaltet. Die Schwestern hatten das Blut, das ich im Schein der Taschenlampe gesehen hatte, bereits schon längst abgewischt und es sah aus, als würde Maria nur friedlich schlafen. Doch ihre Brust hob sich nicht mehr. Sie atmete nicht und irgendwie fühlte es sich komisch an in ihrer Nähe zu sein, so kalt. Normalerweise hatte ich mich immer gefreut Maria zu sehen, egal wie es mir oder ihr gerade ging, es war immer ein Lächeln auf meinem Gesicht erschienen. Doch nun, Maria war fort nur, noch ihr Körper war hier und nichts war mehr da, das mich zum Lächeln bringen konnte.

 

Ich rollte selbstständig näher an das Bett heran und nahm die kalte, schon etwas steife Hand in meine. Im ersten Moment hätte ich sie am liebsten wieder losgelassen, doch ich konnte nicht. Ich wollte Maria einfach nicht loslassen, wollte nicht akzeptieren, dass sie nicht mehr bei uns war. Vor wenigen Tagen, durch die Medikamente kam es mir so vor, als sei es erst heute Morgen gewesen, da hatte ich noch mit ihr geredet und gefrühstückt. Sie hatte aus voller Inbrunst ihren Lieblingssong geträllert als sie unter der Dusche gewesen war, und nun atmete sie noch nicht einmal mehr. Sie war verschwunden, für immer. Meine beste Freundin hatte mich einfach verlassen.

 

„Warum hast du nicht auf mich gehört und bist da geblieben? Warum musstest du mir folgen?“, fragte ich und ich merkte wie wieder Tränen in mir aufstiegen. Es gab noch so viele Dinge, die ich ihr hatte sagen wollen, so vieles, das ich … ihr auf ihrer Hochzeit sagen wollte. Ein Schauer überfuhr mich. Elijah hatte sie in nur zwei Wochen heiraten wollen. Er hatte geplant, sie auf den Malediven zu fragen und sie dann direkt dort zu heiraten, und jetzt? Jetzt lag sie hier und würde ihm nie eine Antwort auf seine Frage geben können.

 

„Es … es tut mir so leid“, schluchzte ich und küsste ihre kalte Hand, um sie danach wieder abzulegen. Dann legte Elijah seine Hand auf meine Schulter.

 

„Es ist nicht deine Schuld. Sie ist dir aus eigenen Stücken gefolgt, obwohl du ihr gesagt hast, sie soll es nicht tun. Wenn hier jemand die Schuld trägt, dann ist es Astrate. Und die hat mit ihrem eigenen Leben dafür bezahlt.“ Elijah klang ruhig, beinahe gefasst. „Es tut gut zu wissen, wie es passiert ist“, murmelte er und ich wusste, dass er meine Erklärung gebraucht hatte um das alles zu begreifen, um es verarbeiten zu können.

 

„Sie hätte Ja gesagt, Lij, das weiß ich. Sie wäre deine Frau geworden“, flüsterte ich und er drückte mit seiner Hand dankend zu.

 

Weitere 2 Tage später, diesmal wusste ich es genau weil ich die Sonne und den Mond bei ihrem Tanz keinen Augenblick aus den Augen gelassen hatte, kamen dann auch meine Mutter und Hirchop. Mein Vater war in Wellington geblieben um zum einen das Restaurant laufen zu lassen, denn meine Eltern konnten es sich nicht leisten, noch einmal längere Zeit zu schließen, und zum anderen um die Sachen mit der Versicherung zu regeln.

 

„Langsam ist es aber genug mit deinen Krankenhausbesuchen, meinst du nicht auch?“, fragte meine Mutter mehr als besorgt und sie hatte Recht. Ich war in den letzten 2 Jahren oft genug im Krankenhaus gewesen.

 

„Ich habe Orlando gesagt, er braucht nicht extra herkommen. Er war sehr besorgt, nachdem ihm Elijah am Telefon alles erzählt hatte. Er hat mich direkt angerufen und gefragt, wann ich her fliege und wann wir uns treffen sollten. Er hat dich wirklich gern, Teti“, sagte meine Mutter und ich nickte. Wie musste sich Orlando wohl fühlen? Wahrscheinlich ging es ihm von uns allem am schlechtesten. Seine Ex-Freundin, die Mutter seines Sohnes, hatte versucht, mich zu töten und hatte dabei Maria tödlich verletzt. Es musste ihm grausam gehen.

 

„Peter hatte angerufen, nachdem er davon gehört hat. Er wollte die Nachdrehs verlegen. Elijah hat aber darauf bestanden, sie zu machen, genau zu dem Zeitpunkt, an dem sie geplant waren. Rian hat bereits den Termin für die Beerdigung festgelegt. Eine Woche vorher. Sie wollte, dass all die Kollegen vom Set da sind, um sich zu verabschieden“, erklärte meine Mutter unter anderem. Vieles von dem, was sie mir sonst erzählte, und es war eine Menge, bekam ich nicht mit weil ich immer wieder nach draußen starrte.

 

„Wann darf ich nach Hause?“, fragte ich nach einer Weile, in der nur meine Mutter gesprochen hatte.

 

Drei Wochen später, in denen meine Mutter bei mir im Krankenzimmer übernachtet hatte, befanden die Ärzte endlich, dass ich bereit, war die Reise mit dem Flugzeug anzutreten. Jedoch musste meine Mutter sicherstellen, dass ich mich weder aufregte, noch unnötig bewegte, was bedeutete, dass ich mit dem Rollstuhl zum Flugzeug gebracht wurde.

 

Doch vor unserem Abflug musste sie mich noch im Polizeibüro von Kairo absetzten. Ich hatte immerhin eine Aussage zu machen. Dort sagte man mir, dass der Professor in Untersuchungshaft gekommen war, wegen dem Verdacht auf Mittäterschaft. Es war nicht abwegig, immerhin hatte er mir gesagt, ich solle mich mit dem ‚Investor‘ treffen, der, wie die Polizei herausgestellt hatte, Astrates neuer Ehemann gewesen war. Sie hatte also alles von langer Hand geplant.

 

Außerdem erfuhr ich von einigen meiner Kommilitonen, die mich in den drei Wochen besucht hatten, dass ich offiziell als Entdecker der Sonderkammer eingetragen wurde und dass die Mumie der Nefertari zusammen mit allen Relikten nun auf dem Weg ins Museum war. Sie würde einen Ehrenplatz direkt neben ihrem Gemahl erhalten. Es gab mir in gewisser Weise Hoffnung, dass vielleicht auch ihre Seelen bald wieder vereint sein würden.

 

Außerdem erfuhr ich von einigen meiner Kommilitonen, die mich in den drei Wochen besucht hatten, dass ich offiziell als Entdecker der Sonderkammer eingetragen wurde und dass die Mumie der Nefertari zusammen mit allen Relikten nun auf dem Weg ins Museum war. Sie würde einen Ehrenplatz direkt neben ihrem Gemahl erhalten. Es gab mir in gewisser Weise Hoffnung, dass vielleicht auch ihre Seelen bald wieder vereint sein würden.

 

„ … bis die Eine dich findet, die du sein wirst“, murmelte ich gedankenverloren. Ich war die Eine. Ich hatte sie gefunden, diese Kammer, diese Mumie. Ich glaubte langsam nicht mehr an Zufälle. Die Träume, meine Gefühle für Orlando und dann auch noch diese Inschrift. Nein, das alles konnte kein Zufall sein. Ich war vor mehr als 3000 Jahren Königin Ägyptens gewesen und Orlando mein Pharao.

 

Aber es gab erst einmal wichtigere Dinge als das. Maria würde in wenigen Tagen beerdigt werden und ich als ihre beste Freundin war gebeten worden, eine Rede zu halten. Das Problem dabei war, dass mir einfach nichts einfallen wollte. Die Worte, die mir in den Kopf schossen, waren nicht annähernd die passenden, um sie als Menschen zu beschreiben. Aber ich hatte eindeutig eine Idee was ich auf der Beerdigung sagen würde und es kam von Herzen.

 

„Eigentlich hatte ich diese Rede bereits Tage vor ihrem Tod geschrieben. Ich hatte sie für ihre Hochzeit geschrieben. Nachdem, was passiert ist, ist es mir schwer gefallen, Worte zu finden. Doch ich habe es wirklich versucht und das ist, was ich dir, Maria, zu sagen habe: Ich habe dich kennen gelernt, nachdem ich gerade hier nach Wellington gezogen bin. Du weißt, ich habe dich am Anfang alles andere als leiden können. Du warst impulsiv, nervtötend und launisch. Und ich war abweisend zu allem, was mir zu nahe kommen wollte. Wahrscheinlich würden uns auch heute viele noch genau so charakterisieren. Ich jedoch, und ich denke, ich habe das Recht das zu behaupten, kenne dich besser als jeder andere auf dieser Welt. Das, was andere an dir sehen mögen, ist nur die Spitze eines Eisberges. Aber kalt warst du niemals.

 

Nachdem wir beide uns um Kenneth gestritten hatten und er Angeline genommen hatte merkte ich, dass du und ich eine perfekte Einheit bildeten. Wir ergänzten uns und deine impulsive Art hat mich schon aus so mancher Lethargie gezogen, während meine innere Ruhe dir geholfen hat, selbst ruhiger zu werden. Und dann, dann hast du mich auch noch zu dem besten Job gebracht, den ich mir je hätte erträumen lassen. Ich werde unsere gemeinsame Zeit am Set von Herr der Ringe nie vergessen, werde unsere schönen Momente immer im Herzen behalten. Doch dann habe ich dich weggedrängt als hätte es nie eine Freundschaft zwischen uns gegeben. Ich habe dich, wenn auch nur für eine kurze Zeit, aus meinem Leben ausgeschlossen. Aber dennoch warst du da, als ich dich am meisten gebraucht habe. Ohne zu zögern, ohne eine Entschuldigung zu erwarten warst du für mich da. Und da kommen wir zu den anderen Sachen, die dich und deinen Charakter ausmachen: Loyalität, Hilfsbereitschaft, Familienbewusstsein, die Fähigkeit zu Vergeben und unendliches Vermögen zuzuhören und Trost zu spenden.

 

Um ehrlich zu sein weiß ich noch nicht, wie ich zumindest phasenweise vergessen kann, dass du jetzt nicht mehr da bist, denn niemand wird es schaffen, mich so vergessen zu lassen wie du.“ Ich atmete tief durch, während wieder Tränen über die Ränder meiner Augen quollen. Die Leere, die Maria in mein Herz gerissen hatte, würde sich nie schließen, dessen war ich mir sicher. Schluchzend legte ich meine Hand auf die Urne.

 

„Du warst meine Schwester“, flüsterte ich und ging dann zurück zu meinem Platz, an dem mich schon Orlando stützend abfing. Ich hatte ihn erst heute kurz vor der Trauerfeier wiedergetroffen und hatte nichts anderes getan als in seinen Armen zu weinen. Nun tat ich wieder nichts anderes. Ich vergrub mein Gesicht in seinem weißen Hemd und er strich behutsam mit seiner Hand über meinen Rücken. Direkt neben mir saßen Elijah und Rian, zusammen mit Ben.

 

„Ich danke dir, Teti, wirklich“, flüsterte Rian dann, während Marias absoluter Lieblingssong das letzte Mal lief. Innerlich verfluchte ich Maria in diesem Moment, dass sie gerade dieses Lied vor einigen Jahren zu ihrem Lieblingslied gemacht hatte. Warum musste sie auch ein Lied über den Schmerz eines Vaters, der seinen Sohn verloren hatte, als ihr Lieblingslied wählen? Und warum hatte Rian darauf bestanden, es spielen zu lassen? Es machte die Situation doch nur schwerer als sie sowieso schon war.

 

 

Would you know my name

If I saw you in heaven?

Would you feel the same

If I saw you in heaven?

 

I must be strong and carry on'

Cause I know I don't belong here in heaven

 

Would you hold my hand

If I saw you in heaven?

Would you help me stand

If I saw you in heaven?

 

I'll find my way through night and day'

Cause I know I just can't stay here in heaven

 

Time can bring you down,

time can bend your knees

Time can break your heart,

have you begging please,

begging please

 

Beyond the door there's peace I'm sure

And I know there'll be no more tears in heaven

 

Would you know my name

If I saw you in heaven?

Would you feel the same

If I saw you in heaven?

 

I must be strong and carry on

Cause I know I don't belong here in heaven

 

Es gab nicht eine Person im Raum, die nicht in Tränen aufgelöst war und schluchzte oder in sein Taschentuch schnäuzte.

 

 

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Lied: „Tears in Heaven“ von Eric Clapton

 

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