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Kapitel 43

 

 

Unglaublicher Verlust

Teil 2

 

 

 

„Schnell.“

 

„Sofort den OP vorbereiten!“

 

„Schädel-Hirn-Trauma mit Verdacht auf subduraler Blutung, vielleicht sogar Basisfraktur.“

 

„Beeilen Sie sich, ich brauche sofort ein CT!“

 

„Wie ist das passiert?“

 

„Keine Ahnung. Eine Beteiligte ist tot, die andere schwer verletzt und die dritte bewusstlos."

 

„Doktor Hammet, Patientin Drei zeigt Reaktionen.“

 

„Hallo, können Sie mich verstehen? Wie ist Ihr Name?“ Ein helles Licht blendete mich auf einmal als meine Augenlieder nach oben gezogen wurden.

 

„Maria!“, schrie ich auf einmal und wollte hochschnellen, aber jemand drückte mich wieder auf das Bett zurück.

 

„Bringt sie in Behandlungsraum 2. Versorgt ihre Wunden und findet raus, wer sie ist und was passiert ist.“ Alles war vollkommen verschwommen und die Geräusche schienen von weit weg zu kommen, so als wäre ich im Meer und man versuchte von dort aus mit mir zu reden.

 

„Sie hat schwere Schnittwunden. Müssen von dem Messer sein, das die Tote in der Hand hatte.“

 

„Maria?“, fragte ich mit schwacher, fast tonloser Stimme.

 

„Ist das eine der andere Frauen? Können Sie mich verstehen, Miss?“, fragte eine junge männliche Stimme. Langsam wurde es deutlicher.

 

„Astrate hat mich angegriffen, Maria hat mich beschützt.“ Zu mehr war meine Stimme und auch mein Körper nicht in der Lage und ich wurde wieder bewusstlos.

 

„Miss, können Sie mich hören?“ Wieder das helle weiße Licht. Mein ganzer Körper schmerzte und ich fühlte mich schwer, so als würde ich von etwas heruntergezogen. Ich konnte mich nicht großartig bewegen.

 

„Wissen Sie, wer Sie sind? Können Sie mir Ihren Namen sagen?“, fragte mich eine ruhige, aber bestimmte Stimme. Ich versuchte langsam meine Augen zu öffnen und was ich sah, gefiel mir ganz und gar nicht. Ich lag schon wieder im Krankenhaus. Mein ganzer Körper schmerzte und am liebsten wäre ich wieder bewusstlos geworden, da hatte ich wenigstens nichts von den Schmerzen gespürt.

 

„Miss, Ihren Namen“, wiederholte die Stimme und ich sah ihn an. Es war ein junge Mann in einem weißen Kittel, wahrscheinlich ein Arzt.

 

„Teti, Teti Kensington. Was … was ist mit Maria?“, fragte ich und wollte schon aufstehen, doch bereits bevor mich der Arzt wieder in das Bett drückte merkte ich, dass ich dazu noch nicht bereit war. Mir war übel. Eine Welle kalten Schweißes erfasste ich und ich merkte, wie ich augenblicklich aschfahl wurde. Glücklicherweise schien der Arzt damit gerechnet zu haben und hielt mir eine kleine Schale hin und ich übergab mich geräuschvoll. Was ich jedoch sah, erschrak mich und ich begann wieder zu hyperventilieren. Ich erbrach Blut! Alles, was aus meinem Mund kam, war blutrot. Erschrocken blickte ich den Arzt an.

 

„Wir mussten eine Not-OP an Ihnen durchführen. Das Messer hat Ihre Magenwand perforiert. Es ist ganz normal, dass sie Blut erbrechen.“ Seine Stimme war so ruhig, dass ich bemerkte, dass es tatsächlich nichts Beunruhigendes zu sein schien, auch wenn ich nicht mehr damit aufhören konnte.

 

„Wer ist Maria, Miss Kensington?“, fragte er mich dann als sich mein Magen anscheinend wieder beruhigt hatte.

 

„Da war so viel, so viel Blut.“ Ich wollte mich nicht noch mal an das schreckliche Bild erinnern, das ich durch meine Taschenlampe gesehen hatte. Dieser helle Lichtkreis auf dem Sandstein, in dessen Mitte ein langer, blutverschmierter Strich nach unten auf den Boden ging, wo Maria lag. Ich merkte wie sich meine Kehle wieder zuschnürte und mein Puls wieder begann zu rasen.

 

„Miss Kensington, Sie müssen sich unbedingt beruhigen“, sagte der Arzt beunruhigt, aber ich konnte mich nicht beruhigen. Wie sollte ich das schaffen, wenn ich doch das gesehen hatte, was gerade wieder in meinem Kopf herumgeisterte. Maria hatte dort gelegen, ihre Augen noch offen, aber ich hatte ihren Schmerz gesehen und ich hatte ihr Blut an den Händen gehabt. Wortwörtlich. Hätte ich auf mein Gefühl gehört, dann wäre ich erst gar nicht zum Grab gegangen. Hätte ich auf mein Gefühl gehört, hätte ich Maria niemals mit nach Ägypten kommen lassen. Alles, was nun passierte, war allein meine Schuld. Dann krampfte mein Körper. Ich konnte ihn nicht mehr kontrollieren ich merkte nur, wie eigentlich alle Körperteile an mir heftigst Zuckten.

 

„Sie hat einen Anfall! Schwester, bringen Sie mir sofort 5 mg Epi!“, sagte der Arzt und ich merkte, wie er hektisch wurde. Er und ein Pfleger versuchten mich ruhig zu halten und ich versuchte es auch, aber es ging nicht. Ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper. „Stehen Sie nicht so rum. Holen Sie mir das Epi, verdammt noch mal!“, schrie der Arzt als die Krankenschwester wie paralysiert in der Tür stand. „Dr. Hammet! Dr. Hammet, die Patientin krampft!“ Eine junge Ärztin kam herein gerannt und stieß die Krankenschwester beinahe um. Sie löste dann den Pfleger ab, der sofort nach draußen rannte.

 

„Miss Kensington, Sie müssen sich beruhigen, es wird alles gut. Wir spritzen Ihnen jetzt etwas gegen den Anfall, aber dafür müssen Sie den Arm Still halten. Meinen Sie, Sie schaffen das?“ Na, die war ja lustig. Meinte sie wirklich, ich hatte noch eine Kontrolle darüber, was ich tat? Wenn ich das gehabt hätte, dann würde ich sicherlich nicht mehr so heftig zucken.

 

Sofort nach der Spritze merkte ich, wie sich mein Körper wieder beruhigte und langsam entspannte.

 

„Was ist passiert?“, fragte die Ärztin ihren Kollegen beinahe vorwurfsvoll.

 

„Sie wachte auf und fragte nach einer Maria. Da habe ich sie gefragt, wer das ist und sie begann zu krampfen“, erklärte der Arzt.

 

„Maria ist meine Freundin. Sie … sie muss gegen den Sarkophag geschleudert worden sein“, versuchte ich mit schwacher Stimme zu erklären. Das Medikament, das mir die Ärztin gespritzt hatte, half auf jeden Fall, die schrecklichen Bilder in meinem Kopf zu unterdrücken und auch, wenn ich nicht wirklich klar war im Kopf, konnte ich dennoch reden. Es fühlte sich an wie ein riesiger Schleier, der über mir lag und mich abschirmte.

 

„Dann ist die Unbekannte mit dem SHT, diese Maria“, flüsterte der Arzt und lief sofort aus meinem Zimmer.

 

„Können Sie sich daran erinnern, was passiert ist, Miss Kensington? Es ist wirklich wichtig.“ Die Ärztin kam näher an mein Bett, wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass ich mich nicht wieder aufregte und das Medikament wirkte.

 

„Der Investor … Oh mein Gott, ich habe ihn verpasst. Der Investor!“ Schon wieder wollte ich aufstehen und schon wieder wurde ich in die Kissen zurück gedrückt. Die ganze Zeit hatte ich vollkommen vergessen, weswegen ich eigentlich zum Grab gegangen war. Was würde passieren, wenn der Investor nun wegen mir von dem Projekt zurück trat, weil ich ihn nicht getroffen hatte?

 

„Ich glaube, ich lasse Sie am besten noch alleine. Gibt es irgendjemanden, den wir kontaktieren sollen? Wir haben keine Daten von Ihnen.“

 

„Lij, Orlando, Viggo“, stammelte ich als ich merkte, dass ich langsam abdriftete.

 

„Miss Kensington, bleiben Sie noch einen Moment bei mir. Wie heißen diese Männer?“

 

„Elijah Wood, Orlando Bloom und Viggo Mortenson, Herr der Ringe.“ Ich hatte ihr gesagt, was sie wissen wollte und ich konnte nicht mehr. Meine Augenlieder waren schwer und die Schmerzen waren unerträglich. Ich freute mich auf den Schlaf, denn so würde ich wenigstens nichts spüren.

 

Als ich wieder aufwachte, war es dunkel draußen, aber auf dem Sofa saß eine Gestalt. Sie war schwer zu erkennen, da der Schatten genau auf sie fiel, aber als ich meine Augen öffnete sprang die Gestalt sofort auf. Im ersten Moment bekam ich Panik. War es wieder Astrate? Ich hörte wie das Piepsen des Herzmonitors schneller wurde.

 

„Es ist alles in Ordnung, Miss Kensington. Wir sollen Sie überwachen.“ Ich schloss einmal beruhigt meine Augen und versuchte, so gut es ging, tief durchzuatmen. „Können Sie mir bitte die Telefonnummern geben von Leuten, die wir benachrichtigen sollen?“, fragte der junge Arzt und kam näher. Glücklicherweise war ich nun wieder etwas mehr bei Sinnen und konnte ihm tatsächlich Nummern aufschreiben.

 

„Wegen … Maria … rufen Sie bitte diese Nummern an. Können Sie mir sagen, wie es ihr geht?“, wollte ich mich erkundigen, doch als ich den Blick des jungen Mannes sah, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich die Antwort wissen wollte.

 

„Sie sollten sich noch etwas ausruhen. Wir werden jetzt Ihren Angehörigen Bescheid geben.“ Und mit diesen Worten verschwand er. Ich konnte mich jedoch nicht ausruhen. Der Blick, mit dem mich dieser Arzt gerade angesehen hatte, war viel zu eindeutig gewesen. Ich schickte ein Stoßgebet zu allen Göttern der Welt, dass Maria nur sehr schwer verletzt war. Dass sie einfach Probleme gehabt hatten und sie noch schwach war. Alles war gut, solange sie wenigstens noch lebte. Sie musste einfach noch leben. Was sollte ich denn nur tun wenn ich sie verloren hätte? Was sollte ich nur ohne meine beste Freundin tun? Ich merkte wie Tränen meine Wangen hinunterflossen, die Medikamente aber mein Herz davon abhielten, schneller zu schlagen. Ich starrte einfach nur an die weiße Decke des Zimmers. Es durfte einfach nicht sein. Maria lag bestimmt nicht weit weg von mir und machte sich vielleicht dieselben Sorgen um mich wie ich um sie.

 

„Sie darf sich auf keinen Fall aufregen. Ihr Zustand hat sich verbessert und die Wunde beginnt zu heilen, aber seien Sie bitte sehr vorsichtig mit ihr“, hörte ich die leise Stimme einer Krankenschwester. Es war nun schon zwei Tage her, dass ich hier gelandet war und niemand hatte mir bis jetzt irgendetwas gesagt. Ich hatte nicht geschlafen, aber da es in diesem Zimmer weder einen Fernseher gab, noch eine andere Möglichkeit sich zu beschäftigen, hatte ich die Augen einfach geschlossen. Ich war es satt, ewig an diese Weiße Wand zu starren. Als ich dann also meine Augen aufgrund der Stimmen öffnete, sah ich hinter dem Glas zum Gang Elijah, Rian und Ben stehen. Am liebsten wäre ich aufgesprungen, doch ich war immer noch an die Morphinpumpe angeschlossen und so war ich mehr oder weniger an mein Bett gefesselt.

 

„Ich muss es ihr sagen, sie hat ein Recht es zu wissen.“ Ich hörte wie Elijahs Stimme brach und er bedrückt zu Boden sah. Dann sah ich mir Rian an, so gut es durch die Lamellenjalousien eben ging, und sie war dicht an Ben gepresst und vergrub ihr Gesicht regelrecht an seiner Brust. Dann ging Elijah los, die Krankenschwester wollte ihn noch aufhalten, aber er war zu schnell. Als ich ihn sah, war ich mehr als geschockt. Seine wunderschönen blauen Augen waren rot, glasig und geschwollen. Nichts zeugte mehr von der Fröhlichkeit, die sie sonst immer ausstrahlten. Er litt und etwas in mir, ganz tief in mir drin wusste, warum er litt.

 

Ich merkte wie Tränen in meine Augen stiegen. Ich sah ihm einen Moment in die Augen, dann hielt ich es nicht mehr aus und starrte doch wieder an die Decke. Die Krankenschwester kam sofort mit einem Blutdruckmessgerät. Anscheinend hatte sie Angst, dass ich gleich wieder anfangen würde zu krampfen und da sie am Vorabend den Herzmonitor ausgeschaltet hatten, hatte sie keine direkte Übersicht mehr, die sie sich durch das Messgerät verschaffen wollte.

 

„Blutdruck etwas erhöht, aber nicht bedenklich“, informierte sie kurz, wahrscheinlich aber eher, damit sie Zeugen hatte als dass sie sich wirklich dachte, dass es einen von uns nun interessierte. Der Blick, mit dem Elijah mich ansah, sagte mir, dass ich am liebsten gar keinen Blutdruck mehr haben wollte. Am liebsten wäre ich nie wieder aufgewacht. Ich schloss meine Augen für einen Moment, in der Hoffnung, es würde vielleicht wirklich passieren, doch ich nahm noch alles um mich wahr und hörte wie nun auch Rian und Ben in mein Zimmer traten. Rian kam sofort zu mir und vergrub nun auch an meiner Brust ihr Gesicht. Sie sah beinahe noch schlimmer aus als Elijah.

 

Ich konnte nicht anders, drückte sie ein klein bisschen zurück und sah ihr in die Augen. Ich flehte sie so an mit zu sagen, was ich hören wollte. Ich wollte hören, dass die drei nur so weinten, weil es Maria sehr, sehr schlecht ging und nicht weil … weil … Ich konnte es noch nicht einmal denken.

 

„Wir mussten vor einer Stunde ihre Geräte abschalten lassen.“

 

Plötzlich war alles weg. Jede Emotion, jeder Gedanke.

 

Leere.

 

 

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