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Kapitel 31

 

Cannes

Teil 2

 

 

 

 

 

 

“Hey ho! To the bottle I go

To heal my heart and drown my woe

Rain may fall and wind may blow

But there still beMany miles to go

Sweet is the sound of the pouring rain

And the stream that falls

From hill to plain

Better than rain or rippling brook

Is a mug of beer inside this Took”

 

Das war das Erste, was wir hörten, als wir durch das große Eingangstor gegangen waren. Peter stand gerade zusammen mit den Hobbits vor einigen Reportern und hatte die Hobbits dazu ermutigt das Trinklied zu singen.

 

Als Maria Elijahs Stimme hörte konnte ich sie nur schwer unter Kontrolle halten. Sie wäre wahrscheinlich am liebsten direkt zu ihm gestürmt und hätte ihn vor den Reportern regelrecht verschlungen. Ich jedoch dachte, dass das keine gute Idee war. Ich war der Meinung, sie sollte mit dem Teil, in dem sie Elijah davon überzeugte, dass sie ihn noch liebte, warten, bis wir alle im Gebäude waren. Vor den Reportern war das sicherlich keine gute Idee.

 

„Welchen Part haben sie gespielt?“, brüllte eine Reporterin über den Lärm hinweg und hielt uns regelrecht ein Mikrophon unter die Nase. Mir wurde heiß. Das hatte ich nicht bedacht. Ich hatte nicht daran gedacht, dass die Reporter vielleicht auch uns ansprechen würden wenn wir auf dem roten Teppich auftauchten.

 

„Diese beiden Frauen waren mit Liv und Cate die bezauberndsten Frauen und Elben, die ich kenne.“ Ich drehte mich erstaunt um, als auf einmal John neben mir stand und seine Arme um unsere Schultern legte. Ohne es zu wissen hatte John jedoch etwas gemacht, das für mich und sicherlich auf für Maria eher unangenehm war. Er hatte uns ehren wollen, unsere Arbeit würdigen. Das Blitzlichtgewitter, was jedoch nach seiner Aussage folgte, war nicht gerade das, was wir wollten. Dennoch, uns blieb keine andere Möglichkeit als nett zu lächeln.

 

„Mr. Bloom! Mr. Bloom”, schrien dann auf einmal die Reporter vor uns und ich erstarrte. Orlando war hier. Ich spürte wie auf einmal die Nervosität wegen den Reportern verflog und etwas anderes ihren Platz einnahm. Mein ganzer Bauch füllte sich mit einem unglaublichen Schwarm von Schmetterlingen und ich schloss einen Moment meine Augen. Ein Lächeln spielte sich auf meinen Lippen ab und ich spürte förmlich, wie Orlando näher kam. Ich bildete mir ein sogar seine etwas verwirrten Augen auf mir zu spüren weil er mich von hinten mit diesem Kleid und meiner nun noch etwas dünneren Statur nicht zuordnen konnte.

 

Ich merkte, wie Maria sich neben mir zu Orlando umdrehen wollte, doch ich hielt sie davon ab, indem ich ihre Hand griff.

 

„Sie haben eher eine kleine Rolle in den Filmen. Was sind Ihre Erfahrungen vom Set?“, fragte uns dann eine zweite Reporterin. Orlando stand genau neben uns und wurde regelrecht von den Paparazzi umlagert. Er stand noch ein kleines bisschen hinter uns, was bedeutete, dass er mich nicht sehen konnte, noch nicht.

 

„Na ja, wir haben wunderbare Erfahrungen gemacht. Freundschaften, die wir nie für möglich gehalten haben, sind entstanden und werden uns unser Leben lang begleiten“, antwortete Maria als sie merkte, dass ich nicht antworten wollte. Ich konzentrierte mich auf das, was Orlando gerade den Reportern erzählte. Auch er berichtete von den einmaligen Freundschaften, die sich während des Drehs gebildet hatten, und dann, und ich wusste, dass es für mich war, zwinkerte er in die Kamera. Ich musste lächeln. Er zwinkerte für mich in die Kamera, weil er dachte, ich sah das Interview im Fernsehen. Dabei stand ich genau neben ihm und er bemerkte es noch nicht einmal.

 

Ich merkte allerdings, wie mein Puls immer weiter stieg. Ich war mir sicher, er würde sich über alle Maßen freuen mich zu sehen, und mir ging es genauso. Aber was dann? Ich wusste, dass ich ihn liebte, aber es brachte uns nicht weiter. Selbst wenn er mich auch liebte, dann würden wir morgen trotzdem wieder getrennte Wege gehen müssen und uns wahrscheinlich bis zum Dezember nicht mehr wieder sehen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich doch nicht hergekommen wäre. Vielleicht hätte ich mir das Ganze doch besser zu Hause vor dem Fernseher angesehen. Das Blitzlicht und die ganzen Fragen, die die Reporter durcheinander warfen, brachten mich vollkommen durcheinander und mir drohte, schwindelig zu werden. Ich blickte mich um und suchte nach einem Stuhl oder einer Mauer, an die ich mich anlehnen konnte. Irgendetwas, das den Schwindel vergehen ließ. Aber hier war nichts.

 

Doch als ich mich so umblickte und mein Kopf förmlich nach Hilfe schrie blickte Orlando blitzartig und alarmiert um sich, so als hätte er meine Gedanken hören können. Als sich unsere Blicke allerdings trafen, war der Schwindel verflogen. Ich sah in seine Augen, die mich vollkommen perplex und ungläubig anstarrten, so als sei ich ein Geist oder ein Außerirdischer von einem anderen Planeten. Dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Es war ein Grinsen, das ich kaum beschreiben konnte. Es war pure Erleichterung und Freude, und seine Augen hielten mich an meinem Platz fest.

 

Ich merkte, wie Tränen sich den Weg in meine Augen bahnten, doch Maria hatte mir ausdrücklich verboten zu weinen. Immerhin wäre ihr Meisterwerk dann versaut. Meine Kehle wurde mit einem Mal trockener als sie es je gewesen war und ich hatte das Gefühl, mein Hals schwoll an. Jedes Mal, wenn ich schluckte, tat er ein kleines bisschen mehr weh und auch mein Kopf litt unter den zurück gehaltenen Tränen und begann zu pochen.

 

Wir mussten Stunden so dagestanden haben als Orlando endlich auf mich zukam. Er merkte gar nicht, wie die Reporter ihm immer noch Fragen stellten, und ging einfach von ihnen weg. Er umarmte mich mit solch einer Wucht, dass es beinahe schon wehtat, aber ich wusste, er wollte mir nicht wehtun. Er versuchte sich wahrscheinlich nur genauso darauf zu konzentrieren nicht die Kontrolle zu verlieren, wie ich.

 

Ich war erleichtert, dass alle, selbst die Männer, sich hier sehr herzlich begrüßt hatten, und den Reportern so nicht auffiel, was besser unausgesprochen blieb. Sie widmeten sich einfach John, der die ganze Zeit bei uns gestanden hatte.

 

„Wie? Seit wann? Warum?“, waren die einzigen Worte, die Orlando sagte. Er hatte seine Arme immer noch um mich geschlungen, aber wir hatten unsere Köpfe etwas voneinander entfernt, sodass wir uns ansehen konnten. Erst jetzt bemerkte ich, dass Orlando sich anscheinend die Haare hatte kürzer schneiden lassen. Sein Blick war immer noch so ungläubig, dass es mich zum Lachen brachte. Ja, in diesem Augenblick war ich seit langer Zeit wieder sehr glücklich. Es fühlte sich an, als könnte nichts und niemand meine Stimmung mehr trüben.

 

„Peter hat uns eingeladen. Ich wollte dich überraschen“, flüsterte ich in sein Ohr und er drückte mich wieder komplett an sich. Ich spürte, dass auch er wahrscheinlich an diesem Abend nicht mehr glücklicher werden konnte, und es trieb mir fast wieder die Tränen in die Augen.

 

„Du bist einfach einzigartig, weißt du das?“, flüsterte er und küsste mich auf die Stirn. Es war nur eine kurze Berührung, aber sie ließ die Schmetterlinge in meinem Bauch regelrecht durch meinen ganzen Körper fliegen. Dann nahm er meine Hand, die immer noch hinter seinem Rücken war, und zog mich ein Stück von ihm weg, sodass er mich im Ganzen betrachten konnte. Im ersten Moment hätte ich ihn am liebsten wieder an mich gezogen, da mir seine Wärme und sein Duft fehlten, aber das war äußerst schlecht hier vor aller Welt. Er hingegen hob meine Hand und forderte mich mit einer tanzartigen Bewegung dazu auf, mich um mich selbst zu drehen. Er wollte mein Kleid begutachten.

 

„Willst du hier allen den Kopf verdrehen?“, fragte er dann lachend. ‚Nein, nur dir‘, sagte eine Stimme in meinem Kopf, aber die durfte auf keinen Fall herauskommen. „Du siehst einfach umwerfend aus.“ Ich merkte, wie die Röte mir ins Gesicht stieg, und lachte verlegen.

 

„Wer wusste alles davon?“, fragte er dann und blickte sich um. Wahrscheinlich suchte er jemanden, den er regelrecht verprügeln konnte dafür, dass man ihm nichts gesagt hatte. Ich musste lachen als ich sah, dass derjenige, der es außer Peter und Barry gewusst hatte, nur wenige Meter weiter vorne gerade interviewt wurde.

 

„Na ja … Peter wusste es, er hat uns ja eingeladen … Barry wusste es …“, begann ich und ich sah Orlandos halb enttäuschtes Gesicht. Mit Pete und Barry konnte er nichts machen. „Ach … und Viggo wusste es“, schloss ich ab und drehte mich schon mal in die richtige Richtung. Das wollte ich jetzt nicht verpassen. Und tatsächlich: Orlando ging los um nach Viggo zu suchen. Als er ihn gefunden hatte, ging er schnellen Schrittes von hintern auf ihn zu.

 

„Du menschlicher Abschaum!“, griff er ihn lachend von hintern an und zerzauste seine Haare. Dann tat er so, als ob er Viggo in den Bauch boxte. Dann küsste er ihn jedoch auf die Wange, sagte etwas zu ihm, was ich nicht verstand, und legte seinen Arm um Viggos Schulter. Viggo wusste sofort, was los war, und blickte kurz zu mir.

 

„Da ist ja unsere ägyptische Schönheit!“, rief er und kam zu mir um mich zu umarmen. Er hob mich sogar in die Lüfte und wirbelte einmal mit mir herum. Ich war froh, dass mein Schwindel schon vergangen war, sonst hätte ich mich wahrscheinlich vor den Reportern übergeben müssen, nachdem Viggo mich wieder abgesetzt hatte. „Wo ist Maria?“, fragte er dann, doch zu meiner Schande musste ich eingestehen, dass ich sie, nachdem Orlando und ich uns gesehen hatten, einfach stehen gelassen hatte.

 

„Lij ist auch weg“, bemerkte Orlando und auf einmal ahnte ich, wo Maria war: da, wo Elijah gerade war. Wahrscheinlich hatte Elijah sich wegen Orlandos Angriff auf Viggo umgesehen und Maria gesehen. „Na ja, wen wundert’s?“, bemerkte Orlando dann und sah mich an. Um ehrlich zu sein hatte ich in diesem Moment das Gefühl, er wäre am liebsten auch mit mir zusammen irgendwo verschwunden. Aber wieder einmal waren wir beide dafür viel zu vernünftig, wieder einmal trennten uns unsere Heimaten, obwohl wir gerade am selben Ort waren.

 

Warum konnten wir beide nicht im Hier und Jetzt leben, wie Elijah und Maria? Die beiden wussten, sie würden schon morgen wieder getrennt werden, und waren dennoch zusammen verschwunden. Sie nahmen den Schmerz, der folgen würde, für ein paar schöne Stunden in Kauf. Warum konnte ich nicht so denken?

 

„Ich bin so glücklich, dass du hier bist“, flüsterte Orlando mir ins Ohr als wir uns im Saal befanden und wir darauf warteten, dass die Preview, die Peter heute Abend zeigen wollte, startete.

 

„Ich bin auch froh, dass ich hier gekommen bin“, antwortete ich ihm leise und er küsste mich wieder auf die Schläfe. Er war so zärtlich, so liebevoll, dass es mir körperliche Schmerzen bereitete ihm nicht zu sagen, was ich für ihn empfand, und das war nicht nur so dahin gesagt. Die Schmetterlinge, die ich zuvor noch gespürt hatte, hatten in mir angefangen Feuer zu fangen und schienen nun meinen ganzen Magen abzubrennen, zumindest fühlte es sich so an.

 

Dann wurde das Licht gedimmt und die Show begann. Die Preview bestand aus 3 Teilen, ähnlich der eigentlichen Trilogie. Der erste Teil erklärte grundlegend den Inhalt der Bücher und stellte die meisten Hauptcharaktere des ersten Filmes vor.

 

Der zweite Teil machte mich dann sprachlos. Es war eine 14minütige Sequenzen aus dem Film und es war sogar etwas, an dessen Dreharbeiten ich mich erinnern konnte: Moria. Es begann mit dem Kampf mit dem Wassermonster und ich erinnerte mich an die Nacht, in der wir diese Szene gedreht hatten. Es war auf einem Parkplatz in Wellington gewesen und es war eine eiskalte Nacht gewesen. Billy hatte sich regelrecht die Füße abgefroren, da er mit den Füßen in das kalte Wasser gekommen war und die Hobbitfüße sich mit dem Wasser vollgesogen hatten. Auch wir anderen hatten viel gefroren, aber Billy hatte uns in dieser Nacht am meisten leidgetan.

 

Es war einfach umwerfend, was Peter aus den sowieso schon wunderbaren Szenen, die wir gedreht hatten, gezaubert hatte. Es war tatsächlich als würde man das Buch sehen, wie es zum Leben erweckt wurde.

 

„Einfach unglaublich. Peter ist ein wahrer Künstler“, flüsterte ich Orlando zu und er nickte nur. Er schien auch vollkommen mitgerissen zu sein von dem, was er sah. Vor allem die Szene mit dem Höhlentroll hatte es ihm und den anderen angetan, hatten sie doch nie diesen Troll so gesehen, wie er nun auf der Leinwand war.

 

„Ich stand auf einer Kiste. Und auf einmal ist es der Troll“, murmelte Orlando immer wieder kopfschüttelnd, aber lächelnd.

 

Der letzte Teil der Preview zeigte sogar einige kurze Bilder vom zweiten und dritten Teil, aber nichts Essentielles. Peter wollte nur kurz aufzeigen, wie der Weg weitergehen würde, wollte daran erinnern, dass Der Herr der Ringe eine Trilogie war und es mit dem ersten Film nicht aufhören würde.

 

Als die Preview beendet war gingen wir natürlich sofort alle zu Peter. Wir waren alle vollkommen beeindruckt und niemand fand die richtigen Worte. Dabei wollten wir Pete eigentlich nur danken, dass wir an diesem einmaligen Projekt teilhaben durften.

 

„Peter, wenn du mich jemals brauchen solltest, ruf an und ich bin so schnell ich kann da“, sagte Orlando und umarmte Peter. Es gab keinen einzigen, der ihm nicht zustimmte. Sie alle würden kommen, wenn Peter wieder nach ihnen rief, das war sicher. Es gab nur eine kleine Einschränkung und die kam von John.

 

„Ich komme auch wieder, aber bitte steck mich nie wieder in diese Maske!“ Wir mussten alle lachen. John hatte es wirklich schwer gehabt mit der Maske, die er Tag für Tag hatte tragen müssen. Er war allergisch gegen einen der Bestandteile gewesen und hatte sehr gelitten. Sein ganzes Gesicht hatte ununterbrochen gejuckt, und wenn er die Maske am Abend auszog war sein ganzes Gesicht gerötet, als hätte er einen Sonnenbrand gehabt. An manchen Stellen verlor er sogar seine Haut. Aber er hatte, unter großen Respektsbekundungen von uns allen, seinen Job gemacht, jeden Tag.

 

Den Rest des Abends verbrachten wir damit, uns mit allen andere darüber auszutauschen, wie schwer die letzten 4 Monate doch für uns alle gewesen waren. Immerhin hatten wir 15 Monate lang immer eine Aufgabe gehabt, immer einen Grund um früh, manche von uns sehr früh, aufzustehen. Die Meisten von ihnen hatten noch keine besonderen Jobangebote bekommen oder angenommen, und jeder einzelne von ihnen bestätigte, dass sie nichts mit der Freizeit, die sie nun hatten, anzufangen wussten.

 

„Wenn morgen die Interviews hier fertig sind, wie wäre es, wenn wir noch einmal zusammen Essen gehen, bevor wir uns wieder trennen müssen?“, fragte Orlando als wir alle langsam müde wurden und uns schlafen legen wollten.

 

„Ich denke, das wäre wundervoll“, antwortete ich und küsste ihn diesmal meinerseits auf die Wange. Ich war zu müde, um die Kontrolle zu verlieren. Daher bestand keine Gefahr, dass etwas passieren würde.

 

„Dann bis morgen.“ Er drückte noch einmal kurz meine Hand und dann stieg ich in das Taxi ein, das mich zurück zu unserem Hotel brachte. Maria selbst hatte ich tatsächlich, seit ich Orlando gesehen hatte, nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich war sie mit Elijah in sein Hotel verschwunden und würde erst morgen irgendwann wieder auftauchen.

 

Ich machte mir keine Sorgen um sie. Sie war alt genug und außerdem hatte sie sich diese Auszeit mit Elijah verdient. Dementsprechend machte ich auch keine Anstalten sie auf dem Handy zu erreichen als ich sah, dass sie auch nicht in unserem Zimmer auf mich wartete, sondern zog mich um und fiel glücklich, aber müde ins Bett.

 

 

 

 

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