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Kapitel 10

 

Konfrontation

 

 

 

Als ich wieder zu Hause ankam stand anscheinend „Explosionsgefahr“ auf meiner Stirn geschrieben, denn weder meine Eltern, noch Hirchop wagten es auch nur mich anzusprechen. Den ganzen restlichen Weg nach Hause hatte ich mich dermaßen über Astrate aufgeregt, dass ich mich über jedes Kaugummi auf dem Bürgersteig lauthals beschwerte. Es war eigentlich nicht meine Art, aber selbst andere Fußgänger, die mir nicht aus dem Weg gingen, rempelte ich einfach davon. Wie konnte sie Orlando das antun? Wie konnte sie so kaltherzig sein und immer nur ihren eigenen Vorteil sehen? Warum interessierten sie die Gefühle anderer nicht?

 

„Warum regst du dich eigentlich so künstlich auf?“, fragte mein Spiegelbild mich, als ich im Bad stand und mein wütendes Gesicht mir entgegenblickte. „Du kennst Orlando gerade einmal seit 3 Wochen und willst dir schon ein Urteil über ihn Bilden?“ Bevor die andere Seite in mir noch etwas antworten konnte, spritzte ich mir eine Ladung kalten Wassers ins Gesicht. Das würde mein Gemüt sicherlich abkühlen. Orlandos Liebesleben ging mich nichts an und ich tat so als müsste ich ihn vor irgendetwas beschützen. Er war alt genug um zu wissen was er tat. Ich musste wirklich mal wieder raus, mit meinen alten, guten Freunden. Bei ihnen musste man wenigstens keine Angst haben, dass Astrate irgendwann auftauchen würde. Also schnappte ich mir mein Telefon und wählte Marias Nummer.

 

„Hey, Te! Was gibt’s?“, fragte sie fröhlich.

 

„Ich wollte nur wissen, ob du heute Abend auch mitkommst ins SF.“ Natürlich war Maria vollauf begeistert, kündigte aber an, dass sie jemanden mitbringen würde. Um ehrlich zu sein konnte ich mir schon vorstellen, wer es war und auch ich entschloss mich Dom Bescheid zu sagen.

 

„Hab mich schon gefragt, wann du anrufst. Hör mal… es tut mir leid wegen heute Morgen. Lass uns das einfach vergessen, ja?“, fragte er. Ich überhörte seine Frage, denn für mich war die Sache erst erledigt, wenn Astrate in keiner Weise mehr eine Rolle in meinem Leben spielte.

 

„Okay, sei so um 20 Uhr bei uns im Restaurant, dann fahren wir los“, sagte ich und legte wieder auf. Als ich aufgelegt hatte, tat es mir wieder leid, dass ich mich nicht richtig verabschiedet hatte. Dom konnte nichts dafür, dass Astrate wieder einmal sie selbst gewesen war in der Uni. Er konnte nichts dafür, dass ich Astrate nicht leiden konnte und ich entschloss mich, mich am Abend bei ihm zu entschuldigen. Während ich mich umzog musste ich mich an den Tag erinnern, an dem Dom und ich unser „erstes Date“ hatten. Ich war vollkommen aufgeregt gewesen und die Schmetterlinge hatten in meinem Bauch verrückt gespielt. Und nun einige Monate später? Die Schmetterlinge waren nicht mehr so aktiv wie damals, aber trotzdem brachte der Gedanke an Dom mich zum Lächeln. Daran hatte sich nichts geändert.

 

„Na, Schwesterchen. Was war denn eben mit dir los?“ Hirchop stand in meiner Tür und sah mich an. Ich konnte seinen Blick nicht beschreiben, wusste nicht, ob er besorgt oder belustigt war.

 

„Ach, Astrate regt mich auf. Sie hat sich Orlando geangelt. Einen Freund von Dominic. Aufeinmal ist sie schwanger und er hat sie natürlich gefragt, ob sie ihn heiraten will.“ Jetzt konnte ich Hirchops Gesicht wieder deuten, er war verwirrt. „Und was ist so schlimm daran? Ich meine, ein Kind und eine Hochzeit sind doch was Tolles.“ Resignierend schüttelte ich den Kopf. Natürlich musste Hirchop das denken, er kannte ja auch nicht die Hintergründe und er kannte Astrate nicht.

 

„Sie benutzt ihn nur, Hir. Sie benutzt immer alle. Keine Beziehung oder Freundschaft, die sie hat, bringt ihr nicht irgendeinen Vorteil. Und Orlando? Er ist so ein netter Kerl und leider ist er ihren Reizen anscheinend vollkommen erlegen.“ Ich setzte mich auf mein Bett und Hir setzte sich neben mich. Mein Bruder, immer wenn ich Probleme hatte, war er für mich da.

 

„Wenn sie wirklich so ist, wie du sagst und er wirklich ein netter Kerl ist, Te, dann wird er schon irgendwann herausfinden, wer Astrate wirklich ist. Man kann sich nicht ewig verstellen“, sagte er und legte mir eine Hand auf die Schulter.

 

„Mag sein, Hirchop. Aber was, wenn es dann schon zu spät ist? Was, wenn er dann schon mit ihr verheiratet ist und…“ Ich hielt kurz inne. „Te, dass er Vater wird, ist wohl nicht mehr zu verhindern, egal was noch passiert. Aber eine Ehe kann immer beendet werden. Natürlich wird er für sein Kind da sein müssen, aber nicht für sie, zumindest nicht körperlich.“

 

„Alles andere ist schon schlimm genug! Du hast ja keine Ahnung, was sie bei einer Scheidung alles bekommen würde. Sie weiß das mit Sicherheit.“ Mit hochgezogenen Augenbrauen sah mich Hirchop an und ich wusste genau, was er sagen wollte.

 

„Du siehst Gespenster, wo keine sind, Te. Außerdem ist es nicht dein Problem. Wenn du Orlando für einen guten Freund hältst, dann kannst du wohl nichts tun, als ihm zur Seite stehen, wenn es wirklich einmal so weit kommen sollte. Ohne Vorwürfe und ohne ein ‚Ich hab es von Anfang an geahnt‘. So wirst du ihm am meisten helfen können und dann sind da ja auch noch seine anderen Freunde.“

 

Hirchop hatte Recht. Es war nicht meine Sache. Ich musste mich da raushalten. Doch wieder einmal hatte er mir tief in meine Seele geblickt, wie nur er es konnte, und er hatte gesehen, dass ich Orlando trotz der kurzen Zeit, die wir uns kannten, bereits als guten Freund ansah. Ich lehnte mich sanft an Hirchops Seite und er streichelte mein Haar.

 

„Glaub mir, Te, alles im Leben hat seinen Sinn und wenn es nur der Sinn einer Lehre ist.“ Wieder hatte er Recht. Nichts auf der Welt geschah ohne Grund. Wir konnten ihn nur manchmal nicht erkennen oder wollten ihn nicht akzeptieren. Dann löste ich mich wieder von Hirchop und er verließ mein Zimmer, damit ich mich weiter fertigmachen konnte.

 

Eine Weile stand ich wieder vor dem Spiegel und betrachtete mich selbst. Natürlich gab es einige Stellen an meinem Körper, die mir nicht gefielen. Zum Beispiel fand ich, dass meine Beine zu kurz waren und meine Knie zu knubbelig. Durch das Tragen von Schuhen, die vorne enger wurden, hatten sich in etlichen Jahren meine großen Zehen so verformt, dass sie nicht mehr gerade waren, sondern nach innen zeigten. Der Zeh direkt daneben war länger als der Große. Ich wusste, dass das vielen Menschen so erging, aber warum gerade bei mir? Seit einiger Zeit versuchte ich an der Hüfte etwas an Gewicht zuzunehmen, damit ich endlich einen Hintern in meinen Hosen hatte und die Hüften nicht mehr ganz so knochig aussahen. Aber es war fast so mühselig für mich zuzunehmen, wie für andere das Abnehmen.

 

Dann kam mein Bauchnabel. Bei den meisten stand er entweder raus, oder er war eine Art Trichter, der in den Körper zu gehen schien. Bei mir aber hörte er nach weniger als einem Zentimeter schon auf und es sah fast so, als hatte ich gar keinen. Dann kamen natürlich meine Brüste.

 

Dadurch, dass ich dünn war, Rian behauptete sogar, ich sei mager, fielen auch meine Brüste eher klein aus und ich brauchte noch nicht einmal einen BH zu tragen. Aber das alles konnte man noch einigermaßen kaschieren. Bei meiner Nase funktionierte dies jedoch nicht mehr. Dieser… Mount Everest in meinem Gesicht konnte nicht entfernt und auch nicht übersehen werden. Zumindest war das meine Ansicht. Die anderen meinten immer, ich übertrieb maßlos, aber das war nun einmal der Körperteil, den ich am meisten an mir hasste. Am liebsten hätte ich mir schon mit 13 die Nase operieren lassen, doch meine Eltern hatten es nie erlaubt und außerdem fehlte das Geld dafür. Der Wille jedoch war da. Die einzigen Sachen, die ich an mir wirklich mochte, waren meine tiefbraunen Augen und meine langen, dicken braunen Haare.

 

„Du siehst klasse aus!“ Schlagartig drehte ich mich um. Dom stand in der Tür. War es tatsächlich schon so spät? Schnell ließ ich meinen Blick auf die Uhr an meinem Bett gleiten. Kurz vor acht! Ich musste mich beeilen! Wie von der Tarantel gestochen hetzte ich in meinem Zimmer umher, um die letzten Sachen zusammenzusuchen und Dom beobachtete mich lachend.

 

„Was ist?“, fragte ich, während ich schnell meine Schuhe anzog.

 

„Nichts. Es ist einfach lustig, dich im Stress zu sehen“, sagte er und starrte mich weiter an.

 

„Hör zu, Dom… Das heute Morgen tut mir leid. Ich kann Astrate einfach nicht leiden, das ist alles. Ich hatte von Anfang an eine Antipathie gegen sie und ich fürchte, daran wird sich auch nichts ändern. Aber du kannst da nichts für und deswegen war es nicht richtig, wütend auf dich zu sein“, sagte ich, während ich mir noch einige letzte Haarsträhnen mit Klammern aus dem Gesicht steckte.

 

„Schon okay, Te. Lass uns nicht mehr drüber reden“, sagte er und machte eine abfällige Handbewegung.

 

Als ich dann fertig war, reichte er mir seinen Arm und ich hakte mich bei ihm ein. So gingen wir gemeinsam mit Hirchop nach draußen, um auf unser Taxi zu warten, das uns ins SF bringen würde. Zu meiner großen Überraschung saß in diesem Taxi bereits jemand: Billy. Anscheinend hatte Dom ihn eingeladen, auch zu kommen. Ich hatte nichts dagegen, warum sollten meine Freunde sich nicht gegenseitig kennenlernen?

 

„Ich denke mal, ich weiß schon, wen Maria mitbringt“, sagte ich nach einer kurzen Zeit der Stille und die drei Männer sahen mich fragend an. Zumidnest Dom und Billy mussten doch wissen, von wem ich redete. Sie mussten es doch auch gesehen haben, oder nicht? Waren Männer tatsächlich so… engstirnig?

 

„Na, Lij!“, sagte ich, als sie nicht aufhörten, mich fragend anzustarren.

 

„Was?“, fragte Billy irritiert.

 

„Mein Gott, seid ihr wirklich so blind? Kommt schon, ihr müsst doch etwas bemerkt haben, oder?“, fragte ich die beiden, doch sie schüttelten nur den Kopf.

 

Das war meine Bestätigung: Männer merkten nichts! Sie würden wahrscheinlich noch nicht mal ihre eigene Hand im Nebel erkennen, wenn man sie ihnen direkt vor die Augen hielt. Da musste ich wieder an einen Spruch meiner Mutter denken: „Bei Männern ist der geistige Horizont der Abstand zwischen Brett und Kopf“. Und bei diesen beiden existierte der Horizont in diesem Moment nicht. Das Brett war unwiderruflich an ihren Kopf genagelt worden.

 

Der Beweis meiner Theorie erfolgte, sobald wir vor dem SF aus dem Taxi gestiegen waren. Tausende von jungen Mädchen standen vor der Tür und tuschelten darüber, dass sie ja gesehen hatten, wie der Typ aus "Flipper" und "Deep Impact" gerade in den Club gegangen war. Dom und Billy waren gespielt enttäuscht, als die Mädchen nicht auf sie reagierten, und ich musste leicht lachen. Sie würden sich sicherlich in einigen Jahren nicht mehr vor solchen Mädchen retten können. Anscheinend hatte Dave schnell bemerkt, dass sich Elijah in seinem Club aufhielt, und hatte die Türsteher darauf angesetzt, nur Stammgäste hereinzulassen. Wahrscheinlich, um zu verhindern, dass manche nur in den Club kamen, weil Elijah dort war.

 

„Elijah Wood“, brüllte Billy dann lachend, als er den Club betrat. Doch bevor er etwas sagen konnte, stand auf einmal Viggo vor ihm, schnappte sich seinen Kopf und schlug seine Stirn hart gegen seine. Ich musste lachen, als ich den desorientierten Blick von Billy sah, als Viggo ihn wieder losgelassen hatte.

 

„Oi!“ war das Einzige, was Billy rausbrachte, und wir mussten alle Lachen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass auch Viggo hier war, doch er war nicht der einzige. Dave hatte das SF nicht nur wegen Elijah an diesem Tag nur für Stammgäste geöffnet. Bis auf die Älteren waren alle Darsteller von "Herr der Ringe" dort, selbst manche Stuntleute waren gekommen. Ich fürchtete schon, dass somit Rian, Ben und Will nicht hereingelassen wurden, doch schon bald hatte ich sie ausgemacht, wie sie sich mit einigen Stuntleuten unterhielten.

 

„Was ist hier los?“

 

„Na ja… wir dachten, da wir Doms Geburtstag nicht richtig feiern konnten und gestern Miranda Geburtstag hatte… da sollten wir feiern!“ Ich sah Dom an und sah sein Strahlen. Es freute mich, dass jemand eine Party für ihn organisiert hatte.

 

„Auf Merry und Eowyn!“, schrie Viggo dann vollkommen ohne Vorwarnung und alle stimmten mit ein. Obwohl ich es nun 3 Wochen selbst mitbekommen hatte, erstaunte mich diese familiäre Art sehr. Es kam einem so vor, als würde hier im SF nun eine einzige, riesige Familie zusammen feiern. Es dauerte nicht lange, da hatte ich mich dann auch mal zu meinen Freunden durchgekämpft.

 

„Was ist hier los, Teti?“, fragte Will erstaunt. „Der Typ sagte, sie seien Stuntleute von einem Film. Der ist echt mächtig.“ Als er auf den Mann zeigte, musste ich lachen. Es war Sala, der Kopf der Stuntleute. Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie Will ihn etwas ängtslich angesehen hatte. Als ich Sala das erste Mal gesehen hatte, hatte ich beinahe einen Herzinfakt bekommen, aber auch nur, da er in seiner Urku-Hai-Uniform zu mir gekommen war.

 

Sala war wirklich ein Schrank und ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich irgendjemand freiwillig mit ihm anlegte. Niemand außer Viggo und John. Die beiden hatten sich während der Dreharbeiten, die ich beobachten konnte, nie zurückgenommen, wenn sie gegen die Stuntleute hatten kämpfen müssen. John hatte seine Axt in alles geschlagen, was auf ihn zukam, und es waren sogar die Stuntleute, die immer und immer mehr Angst vor ihm bekommen hatten. Ich hatte einmal gesehen, wie sie eine Szene gedreht hatten. Richard Taylor, er war eigentlich für die Kostüme verantwortlich, hatte die Uruk-Hai so sehr angestachelt, dass sie wirklich in vollkommener Extase auf Viggo und John zugerannt waren und John traf jeden Einzelnen in die Magengegend. Viggo hatte mir danach verraten, dass er gedacht hatte, dass sie ihn töten würden, wenn er sich nicht verteidigte, und das hatte er dann auch getan.

 

Es war lustig gewesen, ihnen allen bei den Dreharbeiten zuzusehen. Es war größtenteils ein Männerfilm und für die Schauspieler war es wie ein riesiger Spielplatz, auf dem sie all das tun durften, was sie sonst nicht durften.

 

„Hey, Leute“, sagte Maria, als sie sich auch endlich zu uns durchgeschlagen hatte. Ich sah sie lächelnd an. Sie war rot und lächelte und ich nahm mir vor, sie bei der nächsten Gelegenheit zur Seite zu ziehen und sie auszuquetschen.

 

„Und das sind die Leute, mit denen du arbeitest?“, fragte Rian erstaunt, als sie sich wieder einmal im Raum umsah. Maria nickte nur. Man sah ihr an, dass das ihr Traumjob war, und ich freute mich für sie. Sie war meine engste Freundin und ich sah sie gerne so glücklich. Und da ich sie auch schon bei ihrer Arbeit beobachten durfte, konnte ich mit Sicherheit sagen, dass sie ihre Arbeit auch noch außergewöhnlich gut machte.

 

„Du bist also Rian.“ Ohne Vorwarnung stand plötzlich Elijah neben Maria, lächelte Rian an und gab ihr die Hand. Sie nickte nur sprachlos und sah Elijah tief in die Augen. Ich musste lächeln. Ja, so einfach konnte man sich von seinen strahlend blauen Augen nicht lösen. Das hatte ich auch schon erfahren müssen.

 

„Orli!“, schrie dann jemand auf und ich konnte gerade noch sehen, wie Sala Orlandos Kopf packte und ihm seine Stirn gegen den Kopf schlug, wie Viggo es zuvor bei Billy gemacht hatte. Ich konnte nicht direkt auf Orlando blicken und dennoch sah ich, wie er sich benommen am Tresen festhielt, um nicht umzukippen. Aus irgendeinem Grund versuchte ich sofort, dorthin zu kommen, um sicherzugehen, dass Orlando nicht verletzt war.

 

Als ich jedoch näher kam sah ich, dass sich bereits jemand um ihn kümmerte: Astrate. Meine Laune sank direkt. Völlig hysterisch fragte sie Sala, was das sollte. Sie schien sich in gewisser Weise Sorgen um Orlando zu machen. Viggo, der hinter Sala stand, kicherte nur wie ein Schulmädchen und ich sah ihn kopfschüttelnd, aber dennoch lächelnd, an. Sicherlich war diese Idee von ihm gekommen. Als er dann noch heftiger anfing zu lachen, sah ich Orlando wieder an und konnte mich nicht zurückhalten. Auf seiner Stirn zeugte eine runde rote Stelle von dem Zusammenstoß mit Sala. Es sah wirklich lustig aus. Besonders, da er durch die Legolas-Perücke einen Irokesenschnitt tragen musste und das vordere Ende seiner Frisur nun genau auf den Fleck zeigte.

 

„Wenn das mal nicht ein Einhorn wird“, bemerkte Dom grinsend, als er wieder zu mir kam. Er begrüßte Will, Ben und Rian, als wären es alte, gute Freunde, und lachte dann weiter.

 

„Du bist ganz schön fies“, bemerkte ich kurz und er zuckte nur mit den Schultern. „Würdest du auch so hysterisch werden, wenn Sala das mit mir gemacht hätte?“, fragte er mich und sah mir tief in die Augen. Aber ich kannte ihn mittlerweile gut genug, dass ich wusste, dass er die Frage alles andere als ernst meinte. „Nein, ein Hobbiteinhorn sieht besser aus als ein Elbeneinhorn“, kommentierte ich und Ben sah mich mit großen Augen an.

 

„Hobbit? Elben? Moment… der Film… Soll das etwa 'Herr der Ringe' werden?“, fragte er überrascht. Ich hielt mir erschrocken die Hand vor den Mund. Dominic und Billy lachten nur und nickten. „Keine Sorge, Te. Sie hätten es eh im Laufe des Abend herausgefunden. Ich glaube nicht, dass das hier verhindert werden kann“, sagte Dom und legte seinen Arm um meine Hüfte. Er hatte Recht. Hier waren so viele vom Set, irgendjemand hätte sicher etwas gesagt. Den Rest des Abends war Ben fasziniert, wenn wir ihm immer wieder jemand anderen vorstellten und er die Helden seiner Kindheit aus dem Buch hüpfen sah. Besonders bei Viggo war er begeistert.

 

„Genau wie ich ihn mir vorgestellt habe…“, murmelte er immer wieder, als Viggo an unserem Tisch stand und sich mit uns unterhielt. Zu allem Überfluss hatte er sogar sein Schwert dabei. Ich kannte es bereits aus Queenstown. Er legte es nie ab. Egal, wo er hinging, sein Schwert war immer mit dabei. Ich fragte mich, ob er es sogar mit auf die Toilette nahm, doch meine Phantasie war zu lebhaft, dass ich mir das vorstellen wollte. Also dachte ich nicht weiter darüber nach. Lieber widmete ich mich der Unterhaltung, die gerade zwischen Ben, Will, Dom, Billy und Elijah lief. Will hatte gerade erzählt, dass die Stadt ein Badewannenrennen für den guten Zweck organisierte und man sich bereits anmelden konnte.

 

Natürlich waren die drei Verrückten sofort begeistert davon und meine Einwände, von wegen Sicherheit, überhörten sie gekonnt. Als dann auch noch Orlando dazukam und sie ihn ebenfalls überredeten, schien die Sache besiegelt. Diese eine Mal hatte ich gehofft, Astrate sei in der Nähe gewesen. Sie hätte Orlando sicherlich mir aller Kraft davon abgehalten und dann hätten vielleicht auch die anderen davon abgelassen. Aber dieses eine Mal war sie nicht da. Ich sah mich um und sie stand mit einem mir unbekannten Mann zusammen und unterhielt sich mit ihm. Orlando unterhielt sich noch lange mit uns und immer wieder lachte er mich an, als würde nur ich wirklich verstehen, was er meinte. Das lag daran, dass unser Humor ähnlich verlagert war und ich am herzlichsten über seine Witze lachten konnte.

 

Natürlich ließ sich Astrate das nicht lange gefallen und zog mich später am Abend mit ihr.

 

„Du kleines Miststück!“, zeterte sie los, als sie mich durch die Hintertür nach draußen befördert hatte.

 

„Was fällt dir eigentlich ein?“, fragte sie. Ich sah sie nur gleichgültig an. Natürlich wusste ich, dass sie das noch wütender machen würde, aber ich wusste wirklich nicht, was sie meinte. „Wenn du meinst, du könntest Orlando für dich gewinnen, kann ich dir gleich sagen, dass das nicht klappen wird!“ Ich sah sie immer noch gleichgültig an. Ich wollte ihr nicht zeigen, dass ich über ihre Anschuldigung verwundert war.

 

„Reg dich nicht so künstlich auf, ist schlecht für das Kind. Außerdem werde ich mich ja wohl noch mit einem Freund unterhalten dürfen“, sagte ich.

 

„Ach, hör doch auf mit dem Scheiß. Ich weiß ganz genau, was du vorhast, du Miststück. Und tu erst gar nicht so, als würdest du dich um das Wohlergehen dieses Kindes sorgen!“ Jetzt musste ich lachen. Hatte sie mich gerade wirklich Miststück genannt? Wer von uns beiden war es denn, der in der kurzen Zeit, die wir uns bedauerlicherweise kannten, etliche Typen hatte?

 

„Glaub mir, wenn ich in wenigen Jahren ein berühmtes Model bin, dann wird jeder Mann mich lieben und du, du wirst immer noch in deinem dreckigen Restaurant arbeiten und dir wünschen, du hättest dir jemand Attraktiveren geangelt als diesen Monaghan“, sagte sie abfällig und langsam war ich es, die wütend wurde. „Nach diesem Film wird er wieder in der Versenkung verschwinden, aus der er gekommen ist. Orlando aber wird berühmt und ich an seiner Seite mit ihm.“ Ihr Hochnäsiger Ton war zurück und wäre sie nicht schwanger gewesen, hätte ich ihr wahrscheinlich in diesem Moment eine Ohrfeige verpasst, die sich gewaschen hatte. Aber ich wusste, wann ich mich zusammenreißen musste. Außerdem hätte sie daraus sicherlich etwas gedreht, dass Orlando wirklich gegen mich aufhetzte, wenn sie das nicht sowieso schon tat. Dann schwirrte sie wieder ab und sie und Orlando verließen die Party, weil sie sich angeblich wegen der Schwangerschaft nicht gut fühlte.

 

Sie hatte mir nun ihre vollkommen wahre Seite gezeigt. Sie hatte mir indirekt den wahren Grund verraten, warum sie mit Orlando zusammen war, warum sie sich hatte schwängern lassen. Wieder einmal ging es nur um sie und um nichts anderes.

 

 

 

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