top of page

Kapitel 24

 

Flugstunde

 

 

 

 

Es war schon komisch, wie Kevin und ich zusammen durch die Gänge von Atlantis gingen. Keiner von uns wusste so richtig, wo wir hinmussten und immer wieder versicherten wir uns auf unseren Tablets, dass wir auch noch richtig waren. In meinen Augen sah jeder Gang in dieser Stadt immer noch gleich aus wie jeder andere und ich wunderte mich, wie irgendjemand es schaffte, sich hier zurechtzufinden.

 

„Meinst du, wir bekommen das hin?“, fragte Kevin nachdenklich und ich merkte, dass ihm die ganze Sache mit diesem Antikergen noch ziemlich unheimlich war, obwohl seine Mutter ihm sicherlich alles genau erklärt hatte. Es war seltsam. Auf der Erde war er immer der coole und sichere gewesen, hier aber schien er beinahe etwas verloren zu sein. Aber das war mehr als verständlich. Zusammen mit mir war er der einzige, der, bevor er hierher gekommen war, noch nie etwas von Stargates, Antikern und dem ganzen Kram gehört hatte. Alle anderen waren sozusagen in diese Rolle hineingeboren worden. Philipp und John waren praktisch im SGC groß geworden, Joey, Simon und Torren waren hier geboren worden und kannten gar nichts anderes. Sa’rayn war, wenn man sie so bezeichnen wollte, ein Alien und Maddison … ja vielleicht gehörte sie auch noch zu denen, die nichts gewusst hatten, aber sie war schon älter, sie kam vielleicht besser mit all dem zurecht.

 

„Ich weiß es nicht Kevin, aber wir müssen“, antwortete ich ihm, als ich meine Überlegungen abgeschlossen hatte. Wenn mir eines klar war, dann die Tatsache, dass wir lernen mussten, mit allem hier umzugehen. Es war wichtig, dass wir wussten, wie hier alles funktionierte und dass wir im Notfall handeln konnten. „Du hast gesehen, was die Wraith mit der Erde gemacht haben. Ich glaube nicht, dass sie aufhören werden.“ Er nickte nur bedrückt und sah zu Boden. Es war mir genauso unangenehm wie ihm, dieses Thema anzusprechen, klang es doch immer noch so surreal, dass die Erde beinahe zerstört worden wäre.

 

Als wir dann um die nächste Ecke bogen, zeigte das Tablet auch schon den Punkt an, der für meinen Vater stand und wir waren beide erleichtert, dass wir anscheinend den richtigen Weg gegangen waren. „Kommst du damit klar?“, fragte Kevin mich, bevor mein Vater in Sichtweite kam. Ich blieb kurz stehen. Nicht, weil ich wieder umkehren wollte, sondern weil ich mich erst vorbereiten musste. Ich hatte mir zwar vorgenommen, mich meinem Vater gegenüber anders zu verhalten, aber es war immer noch ein komisches Gefühl. Ich kannte diesen Mann ja eigentlich gar nicht. Ich erklärte Kevin die Situation, in der ich mich befand und ich war froh, endlich jemanden um mich zu haben, der verstand was ich empfand. Ich war ziemlich überrascht, als er mich auf einmal umarmte.

 

„Ich bin immer für dich da Mag, daran wird sich auch nichts ändern“, fing er an und ich sah, dass es ihm wirklich wichtig war, mir das zu sagen. „Du warst schon immer so was wie eine Schwester für mich und ich bin froh darüber. Vielleicht solltest du das hier einfach als eine Chance sehen, deinen Vater kennenzulernen. Fang doch einfach damit an, ihn ‚Dad‘ zu nennen anstatt ihn mit seinem Namen anzusprechen. Vielleicht bringt euch das alleine schon wieder ein Stückchen näher. Außerdem bin ich mir sicher, dass deine Mutter gewollt hätte, dass du dich gut mit ihm verstehst.“Kopfschüttelnd, aber dennoch leicht schmunzelnd sah ich ihn an. Manchmal konnte man nicht glauben, dass Kevin wirklich nur ein sehr guter Freund von mir war. Dann legte er eine Hand auf meine Schulter und sah mich fragend an. Ich wusste, was er hören wollte, doch anstatt zu sprechen nickte ich ihm einfach zu. Er hatte ja recht.

 

„Ah, da seid ihr ja. Habt ihr gut her gefunden?“ Ich war erstaunt, wie gut gelaunt mein Vater war. Er hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht und er sah sehr frisch aus. Wir erklärten ihm, dass wir uns hier in Atlantis noch etwas schwer taten und er versprach uns, uns nach dem Training einen kleinen Trick zu verraten, mit dem er sich immer wieder zurechtfinden konnte. Dann führte er uns in das Shuttlehangar. Ich war erstaunt über die kleinen, eher Sardinenbüchsen ähnelnden, Shuttle, die hier geparkt waren. Beim besten Willen hätte ich nicht erwartet, dass diese Dinger fliegen konnten, nicht, wenn ich nicht wenige Minuten danach in eines von diesen Dingern gestiegen wäre und mein Vater es gestartet hätte.

 

„Wir werden jetzt aufs Festland fliegen und uns dort ein ruhiges Fleckchen suchen, und dann werde ich euch die ersten Grundlagen beibringen. Bis wir dort ankommen, möchte ich, dass ihr euch das Datenblatt durchlest, dass McKay für euch angefordert hat“, erklärte mein Vater und zeigte auf unsere Tablets. Darauf erschien sofort ein Datenblatt und ich war verwundert, wie fortschrittlich hier anscheinend die Technologie war.

 

Als erstes sahen wir eine Skizze des Shuttles. „Gateschiff?“ Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen, hörte sich dieser Begriff doch sehr seltsam an. Mein Vater sah mich direkt lachend an, während Kevin nur mit den Schultern zuckte.

 

„Bescheuert, oder? Das war McKays Idee. Wir nennen sie immer Puddle Jumper oder kurz Jumper“, erklärte er, aber ich fand auch diese Bezeichnung, ins Deutsche übersetzt ‚Pfützenspringer‘, nicht gerade normal, aber was war hier schon normal. „Ach übrigens, wenn ich von McKay rede, meine ich Rodney McKay, nicht Jennifer“ sagte er und sah wieder geradeaus. Wir flogen minutenlang nur über Wasser und ich fragte mich schon, wann endlich das Festland zu sehen sein würde, von dem mein Vater sprach, aber es war weit und breit nichts zu sehen, selbst als Atlantis bereits vom Horizont verschwunden war.

 

„Und du bist dir sicher, dass es hier ein Festland gibt, Dad?“, fragte ich und versuchte das letzte Wort so natürlich rüberkommen zu lassen wie es ging. Dennoch ließ es meinen Vater kurz stocken und er sah mich mit großen Augen an. Ich sah ihm an, dass er etwas sagen wollte, dass er mir sagen wollte, dass er sich freute, dass ich ihn so nannte, aber ich schüttelte nur den Kopf, um ihm klar zu machen, dass er daraus keine große Sache machen sollte. Ohne mir dann wirklich zu antworten blickte er wieder auf das Wasser und auf einmal schoss der Jumper senkrecht in die Höhe. Ich sah an dem schiefen Grinsen meines Vaters, dass er das geplant hatte; was mich jedoch noch mehr wunderte war, dass wir nichts davon spürten.

 

„Das müssen die Trägheitsdämpfer sein, die liegen hinten, unter der Energiequelle“, sagte Kevin, während er die Skizze weiter untersuchte, die auf unseren Tablets angezeigt wurde. Auch ich warf einen Blick darauf und berührte den Bildschirm dort, wo die Trägheitsdämpfer eingezeichnet waren. Ich bekam sofort eine detaillierte Beschreibung auf mein Tablet projiziert.

 

„Ohne diese Dämpfer sähen wir wohl nicht mehr so toll aus, was?“, fragte ich an meinen Vater gewandt und er musste leicht schmunzeln.

 

„Nein, sicherlich nicht. Bei so vielen Gs da …“, er hielt kurz inne und ich sah, dass er versuchte, das, was er hatte sagen wollen, etwas … harmloser auszudrücken, obwohl ich mir sicher war, dass Kevin und ich auch das ‚Nicht-harmlose‘ verkraftet hätten. Ich hatte bereits eine ziemlich gute Vorstellung davon, was passieren würde … „sagen wir, wir wären nicht mehr sehr ansehnlich.“ Ich schnaubte leicht sarkastisch und mein Vater sah mich einen Moment wieder an.

 

„Nicht mehr ansehnlich? Ohne interne Dämmung würden uns bei so vielen Gs die Augen platzen, die Haut würde uns regelrecht abgezogen werden und unser Gehirn und unsere Organe würden über die Sitze verteilt werden“, sagte ich dann und der Blick meines Vater war schockiert, aber dennoch leicht amüsiert.

 

„Mein Reden“, war sein Kommentar dazu nur, auch wenn ich es nicht ganz verstand. Dann ließ er den Jumper wieder gerade fliegen und ich merkte auf einmal, dass er ziemlich hoch geflogen war. Von hier oben konnte ich sogar Atlantis wieder sehen und das machte mir beinahe Angst. Wenn jetzt irgendetwas passierte, dann hatten wir ein ziemliches Problem. Ich hatte nie eine sonderlich ausgeprägte Höhenangst gehabt, aber das war eindeutig zu viel des Guten.

 

„Da ist das Festland!“, rief Kevin dann erfreut aus und zeigte aus dem Fenster. Auch ich blickte nach draußen und sah die riesige Landmasse, die sich plötzlich weit vor uns auftat. Aus der Höhe, in der wir uns befanden, konnten wir gut die Krümmung der Planeten erkennen, aber ich merkte auch, dass wir sehr hoch waren und die Krümmung dennoch ziemlich gering war. Auf der Erde wären wir sicherlich bereits außerhalb der Atmosphäre gewesen, hier waren wir jedoch noch mittendrin. Anscheinend war dieser Planet um vieles größer als die Erde. Wir flogen noch einige Zeit in dieser Höhe weiter und ich versuchte, mich krampfhaft auf mein Tablet zu konzentrieren, doch es funktionierte nicht.

 

„Beruhig dich Magret, alles ist in Ordnung“, sagte mein Vater ruhig. Anscheinend hatte er meine Unruhe gemerkt, dann hörten wir ein leichtes Brummen und Kevin und ich sahen uns erschrocken an. „Keine Angst, du hast gerade nur die Tarnung aktiviert. Es wird dir nichts passieren“, sagte er und klang dabei so sehr wie ein Vater, dass ich mich tatsächlich etwas beruhigte. Dann schloss ich meine Augen, wenn ich mich wirklich beruhigen wollte, durfte ich nicht mehr nach draußen blicken und vielleicht konnte ich versuchen, zu meditieren.

 

„Ey, nicht einschlafen“, zischte Kevin mir zu und knuffte mich leicht in die Seite. Ich öffnete nur meine Augen und sah ihn kurz mit einem giftigen Blick an. „Ich mache gerade Kelno’reem, wenn es dir nichts ausmacht. Ich will nicht für unseren Absturz verantwortlich sein“, zischte ich zurück und Kevin wurde augenblicklich still. Meinen Vater hörte ich nur leicht glucksen, während ich meine Augen wieder schloss.

 

„Und Kevin, wie kommst du zurecht?“, fragte mein Vater dann, wahrscheinlich, um mich tatsächlich etwas abzulenken.

 

„Es … es ist schwer, Sir“, antwortete Kevin und ich hörte an seiner Stimme, dass es tatsächlich so war. „Meine Eltern haben mir nie etwas von alledem erzählt, obwohl sie anscheinend ziemlich tief drin gesteckt haben. Und dann werden wir auf einmal einfach auf dieses Schiff gebeamt.“

 

Dann waren wir alle eine lange Zeit still und keiner sagte mehr ein Wort. Kevin war wahrscheinlich mit den Erlebnissen beschäftigt, die ihn hier her gebracht hatten, ich versuchte immer noch, meine Angst in den Griff zu bekommen und mein Vater konzentrierte sich wahrscheinlich darauf, das Schiff unter Kontrolle zu behalten, während ich ungewollt Chaos in den Systemen verursachte. Immer wieder öffnete ich meine Augen einen Spalt, ich hatte zwar Angst, aber dennoch war ich neugierig und wollte wissen, wann wir endlich landeten. Als das Festland dann beinahe unter uns zu sein schien, setzte mein Vater langsam zur Landung an und flog in einem sehr flachen Winkel wieder nach unten.

 

„So ihr beiden, wir werden gleich landen, bitte haltet euch gut fest, es könnte etwas holprig werden.“ Und damit hatte mein Vater Recht. Wir wurden kräftig durchgeschüttelt, während mein Vater die Bremsen anschmiss und langsam landete. Ich sah auch Kevin an, dass er das Ganze alles andere als angenehm fand, aber wir würden uns wohl oder übel daran gewöhnen müssen. Dann öffnete mein Vater die Ladeluke und frische Luft strömte zu uns hinein. Sie tat gut, im Gegensatz zu der künstlich erzeugten Luft innerhalb des Jumpers, aber sie war dennoch anders als auf der Erde.

 

Ich wollte den Jumper schon verlassen, um mich umzusehen, aber mein Vater hielt mich auf. Wir waren nicht hier, um die Landschaft zu erkunden, wir waren hier, um zu lernen, wie man diese Dinger flog. Also setzte mein Vater Kevin direkt vor die Steuerkonsole. Ich ahnte, dass mein Vater ihn als erstes fliegen ließ, damit Kevin nicht das Gefühl hatte, ich würde bevorzugt werden und zweitens, damit ich mich noch mehr sammeln konnte, bevor ich selbst die volle Kontrolle über das Schiff übernahm.

 

„Dieses Schiff reagiert intuitiv“ erklärte er Kevin und setzte sich neben ihn auf den Sitz. „Als erstes müssen wir die Tarnung aufheben. Konzentriere dich darauf, dass das Schiff wieder sichtbar sein soll. Magret, du gehst am besten mal einen Schritt nach draußen und sagst Kevin, wann du das Schiff wieder sehen kannst“, wies mich mein Vater an und ich stand nickend auf. Warum hatte er mich dann eben noch aufgehalten, rauszugehen? Aber wahrscheinlich war das so ein Lehrerding, von dem er meinte, es machen zu müssen. Ich ging also einige Schritte nach draußen und während ich darauf wartete, die Außenhülle des Schiffes wieder sehen zu können, wunderte ich mich über die Geräusche der Natur. Viele hatte ich noch nie gehört und ich musste zugeben, dass es beinahe unheimlich war. Woher sollte ich wissen, dass hier in der Nähe keine Raubtiere waren, die nur darauf warteten ihre Beute zu finden.

 

Dann kam mein Vater auf einmal nach draußen und stellte sich neben mich. Ich wusste nicht wieso, aber ich fühlte mich direkt etwas sicherer. Er schien ganz entspannt zu sein, egal welche Geräusche gerade hinter uns ertönten. „Das sind nur die Vögel. Manche von ihnen sind ziemlich nervig“, erklärte er, als wieder ein unheimliches Kreischen durch die Luft zog und ich leicht zusammen zuckte. Ich sah ihn an und wieder schmunzelte er.

 

„Machst du dich über mich lustig?“, fragte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und verschränkte meine Arme vor der Brust. Ich merkte direkt, wie ähnlich ich auf einmal meiner Mutter war.

 

„Das würde ich nie wagen“, antwortete mein Vater, aber ich merkte, dass auch er meine Ähnlichkeit zu meiner Mutter gesehen hatte. Er sah etwas wehmütig aus. Aber konnte ich ihm deswegen böse sein? Konnte ich wütend auf ihn sein, weil er meine Mutter genauso vermisste wie ich? Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, erschien auf einmal die Außenhülle vor uns. Kevin hatte es tatsächlich geschafft, eine Verbindung mit dem Schiff herzustellen.

 

„Ich hab ihn durch meine Angst blockiert oder?“, fragte ich meinen Vater leise flüsternd und er beugte sich ein wenig zu mir runter.

 

„Ich werde ihm nichts verraten, wenn du es nicht tust“, flüsterte er leise zurück und schob mich sanft wieder ins Innere des Jumpers. Ich lächelte leicht, vielleicht war mein Vater wirklich ein netterer Kerl, als ich anfangs glauben wollte. „So Kevin, dann wollen wir doch mal sehen, wie weit du kommst.“ Mit diesen Worten forderte mein Vater Kevin auf, nun den Kofferraum wieder zu schließen und dann den Motor anspringen zu lassen. Ich fand es komisch, wie er über diesen Jumper redete wie über ein normales Auto, aber wahrscheinlich tat er das, weil es für ihn schon normal war, diese Dinger zu fliegen.

 

Als Kevin es dann endlich geschafft hatte, den Jumper wirklich ‚anspringen‘ zu lassen, war es eigentlich schon zu spät, um mich auch üben zu lassen, aber anscheinend hatte mein Vater so viel Vertrauen in mich, dass er einfach entschied, dass ich würde versuchen müssen zurückzufliegen.

 

Ich konnte sein Vertrauen in mich leider nicht teilen und ich sah in Kevins Gesicht, dass er es auch nicht richtig konnte. Dennoch setzte mein Vater mich auf den Stuhl vor der Steuerkonsole und wies mich an, mich ganz auf den Jumper zu konzentrieren. Er versicherte mir jedoch, dass er jederzeit würde eingreifen können, falls etwas schief lief. Ich fragte mich jedoch, wie er das anstellen wollte, wenn ich einmal die Kontrolle über das Shuttle hatte, immerhin hatte ich schon ohne die volle Kontrolle die Tarnung aktiviert, wie wollte er dann etwas aufhalten, was ich vielleicht jetzt falsch machte.

 

„Bleib ruhig und konzentriere dich einfach darauf, dass du starten willst“, sagte er wieder mit seiner ruhigen Lehrerstimme und ich atmete einmal tief durch. Es war schwer, sich auf diese eine Sache zu konzentrieren, wenn man sich selbst unsicher war, ob man das überhaupt wollte und anstatt den Jumper zu starten, öffnete sich auf einmal wieder die Laderampe. Kevin kicherte leicht, wahrscheinlich erleichtert, dass ich es auch nicht auf Anhieb hinbekam. „Wir wollen nicht aussteigen, Magret, wir wollen wieder nach Atlantis“, sagte mein Vater und legte mir seine Hand auf meine Schulter.

 

Es war das erste Mal, dass mein Vater mich wirklich berührte und es war ein komisches Gefühl. Nicht unangenehm und auch nicht so, wie es sich angefühlt hätte, wenn es irgendjemand anders gewesen wäre. Ich merkte, wie direkt eine Welle der Ruhe auf mich überging. Ich sah ihn einen Moment an und er nickte mir ermutigend zu. Ich dachte an Atlantis, ich wollte wieder nach Hause, ich wollte meinem Vater zeigen, dass er nicht Unrecht hatte mit seinem Vertrauen in meine Fähigkeiten.

 

Und tatsächlich, der Motor des Jumpers schien aktiviert zu werden und wir hoben langsam ab, das einzige Problem, auf das Kevin mich auch sehr dezent - Achtung Ironie – hinwies, war, dass die Ladeluke noch immer geöffnet war. Mit erneuter Unterstützung von meinem Vater schaffte ich es allerdings, auch dieses Problem zu meistern.

 

„Okay, du hast jetzt den Autopiloten aktiviert, den möchten wir aber nicht haben, meinst du, du kannst ihn ausschalten?“, fragte mein Vater dann nachdem wir einige Zeit ruhig über das Festland geflogen waren. Ich sah ihn schockiert an. Wenn ich jetzt versuchte, irgendetwas abzuschalten, schaltete ich vielleicht den ganzen Motor ab.

 

„Oh Shit …“ Ich zog erschrocken die Luft ein, als ich merkte, wie auf einmal das Summen der Energiequelle immer leiser wurde. Hilfesuchend sah ich meinen Vater an.

 

„Keine Panik, wir haben noch die Hilfstriebwerke, ich werde sie aktivieren“, sagte er schnell und setzte sich auf den Sitz neben mir. Hatte dieser kleine Gedanke schon gereicht? Hatte ich damit tatsächlich während des Fluges den Motor abgestellt? Ich seufzte einen Moment. Warum musste alles hier so feinfühlig sein? Warum konnte dieses blöde Ding nicht einfach weiter fliegen?

 

Und dann drehte die Energiequelle wieder hoch. Ich sah meinem Vater an, dass er das nicht gewesen war und ich zuckte nur mit den Schultern. Okay, wenn es so war, musste ich jetzt wohl aufpassen, was ich dachte, ansonsten …

 

„Maggie, pass auf!“, schrie Kevin erschrocken auf, als ich auf einmal direkt auf das Wasser zuhielt. Mein Vater neben mir sah mich einen Moment geschockt, dann jedoch grinsend an. Er schien zu erkennen, dass dieses Manöver geplanter war, als es vielleicht den Anschein hatte. Ich merkte schnell, dass ich wirklich nur an das denken musste, was ich von dem Schiff wollte, und es reagierte.

 

Es kam mir beinahe so vor wie in den Harry Potter Büchern. Es war, als würde ich einen dieser Rennbesen fliegen, die meine Gedanken voraussahen und das taten was ich von ihnen wollte, ohne dass ich etwas machen musste. Auf einmal fing ich an Gefallen an der ganzen Sache zu finden, sehr zum Leid von Kevin, der nicht gerade erfreut über die Manöver war, die ich versuchte. Um ehrlich zu sein, erinnerte ich mich an die Passagen aus Harry Potter, in denen der junge Zauberlehrling Quidditch gespielt hatte und versuchte, genau solche Flüge zu machen wie er.

 

„Okay, genug Spaß für heute Magret“, sagte mein Vater dann nach einiger Zeit lachend, als er auf das mittlerweile sehr grüne Gesicht meines besten Freundes sah. Ich seufzte leicht enttäuscht und stellte den Autopiloten wieder ein.

 

„Tut mir leid, Kev“, entschuldigte ich mich vorsichtig bei ihm, als wir auf Atlantis den Jumper wieder verließen. Er schubste mich nur gespielt beleidigt von der Laderampe. Dann kamen uns auch schon Torren und Sa’rayn entgegen und die Stimmung zwischen den beiden war ziemlich eisig.

 

„Na Lerner, du bist ziemlich grün um die Ohren, hat Peaches euch zum Absturz gebracht?“, fragte Torren provozierend, als wir an ihnen vorbeigingen. Ich ignorierte ihn, während Kevin ihm irgendetwas zu murmelte, was ich nicht ganz verstehen konnte. Sa’rayn blickte mich nur an und verdrehte ihre Augen. Wahrscheinlich hatte sie keine Lust, mit Torren zusammen dieses Training zu absolvieren und ich konnte sie verstehen.

 

„Magret?“, rief mein Vater mir noch hinterher, bevor wir endgültig aus dem Hangar verschwunden wären. Ich blieb einen Moment stehen, während Kevin schon weiter ging. „Was hältst du davon, wenn wir heute Abend zusammen essen? Mit Cassie und Kevin?“, fragte er und ich sah, dass er wirklich froh war, dass unsere erste Trainingsstunde zusammen so gut ausgegangen war.

 

„Ähm …“, ich musste kurz überlegen, aber ich fand nichts, was dagegen sprach, außerdem hatte ich mir ja vorgenommen, meinem Vater etwas näher zu kommen und da war es mehr als taktvoll von ihm, nicht direkt alleine mit mir sein zu wollen. Ich fragte mich, ob er die beiden ausgesucht hatte, weil er wusste, dass sie nun, da ich hier auf Atlantis war, der einzige Bezug zu meinem alten Leben waren. Vielleicht machte er sich mehr Gedanken um mich, als ich gedacht hatte. „Ja, klar. Ich sag Cassandra gleich Bescheid, wenn ich sie sehe.“ Und damit ging ich los zu meiner ersten Stunde in Medizin und ließ meinen leicht lächelnden Vater zurück.

bottom of page