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Kapitel 50

 

Der Baum der Erkenntnis

 

 

 

Der Boden unter meinen Füßen bebte stark und ein lautes Summen erfüllte das Archiv. Doch zu meinem Glück schien es so stabil zu sein wie der Rest der Stadt. Noch nicht mal ein Staubkorn rieselte nach unten.  Ich widerstand dem Drang, nach draußen zu laufen, um zu sehen, was los war, eigentlich wusste ich es. Die Wraith oder wer auch immer hatten angefangen, auf den Planeten, auf die Stadt zu schießen. Ich hoffte wirklich inständig, dass die Jungs sich spätestens jetzt in Sicherheit brachten und nicht auf mich warteten.

 

„Kabil, wer auch immer diese Stadt beschießt, sie werden sie zerstören, wenn sie können“, warnte ich ihn und versuchte angestrengt, es nicht wie eine Drohung, sondern tatsächlich wie eine Warnung klingen zu lassen. Nichts tat sich.

 

Noch eine Erschütterung und ein lauter Knall.

 

Sicherlich war gerade irgendetwas in die Luft gegangen. Ich verdammte mich dafür, dass ich meinen Kommunikator zurückgelassen hatte, wusste ich doch nicht, was da draußen los war und ob Philipp und Simon wirklich sicher waren. Immer öfter hörte ich das Geräusch von Einschlägen, manche näher, manche weiter weg, aber es machte mich ziemlich nervös. Ebenso musste ich an Torren denken, der einfach davon geflogen war und unsere Verbindung ignorierte, immer noch.  Es war egal, wie sehr ich ihn anschrie, was ich ihm alles androhte, er antwortete einfach nicht.

 

Ich trat weiter in das Archiv hinein, vielleicht würde ich Kabil ja doch irgendwo finden, vielleicht versteckte er sich in seiner menschlichen Form hier irgendwo, auch wenn es eher unwahrscheinlich war.

 

„Wer sind die?“, hallte dann eine dumpfe Stimme durch das Archiv. Ich wusste direkt, dass das nur Kabil sein konnte.

 

„Ich weiß es nicht genau. Es könnten Wraith sein. Schreckliche Monster, die allen humanoiden Lebewesen die Lebensenergie mit der Hand entziehen“, erklärte ich. „Oder es sind die Luzianer, eine ziemlich gemeine Bande von Verbrechern, die die Herrschaft über alle Menschen des Universums haben wollen. Es könnte natürlich auch sein, dass mittlerweile diese Drohnen hier aufgetaucht sind, wegen derer wir geflohen sind. Dann wären wir Menschen weniger das Problem, sondern eher die Technologie hier. Die Goa’uld wären auch noch ne Lösung, obwohl die eher … unwahrscheinlich ist. Oh, oder vielleicht hat Adria ihren Kampf gegen Morgan ja gewonnen und stattet uns einen Besuch ab.“ Ich zählte noch ein paar mögliche Feinde auf, denen die Menschen von der Erde in ihren Jahren mit dem Stargate begegnet waren. Sollte Kabil sich doch aussuchen, wer es nun war. Bei eigentlich allen standen die Chancen nicht besonders gut.

 

„Wieso sind sie hier?“, fragte er nochmal, diesmal lauschte ich seiner Stimme. Im ersten Moment schien sie von schier überall zu kommen, doch das tat sie nicht. Sie kam zwar aus den Lautsprechern, aber, und ich wusste nicht, ob es an meinen Antiker-Fähigkeiten lag, ich konnte spüren, dass ihr Ursprung tief unter mir lag.

 

„Es gibt nicht viele Gründe, warum man einfach so einen Planeten beschießt, der nicht zuerst gefeuert hat, oder?“, fragte ich, während ich einen Ort suchte, der in irgendeiner Weise nach unten führte. Im Dunkeln war es natürlich ziemlich schwer, vor allem, wenn mir die ständigen Erschütterungen immer wieder für einen Moment die Orientierung nahmen.

 

„Sie werden Gan Eden nicht zerstören“, sagte Kabil bestimmt, aber nichts deutete darauf hin, dass er auch wirklich etwas unternehmen wollte.

 

„Ach nein? Das ist aber ihr Ziel, oder sie werden den Planeten einnehmen, alle Menschen versklaven und sich die Technologie zunutze machen“, sagte ich und versuchte nun doch, Kabil ein bisschen zu provozieren. Vielleicht brauchte er das ja, außerdem konnte ich so ein Gespräch mit ihm aufrechterhalten. Wenn ich Kabil schon nicht finden konnte, vielleicht fand ich dann ja das, was er zu schützen versuchte. Vielleicht hatte Rush ja recht, und es war wirklich eine Waffe, die wir gegen die Angreifer einsetzten konnten.

 

„Du bist keine von ihnen, oder?“, fragte die Stimme mich dann auf einmal nach einer kurzen Zeit, in der es doch wieder still war.

 

„Ich bin unter ihnen aufgewachsen, war viele Jahre ein ganz normaler Mensch, zumindest dachte ich das. Doch als ich nach Atlantis gekommen bin, hat das Gen der Antiker, das in mir geschlummert hat, meinen ganzen Körper auf den Kopf gestellt. Ich bin wohl eher ein Antiker als alles andere, aber du wirst sie eher als Lanteaner kennen“, erklärte ich ihm.

 

„Ich kenne sie als alles, was sie sind“, kam die Antwort und auf einmal öffnete sich vor mir eine Wand. Luft entwich geräuschvoll, als das Stück Wand zur Seite glitt und ein etwas muffiger Geruch kam heraus. Anscheinend war diese Tür schon eine  ganze Weile verschlossen gewesen. Ich konnte kein Licht sehen, aber meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt und so konnte ich ansatzweise Stufen erkennen, die einen schmalen Gang nach unten führten. Hunderte Stimmen in meinem Kopf sagten mir, ich solle lieber hier oben bleiben, aber meine Neugier riet mir, einfach hinunter zu gehen.

 

Ich war ein Teenager und da in dem Fall nicht immer Logik und Vernunft, sondern die Neugierde diktierte, was man machte, ging ich die Treppe hinunter. Langsam und vorsichtig. Dann merkte ich auf einmal, wie meine Verbindung mit Torren plötzlich wieder da war. Ich spürte seine Unruhe, und ich spürte, wie anscheinend eine Schuld auf ihm lag.

 

„Torren?“, fragte ich und dieses Mal bemühte ich mich gar nicht, die Sachen, die ich sagen wollte, nur zu denken. Ich legte direkt los. Fragte ihn, was er sich dabei gedacht hatte, einfach mit einem Shuttle zu verschwinden. Warum er abgehauen war, ohne etwas zu sagen.

 

„Ihr hättet mich aufgehalten“, sagte er nur und da musste ich ihm eindeutig zustimmen. Natürlich hätten wir ihn aufgehalten. Natürlich hätten wir ihn nicht mit einem kleinen Shuttle mitten in einen Kampf fliegen lassen. Er wollte mir allerdings immer noch nicht sagen, was er tatsächlich vorhatte. Er war der Meinung, es wäre besser, wenn ich es erst erfahren würde, wenn er es schon gemacht habe. Selbst meine Versuche, in seinen Gedanken nach dem was er vorhatte, zu suchen, ergab rein gar nichts. Kein einziger Gedanke darüber ging ihm im Kopf herum, anscheinend hatte er die Sache gut geplant.

 

„Und warum sprichst du dann mit mir?“ Meine Frage war nicht gerade abwegig. Wenn er doch Angst hatte, dass jemand ihn aufhalten wollte, ihm diese dumme Idee, was auch immer sie war, ausreden wollte, warum dachte er, dass ich das jetzt nicht auch tun würde. Aber aus irgendeinem Grund merkte ich direkt, dass er nicht mit mir hatte reden wollen, um meine Meinung zu hören oder um mir überhaupt zu sagen, was los war. Er hatte es getan, um sich zu verabschieden. „Nein! Torren. Wag. Es. Nicht!“, sagte ich erschrocken, als ich dieses Gefühl in mir spürte. Eine Mischung aus Bedauern und unerschütterlicher Sicherheit. Er wollte mir immer noch nicht sagen was er vorhatte, aber um ehrlich zu sein, konnte ich es mir schon denken.

 

Ich wusste zwar nicht richtig, was da draußen los war, aber ich wusste, dass auch Wraith-Schiffe da waren und die sollten wenn möglich keine Chance haben, auf dem Planeten zu landen oder eine Nachricht an die anderen zu schicken. Torren war ein latenter Hybrid. Einmal im Inneren des Wraithschiffes würde er sich mit einer gewissen Portion Wut selbst in einen ziemlich überzeugenden Wraith verwandeln. Die anderen von ihnen würden ihn zu Beginn vielleicht nicht beachten und er konnte von innen beträchtlichen Schaden anrichten.

 

„Tu es nicht.“ Ich wusste, es hatte keinen Sinn, ihm Vorschriften machen zu wollen. Ich war hier auf dem Planeten, in einer Energieblase und er war höchstwahrscheinlich kurz vor dem Wraithschiff. Ich würde nichts unternehmen können, egal wie er sich entschied. Und ich wusste, es hatte auch keinen Sinn, ihn zu bitten, das abzubrechen, was er vor hatte, er würde es nicht tun.

 

„Ich kann nicht Maggie, ich muss es tun“, sagte er und auf einmal durchströmten mich Bilder. Bilder aus dem All, aus dem Cockpit, in dem Torren saß. Ich konnte das Wraithschiff sehen. Es war nicht mehr weit vom Planeten entfernt und würde bald in die Atmosphäre eindringen. Ich konnte auf dem Display erkennen, dass die Signale immer noch gestört wurden, sie konnten also keine anderen Schiffe rufen. Dann sah ich auf dem Radar, dass es noch mehr Schiffe gab, sie gehörten aber nicht zu den Wraith. Es waren seltsame, an Pyramiden erinnernde Schiffe und sie konzentrierten ihre Kraft auf die Schiffe der Novaner und auf die vier Schiffe der Erde.

 

Auch Atlantis war da und ich konnte erkennen, dass das Kraftfeld nur noch um den höchsten Turm der Stadt, den Kommandoturm, reichte. Alle anderen Bereiche der Stadt mussten ungesichert und damit dem Vakuum des Alls ausgesetzt sein. Ich sah, wie immer wieder Drohnen von Atlantis auf das Wraithschiff gefeuert wurden, aber es sah nicht gut aus.

 

Zwei Schiffe der Novaner waren schon kampfunfähig und waren nur nicht zerstört worden, weil die anderen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten. Auch die Hammond, eines unserer Schiffe, sah nicht mehr so aus, als könnte sie noch einen weiteren Treffen aushalten und sie schien in Richtung des Planeten zu fliegen. Wahrscheinlich waren Zivilisten an Bord, die man retten wollte.

 

Es sah also ziemlich schlecht aus.  Ohne ein weiteres Wort an Torren blendete ich unsere Unterhaltung aus. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich stehen geblieben war. Ich musste Kabil endlich erreichen, musste ihn finden, damit er uns gegen die Feinde half, die versuchten, uns zu vernichten oder zumindest uns zu versklaven, denn ich nahm einmal stark an, dass diese pyramidenartigen Schiffe entweder den Luzianern oder den Goa’uld gehörten.

 

Ich sah zwar immer noch so gut wie nichts, rannte nun aber den Gang hinunter und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich an den kalten Wänden einen Schimmer von Licht sehen konnte. Der modrige feuchte Geruch einer Höhle wurde immer stärker und beim Abstützen an den Wänden merkte ich, dass sie klamm waren. Ich musste mich also tatsächlich in einer Art alter Höhle befinden, vielleicht hatte man das Archiv einfach irgendwann darüber gebaut.

 

Als das Licht immer heller wurde, konnte ich erkennen, dass die Wände mittlerweile tatsächlich aus Stein gehauen waren und nicht mehr aus glattem Beton bestanden. Ich hatte es schon am Geruch und an meiner ziemlich zugesetzten Nase bemerkt, aber die Wände waren teilweise mit Schimmel bedeckt und ich zog meine Hände schnell davon zurück. Jetzt wo ich wieder etwas besser sehen konnte, brauchte ich mich auch nicht mehr an der Wand abzustützen.

 

„Du hast es also gefunden“, hörte ich auf einmal wieder eine Stimme.  Diesmal war es Kabil und er klang ziemlich nah, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte.

 

„Kabil, du musst uns helfen“, redete ich noch einmal auf ihn ein, aber es kam keine Antwort. „Was auch immer du hier zu verstecken versuchst, diejenigen, die uns hier angreifen, werden es finden und zerstören.“

 

„Das werde ich nicht zulassen.“ Sicher würde er das nicht und ich war mir sicher, dass er ziemlich lange durchhalten würde, aber ich war mir beinahe sicher, dass weder die Wraith noch die anderen einfach aufgeben würden. Sie würden wahrscheinlich den ganzen Planeten vernichten, bis sie das bekamen, was sie wollten.

 

Auf einmal wurde es noch etwas heller in den Gängen und ich konnte einen leichten Nebel an der Decke sehen, aus dem das Licht herauskam. Er hing unter der Decke wie ein Teppich, der auf dem Boden lag. Nach allem, was ich bereits wusste, was ich gesehen und gespürt hatte, musste das Kabil in seiner ursprünglichen Form sein.

 

„Kabil, ich kann das nicht mehr.“ Die Frau direkt vor mir war unheimlich hübsch, aber sie sah schon sehr alt aus. Und das war sie auch, viel älter als alles auf diesem Planeten. Die Verzweiflung in ihrem Gesicht war überwältigend und ich merkte, wie das Gefühl großer Trauer in mir aufstieg. Ich wusste, wovon sie redete und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich konnte ihr nicht helfen, konnte das, was sie sich erschaffen hatte, nicht retten, nicht, wenn ich dadurch das aufgeben musste, was ich erreicht hatte.

 

Die Tränen in ihren Augen zeigten mir, dass sie meine Entscheidung bereits geahnt hatte. Sie nickte mir nur zu, sichtlich verletzt.

 

„Wir kennen uns nun schon so viele Ewigkeiten Kabil, ich kannte deine Entscheidung bereits, bevor du sie getroffen hast. Du liebst das, was du erschaffen hast, wie ich und ich werde von dir nicht verlangen, etwas zu tun, was das, was du liebst, zerstören würde“, sagte sie und ihre Stimme war entschlossen. „Aber ich kann auch nicht einfach zusehen, wie das, was ich erschaffen habe, zerstört wird. Ich kann vielleicht nicht alles schützen, aber diesen Baum hier, den kann ich schützen“, sagte sie und legte eine Hand auf den knorrigen Stamm.

 

„Ich kann aber auch dich nicht verlieren“, sagte ich und die Trauer in mir wurde noch größer bei der Einsicht, dass meine Entscheidung zur Folge hatte, dass ich in Zukunft wahrscheinlich alleine sein würde, dass ich unter den Menschen, die wir zusammen gerettet hatten, nun alleine wandeln würde, zum ersten Mal ohne Tierra, meine ewige Begleitung.

 

„Und du wirst mich nicht verlieren. Ich werde immer hier bleiben“, sagte sie und ich merkte, wie ihre Gestalt sich langsam aufzulösen schien. Ich merkte eine letzte, liebevolle Berührung eines anderen Bewusstseins und drohte beinahe darin zu ertrinken, doch dann war es auf einmal weg, oder besser gesagt, es hatte sich verlagert, verlagert an einen Ort, wo ich es nicht mehr richtig ergreifen konnte.

 

Ich öffnete meine Augen wieder und sah, dass die Früchte des Baumes genau vor mir leuchteten und ich erkannte auf einmal, was ich getan hatte. Ich hatte meine Liebe für meine Schöpfung aufgegeben und jetzt da es geschehen war, wusste ich nicht, ob es richtig gewesen war. Tierra hatte alle Pflanzen auf diesem Planeten geliebt und versucht, sie zu schützen. Sie hatte auf die Menschen eingeredet und hatte versucht, ihren Fortschritt einzudämmen, damit sie nicht auch noch die letzten grünen Flächen hier an der Stelle zerstörten, an der wir vor so vielen Jahren in unserer neuen Form erschienen waren.

„Dieser Baum war unser Rückzugsort. Ich werde dir versprechen, dass er für immer genau an diesem Ort stehen wird. Niemand darf ihn berühren oder sich von seinen Früchten nähren“, versprach ich ihr und eine einzige Träne stahl sich aus meinem Auge. Dann sammelte ich all meine Kraft und errichtete einen Schutzwall um den leuchtenden Baum. Ich wusste, wenn jemand die Früchte des Baumes aß, würde er alles erfahren, was Tierra gewusst hatte, hätte einen Teil ihres Bewusstseins in sich und sie würde nie wieder zurückkehren können, egal wie sehr sie es wollte, sie wäre dann für alle Ewigkeit in diesem Baum gefangen.

 

„Chassah hat von dem  Baum gegessen und Adhama auch, nicht wahr?“, fragte ich Kabil dann, als die Gefühle und die Bilder aus meinem Kopf wieder verschwanden. Der Nebel an der Höhlendecke  wurde dunkler und schien weiter nach vorne zu schweben und ich folgte ihm. Anscheinend wollte er mir seine Geschichte erzählen, wollte mir erklären, warum er so um diese Sache kämpfte.

 

Als der Nebel wieder anhielt und wieder heller wurde, hielt ich mir die Hände vor den Mund. Direkt vor mir, hinter etwas, das beinahe aussah wie Glas, stand ein großer Baum. Der Stamm war dick und stark, aber der Baum sah krank aus. Manche der Blätter waren braun und die leuchtenden Früchte schienen wie von einem dunklen Schleier bedeckt.

 

„Sie stirbt“, flüsterte ich kaum hörbar.

 

„Ihr fehlt das Licht.“ Der Nebel war zum Teil verschwunden und auf einmal stand Kabil neben mir. „Das Licht und der Teil von ihr, der vor so vielen Jahren von Chassah und Adhama gestohlen wurde“, erklärte er und legte eine Hand an das Glas, das uns von dem alten Baum trennte.

 

„Du hast nur versucht, sie zu beschützen.“

 

„Ich konnte es damals nicht und deswegen ist sie in dieser Lage. Noch einmal darf es nicht passieren“, sagte er und die Trauer in seinem Gesicht war unbestreitbar. Aufgrund der Gefühle und Bilder, die er mir geschickt hatte, konnte auch ich genau fühlen, was er fühlte, immerhin hatte ich das Gefühl, Tierra genauso lange zu kennen wie er, sie genauso zu lieben wie er.

 

„Hilf mir, sie zu schützen, und ich werde euch beschützen“, sagte er und ich sah ihn fragend an.

 

„Du bist die letzte Antikerin, die letzte derer, die aus Teilen Tierras entstanden sind.“ Ich sah ihn erstaunt an. Ich verstand nicht, was er damit meinte. Dann erklärte er es mir. Die Antiker waren früher selbst nicht mehr gewesen als einfache Menschen, nicht bis Adhama und Chassah von Tierras Baum gegessen und einen Teil ihres Bewusstseins und ihres Wesens in sich aufgenommen hatten. Ein Teil von Tierra war in die beiden übergegangen und hatte sie verändert, so wie das Antikergen mich verändert hatte.

 

„Kabil, wenn die Wraith oder die Luzianer Tierra finden, werden sie die restlichen Früchte plündern. Die Wraith werden sie wahrscheinlich einfach zerstören, die Luzianer werden sie essen, um dieselbe Macht zu erhalten wie die Antiker.“

 

„Hilf mir, sie zu retten, dann rette ich euch“, sagte er nur bestimmt.

 

„Wie sollte ich dir helfen können? Ich habe nicht einmal ansatzweise so viel Kraft wir du“, sagte ich. Doch dann erklärte er es mir. Ich verstand es nicht direkt beim ersten Mal, aber anscheinend war ein Teil von Tierra in jedem Antiker, der je gelebt hat, es war der Teil, der die Antiker so außergewöhnlich gemacht hatte. Der Teil, der sie von den Menschen unterschied. Das bedeutete, dass auch in mir ein Teil von Tierra lebte und laut Kabil war ich ihr so ähnlich, dass er hoffte, dass der Teil in mir groß genug war, um sie retten zu können, wenn sie ans Licht kam.

 

„Einige der Menschen, die wir hergebracht haben, haben das Antikergen“, erwähnte ich. „Vielleicht steckt in jedem von ihnen ein Bruchteil von Tierra, vielleicht könnten wir sie so noch mehr stärken.“ Natürlich sagte ich das nicht vollkommen uneigennützig, denn immerhin würde Kabil uns alle retten müssen, wenn er wollte, dass unsere Teile von Tierra nicht unwiederbringlich verschwanden.

 

Dann öffnete sich eine der gläsernen Wände um den Baum und Kabil sah mich an. Er warnte mich, ich sollte nichts tun, das den Tod meines Volkes nach sich ziehen würde. Ich nickte ihm zu, das hatte ich sicherlich nicht vor. Auch ich wollte Tierra retten, denn ich fand es schrecklich, dass sie in diesem Baum zu sterben drohte. „Leg deine Hand auf den Stamm, den Rest mache ich“, sagte Kabil und kurz nachdem ich genau das gemacht hatte, merkte ich, wie alles schwarz wurde und meine Beine nachgaben.

 

 

 

  Fortsetzung folgt …

 

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