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Kapitel 47

 

Adhama und Chassah

 

 

 

In den nächsten Tagen beschäftigte ich mich zusammen mit Daniel beinahe ausschließlich mit der Datenbank der Antiker und wir fanden noch einiges mehr über Adam und Eva heraus. Sie waren nicht die einzigen auf diesem Expeditionsschiff gewesen, sie waren mit einer Crew von insgesamt 100 Antikern hier aufgebrochen, mit einem Schiff, das der Destiny nicht gerade unähnlich war.

 

Es gab sogar Video-Aufzeichnungen vom Start des Schiffes, das seltsamerweise den Namen Lileth trug. Doch was mich bei dieser Aufzeichnung wunderte, war, dass kaum jemand dort war, um die Crew zu verabschieden, dass es niemanden zu interessieren schien, ob das Schiff abflog oder nicht. Irgendetwas musste vorgefallen sein, dass niemand sie verabschiedete. Auch Daniel war dieser Umstand aufgefallen und natürlich konnten wir das nicht einfach unbeobachtet lassen.

 

Doch als wir nach Gründen dafür suchten, kamen wir nicht weiter. Es gab einfach keine Informationen darüber, beinahe so, als habe sie jemand gelöscht, als habe jemand alle Aufzeichnungen, oder zumindest viele der Aufzeichnungen, die zu dem Abflug der Lileth geführt hatten, vernichtet. Natürlich meldete ich das sofort Dave, doch auch er schien nichts an der Tatsache ändern zu können, dass die Daten unwiederbringlich verschwunden waren.

 

„Irgendetwas stinkt da zum Himmel“, bemerkte Torren in meinem Kopf, anscheinend hatte er gerade mal wieder nichts zu tun, auch wenn er gesagt bekommen hatte, er solle herausfinden, wie viele Kinder es nun auf Gan Eden gab, und wie viele von ihnen in einem Alter waren, dass sie schulische Bildung gebrauchen könnten, also von 5 – 20 Jahren. Ich vermutete jedoch, dass er einfach lieber mitbekam, was bei uns vor sich ging, als sich wirklich mit seiner eigenen Aufgabe zu beschäftigen.

 

„Solltest du nicht besser Kinder suchen?“

 

„Peaches, siehst du das denn nicht? Alles ist noch da, alle Informationen aus der Zeit, in der die Antiker hier gelebt haben, existieren noch, nur diese nicht? Warum sollte das jemand gelöscht haben? Da muss irgendetwas passiert sein“, sagte er und ich spürte sogar, dass er etwas besorgt war.

 

„Torren, das geht uns wirklich nichts an. Eine Expedition verlässt nun einmal irgendwann den Planeten und nicht immer sind alle damit einverstanden.“

 

„Das war keine Expedition“, hörte ich auf einmal Daniel murmeln und ich drehte mich erstaunt zu ihm um. „Wir haben es falsch übersetzt. Es muss heißen, verstoßen, nicht verlassen.“ Und auf einmal schien sein Kopf förmlich zu rauchen. Er redete etwas von der Erbsünde, von der Vertreibung aus dem Paradies. Das erste Mal in meinem Leben fühlte ich mich schlecht, weil ich die Bibel kaum kannte, weil ich nicht wirklich wusste, wovon Daniel da sprach. Ich wusste, dass Adam und Eva von Gott aus dem Paradies geworfen worden waren, weil sie eine verbotene Frucht gegessen hatten, mehr aber auch nicht. Oh, und natürlich, dass wir Frauen daher angeblich unsere Tage bekamen und Schmerzen bei der Geburt empfinden sollten.

 

„Aber warum wurden sie verstoßen? Was haben sie gemacht?“, fragte ich etwas irritiert. Daniel zuckte jedoch nur mit den Schultern, denn das war ja genau das, was in den Aufzeichnungen fehlte.

 

„Vielleicht dürfen wir hier suchen …“, es war ein vollkommen abwegiger Gedanke, das wusste ich, aber ich hatte so lange daran geglaubt, dass alles in der Bibel vollkommen ausgedacht war, dass ich jetzt, da ich wusste, dass es nicht stimmte, begann, mir die Frage zu stellen, ob nicht alles in einem gewissen Sinne wahr war. Vielleicht hatten wir die Antwort immer genau vor der Nase gehabt, hatten sie aber nicht gesehen, oder nicht sehen wollen.

 

„Diese bildliche Sprache ist etwas schwer zu verstehen“, warnte Daniel mich vor, nachdem er tatsächlich in einer unserer eigenen Datenbanken eine Kopie der Bibel gefunden hatte. Bereits die ersten Zeilen kamen mit ziemlich seltsam vor und ich bereute es nicht, die Bibel niemals wirklich gelesen zu haben. Diese Sprache war tatsächlich ziemlich schwer zu verstehen und, um ehrlich zu sein, hatte ich keine große Lust darauf. Dennoch war Daniel der Meinung, dass wir hier vielleicht einen Hinweis finden konnten.

 

Er las den Abschnitt über Adam und Eva etliche Male, aber mehr als das, was wir bereits wussten, fand er auch nicht heraus. Die Schlange hatte Eva dazu überredet, eine von den Früchten vom Baum der Erkenntnis zu essen, und Eva hatte es getan und danach Adam auch etwas davon angeboten. Die beiden hatten davon gegessen und damit ein Wissen erlangt, das sie eigentlich nicht hätten erlangen sollen. Da Gott ihnen verboten hatte, davon zu essen, bestrafte er sie und schickte sie fort.

 

Was wir nun wussten, war, dass sie mit einem Schiff weggeflogen waren, und dass sie anscheinend nicht alleine aufgebrochen waren, und vor allem, dass nicht nur eine Person sie weggeschickt hatte, sondern dass es ein ganzes Volk gewesen sein musste.

 

„Der Baum der Erkenntnis steht zusammen mit dem Baum des Lebens im Zentrum vom Garten Eden …“, überlegte Daniel laut. Das hier war ein Planet, ein rundes Objekt. Hier gab es kein Zentrum … zumindest nicht auf der Oberfläche … „Wenn einzelne Andeutungen in der Bibel stimmen, dann muss es hier auch etwas wie diesen Baum der Erkenntnis geben. Es muss sich unter der Oberfläche befinden“, schlussfolgerte nun auch Daniel und ich wusste nicht, ob mir gefiel, was sich in unseren beiden Köpfen gerade ausbreitete. Selbst wenn es hier irgendetwas gab, das dem Baum der Erkenntnis gleichkommen würde, es war sicherlich nicht gut, ihn zu finden. Adhama und Chassah waren, wenn die Geschichte in diesem Punkt mit der Überlieferung übereinstimmte, verbannt worden, weil sie ihn gefunden hatten. Warum sollte das mit uns nicht auch passieren? Und wir hatten sicherlich keinen Ort, an den wir fliehen konnten.

 

„Magret, ich glaube, ich habe hier etwas gefunden“, informierte mich Dave dann nach einiger Zeit, in der er aktiv irgendwo in den Archiven gesucht hatte. Daniel und ich gingen direkt zu einer der Konsolen und sahen, dass ein Video darauf wartete, abgespielt zu werden.

 

„Das ist die Aufnahme eines fliegenden Auges“, wunderte Daniel sich, als die Aufzeichnung begann.

 

Wir sind angekommen“, sagte eine männliche Stimme. „Die Konditionen auf diesem Planeten sind gut, es gibt Vieh, Pflanzen und Wasser. Selbst eine frühe Evolutionsstufe unserer Rasse ist vorhanden.“ Dann kam der Mann ins Blickfeld. Er war vielleicht 20 Jahre alt und sah, das musste ich gestehen, ziemlich gut aus. Er hatte einen leichten Dreitagebart, wenn man das so nennen konnte und seine mittellangen, dunkelbraunen Haare waren leicht gelockt. Hinter ihm war weites Feld zu sehen, das in Nebel gehüllt war, noch nichts störte den Ausblick auf die unendliche Weite des Planeten. „Wir nennen diesen Planeten Terra, denn davon gibt es hier im Überfluss. Wir werden unsere Felder bestellen können und überleben.“  Es war also eindeutig die Erde, auf der sie gelandet waren, zumindest hatten sie dem Planeten denselben Namen gegeben, den er immer noch hatte. Wir Menschen stammten also tatsächlich von den Antikern ab, hier war der tatsächliche Beweis. „Chassah erwartet ein Kind und es wird das erste sein, dass hier auf Terra geboren werden wird. Wir sind sicher, dass es ein Sohn werden wird und wollen ihn nach seinem Großvater benennen, Kabil.“

 

Dann wurde das Bild unterbrochen und als es wieder begann, zeigte es eine junge, wunderhübsche Frau mit blonden Haaren, wie sie unter Schmerzen ein Kind gebar. Eine weitere Frau sorgte dafür, dass alles gut verlief und es sah so aus, als würde die Technik des Schiffes, mit dem sie auf die Erde gekommen waren, zumindest teilweise noch funktionieren. Was ich mich jedoch fragte, war, wie diese Aufnahmen hierher gelangt waren oder warum man sie hergeschickt hatte, immerhin waren Adhama und Chassah mit ihren Leuten doch verstoßen worden. Warum interessierte es sie dann, dass die anderen wussten, was auf der Erde passierte?

 

„Sagt meinem Vater, dass wir nichts Böses wollten, sagt ihm, dass es richtig war, den Baum zu beschützen, es ist zu gefährlich“, fügte Adhama noch hinzu, doch dann brach die Übertragung ab und dieses Mal war es kein Fehler. Ein uns bisher unbekanntes Hologramm erschien direkt vor uns. Es war ein älterer Mann und er sah nicht gerade freundlich aus.

 

„Ihr solltet jetzt gehen“, sagte er bestimmt, doch weder Daniel noch ich machten Anstalten, aufzustehen. Als wir ihn fragten, warum er die Aufzeichnung angehalten hatte, wiederholte er seine Worte nur noch energischer. Ich wunderte mich, dass er auch gegen mich so reagieren konnte, immerhin sollte ich doch die Gewalt über die Hologramme haben, doch anscheinend nicht über dieses.

 

„Daniel, ich glaube, er hat Recht, wir sollten gehen“, flüsterte ich ihm zu und ich hoffte wirklich, dass er erkannte, was ich ihm zwischen den Zeilen damit sagen wollte. Wenn ich keine Macht gegenüber diesem Hologramm hatte, war es besser, zu gehen, weil ich keine Ahnung hatte, was es sonst machen könnte. Es musste eine Art Schutzmechanismus sein, der diesen Baum, oder was auch immer es tatsächlich war, beschützte. Aber eines war klar: Es gab diesen Baum und Adhama und Chassah waren genau deswegen verbannt worden, genau wie es in der Bibel gestanden hatte. Und Adhama hatte gesagt, dass dieser Baum gefährlich war, was auch immer das bedeuten sollte. War es vielleicht eine Waffe? Etwas, das man lieber nicht sehen sollte, weil die Macht, die es hat, zu groß ist, um sie zu handeln?

 

„Wir haben eine Nachricht von Atlantis bekommen“, vernahm ich dann Torrens Stimme in meinem Kopf und schlug daraufhin sofort den Weg zurück zu den Wohngebäuden neben dem Landungssee ein. Natürlich wollte ich direkt wissen, was los war. Aber alleine dass Atlantis sich meldete, war schon ein gutes Zeichen, zumindest sagte mir mein Bauchgefühl das. Ich war mir sicher, dass sie mittlerweile schon längst mit den Wraith zusammengestoßen sein mussten, und dass sie nur Bescheid sagen wollten, dass sie sich auf den Rückweg machten. Vielleicht hatten sie ja sogar noch einige Menschen von der Erde retten können, auch wenn das mittlerweile ziemlich unwahrscheinlich war. Diejenigen, die nur leichte Strahlenverletzungen hatten, würden zwar noch leben, doch sie würden niemals unter uns wohnen können.

 

In dem Raum, den wir als eine Art Versammlungsraum umfunktioniert hatten, warteten auch schon die anderen auf uns, anscheinend wollten sie die Nachricht nicht ohne uns abspielen, was ich sehr nett fand. Die Nachricht kam von General O’Neill und war eher kurz. Die Wraith hatten nicht geschlagen werden können, hatten sich aber aufgrund ihrer Verluste aber erst einmal zurückgezogen. Die Erde sei mittlerweile beinahe unbewohnt. Die Überlebenden waren anscheinend von der Luzianer Allianz gekidnappt worden und nur wenige konnten befreit werden. Atlantis konnte in der Milchstraße nichts mehr ausrichten und machte sich in wenigen Stunden auf den Weg in die Andromeda Galaxie, gefolgt von einigen Schiffen anderer Völker, die sich ebenfalls in die neue Galaxie retten wollten.

 

Wahrscheinlich war es das Beste. Es würde nicht lange dauern, bis die Drohnen herausfanden, wohin die Wraith geflohen waren und sie verfolgen würden. Dann würden diese schrecklichen Maschinen auch in der Milchstraße ihr Unwesen treiben und es war das Beste, nicht in ihrem Weg zu stehen. Wenn wir, wie auch in Pegasus, vor einem Kontakt mit ihnen abhauten, dann würden sie uns nicht folgen können und wir waren hier in der Andromeda Galaxie sicher.

 

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