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Kapitel 46

 

Ankunft in der neuen Heimat

 

 

 

Die Tria war das schnellste Schiff der zusammengewürfelten Flotte aus Novaner-, Antiker- und Erden-Schiffen, wobei die Novaner-Schiffe eindeutig überwogen. Der Vorteil daran, das schnellere Schiff zu haben, war, dass man vor allen anderen an einem bestimmten Ort war und in einer kurzen Unterredung hatten mir Woolsey und O’Neill gesagt, warum genau das so wichtig war.

 

Ich war, zumindest für diese Hologramme, die letzte Antikerin, die letzte der Art, die sie erschaffen hatten und wahrscheinlich würden sie nur dem folgen, was ich ihnen sagte. Ich würde, so nahmen sie es an, in der Lage sein, diese ganzen Hologramme zu befehligen und was auch immer ich ihnen sagte, sie würden es tun.

 

In dieser Hinsicht unterschieden sich unsere Ansichten allerdings. Weder Woolsey noch O’Neill hatten die Hologramme jemals tatsächlich gesehen oder mit ihnen interagiert. Ich hatte jedoch in der kurzen Zeit, in der ich mit den anderen auf Gan Eden gewesen war, anderes festgestellt. Die Hologramme waren zu eigenständigen individuellen Entscheidungen fähig. Außerdem wusste ich genau, was O’Neill und Woolsey damit bezwecken wollten. Sie wollten, dass die Hologramme auf sie und damit mehr oder weniger auf die ehemalige amerikanische Regierung und das Militär hörten und ich war mir noch nicht ganz sicher, ob das wirklich die beste Lösung war.

 

Eigentlich hätte ich dem Militär und der Regierung der Amerikaner etwas mehr Vertrauen schenken sollen, immerhin war mein Vater ein Teil davon, doch ich hatte mir in den letzten Jahren von Deutschland aus auch meine eigene Meinung gebildet, was das alles anging und die war nicht so aufgeschlossen. Alles, was ich von Amerika mitbekommen hatte, bis ich selbst dorthin gekommen war, hatte nur so von Selbstüberschätzung gestrotzt.

 

Und dennoch würde ich den Rat, den mir die beiden Männer mitgaben, beherzigen. Ich war vielleicht nicht so einverstanden mit dem, was sie manchmal taten, aber immerhin kannte ich die Meinungen und Vorgehensweisen von den Leuten, die auf Atlantis gelebt hatten. Und auch wenn ich, wie Woolsey es sich sicherlich gewünscht hätte, den Senator von Illinois, einen der wenigen amerikanischen Abgeordneten, die gerettet werden konnten, nicht als entscheidende Kraft einsetzte, ging ich zumindest einigermaßen auf das ein, was die beiden gewollt hatten, jemanden, der die Lage kannte, jemanden, der eine Ahnung hatte, was nun alles passieren würde.

 

Doch leider fiel mir dabei nicht nur ein einziger ein, sondern mehrere und ich erinnerte mich an eine Serie, die meine Mutter mal gesehen hatte. Dort hatten sich viele Planeten zu einem Interstellaren Rat zusammengeschlossen, den sie die ‚Föderation der Planeten‘ nannten und jedes Volk hatte ein Mitspracherecht.

 

„Und? Bereit?“ Ich zuckte leicht zusammen, ich hatte Torren gar nicht kommen hören. In den letzten Tagen unserer Reise hierher hatten wir beiden viel Zeit miteinander verbracht, hatten über das geredet, was in der Vergangenheit passiert war. Über den Tod seines Vaters, über meine Mutter und über Sachen, die passiert waren, lange bevor einer von uns geboren worden war. Torren wusste viel mehr über das Stargate und was es damit auf sich hatte, als er wahrscheinlich vor allen anderen hätte zugeben wollen. Er erzählte mir von den Missionen von SG-1, also den Generals O’Neill, Teal’c, Daniel, Mitchell und Vala, und auch von den Missionen meines Vaters und seines Teams. Er war damit aufgewachsen, dass einige der mutigsten Menschen zweier Galaxien immer für ihn da waren, sich immer um ihn kümmerten.

 

„Ich weiß nicht. Wahrscheinlich werde ich einige Probleme verursachen“, sagte ich unsicher und zuckte mit den Schultern. Torren lächelte nur schief und fragte belustigt, wann ich mal keine Probleme verursachte.  Doch bevor ich ihm eine geistreiche Antwort hätte geben können, bremste die Tria auch schon ab und Gan Eden tauchte vor uns auf.

 

Das einzige, was dieses Mal anders war als zuvor, war, dass wir die Stadt mit unseren Scannern erkennen konnten. Das erste Mal war sie uns erst aufgefallen, nachdem wir zu den Koordinaten geflogen waren, die man uns gegeben hatte. Ich sah einige ungläubige Blicke auf der Brücke, als manche von ihnen den Planeten zum ersten Mal sahen.

 

„Die Winter werden etwas härter sein als auf der Erde, aber die Lebensbedingungen sind optimal“, informierte einer der Techniker verblüfft. Anscheinend hatte er bis jetzt nicht geglaubt, dass wir tatsächlich einen neuen Planeten finden würden. Ich wusste, sobald wir in Reichweite der Sensoren von Gan Eden waren, würden die Hologramme Kontakt zu uns aufnehmen und ich hoffte wirklich, dass Dave wieder diese Aufgabe hatte.

 

Und tatsächlich, wenige Sekunden später erhielten wir nicht nur ein Audiosignal, sondern das Hologramm von Dave stand sogar auf der Brücke der Tria. Natürlich waren einige des zurückgebliebenen Militärpersonals, eine kleine Gruppe, um die Zivilisten zu beschützen, erst einmal ziemlich beunruhigt gewesen und hatten ihre Waffen erhoben, ich hatte sie aber glücklicherweise davon überzeugen können, dass Dave sicherlich nichts Böses wollte.

 

„Wir sind die ersten, mehr sind unterwegs“, erklärte ich ihm und zeigte ihm auf einer der Konsolen unsere Flottenstärke. Er war sichtlich beeindruckt, anscheinend hatte er nicht mit so vielen gerechnet, aber er hatte es mir angeboten und würde nun nicht mehr ablehnen.

 

„Die großen Schiffe müssen auf den Ebenen vor der Stadt landen, dafür haben wir in unseren Hangars keinen Platz, aber ich werde dafür sorgen, dass Transporter bereit stehen, die die Menschen in die Stadt bringen werden. Gibt es bevorzugte Wohngebiete?“

 

„Es gibt einige von uns, die neben dem Landungssee wohnen möchten“, erklärte ich und Dave nickte, sah mich jedoch fragend an. Der Landungssee war einige Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt und lag eher außerhalb. „Wenn alles gut geht, werden in einigen Wochen noch einige Schiffe nachkommen, inklusive dem Stadtschiff Atlantis. Da die Stadt dann dort zu Wasser gehen würde, würden einige von uns gerne dort wohnen, inklusive mir.“ Meine Stimme klang so endgültig, dass das Hologramm gar keine Widerrede geben konnte, auch wenn er das sicherlich gerne getan hätte.

 

Da der Landungssee für die Landung eines Schiffes ausgebaut worden war, gab es direkt am Ufer auch eine große Steuerzentrale, von der aus sich vieles steuern lassen konnte. Ich wies Dave also an, die Hauptkontrollen bis auf weiteres dorthin zu verlegen und erst einmal nur auf Befehle zu folgen, die entweder direkt von mir stammten oder meinen Segen hatten. Es war seltsam, solche Entscheidungen zu treffen, aber ich hatte Hilfe dabei. Auch wenn weder mein Vater, noch Woolsey oder die O’Neills da waren, um mir bei Entscheidungen zu helfen, so waren die anderen, Jennifer, Cassandra, Daniel, mehr als hilfreich, wenn es um gute Ratschläge ging, sicherlich würden wir in der Anfangszeit gemeinsam einen Weg finden, um den Start für alle so angenehm wie möglich zu machen.

 

Wenn dann in fünf Wochen die anderen wiederkämen, und davon musste ich einfach ausgehen, um nicht aufzugeben, dann würden die Würfel neu geworfen werden und ich würde diese Bürde vielleicht ablegen können.

 

Es dauerte nicht lange, da wünschte ich mir schon, nicht die einzige Antikerin in diesem ganzen Haufen zu sein. Hier waren so viele Menschen, warum konnte nicht einer von ihnen ähnlich gepolt sein wie ich? Aber anscheinend waren die Chancen, dass zwei wie meine Eltern sich fanden und dann auch noch ein Kind zusammen bekamen, deutlich geringer als die Chance, den Jackpot in einem Glücksspiel zu gewinnen.

 

Das Schwierigste war jedoch, die einzelnen Gruppen im Zaum zu halten, die sich bildeten. Es gab die Politiker, die der Meinung waren, dass ich wirklich die Letzte sein sollte, die irgendetwas zu entscheiden hatte. Wahrscheinlich hatten sie auch Recht damit, denn ich fühlte mich selbst nicht imstande dazu, aber dennoch war es nicht an ihnen, das zu entscheiden. Immerhin hatte ich mich nicht in diese Position gedrängt.

 

Dann waren da noch die Futuraner und die Novaner, eigentlich ein Volk, das vom selben Planeten stammte, aber zwei Meinungen vertrat. Die einen hielten Rush für ihren Erlöser und waren der Meinung, dass nur unter seiner Führung alle wieder eins werden konnten, die Novaner waren da schon eher auf eine Demokratie gepolt und wollten, dass einige ausgewählte des Volkes mitbestimmten konnten, was wiederum die Menschen von der Erde nicht so toll fanden.

 

Viele von ihnen hatten mitbekommen, dass die Novaner von einer Gruppe von Menschen aus unserer Zeit abstammten und in ihren Augen sollten die Novaner eine Stufe tiefer stehen als die Menschen von der Erde, denn ohne sie gäbe es die Novaner nicht. Natürlich war das alles andere als realistisch und außer dieser kleinen Minderheit war auch niemand der Meinung, dass man diese Menschen anders behandeln sollte als alle anderen.

 

Am Ende hatten wir uns entschlossen, einzelne Viertel der Stadt so einzurichten, dass die jeweiligen Gruppen dort getrennt voneinander leben konnten. Ebenso hatte ich mithilfe der Hologramme dafür gesorgt, dass es nur wenige Punkte gab, an denen man die grundlegende Technologie der Stadt manipulieren oder missbrauchen konnte. Es gab nun Kontrollcenter, zu denen einige der zurückgebliebenen Techniker von Atlantis und der Destiny abkommandiert waren. Zum Glück hatten wir hierfür eine gute Begründung: Keiner der anderen kannte sich mit der Technologie der Antiker so gut aus. Natürlich, die Novaner hatten auch einige Ahnung davon, aber immer noch nicht so viel wie wir.

 

Ich musste sehr häufig in das nächstgelegene Kontrollcenter gehen, einfach um immer wieder Befehle zu aktualisieren, denn im Moment änderten sich die Dinge in dieser Stadt täglich. Immer wieder erreichte mich die Nachricht, dass einige Leute sich andere Unterkünfte gesucht hatten, dass neue Teile der Stadt mit Energie versorgt werden mussten und andere von der Energie wieder getrennt werden sollten. Ebenso arbeiteten unsere Techniker, in Zusammenarbeit mit den Hologrammen, erpicht daran, eine Verbindung zu unseren Schiffen in der Milchstraße herzustellen, was selbst mit der uns zur Verfügung stehenden Energie nicht gerade einfach war.

 

Abends kehrte ich dann meistens ziemlich kraftlos in unsere kleine Wohnung, Quartier konnte man das wohl hier nun nicht mehr nennen, zurück, in der Philipp, Sara und Torren schon auf mich warteten. Während ich ständigen, mentalen Kontakt zu Torren hielt und er mir immer wieder Ratschläge, Tipps oder aber auch einfach die nötige Ruhe gab, um mit den Erwachsenen klar zu kommen, waren Sara und Philipp meistens vollkommen ahnungslos, was wir machten und wie unsere Fortschritte aussahen.

 

Drei Wochen nach unserer Ankunft auf Gan Eden hatte ich ihnen jedoch erstaunliche Neuigkeiten zu erzählen. „Wir haben etwas entdeckt“, leitete ich meine Ausführungen ein, als wir alle zusammen beim Abendessen saßen. Die anderen hörten direkt auf und sahen mich gespannt an, nur Torren lächelte wissend vor sich hin. „Daniel und ich sind heute zusammen wieder ein Stück weiter gekommen wegen der Datenbanken. Wir haben Adam und Eva gefunden“, sagte ich und während Philipp mich mit großen Augen ansah, schien Sara eher ahnungslos zu sein. Natürlich, sie kannte die Legende von Adam und Eva nicht. Ihr Volk war immer noch der Meinung, die Goa’uld hätten sie erschaffen, um sie zu versklaven. Dass auch die Jaffa einmal Menschen gewesen waren, das hatten sie in den Jahrtausenden der Versklavung vergessen.

 

„Sie hießen Adhama und Chassah“, erklärte ich.

 

„Und sind sie tatsächlich nackt rumgelaufen?“, fragte Philipp leicht amüsiert über seine eigene Frage. Ich rollte jedoch nur mit den Augen. So etwas konnte auch nur einen Jungen interessieren.

 

„Nein, sind sie nicht. Aber in der Datenbank steht, warum sie Gan Eden verlassen haben“, erwiderte ich und war meinerseits über das leicht enttäuschte Gesicht amüsiert, das Philipp nun hatte. Anscheinend hatte der die Vorstellung von zwei nackt herumlaufenden Antikern ziemlich lustig gefunden. „Sie waren beide Teil einer Expedition, der ersten Expedition, die diese Galaxie verlassen sollte. Adhama war der Kommandant, Chassah seine Stellvertreterin, sie waren führende Forscher in ihrer damaligen Zivilisation.“ Mehr wussten wir noch nicht, denn so aufregend diese neue Information auch für Daniel und mich gewesen war, wir waren beide der Meinung, dass wir noch genug Zeit hatten, um alles herauszufinden und dass wir nichts übereilen mussten.

 

„Okay, damit wäre geklärt, woher die Namen kommen, aber was ist mit dem Baum der Erkenntnis?“, fragte nun Philipp und ich sah ihn nur schulterzuckend an. Darüber wusste ich noch nichts, aber natürlich schwirrte diese Frage auch in meinem Kopf herum. Wenn es Adam und Eva tatsächlich gegeben hatte, was an dieser Geschichte war dann noch alles wahr? Lag tatsächlich in jedem bisschen Religion auch etwas vollkommen Wahres? Waren die Wahrheiten durch den Lauf der Zeit nur so weit verdreht worden, dass man erst die Wahrheit sehen musste, um alles zu verstehen?

 

Es war mir nun beinahe peinlich, nie an ein Wort geglaubt zu haben, das in der Bibel stand. Meine Mutter hatte mir immer beigebracht, nur an das zu glauben, was ich mit meinen Sinnen erkennen konnte, und dazu hatte die Religion nie gehört. Ich hatte niemals an einen Gott geglaubt, und auch wenn ich das immer noch nicht tat, zumindest nicht in dem Sinne, wie es Christen eigentlich taten, war ich mir doch mittlerweile sicher, dass in jeder der biblischen Geschichten auch ein Stück verdrehte und verschleierte Wahrheit stand.

 

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