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Kapitel 44

 

Happy Birthday

 

 

 


Ich konnte meine Tränen nicht abstellen, als ich einige Tage nach unserer Rückkehr in die Pegasus-Galaxie alle Sachen, die ich mittlerweile hier angesammelt hatte, Bilder von meinen Freunden und meinem Vater, zusammen mit den Sachen von meiner Mutter wieder in Kisten packte.

Es war nur ein kleiner Trost, dass zumindest meine Freunde bei mir sein würden. Nachdem ich der Evakuierung zugestimmt hatte, hatten mich alle gebeten, meinen Freunden nichts davon zu erzählen, sie nicht unnötig zu beunruhigen. Ich sollte ihnen einfach nur erzählen, dass Gan Eden sicherer war als Atlantis und das man nicht wollte, dass wir in Gefahr gerieten, während die anderen in die Milchstraße flogen. Und wahrscheinlich war das tatsächlich das Beste. Auch Torren, der ja über meine Gedanken diese ganze Diskussion mitbekommen hatte, war der Meinung, es den anderen nicht zu sagen. Zumindest Sara und John würden nur wieder auf dumme Gedanken kommen und das war sicherlich nicht das was irgendjemand jetzt gebrauchen konnte. Also beließen wir es für sie bei dem offensichtlichen: Die Wraith waren in die Milchstraße geflogen, um sich an den Menschen für die Niederlage zu rächen und während Atlantis und die Kampfschiffe der Novaner den Wraith noch einen gewaltigen Arschtritt verliehen, würden wir uns schon einmal auf den Weg in eine neue Heimat machen.

Joey und Madisson schienen sich bereits ziemlich schnell mit dieser Tatsache abgefunden zu haben, auch wenn sie sich genauso viel Angst um die machten, die in den Kampf ziehen würden wie wir. Doch sie hatten auch das Glück, mindestens ein Elternteil mit nach Gan Eden nehmen zu können, Madi sogar beide. Mrs. Miller war zwar genauso intelligent wie ihr Bruder Rodney, aber sie hatte eine Tochter und würde bei diesem Kampf nicht gebraucht werden und ihr Mann war ein einfacher Zivilist. Auch Jennifer würde uns auf unserer Reise nach Gan Eden begleiten. Es gab genug Ärzte, die die Verwundeten bei der Schlacht versorgen konnten, so konnten beinahe alle weiblichen Ärzte mit uns nach Gan Eden fliegen, auch Kevins Mutter.

Es gab nur vier von uns, die niemanden von ihrer Familie bei sich hatten, wenn sie nach Gan Eden reisen würden und das waren Torren, Sara, Philipp und ich. Teyla hatte darauf bestanden im Kampf gegen die Wraith an der Seite meines Vaters zu stehen, wie sie es immer getan hatte und Torren hatte sie nicht aufgehalten. Und ich war dankbar dafür. Wenn Teyla dabei war, wusste ich, dass wenigstens einer auf meinen Vater aufpasste, und mein Vater würde sicherlich auch auf Teyla aufpassen.

„Hey, Maggie, bist du da?“, hörte ich auf einmal wieder Torrens Stimme in meinem Kopf. Während der Zeit in der anderen Galaxie war die Verbindung abgebrochen, wahrscheinlich durch die große Entfernung, aber sobald ich ihn auf Atlantis wiedergesehen hatte, bestand sie wieder und wir konnten uns wieder heimlich unterhalten. Das war natürlich ein großer Vorteil, wenn man bedachte, dass wir einiges geheim zu halten hatten.

Nachdem wir uns auf Atlantis wiedergesehen hatten, hatten wir uns noch einmal alleine in der Hangarbucht getroffen und hatten uns ausgesprochen. Weder Torren noch ich hatten wirklich das Wort Liebe ausgesprochen, aber irgendwie wussten wir wohl beide, dass uns etwas verband, etwas, das stärker als Freundschaft war. Ich merkte es alleine dadurch, dass ich mich in seiner Nähe vollkommen anders fühlte als zum Beispiel bei Kevin oder den anderen. Selbst John erschien mir nicht mehr so interessant. Es war schon seltsam, was zwischen zwei Menschen passierte, die zusammen so etwas durchgemacht hatten wie wir beide.

„Ja, ich bin da. Ich möchte aber gerade nicht reden“, antwortete ich ihm und hoffte, dass er es nicht persönlich nahm. Ich war einfach gerade nicht in der Stimmung dazu, ich wollte alleine sein.

“Später?“, fragte er vorsichtig und ich stimmte ihm nickend zu, bevor sein Bewusstsein aus meinem Kopf verschwand.

„Happy Birthday“, hörte ich dann auf einmal leise und vorsichtig hinter mir. Ich war immer noch dabei, meine Sachen zu packen, saß aber mittlerweile niedergeschlagen auf meinem Bett. Ich lachte kurz verzweifelt auf. Das war wirklich Ironie des Schicksals, dass ich an dem ersten Geburtstag, den ich mit meinem Vater feiern konnte, wieder von ihm weggerissen wurde. Ich drehte mich nicht zu ihm um. Ich war sauer auf ihn und er wusste das. Ich war sauer, weil es seine Idee gewesen war, die mich von hier weg brachte, weil er mich einfach wegschickte. Doch im Gegensatz zu früher, wo ich ihm noch gezeigt hatte, dass ich ihn hasste, setzte er sich dieses Mal einfach neben mich auf mein Bett.

„Ich möchte nicht mit dir reden“, sagte ich wenig überzeugend.

„Ich möchte aber mit dir reden.“

„Ich bin wütend.“ Leider kam das mit meinem ziemlich verweinten Gesicht und dem Schluchzer, den ich einfach nicht unterdrücken konnte, nicht wirklich so rüber, wie ich es gerne gewollt hätte.

„Ich weiß, Kleine“, sagte er und legte seinen Arm so um meine Schulter, dass ich ihn nicht abschütteln konnte. „Mir gefällt das auch nicht, glaub mir“, sagte er ruhig, aber ich konnte ihm das einfach nicht glauben, immerhin war es seine Idee gewesen, die uns nun in diese Lage brachte. „Maggie, ich möchte einfach nur, dass du in Sicherheit bist. Dafür, dass wir uns erst vor einiger Zeit gefunden haben, habe ich dich schon viel zu oft wieder verloren. Das möchte ich nicht. Wenn ich in diesen Kampf ziehe, dann muss ich wissen dass du an einem sicheren Ort bist, dass du auf mich wartest, wenn ich nach Hause komme“, sagte er und die Dringlichkeit in seinem Gesicht stach in mein Herz wie tausend Messer. Ich wusste, er hatte Recht, ich wusste, dass er seine Arbeit nicht machen konnte, solange ich in Gefahr war, und dennoch wollte ich ihn nicht alleine lassen.

„Ich habe Angst um dich“, flüsterte ich tonlos und er zog mich näher an sich heran. Er versicherte mir, dass ihm nichts passieren würde, dass er immer den Weg zu mir finden würde, aber in seinem Gesicht sah ich, dass auch er Angst hatte. Wenn es um seinen Job ging, konnte immer etwas schief laufen. „Als … als wir mit der Tria zurück kamen … ich habe gedacht, Atlantis sei vernichtet worden.“ Mein Vater wollte mich in meinem Redefluss stoppen, in dem er beruhigende Geräusche machte, aber dieses Mal wollte ich das nicht. Dieser Moment war der richtige, um ihm zu sagen, was ich ihm schon eine Weile hatte sagen wollen. Wenn ich es jetzt nicht tat, dann hatte ich vielleicht jede Chance verpasst und er würde es nie wissen.

„Ich will dich nicht auch noch verlieren, Dad“, sagte ich also und ich merkte, wie er mich noch fester an sich drückte. „Ich schaffe das hier nicht ohne dich. Ich … ich brauche dich“, wieder flossen die Tränen meine Wangen hinunter. Meine Mom hatte mich hierher gebracht, damit ich ihn kennenlernte, damit er mich beschützen würde und als ich das endlich akzeptiert hatte, wurden wir immer und immer wieder auseinandergerissen.

„Ich komme zurück, Maggie. Das ist ein Versprechen. Ich werde dich nicht alleine lassen. Aber ich muss gehen.“

„Ja, ich weiß. Das ist das, was Helden immer machen“, sagte ich leise. Es war die Wahrheit. Ich wusste, dass er gehen musste, hatte es in dem Moment gewusst, als er die Idee zum ersten Mal ausgesprochen hatte, und dennoch tat es weh.

„Ich hab dir einen Kuchen mitgebracht“, sagte er dann und seine Stimme bat mich förmlich, nicht weiter über das heikle Thema zu sprechen.  Ich nickte nur und drehte mich um. Auf meinem Schreibtisch stand tatsächlich ein Kuchen, in dem eine Kerze steckte.

„Ich bin jetzt siebzehn, Dad“, informierte ich ihn, als ich die einzelne Kerze beobachtete.

„Dennoch ist es unser erster Geburtstag zusammen. Warte noch sechzehn Jahre, dann hast du deine siebzehn Kerzen auf dem Kuchen“, lächelte er. Wir trugen den Kuchen zusammen in die Küche, die unsere Quartiere miteinander verband und setzten uns auf die Anrichte. Dann schnitt er jedem von uns ein kleines Stück von dem Kuchen ab und wir brauchten unheimlich viel Zeit, bis wir dieses eine Stück gegessen hatten. Es blieb unausgesprochen, aber wir beide wussten, dass ich nach diesem Stück Kuchen zurück auf die Tria musste, ohne ihn.

„Hier, das ist dein Geschenk. Ich weiß, es ist nichts Besonderes. Teyla hat mir dabei geholfen“, druckste er etwas herum, während er mir die kleine Schachtel gab. Ich betrachtete sie zuerst. Sie war in Stoff eingepackt anstatt in Geschenkpapier, aber das war ja hier auch ziemlich schwer zu besorgen. In dem Stoff verbarg sich ein kleiner, ziemlich fein gearbeiteter Schmuckkasten. Er war mit kleinen Schnitzereien verziert und der Verschluss war ein kleines Schloss. Der Schlüssel dazu lag unter dem kleinen Kästchen.

„Was ist das?“, fragte ich meinen Vater etwas erstaunt, als ich den Deckel öffnete und eine Kette und einen Ring darin sah. Der Ring war ziemlich dünn und silbern, einfach gearbeitet, ohne viel drum herum. Auch die Kette war eher schlicht, ein einziger eingefasster Stein befand sich daran.

„Der Ring gehörte mir. Die Kette habe ich deiner Mutter geschenkt, zu unserer Hochzeit“, sagte er und ich sah ihn mit großen Augen an. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nirgendwo etwas davon gelesen hatte, dass die beiden verheiratet gewesen waren. Ihr Status auf allen Berichten und Meldungen war „verwitwet“ gewesen.

„Es war nicht offiziell. Wir haben es heimlich getan, ohne dass jemand dabei gewesen ist. Noch nicht einmal Teyla, Rodney oder Ronon wissen davon“, erklärte er und er flüsterte beinahe. „Es war kurz nachdem wir wieder von der Erde zurück kamen. Die Asuraner hatten gerade die Besatzung der Tria ermordet, die noch auf Atlantis gewesen war und es hatte mal wieder ziemlich schlecht für uns ausgesehen. Deine Mutter und ich dachten, es sei der beste Zeitpunkt. Wir sind aufs Festland in eine der alten Antikerruinen gegangen und haben uns dort gegenseitig unsere Gelübde gegeben. Neun Monate später war sie verschwunden und du bist auf der Erde zur Welt gekommen.“

„Sie hat ihr Gelübde gebrochen“, flüsterte ich leise. Ich kannte meine Mutter so nicht. Wenn sie mir etwas versprochen hatte, dann hatte sie es immer eingehalten, egal, was es sie kostete, warum hatte sie das dann nicht bei meinem Vater gemacht? Warum war sie weggegangen und hatte unsere Familie zerrissen?

„Ja, das hat sie. Weil sie auch eine Heldin war, Maggie. Sie hat ihr eigenes Glück hinter deines und das aller anderen gestellt. Sie konnte nicht riskieren, glücklich zu sein, wenn sie damit dich und vielleicht zwei Galaxien in Gefahr gebracht hätte.“ Genau in diesem Moment bemerkte ich, dass mein Vater sie immer noch liebte und vermisste, in diesem Moment, in dem er eine Entschuldigung suchte, warum sie gegangen war, weil er nicht glauben wollte, dass sie ihn einfach so verlassen hatte. Vielleicht war das auch eine Möglichkeit für mich über sie zu denken. Dass sie einfach nicht anders konnte, dass sie unsere kleine Familie hatte zerstören müssen, um viele andere Familien damit zu retten. Und nachdem was mit Michael passiert war, hatte sie auch versucht, mich damit zu retten.

„Ja, das war sie“, sagte ich also und mein Vater nahm mich noch einmal in den Arm. Dann legte er mir vorsichtig die Kette um den Hals und ich betrachtete sie noch einmal. Sie war wirklich schlicht, aber da sie meiner Mutter gehört hatte, war sie für mich viel schöner und wertvoller als für jeden anderen auf der Welt.

„Warum habt ihr nicht richtig geheiratet?“

„Ich weiß es nicht. Es schien nie der richtige Zeitpunkt zu sein, um ein Fest zu feiern. Wir sind damals nur von einer Katastrophe in die nächste gerutscht.“

„Also so wie jetzt?“ Ich sah ihn einen Moment an, ich hatte versucht, etwas sarkastisch zu sein und hoffte, dass es ihn zumindest ein wenig zum Lächeln brachte. Es war mein Geburtstag, ich wollte nicht, dass er sich schlecht fühlte. Und er lächelte tatsächlich. Dann sprachen wir darüber, wie ich meine letzten Geburtstage verbracht hatte und ich versuchte, ihm alles zu erzählen, an das ich mich erinnern konnte. Wie Mom einmal mit mir und meinen Freunden in ein Erlebnisbad gefahren war und wir dort meinen ganzen Geburtstag verbracht hatten, wie nur sie und ich in einen Freizeitpark gegangen waren und sie auf jede Attraktion gegangen war, auf die ich hatte gehen wollen, egal wie übel oder schwindelig ihr dabei auch wurde.

Dann war die ruhige Zeit mit meinem Vater jedoch zu Ende, denn es klingelte an unserer Tür. Es waren Kevin und seine Mutter, die mich abholen wollten. Keiner von beiden sagte auch nur ein Wort wegen meines Geburtstags, anscheinend fanden sie den Moment eher unpassend.

„Bleib anständig und mach ja unser neues Schiff nicht kaputt“, versuchte mein Vater dann zum Abschied zu scherzen. Ich nickte nur. Es war jetzt besser, ihn nicht noch einmal zu umarmen, denn wahrscheinlich hätte ich ihn dann nicht mehr losgelassen.

 

 

 

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