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Kapitel 4

 

Der Anfang vom Ende

 

 

 

Das Zimmer in das sie mich brachten war mehr zweckmäßig als schön. Nicht nur, dass es die gleichen grauen Betonwände hatte wie die Gänge draußen, nein das Bett war ungemütlich, das Badezimmer viel zu klein und von Badewannen hatten sie anscheinend auch noch nichts gehört, geschweige denn von einem Fernseher.

 

„Falls du nicht schlafen kannst, ich habe hier was zum Lesen für dich.“, sagte die weibliche General O’Neill noch zu mir und legte mir einige Mappen auf den kleinen Tisch der in der Nähe der Tür lag. „Ich werde der Soldatin die bei dir Wache steht sagen, sie soll dir noch was zu essen bringen lassen.“, fügte sie hinzu als sie schon halb durch die Tür war. Ich winkte aber nur ab. Etwas zu essen war das letzte was ich nun haben wollte.

 

Als ich dann endlich alleine in dieser Zelle, denn Zimmer oder Quartier konnte man es wirklich nicht nennen, war setzte ich mich seufzend auf das kleine Bett, das den halben Raum einnahm. Es war hart wie ein Brett, aber das störte mich nicht weiter. Ich würde sowieso kein Auge zu tun, das hatte ich schon seit einer Woche nicht mehr. In der Stille der Nacht, wenn man nichts hatte um sich abzulenken, wenn man alleine war, da kroch alles hoch was man unter Tag so sehr versuchte zu verdrängen. In jedem Schatten sah man etwas das einem Angst einflößte und gerade in dieser fremden Umgebung brachte mich jedes noch so harmlose Geräusch dazu zusammen zu zucken.

 

Ich setzte mich auf das Bett, die Beine mit den Armen umschlungen, den Kopf auf die Knie gestützt. Was hätte ich nun dafür gegeben meine Mutter hier bei mir zu haben? Selbst wenn sie nicht genau hier in diesem Zimmer gewesen wäre sondern nur in einem anderen Raum. Ich fühlte mich wieder wie damals, als ich das erste Mal bei Kevin übernachtet hatte. Ich war gerade einmal 7 Jahre alt gewesen und meine Mutter war sich nicht sicher gewesen, ob ich schon alt genug dafür war wo anders als zu Hause zu schlafen. Nicht weil Kevin ein Junge war und ich ein Mädchen, daran dachte damals noch niemand, sondern weil ich wenn ich Angst gehabt hatte immer noch Nachts in das Bett meiner Mutter geschlüpft war.

 

In dieser ersten Nacht hatte ich auch nicht geschlafen und jedes Geräusch hatte mich erschreckt. Mitten in der Nacht hatte mich meine Mutter dann abholen müssen weil ich nur noch geweint hatte. Ich hatte es ohne die Sicherheit, dass sie mich vor allem was mir Angst machte beschützen konnte, nicht ausgehalten. Und jetzt? Jetzt gab es die Möglichkeit, dass sie mich abholte nicht mehr. Ich konnte nicht einfach mit einem Telefon die Nummer meiner Mutter wählen, sie würde nicht ans Telefon gehen. Wieder spürte ich das leichte Stechen unter meinen Augen und merkte wie mein Hals anzuschwellen schien. Alles fiel mir schwer Atmen, Sehen, Denken. Ich merkte gar nicht wie ich begann langsam hin und her zu wippen. Ich versuchte mich selbst mit diesen Wiegebewegungen unbewusst zu beruhigen.

 

Ich weiß nicht wie lange ich so dagesessen hatte, aber nach einer Weile schien ich doch leicht eingenickt zu sein. Was aber nicht gerade gut war. Ich sah wieder die Bilder vor mir. Sah das Monster das meine Mutter getötet hatte wie er mit einem schelmischen Grinsen erst sie tötete und dann mich jagte. Ich konnte ihm nicht entkommen, nicht in meinem Traum. Doch immer bevor er mich vollkommen einholte schreckte ich auf, schweiß gebadet, meine Augen vollkommen verklebt. Dabei war es natürlich nicht Hilfreich, dass ich diesmal in einer vollkommen ungewohnten Umgebung aufwachte. Es war dunkel und stickig und ich hatte das Gefühl die Wände würden auf einmal auf mich zukommen. Ich rannte also einfach nach draußen, vorbei an der Wache die, mich rufend, hinter mir her lief. Es interessierte mich nicht, dass sie eine Waffe trug, ich hatte es auch gar nicht gesehen. Ich lief einfach weiter. Doch meine panische Flucht dauerte nicht lange an. Ich war kaum um die nächste Ecke gebogen da lief ich auch schon in jemanden hinein. Ich landete bäuchlings auf dem Boden und schlug mir dabei so heftig die Nase an, dass ich merkte, wie mir das Blut langsam hinunter lief.

 

„Alles okay?“ fragte mich eine leicht irritierte Stimme und dann hörte ich auch schon die schnellen Schritte meiner Verfolgerin.

 

„Sie ist einfach aus ihrem Zimmer gerannt. Ich habe nicht damit gerechnet, Sir.“, schnaufte die Soldatin.

 

„Schon okay, Sergeant. Wir bringen sie auf die Krankenstation.“ Ich hatte noch nicht aufgesehen, es war mir mehr als peinlich in meinem Pyjama und blutender Nase auf dem Boden einer Militäreinrichtung zu liegen. Erst nachdem ich auf dem kalten Boden aufgeprallt war, war ich wieder zu Verstand gekommen und meine Panik war verschwunden. Der Stimme zufolge war es wohl Daniel den ich umgelaufen hatte. Als er mir aufhalf merkte ich jedoch, dass er nicht alleine war. Bei ihm waren Teal’c, ein anderer Mann den ich nicht kannte und eine Frau mit schwarzen Haaren, deren Bekanntschaft ich auch noch nicht gemacht hatte.

 

„Warum bist du weg gelaufen MagretLindbruch?“, fragte Teal’c mit eine hochgezogenen Augenbraue. Auf den Boden blickend murmelte ich ein leises und wahrscheinlich ziemlich unverständliches Albtraum. Erst jetzt bemerkte ich, dass die vier Personen alle Waffen bei sich trugen. Außerdem prangte eine kleine Platzwunde auf dem Kopf von Daniel. Jetzt war ich mir sicher, der Mann war kein einfacher Dolmetscher. Wahrscheinlich war er auch ein Soldat wie alle anderen hier und die Geschichte die mein Vater sich ausgedacht hatte flog langsam auf.

 

„Was ist passiert?“, fragte ich und zeigte auf die Platzwunde. Vielleicht hatte ich diese Gruppe nun überrascht und sie würden mir endlich die Wahrheit sagen und nicht das was mein Vater ihnen sicherlich gesagt hatte mir zu erzählen.

 

„Na ja, die Luzianer Allianz war nicht gerade erfreut uns auf M2K-987 vorzutreffen. Wahrscheinlich hatten die gehofft die Leute vor uns zu erreichen und ihnen das Naquadah einfach durch Erpressung zu nehmen.“, plapperte die schwarzhaarige Frau vor sich hin während wir weiter gingen. Daniel stieß sie einmal sanft an und sie sah ihn Schulter zuckend an. Sie hatte anscheinend irgendetwas falsch gemacht und wusste, genauso wenig wie ich, was es gewesen war. Um ehrlich zu sein war mir diese Frau direkt sympathisch. Sie hatte etwas an sich, das mir sagte, dass sie sicherlich ziemlich freundlich und lustig war. Sie sah so aus, als konnte man mit ihr Spaß haben.

 

„Aber keine Angst, wir haben es diesen möchtegern Systemlords gehörig gezeigt. Die werden sich nicht mehr in die Nähe dieses Systems begeben.“, führte sie weiter aus und Daniel zog sie einen Moment zur Seite, während Teal’c und der andere Mann mich weiter nach vorne schoben.

 

„Sie weiß noch nichts vom Gate! Sie weiß nicht wovon du redest und wir waren uns alle einig, dass es am besten ist, wenn Sheppard ihr das erzählt.“

 

„Aber sie hat doch gefragt!“ protestierte die Frau und es sah beinahe aus als würde ein Vater mit seiner Tochter streiten. Sie war eindeutig noch ziemlich kindisch für ihr Alter und ich schätzte sie auf Ende 40. Aber ich konnte auch sehen, dass sich die beiden ziemlich nahe standen, denn Daniel hatte eine Hand auf den Arm der Frau gelegt um sie zu beruhigen.

 

„Keine Sorge. Die beiden sind immer so. Ich bin übrigens Cameron. Und die Prinzessin da hinten ist Vala, Jackson‘s Frau“ Ich sah ihn erstaunt an. Im ersten Moment fragte ich mich wer denn nun Jackson sei, aber dann dachte ich mir, dass das wahrscheinlich Daniels Nachname sein musste, ich erinnerte mich ein „Pass auf Jackson!“ gehört zu haben bevor ich in Daniel gerannt war. Als wir dann in den Lift stiegen, um in die Krankenstation zu fahren ging ein Alarm los. Die Tür des Lifts schloss sich noch und ich merkte auch noch wie er losfuhr, aber mitten drin stoppte er und das Licht fiel aus. Cameron, oder Cam wie er mich bat ihn zu nennen, versuchte noch einige Knöpfe zu drücken, aber der Lift reagiere nicht mehr. Ich sah die besorgten Blicke die zwischen den Männern hin und her gingen. Offensichtlich versuchten sie ohne Worte miteinander zu kommunizieren, wahrscheinlich um mir keine Angst zu machen. Aber ich wusste aus Filmen und Dokumentationen, dass es nie gut war wenn ein Alarm ertönte und dann der Strom ausfiel.

 

Andererseits könnte das auch nur wieder eine Masche meines Vaters sein. Vielleicht hatte er das alles geplant, damit er so tun konnte, als habe er mich gerettet, dass ich deswegen meine Wut auf ihn vergessen würde. Da konnte er lange warten. Aber die sorgenvolle Blicke der anderen waren schon sehr eindrucksvoll, sie mussten ziemlich gute Schauspieler sein. Dann öffneten Teal’c und Cam den Lift. Keiner war auf den Gängen zu sehen.

 

„Wir sollten in mein Büro gehen und von da aus Sam anrufen, fragen was los ist.“, schlug Daniel vor und die anderen nickten zustimmend. Dann gingen sie vorsichtig weiter. Mir viel auf, dass sie auf einmal die Waffen die sie vorher lose herunter hängen hatten nun auf Anschlag hatten, bereit zu feuern wenn es gefährlich wurde. Sie kreisten mich förmlich ein, damit mir nichts passieren würde während wir den Gang entlang gingen.

 

Als wir dann in Daniels Büro ankamen staunte ich nicht schlecht. Es sah eher aus wie im Lagerraum eines Museums als wie in einem Büro. Das einzige was wirklich an ein Büro erinnerte war der kleine Schreibtisch mit dem PC in der hintersten Ecke des Raumes. Auf dem Schreibtisch stand auch ein Telefon das Daniel sofort abnahm und eine Taste drückte. Doch anscheinend war nichts zu hören.

 

„Können wir von hier nicht auf das Hauptsystem zugreifen?“, fragte Cam und sah Daniel über die Schulter hinweg an während er und Teal’c die Tür zu sichern schienen. Dann hörte man auf einmal Schritte von draußen. Cam bedeutete uns allen ruhig zu sein. Ich wollte ihnen schon sagen, dass das mehr als lächerlich war, als Vala mir die Hand vor den Mund hielt.

 

Ich merkte dass ihre Hand etwas feucht war und sie zitterte. Ich blieb also still. Richtiges Zittern konnte man nicht spielen, man konnte es nicht beeinflussen, zumindest nicht soweit ich wusste. Es musste also wirklich irgendetwas Ungeplantes passieren. Teal’c und Cam gingen einige Schritte von der Tür weg in Deckung, ihre Waffen nun bereits feuerbereit. Auch Daniel und Vala richteten irgendetwas auf die Tür, doch solche Waffen hatte ich noch nie gesehen. Vala nahm ihre Hand wieder von meinem Mund und deutete mir, mich unter dem Schreibtisch zu verstecken. Anscheinend ahnten sie nichts Gutes.

 

Ich wollte erst nicht, als ich aber sie lies mir keine andere Wahl in dem sie mich einfach darunter drückte. „Was auch immer gleich passiert, du rührst dich nicht von der Stelle und gibst keinen Mucks von dir, junge Dame.“, sagte sie und die Art in der sie den Satz beendet hatte passte irgendwie nicht zu ihr, aber ich nickte dennoch.

 

„John! Was geht hier vor sich?“, hörte ich die Stimme von Cam fragen als auf einmal etwas an der Tür vorbei huschte. Ich konnte durch den kleinen Schlitz in dem Schreibtisch nicht wirklich sehen was hier vor sich ging. Aber ich hörte wie die Schritte wieder zurückkamen.

 

„Die Wraith. Sie müssen nach mir durchgekommen sein. Sie haben es irgendwie geschafft einfach durch die Iris zu kommen.“ Ich brauchte nichts erkennen um zu merken wie die Anspannung im Raum gerade noch mal um 200 % gestiegen war. Was auch immer dieses Wraith bedeutete, es war eindeutig nichts Gutes. „Ich muss weiter. Ich muss Isabells Tochter in Sicherheit bringen.“, sagte er, aber bevor noch jemand der anderen Antworten konnte hörte ich auf einmal ein komisches Geräusch und ich erkannte durch meinen Schlitz ein helles Licht das gegen die Tür prallte. Sofort begannen Cam und Teal’c zu schießen. Ich merkte wie Vala näher an den Schreibtisch rückte, wahrscheinlich um mich Schützen zu können, und es machte mir Angst. Das hier kam mir mittlerweile alles andere vor als ein Spaß den sich mein Vater ausgedacht hatte um mir zu imponieren.

 

„Was ist mit Sam und General O’Neill?“, hörte ich Cam fragen während er anscheinend weitere Angreifer abzuwehren schien.

 

„Sie sind im Kontrollraum verschanzt. Sobald die Wraith durch waren haben sie den Gesamten Stützpunkt lahm gelegt. Ich muss unbedingt zu Ebene 25 gelangen.“ Hörte ich eine Stimme, nun weiter im Raum. Die Geräusche der abgefeuerten Maschinengewehre schmerzten in meinen Ohren und die Anspannung die herrschte machte mich schier verrückt. Ich merkte wie ich ebenfalls begann zu zittern. Tränen rannen meine Augen hinunter. Ich geriet wieder in Panik. Doch diesmal war es anders. Diesmal konnte ich mich nicht mehr bewegen. Ich saß einfach nur da, die Arme um meine Beine gewickelt und hoffte, dass alles bald vorbei war.

 

„Sie ist hier John, bei uns. Sie ist unter dem Schreibtisch.“, rief ihm Daniel zu, aber ich nahm es gar nicht richtig wahr.

 

„Wir müssen sie hier weg bringen! Die Wraith haben bereits Ebene 28 und 27 eingenommen.“ Und dann griff eine Hand nach mir und ich schrie einen Moment auf. Auch wenn ich wusste, dass es Vala war, war ich so angespannt und in Panik, dass mich wahrscheinlich jede noch so kleine Bewegung erschreckt hätte.

 

„Wir geben euch Rückendeckung.“, sagte Cam während er und Teal’c immer noch feuernd aus der Tür gingen. Dann zog Vala mich einfach mit sich auf dem Raum raus. Es blieb mir keine Zeit darauf zu achten wohin wir genau liefen. Ich vergas sogar, dass ich hier mit meinem Pyjama durch die Gegend lief. Dann kamen uns einige Leute entgegen. Einige von ihnen waren Soldaten, vollkommen bewaffnet. Als ich ihnen über meine Schulter hinterher sah, sah ich wie auf einmal einige seltsame Gestalten um die Ecke gerannt kamen. Ihre Haut war leicht bläulich, zumindest soweit ich das in diesem schlechten Licht erkennen konnte. Ihr gesamtes Gesicht war von einer Art Maske bedeckt, aber die hatte keine Schlitze. Weder für Augen, noch für die Nase. Ihre Haare waren lang und beinahe durchsichtig und sie schienen überdurchschnittlich stark zu sein, denn sie schleuderten einige Männer einfach so durch die Gegend.

 

Und dann sah ich etwas, das meinen Körper dazu brachte den Notausknopf zu betätigen und mich in eine Ohnmacht zu ziehen. Einer dieser seltsamen Krieger rammte seine Hand gegen die Brust eines Soldaten. Der Soldat riss schmerzerfüllt seinen Kopf hoch, sein Blick war von Schrecken erfüllt und auf einmal fiel sein Gesicht zusammen. Es sah aus als würde er in Sekunden von einem Mann Mitte 20 zu einem Mann von 100 Jahren altern. Als dann weder Fleisch noch Muskeln von ihm übrig waren und die Haut nur noch auf den Knochen lag wurde alles Schwarz.

 

 

 

 

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