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Kapitel 36

 

Securor

 

 

Das Schiff der Antiker war riesig, in der Länge wahrscheinlich fast so groß wie Atlantis selbst und wir kamen nicht direkt an einer Stelle aus, an der man sich einfach zurechtfinden konnte. Es dauerte in der Tat einige Zeit, bis wir überhaupt einen Anhaltspunkt fanden, wo im Schiff wir uns ungefähr befanden. Dabei war es unser Glück, dass die generelle Bauart sehr nah an die von Atlantis angelehnt war und es Transporter mit Lageplänen gab. Die Brücke war geschätzte 10 Ebenen über uns und der Hangar drei Ebenen unter uns und ein ganzes Stück weiter außen.

„Philipp hat den Jumper gelöst und versucht vorsichtig zum Eingang des Hangars zu manövrieren. Er wird dort angekommen sein, wenn wir ankommen.“

„Hoffen wir nur, dass wir ihn dann auch öffnen können“, fügte ich hinzu und Torren sah mich mit einem strafenden Blick an. Nachdem wir die Luftschleuse verlassen hatten, konnten wir auch unsere Anzüge ausziehen, wir hatten sie einfach an einem der Transporter liegen lassen, die von Ebene zu Ebene gingen. Ich war froh, mich wieder frei bewegen zu können, doch der Gedanke, dass wir vielleicht aus Versehen wieder eine Luftschleuse öffnen würden und wir dann keine Anzüge hätten, machte mich doch etwas unruhig. Torren hingegen vertraute ganz darauf, dass wir das schon irgendwie hinbekommen würden.

Ich wünschte mir wirklich, sein Vertrauen in sich selbst zu haben, denn das hatte ich eindeutig nicht. Ich erwartete immer, dass irgendetwas, in das ich involviert war, schief lief und meistens war das auch der Fall. Vor allem nach dem was letztes Mal passiert war, als wir nicht auf das gehört hatten, was unsere Eltern uns gesagt hatten. Aber es blieb uns ja auch keine andere Wahl, wenn wir sie je wieder sehen wollten.

„Okay, zum Hangar müsste es jetzt einfach den Gang runter sein, zumindest, wenn ich das eben richtig verstanden habe“, sagte ich und klang dabei unsicherer, als ich eigentlich wollte. Mein Vater wäre wahrscheinlich ziemlich selbstsicher durch diesen Gang gegangen in dem Wissen, dass es einfach stimmen musste. Ich aber hinterfragte immer und immer wieder, ob ich auch wirklich jedes Wort auf antikisch richtig verstanden hatte. Ich war einfach noch nicht daran gewöhnt, eine fremde Sprache einfach so zu können, die Antworten einfach in meinem Kopf zu haben, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben.

Bevor ich jedoch stehen bleiben konnte, um noch unsicherer zu werden, zog mich Torren einfach hinter sich her. Er hatte Recht, dafür hatten wir keine Zeit und so lief ich bald wieder eigenständig hinter ihm her, meine Hand ließ er dennoch nicht los. Kurz darauf tauchte die große Tür des Hangars vor uns auf. Sie sah genauso aus wie auf Atlantis und meine Hoffnung stieg, dass wir zumindest den Jumper sicher an Bord holen konnten. Die Kontrollkonsolen auf Atlantis hatte ich zwar nie wirklich anfassen dürfen, nachdem man herausgefunden hatte, was ich konnte, aber ich hatte Simulationen durchgeführt und wusste zumindest in der Theorie, wie sie funktionierten. Torren konnte mir hingegen kein bisschen dabei helfen, da er das Wraith-Gen hatte, und wir hatten wahrscheinlich schon Glück, dass das Schiff ihn nicht als Eindringling sah und etwas gegen ihn unternahm.

„Phil, ich öffne jetzt gleich die Tore, das Schild wird aktiv bleiben, du musst eure Schilde genau an die Frequenz anpassen, die ich dir gleich schicke, sonst klappt es nicht.“ Auf dem Monitor sah ich den Jumper schon gelb umrandet vor dem Tor warten. Daneben standen einige Daten und ich ahnte, dass das die Schild-Frequenzen waren. Über das Kommunikationssystem konnte ich dann die Daten an den Jumper schicken und als ich die Tore öffnete, hielt ich gespannt den Atem an, ob ich auch wirklich das Richtige getan hatte. Der Jumper wartete tatsächlich bereits direkt vor dem Tor, doch auf meinem Monitor war er immer noch gelb. Anscheinend hatten die anderen einige Probleme die Schilde anzupassen.

„Torren, du bleibst hier, ich werde auf die Brücke gehen und versuchen, unsere Schildfrequenz anzupassen“, sagte ich und kontaktierte dann Philipp, dass er genau da bleiben sollte, wo er war, was für ihn nicht ganz so einfach war, wie es sich aus meinem Mund anhörte. Die Tria bewegte sich kontinuierlich weiter nach vorne und immer wieder musste Philipp den Kurs anpassen, um nicht mit den Schilden des Kampfschiffes zu kollidieren.

Ich rannte so schnell ich konnte zurück zu dem Transporter und das war schon ziemlich anstrengend für mich, hatte doch die Zeit in diesem Anzug meine Kräfte eigentlich komplett verbraucht. Aber anscheinend hatte ich noch einige Reserven für Momente wie diese. Im Transporter angekommen, musste ich erst einmal durchschnaufen und ich merkte, wie mir leicht schwindelig wurde. Ich verfluchte mich, dass ich nicht mehr Sport machte, dann wäre mir das Ganze sicherlich etwas leichter gefallen. Als sich die Tür des Transporters wieder öffnete, stand ich bereits direkt vor der Brücke und konnte von hier aus ins All sehen. Vor uns erkannte ich in einiger Entfernung die Sonne des Systems, in dem sich Atlantis befand, aber wir waren eindeutig ziemlich weit davon entfernt. Ohne den Hyperantrieb des Jumpers wären wir sicherlich erst gar nicht hier angekommen.

Im ersten Moment war ich etwas überfordert von dem, was ich auf dieser Brücke sah, aber dafür war jetzt keine Zeit. Ich musste mich jetzt zusammenreißen, bevor Philipp die Konzentration verlor und den Jumper nicht mehr richtig fliegen konnte. Ich ging also zur erstbesten Konsole, doch leider war das genau die Falsche. Glücklicherweise bemerkte ich das, bevor ich etwas gedrückt hatte, denn die Konsole, die ich aktiviert hatte, war für den Antrieb zuständig und das letzte, was wir jetzt gebrauchen konnten, war, dass die Tria beschleunigte oder langsamer wurde.

Die nächste Konsole war da schon etwas nützlicher. Es war zwar immer noch nicht das, was ich suchte, aber es war eine Kommunikationskonsole und so konnte ich zumindest erst einmal eine direkte Verbindung zu Philipp aufbauen. Auch wenn ich ihn nicht richtig verstehen konnte, konnte er doch zumindest mich verstehen. Dann machte ich mich auf die Suche nach der wirklich richtigen Konsole und nach einigen nervenaufreibenden Momenten fand ich sie endlich. Philipp hatte schon einmal beinahe das Schild des Hangars berührt und ein Zusammenstoß hatte nur verhindert werden können, in dem ich die Geschwindigkeit des Schiffes doch ein klein wenig drosselte. So konnten wir auch die Geschwindigkeit bestimmen und Philipp endlich einen stabilen Kurs fliegen.

Wenn es so weit war und ich die Schilde angepasst hatte, dann musste er einfach nur ein kleines bisschen langsamer werden und er würde von der Tria sozusagen verschluckt werden. Der erste Versuch, die Schilde zu verändern, ging jedoch ziemlich kräftig in die Hose und ich hätte beinahe Torren ins Weltall hinausgeschleudert, wenn die Tria nicht die Hangartore geschlossen hätte, bevor ich überhaupt mit der Rekonfiguration der Schilde begonnen hatte. Erst beim dritten Versuch bekam ich dann von ihm die Nachricht, dass nun beide Grafiken auf dem Monitor grün leuchteten, die Tore nun wieder offen waren. Ich drosselte die Geschwindigkeit der Tria noch etwas mehr und konnte von meiner Position aus gut zusehen, wie Philipp mit dem Jumper langsam ins Innere der Tria glitt.

„Okay, sie sind an Bord, die Tore sind wieder geschlossen. Wir kommen jetzt hoch“, informierte mich Torren und ich stützte mich erleichtert auf der Kommunikationskonsole ab. Während ich also auf die anderen wartete und auf die Konsole starrte, bemerkte ich etwas. Ein kleines Licht blinkte immer wieder auf, obwohl ich nichts mehr an dieser Konsole machte. Ich besah mir also auch die anderen Konsolen und auf einigen von ihnen blinkte es ebenfalls.

Gerade als die anderen hereinkamen, sprang auf einmal ein Schiff aus dem Hyperraum direkt vor uns. Der Alarm der Tria ging los, denn es war klar, dass wir mit diesem Schiff kollidieren würden, wenn die Triebwerke nicht umgehend gestoppt wurden. Bevor ich also auf die ziemlich geschockten Blicke der anderen reagieren konnte, schrie ich zumindest Philipp und Simon Befehle zu, was sie an welcher Konsole zu tun hatten. Ich wusste, die beide konnten schon ziemlich gut Antikisch und würden das meiste verstehen, was das Schiff sagte.

„Die Triebwerke lassen sich nicht vollständig drosseln!“, schrie er und ich merkte, dass meine Ohren anscheinend langsam wieder funktionierten, zumindest hatte ich wirklich verstanden, was er gesagt hatte und nicht nur undefinierbares Blubbern gehört. Ich sah, wie Simon Philipp packte und ihn mit sich von der Brücke zog. Ich hoffte wirklich inständig, dass die beiden versuchen würden, das Schiff aufzuhalten. An Philipps Stelle stellte sich nun John an die Antriebskonsole, doch er schien damit nicht besser voran zu kommen.

„Dann stell einen Rückschub ein!“, schrie ich ihn an. Egal was wir machten, die Tria durfte nicht mehr weiter fliegen. Dann blinkte wieder ein Licht an meiner Station und ich drückte darauf.

„Kommandant Stark vom Novaner-Raumschiff Securor ruft das Antikerschiff Tria. Wir haben Ihren Notruf erhalten.“ Ich war ziemlich verwundert, als ich bemerkte, dass mein Gegenüber gerade in antikisch gesprochen hatte. Andererseits mussten sie ja davon ausgehen, dass sich Antiker auf diesen Schiff befanden. Aber ich wusste nicht, was ich antworten sollte, immerhin hatte ich sicherlich keinen Notruf gesendet. „Tria, wir erkennen nur 10 Lebenszeichen an Bord. Wenn Sie Hilfe benötigen, antworten Sie uns.“

Ich wusste nicht, ob ich das wirklich tun wollte. Dieses Schiff konnte uns genauso gut feindlich gesinnt sein, zumindest, wenn sie hörten, dass wir von Atlantis kamen. Vor allem war es gefährlich, weil dieses Schiff weitaus größer war als die Tria, zumindest sah es so aus und auch Lebenszeichen wurden auf diesem Schiff deutlich mehr angezeigt als 10.

„Hier spricht John, vom Antikerschiff Tria“, meldete sich auf einmal John zu Wort und wir alle sahen ihn entsetzt an. „Wir haben deutliche Schäden durch einen Angriff der Wraith. Unser Hyperantrieb wurde beschädigt und wir können nur noch mit unseren Sublichttriebwerken fliegen.“ Es war einige Zeit still und ich fragte mich, was nun wohl vor sich ging. Keiner von uns traute sich noch etwas zu sagen. Dann merkten wir alle eine Erschütterung und ich dachte schon, wir seien beschossen worden, doch anscheinend hatten Simon und Philipp es geschafft, die Triebwerke komplett auszuschalten und wir hatten einfach nur eine Art Vollbremsung gemacht.

„Tria, wir schicken ein Team zu Ihnen, dass Ihnen bei eventuellen Reparaturen helfen kann. Wir würden uns sehr freuen, einige von Ihnen so lange bei uns willkommen zu heißen“, sagte die Stimme von Kommandant Stark und wir sahen uns skeptisch an. Sie schickten ein Team hier her und wir sollen zu ihnen? Das war sicherlich eine List, um an die Tria zu kommen, immerhin war es ein Schiff der Antiker und war wahrscheinlich voll von Informationen und Technik, die sich jeder wünschte. Während wir also darauf warteten, dass dieses Team eintraf, das uns bei den Reparaturen helfen sollte, beschlossen wir, dass Torren, Sara, Joey, Melena und Madison auf das anderen Schiff gehen würden, damit es nicht so aussah, als würden wir etwas im Schilde führen. Ich würde mit den Jungs hier bleiben und die Reparaturen überwachen, damit wir wussten, dass die anderen nichts im Schilde führten.

Torren war zwar nicht sonderlich erfreut über die Idee mit den Mädchen auf das andere Schiff zu gehen, doch unsere mentale Verbindung würde uns im Notfall den entscheidenden Vorteil geben. Torren sollte sich etwas auf dem anderen Schiff umsehen, sollte herausfinden, ob man diesen Leuten trauen konnte, ob man sie vielleicht dazu bringen konnte mit nach Atlantis zu fliegen, um es zu retten. Außerdem konnte er hier sowieso nicht viel machen. Die meisten Systeme waren nur auf das Antikergen beschränkt und das hatte Torren nun einmal nicht und würde es auch niemals haben.

Mehr oder weniger angespannt standen wir dann einige Minuten später im Hangar des Antikerschiffes und beobachteten, wie das fremde Shuttle langsam immer näher zu uns kam. Die Schilde hatten wir im Vorfeld bereits aufeinander abgestimmt und so würde dieses Manöver eindeutig einfacher sein, als es mit unserem Jumper gewesen war. Das Shuttle des Schiffes sah ziemlich alt und mitgenommen aus, als würde es schon eine ziemlich lange Zeit im Einsatz sein. Als das Shuttle dann endlich auf dem Boden aufgesetzt hatte, sah ich bereits durch die Fenster, dass die Insassen eindeutig nicht 10 Kinder auf diesem Schiff erwartet hatten.

Der erste, der aus dem Shuttle trat, war ein Mann im Alter meines Vaters, zumindest nahm ich das an. Er hatte ein ziemlich finster aussehendes Gesicht und lächelte nicht. Nach ihm kam eine Frau, sie war vielleicht im Alter von Kevins Mutter. Sie hatte lange braune Haare und ihr Gesicht sah weitaus freundlicher aus als das des Mannes.

„Hallo, mein Name ist Chloe, wir sind hier, um euch zu helfen“, sagte sie auf antikisch. Was mich jedoch wunderte, war, dass ich einige der Leute, die gerade aus dem Shuttle kamen, Englisch reden hörte. Also entschied ich mich auch auf Englisch zu antworten, das war immerhin für alle verständlicher als antikisch.

„Ich bin Maggie. Wir kommen von Atlantis.“

Direkt schien einer der Männer, er war etwas dünner und schlaksiger als der erste, der herausgekommen war, aber er war eindeutig ungepflegter, genauer hinzuhören und er kam nach vorne.

„Atlantis? Wie in ‚die versunkene Stadt der Antiker‘-Atlantis?“ Ich konnte mich nur über seinen plötzlichen Gefühlsausbruch wundern, als er auf einmal anfing zu lachen. Ich nickte vorsichtig. Nahm er uns etwa nicht ernst?

„Natürlich, ein Haufen von Kindern kommt von Atlantis hierher und kapert ein Kriegsschiff der Antiker“, spöttelte er und einige von seinen Leuten schienen das genauso lustig zu finden wie er.

„Wir haben dieses Schiff nicht gekapert“, sagte John, der nun der Älteste von uns war mit sicherer und fester Stimme. „Die Antiker haben dieses Schiff bereits vor 17 Jahren verlassen. Wir sind hier nur durch Zufall gelandet und haben gehofft, hier Hilfe zu finden.“ Nun trat wieder der grimmige Mann nach vorne, es schien, als sei er der eigentliche Anführer der Gruppe und er schien mir etwas unheimlich. Wenn ich bei der Frau noch geglaubt hatte, dass sie uns helfen wollte, so war ich mir da bei ihm und diesem ungepflegten Kerl alles andere als sicher. Als was sie wollten, war sicherlich dieses Schiff. Wir waren ihnen egal.

„Ich denke, wir werden uns erst einmal dieses Schiff ansehen. Matthew, Ronald, Sie kommen mit mir. Chloe, Sie bringen diese Kinder an Bord. Dieses Schiff ist kein Platz für Kinder.“

Glücklicherweise hatte ich mit dieser Reaktion gerechnet, sobald ich die Blicke gesehen hatte und ich hatte mich darauf vorbereiten können. Schneller als die Fremden reagieren konnten schloss sich die Tür, die den Hangar mit dem Rest des Schiffes verband. Einige der Fremden sahen mich entgeistert an, andere richteten auf einmal ihre Waffen auf mich. Ich hatte allerdings keine Angst, nicht als ich sah, dass es ganz gewöhnliche Gewehre waren, wie die, die auch die Teams auf Atlantis benutzten. Diese Projektil-Waffen der Erde konnte mir nichts mehr anhaben, nicht seitdem ich das Magnetfeld unter Kontrolle hatte. Bevor auch nur einer von den Schützen den Abzug betätigen konnte, waren die Waffen auch schon zu uns geflogen und John, Torren und Philipp hatten sie gekonnt gefangen.

„Ganz ruhig, das ist wirklich kein Spielzeug“, sagte nun ein anderer jüngerer Mann, der auf einmal die Hand der brünetten Frau ergriff. Es sah aus, als wollte er ihr Halt geben, als hätte sie Angst und er wollte sie beschützen.

„Wir wissen, dass das keine Spielzeuge sind. Aber die werdet ihr hier nicht brauchen, nicht wenn ihr wirklich gekommen seid, um uns zu helfen“, sagte ich und versuchte ruhig und überzeugend dabei zu klingen. Der Mann mit dem ungepflegten Gesicht sah mich voller Erstaunen an und schien fasziniert von dem, was ich gerade getan hatte. Dann bat ich Torren allen, sowohl John und Philipp als auch den Fremden die restlichen Waffen abzunehmen und zu meiner großen Erleichterung wehrte sich keiner dagegen. Sicher hätte die ganze Sache auch anders ausgehen können wenn irgendjemand in diesem Raum ausgerastet wäre. Aber anscheinend hatten meine Fähigkeiten sie davon überzeugt, dass es besser war, die Waffen abzugeben.

„Ich bin übrigens Colonel Everett Young, United States Air Force.”

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