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Kapitel 37

 

Hilfe

 

 

 

Man konnte eine Stecknadel fallen hören, so ruhig war es im Hangar geworden, nachdem sich der grimmige Mann vorgestellt hatte. Keine von uns konnte so recht glauben, dass das stimmte, was er sagte. Wir alle kannten die Geschichte der Destiny und ihrer Crew, die nun schon seit mehreren Jahren als vermisst galten.

Vor mehr als 13 Jahren hatte die Luzianer-Allianz eine Basis auf einem anderen Planeten angegriffen, auf der gerade eine Möglichkeit erforscht wurde, das neunte Chevron des Stargates anzuwählen. Während des Angriffs hatte es dann durch einen enormen Energieanstieg funktioniert und die Leute waren durch das Tor geflohen und auf der Destiny, einem sehr alten Antikerschiff, gelandet. Es gab keine Möglichkeit, wieder zur Erde zurückzukehren, denn die Energie auf der Destiny reichte anfangs noch nicht einmal dafür, mehr als eine geringe Zahl an Tagen an Bord überleben zu können. Glücklicherweise hatte man auch mit den Kommunikationssteinen der Antiker, einer Art intergalaktischem Bewusstseinstausch, experimentiert, wodurch auch sie auf die Destiny gelangt waren. So konnte man wenigstens mit der Erde kommunizieren, in dem jemand von der Destiny mit jemandem von der Erde die Körper tauschte.

Dann hatte man die gesamte Besatzung des Schiffes in Stasis versetzen müssen und die Kommunikation war abgebrochen. Um ehrlich zu sein, dachte man schon, die Destiny sei zerstört worden, oder irgendetwas war mit den Stasiskapseln schief gelaufen.

„Colonel Young, ich bin Philipp O’Neill, General O’Neills Sohn.“ Philipp war der erste, der etwas in diese Stille sagte, für mich war es nicht mehr als ein Flüstern, aber ich konnte es verstehen. Der angebliche Colonel sah ihn misstrauisch an. Sicherlich musste er die Ähnlichkeit zwischen ihm und seinen Eltern erkennen, die war einfach zu offensichtlich.

„Das letzte Mal, als ich mit General O’Neill gesprochen habe, war er noch auf der Erde“, sagte der Colonel etwas kühl. Anscheinend glaubte er Philipp nicht.

„Das letzte Mal, als Sie mit seinem Vater gesprochen haben, gab es die Erde noch“, sagte ich ebenso kühl, aber ich merkte allein an ihren Blicken, dass diese Aussage gesessen hatte. Es tat mir sicherlich leid, alle Anwesenden so damit zu konfrontieren, dass ihre Heimat, jetzt, da sie so nah dran waren, gar nicht mehr existierte, zumindest nicht so, wie sie es sich vorstellten.

„Was Magret, übrigens Colonel Sheppards Tochter, damit sagen möchte ...“, lenkte nun Philipp wieder ein. Wahrscheinlich war es wirklich besser, wenn er im Moment sprach. „... ist, dass die Erde für uns nicht mehr bewohnbar ist.“ Bevor jemand ihn unterbrechen konnte, redete er einfach über das entsetzte Stöhnen der brünetten Frau, ihrem Namen zufolge Chloe Armstrong, hinweg. Er berichtete von dem Angriff der Wraith auf die Erde und von der Zerstörung, die angerichtet worden war und dann erzählte er auch, warum wir hier waren.

„Vor zwei Tagen ist ein Wraith-Mutterschiff in unserem Sonnensystem aufgetaucht. Es hat Kurs auf den Planeten genommen, auf dem sich Atlantis und die bereits evakuierte Erdbevölkerung befindet. Eine erneute Evakuierung ist unmöglich, es sind einfach zu viele. Unsere Eltern haben uns in den Jumper gesetzt, damit zumindest wir in Sicherheit sind. Wir trafen nur durch Zufall auf die Tria, weil sie auf unserer Route zu sein schien.“

„Es gibt keine Zufälle“, meldete sich nun wieder der hagere Mann zu Wort. Diesmal stellte er sich auch vor als Dr. Nicolas Rush. Ich bildete mir ein, den Namen schon einige Male in abfälliger Art von McKay gehört zu haben, wenn sich mein Vater wieder einmal über McKays soziale Kompetenzen aufgeregt hatte, aber sicher konnte ich mir da nicht sein. Allerdings sah dieser Mann auch nicht gerade aus, als wäre er sonderlich freundlich zu anderen Menschen.

„Das Schiff, mit dem wir gekommen sind, die Securor, ist eine Art Vorhutsschiff. Vor 17 Jahren hat die Besatzung der Securor einen Notruf aufgezeichnet. Es stammt von einer gewissen Helia. Sie bat um Hilfe, da der Antrieb und einige weitere Systeme beschädigt seien. Kommandant Stark folgte diesem Signal und traf auf dem Weg auf uns, die Destiny.“

Dann erklärte er uns, dass alles wunderbar funktioniert hatte, zumindest bis die Destiny unplanmäßig aus dem FTL, was auch immer das war, gefallen sei und von weiteren Kampfdrohnen angegriffen worden war. Eli, wahrscheinlich ein Besatzungsmitglied, war nicht in einer der Kapseln gewesen und hatte einen Notruf abgesandt, den die Securor anscheinend abgefangen hatte.

Ich verstand es nicht so ganz, aber wie Young berichtete, waren die Leute, die die Securor gebaut hatten, Nachfahren einer alternativen, in der Zeit zurück gereisten Crew der Destiny, die auf der Suche nach einem neuen Heimatplaneten waren. Es gab noch einige weitere Schiffe, die in sicherer Entfernung auf die Freigabe für den Sprung warteten. Zwanzig Zivilschiffe, in denen sich laut Chloe jeweils fünfzigtausend Stasiskapseln befanden, 40 schwere Kampfschiffe, in denen jeweils 100 Jäger in den Hangars standen, 20 leichtere Kampfschiffe mit jeweils nur 30 Jägern und dann gab es noch die Securor hier.

„Ihr Heimatplanet wurde durch das Eintreffen eines Schwarzen Loches in ihr Sonnensystem förmlich zerrissen. Sie sind auf der Suche nach einem neuen Heimatplaneten“, schloss dann Chloe die Erzählung und ich sah bei niemandem von uns etwas andere als maßloses Staunen. Allein in meinem Kopf überschlugen sich die Informationen und ich konnte sie nicht richtig verarbeiten. Wahrscheinlich würde ich mich erst noch einmal richtig informieren müssen, damit ich alles verstand, aber dazu war nun keine Zeit. Ich pickte mir also die wichtigste Informationen heraus und war, dank meines etwas besser ausgebauten Gehirns, damit schneller als die anderen.

„Atlantis könnte einige Kampfschiffe gebrauchen. Es müssen nicht alle sein, nur genug, um dieses Mutterschiff zu zerstören“, sagte ich und sah den Colonel an. Ich sah die Unentschlossenheit in seinen Augen, wahrscheinlich wog er ab, ob dieses Risiko eingegangen werden konnte, und ob dieser Kommandant Stark eine solche Mission zulassen würde. „Colonel, wenn Atlantis keine Hilfe bekommt, werden die Stadt und das Festland zerstört werden“, fügte ich noch mal hinzu und nun sahen alle den Colonel an.

Nach einigen Augenblicken, in denen man wahrscheinlich die Luft hier im Hangar hätte schneiden können, sah er seine Leute an. Er wies die zwei jüngeren Soldaten an, zusammen mit vier der Wissenschaftler, darunter auch Dr. Rush, hier zu bleiben und zu versuchen, die Tria zu reparieren, während er zusammen mit einigen von uns auf die Securor zurückkehren wollte, um die Angelegenheit mit dem Rat zu besprechen.

Erst wollten sie auch mich mitnehmen, aber ich versicherte ihnen, dass es besser wäre, wenn sie mich erst einmal hier auf der Tria lassen würden, sie sollten dafür lieber Torren mitnehmen. Auch Chloe, die Young hatte mit zurücknehmen wollen, blieb lieber auf der Tria. Vielleicht würde ich ja mit ihr reden können, sie schien ziemlich nett zu sein.

„Du bist also Sheppards Tochter?“, fragte mich der ungepflegte Dr. Rush dann, als wir uns alle gemeinsam auf den Weg zur Brücke machten. Die Wissenschaftler wollten sich erst einmal ein Bild von dem Gesamtzustand des Schiffes machen, bevor sie mit irgendwelchen Reparaturen begannen. Ich sah ihn an und nickte nur, beinahe teilnahmslos. „Das glaube ich kaum“, bemerkte er abfällig und ich blieb stehen. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein, wer er war? Etwas gereizt fragte ich ihn also, wie er zu diesem Schluss kam und er kam natürlich direkt auf das zu sprechen, was im Hangar passiert war. Ich wusste, dass sie das nicht so einfach auf sich sitzen lassen würden, aber dass sie dadurch zu dem Schluss kamen, ich sei kein Mensch … das hatte ich nicht gedacht.

„Wie hast du die anderen davon überzeugt, dass du einer von ihnen bist? Gedankenkontrolle? Gehirnwäsche?“ Wären wir nicht unter so vielen anderen Leuten gewesen, mir wäre sicherlich die Hutschnur gerissen und ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn mein Magnetfeld noch etwas unkontrollierter gewesen wäre und der liebe Dr. Rush einen kleinen Stromschlag abbekommen hätte. Leider würde ich, wenn es jetzt passierte, zur vollen Verantwortung gezogen werden, deshalb ließ ich es lieber sein.

„Glauben Sie’s oder nicht, ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut“, sagte ich etwas gereizt und die anderen von der Destiny sahen mich etwas belustigt an. Ich wusste nicht, ob sie mir auch nicht glaubten, oder ob sie es nur lustig fanden, dass dieser Mann mich auf die Palme brachte. Dann beschleunigte ich meine Schritte etwas, um nicht mehr neben Dr. Rush laufen zu müssen. Er war mir, um ehrlich zu sein, etwas unheimlich, erinnerte mich an eine düstere Gestalt aus Märchen.

„Du bist eine Antikerin, nicht wahr? Vielleicht diese Helia, die den Notruf gesendet hat?“, fragte mich dann auf einmal Chloe, als wir alle zusammen auf der Brücke standen und die Wissenschaftler langsam versuchten, aus den einzelnen Systemen des Schiffes schlau zu werden. Es war ein guter Anfang, dass sie alle die Sprache der Antiker zu beherrschen schienen. Doch dass Chloe anscheinend herausgefunden hatte, was mit mir los war, wunderte mich. „Na ja, du bist auf einem Antikerschiff und die Systeme scheinen auf dich zu hören, außerdem scheinst du besondere Fähigkeiten zu haben“, schlussfolgerte sie und ich war beeindruckt. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Verwandlung so offensichtlich war.

„Nein, ich bin nicht Helia. Ich bin wirklich ein Mensch, meine Eltern kommen beide von der Erde. Alles andere ist eine ziemlich lange und komplizierte Geschichte“, flüsterte ich und ich hoffte wirklich, dass Chloe mir glaubte. Ich wusste nicht, in welche Probleme ich geraten würde, wenn man mich als Bedrohung ansehen würde. Wenn die anderen, außer Rush, allerdings auch annahmen, dass ich eine Antikerin war, dann würden sie mich sicher nicht angreifen.

„Wie auch immer, stör dich nicht an Dr. Rush, er ist etwas … schwierig.“

Ich musste leicht kichern. Ja, das hatte ich auch schon mitbekommen und selbst die Crew, mit der er schon so viel erlebt hatte, wenn die Berichte stimmten, schien sich immer noch nicht sicher zu sein, wie sie mit ihm umgehen sollte. Besonders bei Colonel Young war mir aufgefallen, dass er dem unheimlichen Wissenschaftler nicht wirklich zu trauen schien. Er ließ ihn selten alleine auf der Tria herumlaufen.

Auch in den nächsten Tagen, in denen immer mehr Werkzeuge und andere Sachen von der Securor auf die Tria gebracht wurden, um die Antriebe zu reparieren, ließ er Rush nie alleine an einem Ort. Er stellte immer sicher, dass mindestens einer seiner Soldaten in Rushs unmittelbarer Nähe war. Irgendetwas war also zwischen den beiden vorgefallen, dass der eine dem anderen nicht traute. Ich wusste nicht, was es war, aber ich wusste, dass es wahrscheinlich noch zu Problemen führen konnte, vor allem, als ich einmal eine Soldatin sagen hörte, Rush sei zwar nicht so aufdringlich wie McKay, was man allerdings von seiner sozialen Kompetenz nicht sagen konnte. Ich kannte Simons Vater zur Genüge und ich hatte mich schon ziemlich früh gefragt, wie dieser Mann zu einer Frau und zwei Kindern gekommen war, aber wenn dieser Rush tatsächlich noch schlimmer war, dann hatte ich anscheinend noch einen seiner guten Tage erwischt gehabt.

Nach vier Tagen beinahe ununterbrochener Reparaturen stand dann fest, dass die Tria leider nicht gerettet werden konnte, sie würde wahrscheinlich immer so durchs All treiben, bis sie einmal auf einen Planeten prallen würde. Das einzige, was getan werden konnte, und darauf waren alle anscheinend ziemlich scharf, war, die Datenbank der Tria in die der Securor zu integrieren. Sicherlich wären auch die Leute auf Atlantis scharf darauf gewesen.

„Sir, der Rat hat einer Unterstützung Atlantis‘ zugestimmt. Die Eversor, die Bictor und die Securor selbst werden den Angriff fliegen“, hörten wir eine weibliche Stimme aus dem Funkgerät des Colonels und ich merkte, wie uns allen ein großer Stein vom Herzen fiel. Das Wraith-Mutterschiff konnte nicht mehr allzu weit von Atlantis entfernt sein und der Angriff würde bald beginnen und ohne Hilfe hatte Atlantis keine Chance. Mit drei Kriegsschiffen würden sie aber gute Chancen haben, dieses Mutterschiff und damit die Siegesserie der Wraith zu zerstören.

„Wir gehen auch mit“, kündigte Torren dann an und der Colonel nickte. Wir konnten ja schlecht auf diesem vor sich hintreibenden Schiff bleiben und mit dem Jumper zurück konnten wir auch nicht, immerhin war die Blockade, die General O’Neill oder McKay eingebaut hatten, immer noch aktiv. Uns blieb also keine andere Wahl, als mit diesen Leuten mitzugehen und wahrscheinlich war das auch die einzige Möglichkeit, mitzubekommen, was passieren würde.

 

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