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Kapitel 27

 

Information und Diskussion

 

 

 

 

Wie gebannt starrte ich auf den Anzeigebildschirm in der Ankunftshalle. In der Kantine hatte sich schnell herumgesprochen, dort die Namen derjenigen zu finden, die von unseren Schiffen von der Erde gerettet worden waren. Es war die erste wirkliche Nachricht, die wir von der Erde erhielten und es tat gut zu wissen, dass es noch Menschen gab, die gerettet werden konnten. 

 

Mittlerweile stand ich inmitten einer unbeschreiblichen Menge von Leuten, die alle nach Namen suchten, die sie kannten, doch die meisten Geretteten, und das wunderte mich nicht, kamen aus den sogenannten „Dritte-Welt-Ländern“. Wahrscheinlich hatten die Wraith in diesen Ländern keine Bedrohung gesehen und hatten dort weniger zerstört, in der Hoffnung, die Überlebenden dort irgendwann ernten zu können.

 

Wenn jemand doch einmal einen Namen auf dem Bildschirm entdeckte, den er kannte, dann freuten wir uns alle mit ihm. Immerhin saßen wir alle in diesem Boot, doch den meisten von uns blieb diese Freude verwehrt. Es war schwer, sich selbst einzugestehen, dass man wahrscheinlich niemanden von zu Hause je wieder sehen würde. Es war für mich selbst schon beinahe ein Wunder, dass ich Kevin und seine Mutter hier bei mir hatte, wenigstens ein kleiner Anker in dieser vollkommen neuen Welt.

 

„Wie ich sehe, haben Sie alle schon unsere Tafel entdeckt“, ertönte nun die Stimme von Richard Woolsey von der oberen Balustrade. Natürlich drehten sich alle direkt zu ihm um, und er stand nicht alleine da. Auch die O’Neills standen dort und schienen alle etwas sagen zu wollen.

 

„Dies war die erste Nachricht, die wir von der Daedalus erhalten konnten, als sie in Reichweite unserer Kommunikationsgeräte kam.“ Er informierte uns, dass die Lage auf der Erde immer noch chaotisch sei und vieles nicht endgültig gesagt werden konnte, aber anscheinend hatten doch mehr Menschen überlebt als zuvor gedacht. Die Strahlungswolken der Bomben waren mittlerweile alle auf den Boden gesunken und die meisten Feuer hatten gelöscht werden können, wodurch man eine bessere Sicht auf den Planeten haben konnte.

 

„Nordamerika und ein Großteil von Europa sind massiv verstrahlt worden. Auch China und Russland haben einiges abbekommen. Die Zahlen können immer noch nicht mit Sicherheit bestätigt werden, aber mittlerweile ist die Zahl der Überlebenden auf ungefähr 2,5 Milliarden angestiegen.“ Es waren immer noch weitaus weniger, als es noch vor einigen Wochen auf der Erde gegeben hatte, aber dennoch klatschten und jubelten alle. Es war eine gute Nachricht, hatte man doch direkt nach dem Kampf davon ausgehen müssen, dass es nur noch gut 1 Milliarde Menschen auf der Welt gab.

 

„Was ist mit den Wraith?“, rief plötzlich einer aus der mittlerweile noch größer gewordenen Menge nach oben. Die Blicke, die dort ausgetauscht wurden, waren weniger erfreut und ich ahnte, dass es nichts Gutes bedeuten würde.

 

„Leider können wir dort keine guten Nachrichten verzeichnen. Als die Daedalus und die anderen Schiffe die Milchstraße erreicht hatten, empfingen sie Unmengen von Notrufen aus allen Teilen der Galaxie. Die Wraith haben einen neuen Weidegrund gefunden und sie werden ihn sicherlich nicht so einfach wieder aufgeben.“ Die Stimme von General O’Neill klang ziemlich grimmig, aber in seinen Augen sah ich, dass er nicht zulassen würde, dass die Wraith am Ende gewannen.

 

„Ich verspreche Ihnen, die Wraith werden für das büßen, was sie der Erde angetan haben“, schloss Richard Woolsey und wurde mit einem tosenden Applaus gefeiert. Ich war mir allerdings nicht so sicher, ob er sein Versprechen auch würde halten können. Mittlerweile hatten wir so viel über die Geschichte der Antiker oder Alteraner gelernt, dass wir wussten, dass selbst diese fortschrittliche Rasse sich nur mit viel Mühe und Not gegen die Wraith hatten behaupten können. Wie sollten dann wir das schaffen? Wir waren noch nicht mal halb so fortschrittlich, auch wenn es für Außenstehende vielleicht so aussah. Wir hatten die Technologie, die wir benutzten, nicht selbst erfunden, wir benutzten sie eben nur.

 

„Meinst du, wir werden sie je wieder sehen?“, fragte mich Kevin, der die ganze Zeit neben mir gestanden hatte. Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich wusste nicht, ob wir jemals wieder zur Erde würden zurückkehren können, und ob wir das wirklich sehen wollten, was uns dort erwarten würde. Ich war mir ziemlich sicher, dass nichts dort mehr so war, wie wir es kannten.

 

„Komm, lass uns schon mal vorgehen“, sagte Kevin und zeigte nach oben, wo Daniel gerade in den Konferenzsaal ging, in dem wir mittlerweile unsere Gemeinschaftsstunden hatten. Keiner von uns war besonders begeistert von diesen Gemeinschaftsstunden, was weniger an der Gemeinschaft als an dem Stoff lag. Mathematik, Geschichte und, auch wenn es etwas anders war, Latein. Daniel und auch Madisons Mutter gaben sich unheimliche Mühe, aber sie waren nun einmal keine Lehrer. Sie standen einfach vor uns und redeten vor sich hin. In normalen Schulen hätte es Aufgaben gegeben, mit denen wir das gerade Gelernte selbst erarbeiten konnten, doch das war hier nicht der Fall, es gab ja noch nicht einmal Bücher, in denen man etwas nachlesen konnte, was man nicht verstand. Es gab einfach nur die beiden Redner vorne. Da waren die anderen Stunden eindeutig besser. Dort konnte man selbst etwas machen und wurde nur kurz eingewiesen oder dabei beobachtet.

 

Gerade gestern erst hatte ich das erste Mal einem Patienten auf der Krankenstation selbst Blut abgenommen. Normalerweise wäre ich dabei wahrscheinlich schon umgekippt, denn Nadeln waren nicht gerade meine besten Freunde, aber hier in Atlantis wurde das Blut nicht mit Nadeln abgenommen. Hier gab es kleine technische Geräte, die einige Blutpartikel in einen sterilen Behälter transportierten, ähnlich wie bei Star Trek.

 

„Wer von euch hat denn schon einmal von der Destiny gehört?“, fragte Daniel dann auf einmal und lenkte wieder unsere Aufmerksamkeit auf ihn. Natürlich merkte er, das keiner von uns ihm so richtig zugehört hatte und er ermahnte uns auch, dass das, was er erzählte, wichtig war, damit wir andere Sachen besser verstanden, aber sicherlich wusste auch er, dass seine Mühe fast vergeblich war.

 

„Phil, John, ihr wisst doch, was die Destiny ist, oder?“, fragte Daniel voller Hoffnung und die beiden Jungs nickte zögerlich.

 

„Die Destiny ist ein Schiff der Antiker“, antwortete Philipp und sah Daniel an. Dieser nickte nur dankbar und wartete, ob dem jemand noch etwas hinzufügen wollte. Als jedoch niemand von uns mehr etwas sagte, fing er nur leicht seufzend wieder mit seinem Monolog an. Er berichtete uns, wie die Antiker vor Millionen von Jahren dieses Schiff ausgeschickt hatten, um das Universum zu erkunden und um ein Signal zusammenzusetzen, das sich durch die Expansion des Universums in viele Teile zerstreut hatte.

 

„Warum suchen wir nicht mit der Destiny nach einer Galaxie, die nicht von den Wraith bewohnt ist und bauen dort eine neue Erde auf?“, fragte auf einmal Joey und selbst Daniel sah sie erstaunt an. Anscheinend hatte er keine Antwort auf diese Frage.

 

„Weil die Wraith vernichtet werden müssen!“, sagte Philipp und schien dabei entschlossener denn je. „Wir können doch nicht einfach davon laufen und hoffen, dass sie uns nie finden werden.“ Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Daniel leicht mit dem Kopf schüttelte. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, dass es eine ähnliche Diskussion auch bei den Erwachsenen gegeben hatte.

 

„Die Antiker haben Atlantis letzten Endes versenkt, um sich vor den Wraith zu schützen! Wenn sie es nicht geschafft haben, dann werden wir das auch nicht“, gab nun auch Madison ihre Meinung zum Besten und um ehrlich zu sein war es auch meine. Ich wollte auch lieber fliehen als kämpfen, ich war einfach nicht mutig genug. In der Hinsicht hatte ich wohl nichts von meinem Vater geerbt.

 

„Es gibt noch ein anderes Problem“, schaltete sich nun Daniel wieder in die Diskussion ein. „Die Energie der Destiny ist so niedrig, dass sie aus eigenen Stücken nicht wieder in unsere Galaxie wählen kann. Das Team, das also zu ihr geschickt würde, hätte keine Möglichkeit mehr, nach Hause zu gelangen, und wir wissen nicht, wie man eine passende Energiequelle baut, um sie mitzunehmen.“

 

Doch irgendwie nützte das nichts, um unsere Diskussion aufzuhalten, sie war schon lange nicht mehr bei der Destiny, sondern zu einer Grundsatzdiskussion, ob man nun fliehen oder kämpfen sollte, geworden. Bis auf Sara waren alle Mädchen dafür, lieber zu fliehen und sich in einer neuen, sicheren Galaxie ein neues Leben aufzubauen, die Jungs und Sara waren dafür zu kämpfen.

 

Ich selbst wollte zwar lieber fliehen, wusste aber, dass manche Argumente der anderen auch Hand und Fuß hatten. Wir konnten nicht zulassen, dass die Wraith nun die gesamte Milchstraße verwüsteten und außerdem gab es immer noch Menschen auf der Erde, die nicht fliehen konnten, wollten wir die einfach zurück lassen?

 

„Wir werden gegen die Wraith kämpfen müssen, doch erst sollten wir alle, die nicht kämpfen können, in Sicherheit bringen“, sagte ich also und Daniel sah mich mit einem leichten Lächeln an. Er konnte ja nicht wissen, dass ich mich insgeheim erst einmal zu denen zählte, die nicht kämpfen konnten.

 

Als die Stunde dann zu Ende war, stoppten die Diskussionen noch immer nicht, während wir uns alle zusammen auf den Weg zum Mittagessen machten. Ich merkte die verwunderten Blicke der Erwachsenen, als sie beobachteten, wie wir Kinder diskutierend zur Schlange an der Essensausgabe gingen und einige von uns gar nicht mehr aufhören wollten zu sprechen. Am lautstärksten diskutierten Sara, Madison und Torren, wobei Sara sich nicht so recht entscheiden konnte, ob sie nun Madison unterstützte, einfach weil die Jungs zu zweit waren, oder ihre eigene Meinung vertrat.

 

Doch wir alle waren auf einmal still, als wir sahen, wie sowohl mein Vater als auch Teyla, Ronon und die anderen auf einmal ihre Hände an ihre Funkgeräte drückten und jemandem zuzuhören schienen, während sie ihr Essen stehen und liegen ließen und aus der Kantine verschwanden.

 

„Was war das?“, fragte Philipp mit einem Stirnrunzeln, doch keiner von uns wusste etwas, wir sahen nur, dass die anderen in der Kantine genauso verwundert aussahen wie wir. Tatsächlich sahen manche von ihnen sogar etwas besorgt aus.

 

 

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