Nefertari Amun

Kapitel 68

 

Epilog

 

 

 

 

 

„Jetzt sind wir eine echte Familie“, bemerkte Orlando mit einem glückseeligen Lächeln und ich lächelte zurück.

 

 

„Und mit diesem Satz hatte euer Großvater mehr als Recht“, endete Teti mit ihrer äußerst lange Geschichte. Beinahe während der ganzen Erzählung hatte sie auf ein kleines Bild gestarrt, das sie in den Händen gehalten hatte. Sie war eindeutig älter geworden als auf diesem Bild, das sah sie alleine schon an dem Gesicht, das sich leicht in dem Glas des Bilderrahmens spiegelte. Ihr Gesicht war mehr als faltig geworden in den letzten Jahren, aber das war nicht weiter schlimm.

 

„Und was ist mit der Prophezeiung?“, fragte ein junges, aufgewecktes Mädchen, das immer noch gespannt zu Tetis Füßen saß. Teti lächelte. Sie hatte geahnt, dass ihre Enkelin das fragen würde. Bereits ihre Mutter war von Natur aus neugierig gewesen und da konnte die Kleine sich gar nicht anders entwickeln.

 

„Nun ja, Sarah, das hat wieder etwas mit Peter zu tun“, begann Teti und als sie merkte, dass keines ihrer Enkelkinder aufstand, entschied sie sich auch dies kurz zu erklären. „Ein Jahr bevor deine Mom geboren wurde, da haben dein Großvater und ich einen Anruf von Peter erhalten. Er wollte seine Idee wahr machen und einen Film über das alte Ägypten machen, über Ramses den Großen, um genau zu sein. Er brauchte mich jedoch nicht nur, um darin, wie er es uns angedroht hatte, eine Hauptrolle zu übernehmen, sondern auch für die Story. Er wusste, ich als Historikerin, die spezialisiert auf diese Zeit war, konnte ihm helfen, die Sache so authentisch wie nur möglich rüber zu bringen.

 

Ich war froh, dass er diese Entscheidung getroffen hatte, denn ihr könnt euch vorstellen, wie sehr ich der Welt zeigen wollte, was vor so vielen Jahren tatsächlich passiert war. Es dauerte beinahe zweieinhalb Jahre bis wir soweit waren und ein Drehbuch stand und wir mit dem Filmen beginnen konnten. Natürlich wollten wir am Ort des Geschehens selbst drehen, nur wir bekamen keine Dreherlaubnis, also wichen wir nach Marokko aus, wo, vom Nil abgesehen, eine ähnliche Landschaft vorhanden war.

 

Zu unserer großen Freunde holte Peter wieder sehr viele aus dem Herr der Ringe-Team mit ins Boot. So waren Richard Taylor, Rick Porras, Andrew Lesnie, Barry Osbourne und einige andere wieder mit dabei und wir konnte sicher sein, dass zumindest beim Ablauf der Dreharbeiten nichts schief gehen konnte.“

 

„War das ‚Sohn der Götter‘? Dad hat mir den Film einmal gezeigt“, fragte ein junger Mann, der etwas abseits saß und ein kleines Baby fütterte. Teti nickte lächelnd, während sie den jungen Mann ansah. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass ihr allererster Enkel, Seth‘ Sohn, bereits selbst Vater war und eine eigene Familie gegründet hatte. Aber wenn man es so überlegte, war Seth mittlerweile auch schon 54 Jahre alt, da war so etwas zu erwarten.

 

„Ja, Adam, genau der Film.“

 

„Dem Film schreibt man doch zu, die Unruhen, die in Ägypten stattgefunden haben, beendet zu haben“, sagte eine Frau erstaunt und alle sahen sie erstaunt an. Wahrscheinlich, weil sie erst seit wenigen Wochen die neue Freundin vom Ramesi war, der sich vor 4 Jahren von seiner Frau hatte scheiden lassen. Teti und Orlando waren nicht sonderlich erfreut über die Entscheidung ihres Sohnes gewesen, hatten sie ihm doch immer vorgelebt, dass eine Ehe eine wichtige Verbindung war und man diese nicht so einfach aufgeben durfte. Auch seine Zwillingsschwester Tari hatte damals sehr hart versucht auf ihren Bruder einzureden, war seine Ex-Frau doch ihre beste Freundin gewesen, doch er hatte sich nicht beirren lassen.

 

„Ja, das stimmt. Dieser Film hat die Unruhen maßgeblich beigelegt, zumindest in Ägypten“, schaltete sich nun auch Orlando ein, der an einem Stock gehend aus dem Haus auf die große Veranda trat, auf der sich gerade mehr als 20 Personen tummelten. Er hatte bis gerade eben mit seinen beiden Freunden Elijah und Dominic den ersten Teil des Herrn der Ringe gesehen und hatte sich entschlossen, eine kurze Pause zu machen, bevor sie den zweiten Teil begannen. Langsam und vorsichtig setzte er sich auf die Schaukel, auf der auch seine Frau Platz genommen hatte, und legte einen Arm um sie.

 

Auch er blickte kurz auf das Bild, das sie immer noch in der Hand hielt, und staunte. Es war nun schon so lange her gewesen, doch er würde diesen Tag niemals vergessen. Er erinnerte sich noch an die Vorgespräche mit dem Standesbeamten, dass er ihnen gesagt hatte, wie viele Ehen mit Schauspielern bereits geschieden worden waren. Er musste kurz lachen. Sicherlich wäre der Standesbeamte mehr als erfreut gewesen, wenn er nicht bereits vor vielen Jahren verstorben wäre, zu hören, dass die beiden am nächsten Tag ihre goldene Hochzeit feiern würden.

 

„Wie bei jedem Film gab es auch bei diesem eine große Promotion Tour, bei der wir in die verschiedensten Länder reisten“, erzählte Teti weiter, während sie die Hand ihres Mannes ergriff.

 

„Trotz der großen Unruhen zu dieser Zeit und dem kurz bevorstehenden Sturz der ägyptischen Regierung bestand eure Großmutter darauf, auch dorthin zu reisen. Ihr war es wichtig, Ägypten wegen dieses Films zu bereisen, immerhin handelte er von den glorreichen Jahren dieses Landes. Doch sie wollte nicht nur Interviews führen. Ich hatte wirklich versucht, sie davon abzuhalten, aber eure Großmutter stellte sich auf eine Plattform des Tahrir-Platzes und schwang eine mehr als leidenschaftliche Rede.“

 

„Was hast du den Leuten gesagt, Grams?“, fragte nun Seth‘ Tochter Amber.

 

„Ich habe sie an die alte Stärke dieses Landes erinnert, an die Geschichte, die alle dort vereint. Ich habe sie an die großen Pharaonen erinnert und an die Götter, die bereits vor Tausenden von Jahren dafür gesorgt hatten, dass es den Ägyptern an nichts mangelte. Ich habe sie daran erinnert, dass sie einmal das stärkste und reichste Volk dieser Erde waren und dass sie endlich zu ihrer alten Stärke zurück finden sollten. Natürlich waren die Anhänger der Muslim-Brüder nicht sonderlich begeistert, dass es eine Frau wagte vor ihnen zu sprechen, aber viele der Menschen sahen die Wahrheit in meiner Rede. Wenige Tage später trat der ägyptische Regierungschef Mubarak dann zurück und es wurde eine neue Regierung gewählt.

 

Zu Beginn gab es Chaos und weitere Unruhen und die einflussreichsten Staaten waren anfangs nicht bereit Ägypten in ihre Reihen aufzunehmen, doch nach dem großen Klimawandel, bei dem manche sonst erntereicheren Länder ihre Fruchtbarkeit verloren, wurde Ägypten zu einem der wichtigsten Anbauländer für Lebensmittel. Und als sich dann die Islamisten nach ihrem ‚Heiligen Krieg‘ alle zurückgezogen hatten und Ägypten frei war von extremen Glaubensrichtungen, begann dort der religiöse Umschwung. Viele begannen wieder an die alten Götter zu glauben und zu ihnen zu beten.“

 

„Und dafür war ein Film verantwortlich?“, fragte der kleine Jonathan ungläubig. Teti lächelte ihn sanft an. Dieser kleine Kerl konnte noch nicht alle Zusammenhänge verstehen. Natürlich war dies nicht das Einzige gewesen, denn zu großen Veränderungen zählten auch immer viele Ereignisse, aber man konnte nicht abstreiten, dass auch der Film und Tetis flammende Rede, die mittlerweile im Ägyptischen Museum als Hologramm zu betrachten war, dazu beigetragen hatten. So hatte sie tatsächlich die Prophezeiung der Göttin Maat erfüllt und dabei geholfen, Ägypten wieder zu dem zu machen, was es einst gewesen war.

 

 

 

 

 

The End