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Kapitel 33

 

Veränderung

 

 

 

Als ich aufwachte, konnte ich gedämpfte Stimmen hören, bemerkte, wie sie redeten, doch erkennen, wer da sprach oder was sie sprachen, konnte ich nicht. Es war beinahe, als stünden sie hinter einer Glaswand. Es dauerte eine Weile, bis ich dann auch meine Augen wieder öffnen konnte, aber das ungewohnte Licht ließ sie mich direkt wieder zusammen kneifen. So hell war es schon einige Zeit nicht mehr gewesen, immerhin hatte Michael uns sonst in einem dunklen Raum gehalten, in dem wir nur schwer etwas hatten erkennen können. Erst als sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, hatten wir zumindest Umrisse sehen können. Anscheinend mochten es die Wraith eher dunkel als hell.

Wenn ich das so bedachte, konnten hier schon einmal keine Wraith sein, denn es war hell. So hell, dass ich annahm, dass es Tageslicht war, das ich sehen konnte. Ich versuchte, meine Hände vor meine Augen zu halten, um das Licht etwas zu schwächen, aber dann merkte ich, dass sie an das Bett gebunden waren, auf dem ich lag. Ein Bett, kein harter Stein oder etwas, auf dem ich gelegen hatte, während Michael mich untersucht und befragt hatte und noch etwas fiel mir auf. Ich spürte kein Fieber mehr, ich fühlte mich in keiner Weise mehr krank.

Sachte versuchte ich mich gegen die Fesseln an meinen Händen und Füßen zu wehren und anscheinend zog ich so Aufmerksamkeit auf mich, denn ich hörte nun eine Stimme etwas lauter, aber meine Ohren schienen immer noch nicht richtig zu funktionieren. Dann wurde das Licht im Raum langsam gedimmt, so dass es angenehmer wurde, die Augen zu öffnen und dann sah ich auch, wo ich war. Die Wände und die Decke ließen keinen anderen Schluss zu, ich befand mich wieder in Atlantis, aber nicht auf der normalen Krankenstation, ich befand mich in einer der Isolationszellen und das machte mir schon beinahe etwas Angst.

Warum hatten sie mich in einen Isolationsraum gesteckt? Und warum hatten sie mich an mein Bett gefesselt?

Dann sah ich aus den Augenwinkeln, wie sich eine Tür öffnete und mein Vater in den Raum kam. Er sah alles andere als glücklich aus, aber ich sah, dass er versuchte, seine Gefühle für sich zu behalten. Was auch immer es war, Sorge, Wut, Angst, ich konnte nur einen Schatten davon sehen. Dann versuchte er mit mir zu reden. Ich sah, dass sich seine Lippen bewegten, aber ich konnte ihn nicht hören, oder zumindest nicht gut genug, um wirklich zu verstehen, was er sagte. Es war, als würde ich mich im Wasser befinden und er nicht.

„Ich kann dich nicht richtig hören“, sagte ich und hoffte, dass wenigstens meine Stimme funktionierte, wenn schon meine Ohren es nicht taten. Er strich mir nur mit seiner  Hand über die Stirn. Er machte sich Sorgen, es musste einfach so sein. Dann kam auch Jennifer rein und schien einige Sachen zu überprüfen. Durch ihre Körpersprache merkte ich, dass sie alle nicht so recht wussten, was los war, und dass die Fesseln, die mich am Bett hielten, eine reine Sicherheitsmaßnahme waren.

Sie hatten schon genug erlebt, um selbst bei den Menschen, die sie liebten, nach solchen Erfahrungen lieber auf Nummer sicher zu gehen. Nachdem Jennifer meinem Vater einmal zugenickt hatte, verschwand sie wieder und er setzte sich auf einen kleinen Stuhl neben meinem Bett. Ich konnte ihn immer noch nicht richtig hören, aber er redete vor sich hin. Das einzige, was ich merkte, war, dass er anscheinend versuchte, mir etwas zu erklären.

„Dad, wie wäre es, wenn du aufschreibst, was du mir sagen möchtest?“, unterbrach ich ihn dann irgendwann, denn sein Blick machte mir schon beinahe Angst. Dann schien er einen Moment lang zu überlegen und tippte mir zwei Mal auf die Hand, ich solle mich nicht von der Stelle rühren. Sehr witzig!

„Der ist lustig, was?“, hörte ich dann auf einmal. Ich sah mich um. Es war eindeutig Torrens Stimme, aber er war nirgendwo zu sehen. „Gib’s auf, Peaches, du wirst mich da nicht finden.“

„Verdammt, wo bist du? Und warum kann ich dich hören und die anderen nicht?“, rief ich und ich sah, wie auf einmal Blicke von draußen - vor einem Fenster standen McKay, Teyla, Cassandra und General O’Neill - auf mir ruhten.

„Du brauchst nicht zu schreien, Peaches, ich höre dich auch so“, lachte Torren. Und dann fiel es mir wieder ein. Die Verbindung, die Michael mental mit uns aufgebaut hatte. Anscheinend bestand sie immer noch und deswegen konnte ich Torren auch so gut hören. Die Stimme war nicht draußen, sondern sie war in meinem Kopf.

„Was ist passiert?“, fragte ich nun gedanklich, ohne meine Lippen zu bewegen. Ich merkte direkt, wie sich etwas in dem Teil, in dem ich dachte, Torren hören zu können,  leicht wandte. Anscheinend wollte er mir nicht wirklich sagen, was passiert war. „Bitte, Torren.“

„Du wirst es schon noch früh genug erfahren, Peaches“, sagte er dann in seiner alten Torren-Manier und dann war er weg, so als konnte er diese Kommunikation steuern.

„Du Arsch!“, schrie ich jetzt doch und wieder drehten sich alle zu mir um. Ihren Blicken nach zu urteilen, machten sie sich Sorgen, aber wahrscheinlich würde ich mir die auch machen, wenn ich sehen würde, dass ein junges Mädchen plötzlich mit unsichtbaren Personen redete und sie als ‚Arsch‘ betitelte.

Dann kam mein Vater wieder rein, diesmal zusammen mit Jennifer und Cassandra. Die drei hatten mein Tablet dabei, das erkannte ich direkt an den kleinen Aufklebern, die ich an der Rückseite befestigt hatte, damit ich meines von denen der anderen unterscheiden konnte. Jennifer hielt es mir hin und darauf stand ein kleiner Text

‚Lies einfach mit‘ stand dort geschrieben und ich sah sie fragend an, doch dann deutete sie wieder auf das Tablet und sie begann zu reden. Nur wenige Millisekunden, nachdem ich ihre Stimme hörte, sah ich auch schon, wie sich Wörter auf meinem Tablet bildeten. Eine clevere Idee. Ich fragte mich, ob sie das schon länger machen konnten, oder ob General O’Neill oder McKay sich das ausgedacht hatten.

„Was auch immer du in dem Jumper gemacht hast, es hat dein Trommelfell zum Platzen gebracht. Es wird einige Zeit brauchen, bis du wieder normal hören kannst“, war das erste, was Jennifer mir sagte und ich nickte nur. So wie die drei aussahen, war das wahrscheinlich das geringste Übel.

„Warum bin ich gefesselt?“, fragte ich dann und lustiger Weise erschien auch das, was ich gesagt hatte, auf dem Tablet, nur in einer anderen Farbe. Mein Vater kam zu mir, setzte sich wieder neben mich und nahm meine Hand.

„Das war eine nötige Vorsichtsmaßnahme.“

„Dein Vater hat Recht. Wenn alles gut geht, können wir die Fesseln morgen abnehmen“, erklärte Cassandra dann. „Du bist sehr krank gewesen, als du bei Michael warst und um ehrlich zu sein, weiß ich immer noch nicht so richtig, wie wir dich wieder gesund bekommen haben.“ Dann erklärte sie mir, dass Michael anscheinend irgendeine Manipulation an mir vorgenommen hatte und er die beiden Antiker-Gene, die ich von meinen Eltern erhalten hatte, entschlüsseln konnte und anscheinend auch alles andere in mir daran angepasst hatte. Von außen war alles wie immer, die Antiker hatten äußerlich genauso ausgesehen wie wir. Aber meine Hirnkapazität hatte sich beinahe vervierfacht, meine Lunge war etwas größer geworden und auch meine Muskeln hatten etwas an Kraft gewonnen. Ich war sogar noch einmal einige Zentimeter gewachsen.

Leider hatte diese genetische Veränderung auch zur Folge, dass ich für Krankheiten anfällig geworden war, die die Antiker gehabt hatten. Und ich hatte wohl das ganz große Los gezogen. Durch meinen Kontakt mit all den Menschen aus der Milchstraße war ich wohl mit einem Virus in Kontakt gekommen, der bei den Antikern nur als die „große Seuche“ bekannt war. Sie hatte beinahe alle Antiker ausgelöscht, die es nicht geschafft hatten, aufzusteigen. Auch Cassandra hatte wohl diese Krankheit bekommen, als sie sich durch Niirtis Manipulation verändert hatte. Sie wäre beinahe daran gestorben, doch vorher hatte man es geschafft, die Gen-Manipulation rückgängig zu machen.

„Warum bin ich dann noch hier?“, fragte ich dann erstaunt.

„Um ehrlich zu sein, haben wir das Michael zu verdanken“, gab Jennifer etwas kleinlaut zu. Anscheinend hatte er mit seinen Experimenten herausgefunden, dass das Blut seiner Hybriden eine eindämmende Funktion gegenüber dem Virus hatte. So lange er mir regelmäßig sein Blut gespritzt hatte, war ich zwar immer noch krank und schwach gewesen, ich hatte aber nicht sterben können.

„Aber keine Angst, wir müssen dir nicht regelmäßig Blut von diesen Hybriden spritzen“, beruhigte mich mein Vater, als ich ihn entsetzt ansah. Daran lag es allerdings nicht. Hatte Michael also eher versucht, mein Leben zu retten anstatt es zu beenden?  Hatte er mich mit allen Mitteln am Leben gehalten? Aber warum? Wahrscheinlich nur, um mich dann zu seinem eigenen Vorteil nutzen zu können, so wie Torren es vermutet hatte.

„Nein, das müssen wir nicht. Wir konnten Michaels Gedankengänge verfolgen und haben unsere eigene Methode entwickelt.“

„Glaub mir, mir hat das gar nicht gefallen, aber es gab keine andere Möglichkeit“, kommentierte mein Vater, bevor eine der beiden Frauen mir erklären konnte, was sie gemacht hatten. Sie hatten anscheinend eine entbehrliche Menge Blut von Torren genommen und sie mit den Naniten aus dem Blut der kleinen Melena, Ronons Tochter, gemischt und alles in einer Art Cocktail in meinen Blutkreislauf gebracht. Dort wurden die Viren dann erst von Torrens Blut eingedämmt und verbunden und dann von den Naniten vernichtet. Ich war angebunden, weil eine Zeit lang nicht klar war, ob die Naniten nicht versuchen würden, die Kontrolle über meinen Körper zu übernehmen, immerhin vertraute man weder Amelia noch Melena.

Für die Besatzung von Atlantis und vor allem für die beiden alten Flaggteams waren sie Replikatoren, beziehungsweise Asuraner und das bedeutete, sie waren der Feind, egal was sie vielleicht behaupteten. Aber wenn sie mich gerettet hatten, konnten sie dann so schlimm sein?

„Die Naniten wurden so programmiert, dass sie sich nach einer Woche selbst abschalten, es müsste also irgendwann heute passieren“, erklärte Jennifer und lächelte mir schwach zu. Ich nickte nur. Um ehrlich zu sein, war mir egal, was sie hatten tun müssen, um mich zu retten, ich war nur froh, dass sie es getan hatten.

„Was ist in dem Jumper passiert? Ich war krank, mir ging es wirklich schlecht. Dann sind plötzlich alle Systeme ausgefallen und mir ging es gut. Ich fühlte mich stark und … da waren überall Blitze.“

„Wir wissen es nicht genau, aber wir gehen davon aus, dass der Jumper intuitiv seine Energie in dich gespeist hat. Wir kennen Fälle von älteren Antiker-Technologien, in der ein Schiff intuitiv auf einen Menschen reagiert hat. Wahrscheinlich haben die Antiker diese Technologie in ihren Jumpern schon weiter entwickelt, so als eine Art Notsystem.“

Also wussten sie es selbst nicht. Das war zwar nicht gerade beruhigend, aber wahrscheinlich musste ich mich damit abfinden. Das einzige, über das ich wahrscheinlich noch genauer nachdenken musste, war die Tatsache, dass ich nun kein normaler Mensch mehr war. Ich war eine Antikerin, zumindest hatte ich das so verstanden.

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