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Kapitel 9

 

Heilerin

 

 

 

Der physische Schmerz, den ich nach diesem Abschied von Obi-Wan spürte, war genug, dass ich nicht gespürt hätte, wenn man mir mit bloßen Händen das letzte bisschen Leben aus dem Körper gequetscht hätte. Ich blickte nur stumm auf die Stelle, wo er vor einiger Zeit, hinter zwei sich schließenden Türen, verschwunden war.

Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass das vielleicht das letzte Mal gewesen war, dass ich mit ihm gesprochen hatte. Niemals hätte ich nach dem Kampf auf Geonosis und dem Beginn des Krieges gedacht, dass es so ausgehen konnte. Ich war immer überzeugt davon gewesen, dass die Gerechtigkeit und damit auch die Republik siegen würde. Doch auch ich hatte wie Obi-Wan die Dunkelheit gespürt, hatte sie auch schon in vielen Reaktionen der Menschen um mich herum gesehen.

Alle waren angespannt, reizbar und misstrauisch gegenüber anderen geworden in den letzten Jahren. Bei unserer gemeinsamen Meditation war mir ein wichtiges Detail aufgefallen, und das war die Tatsache, dass der Kanzler ständig mitgemischt hatte. Während der Belagerung von Naboo war er es gewesen, der die Königin davon überzeugt hatte, das Misstrauensvotum gegen den alten Kanzler Valorum zu stellen. Noch vor der Schlacht von Geonosis hatte er die Streitmacht von Klonsoldaten, welche auf eher dubiose Weise entstanden war, mit Wohlwollen willkommen geheißen. Und nun? Er hatte sich praktisch jedes Entscheidungsrecht des Senats überschreiben lassen und den Senat gab es nur noch für die Öffentlichkeit. Ein Wort von Palpetine und wahrscheinlich würde der halbe Senat freiwillig zurücktreten und seine Macht auf den Obersten Kanzler übertragen.

Mir fielen wieder seine Worte bei unserem letzten Treffen ein. Er hatte davon gesprochen, einen Sith beinahe mit Kusshand in seinen Reihen aufzunehmen, wenn dieser der Republik Frieden bringen würde. Und die Vermutung der Jedi, dass dies eventuell schon geschehen war, hatte ich gestern deutlich in Obi-Wan spüren können. Die Jedi waren angespannt, sie bereiteten sich auf den finalen Kampf zwischen Gut und Böse vor und der Ausgang war nicht abzusehen.

Und auf einmal stieg in mir ein ziemlich unheilverkündender Gedanke auf: Was, wenn der Kanzler nicht von den Sith beeinflusst wurde? Wenn der sich nicht unter seinen Beratern versteckt hatte, sondern wenn der Kanzler selbst der Sith-Lord war, vor dem sich die Jedi so sehr fürchteten?

Er hatte sich Anakin zum Freund gemacht, ihn immer, wenn er es gekonnt hatte, unterstützt und ihm Rat gegeben, das wusste ich von Padmé. Was, wenn dahinter nichts als grausames Kalkül gesteckt hatte? Was, wenn der Kanzler sich Anakin bewusst ausgesucht hatte, um den stärksten und unbestreitbar instabilsten Jedi für seine Zwecke zu gewinnen?

Ich musste einfach herausfinden, was es damit auf sich hatte, und wahrscheinlich musste ich dafür erst einmal mehr über die Beziehung zwischen Anakin und Palpatine herausfinden. Mittlerweile wusste ich ja, wo ich solche Informationen herbekam. Es war praktisch, dass Padmé nur wenige Etagen unter mir im selben Gebäude wohnte. So war der Weg nicht weit und ich konnte meinem Verlangen, Lichts ins Dunkel zu bringen, direkt nachgehen.

Als ich Padmés Apartment jedoch erreichte, war sie schon fast auf dem Weg zu einem wichtigen Termin. Erst dachte ich, es sei sicherlich ein Treffen mit einem weiteren Kandidaten für die Petition, die mittlerweile schon fast 2000 Senatoren und Botschafter unterschrieben hatten.

"Wenn ich dich bitten würde, mich zu begleiten, würdest du es tun?", fragte Padmé mich, als Gregar ihr in ihren Speeder half. Ich sah sie nur fragend an, stimmte aber zu, noch bevor sie mir erzählte, dass sie auf dem Weg zu einer Heilerin war, die sie über den Gesundheitszustand des Kindes aufklären wollte.

"Warum lässt du keinen Medidroiden kommen?", fragte ich verwundert, immerhin war das die gewöhnliche Prozedur und sicherlich angenehmer. Doch eigentlich war die Frage überflüssig gewesen. Sie wollte es nicht, weil ein Medidroide alles aufgezeichnet hätte. Eine Heilerin war ein Lebewesen aus Fleisch und Blut. Sie konnte man dahingehend beeinflussen, nichts nach außen zu tragen, einen Droiden nicht.

"Obi-Wan war bei mir. Er weiß Bescheid", sagte Padmé zögerlich.

"Wundert dich das? Ihr seid nicht gerade vorsichtig gewesen. Ich habe es auch bemerkt und ich kann deine Gedanken und Gefühle nicht durch die Macht spüren", erklärte ich ihr und sie nickte nur und erklärte, dass es auch irgendwie guttat, alles nicht mehr vor denen geheim zu halten, die einem viel bedeuteten. Und ich freute mich, dass ich, trotz unseres Streits und der Geheimniskrämerei um die Arbeit für die Opposition, dazu gehörte.

"Wir hatten noch keine Gelegenheit, darüber zu reden", begann ich, ließ dabei aber aus, dass es wegen unseres Streites war. "Wie hat Anakin reagiert?" Padmé hielt einen Moment inne und ich sah, wie ihr sowohl Positives als auch Negatives durch den Kopf ging. Wahrscheinlich waren seine Reaktionen geteilt gewesen.

"Er freut sich, ist aber auch besorgt um mich", sagte sie dann schließlich und erzählte mir von Alpträumen, die Anakin zu plagen schienen. Alpträume, in denen Padmé bei der Geburt seinen Namen rufend starb. Ich konnte mir gut vorstellen, dass Anakin so etwas quälte. Auch ich war besorgt, war es bei Träumen der Jedi doch nicht sicher, ob es tatsächlich nur ein Traum oder vielleicht doch eine Vision der Zukunft war. Ich hoffte inständig auf Ersteres, aber bei Anakin hatte sich schon einmal ein Traum als Vision herausgestellt.

"Redet er nur mit dir darüber?", fragte ich sie und sie verdrehte die Augen. Anscheinend ahnte sie, worauf ich hinauswollte.

"Der Kanzler weiß nichts davon. Bitte, Sabé, es reicht, dass Obi-Wan mir gesagt hat, ich solle Anakins Freundschaft mit dem Kanzler beobachten. Aber das kann ich nicht. Er ist mein Ehemann." Sie sah mich an, als würde der bloße Gedanke, Anakin zu hintergehen, ihr physischen Schmerz verursachen. Ich war nicht erstaunt darüber, dass Obi-Wan dieselben Schlüsse wie ich gezogen hatte.

"War er bei dir?" Padmé musste nicht spezifizieren, über wen sie redete, und ich nickte nur. Natürlich wollte Padmé mir ebenfalls eine heimliche Beziehung nachsagen und bohrte etwas nach. Doch es gab nichts zu erzählen.

"Er hat sich verabschiedet. Er ist der Meinung, dass Grievous bald gefunden wird und er ihn stellen muss."

"Er hat die Nachricht erhalten, während er bei mir war. Grievous ist tatsächlich gefunden worden. Dann ist er in den Tempel zurückgekehrt." Ich merkte, wie sich einfach alles in meinem Inneren zusammenzog. Es war also soweit, spätestens morgen früh würde er den Planeten verlassen und vielleicht nicht mehr zurückkehren. Ich würde vielleicht noch nicht einmal erfahren, was ihm zugestoßen war. Immerhin war ich keine Jedi, sondern nur eine einfache Botschafterin der Republik.

"Ihm wird schon nichts passieren. Selbst Anakin ist der Meinung, Obi-Wan ist der Beste für diesen Auftrag. Auch wenn er ihn gerne begleitet hätte." Ich versuchte, diesen Beitrag Padmés, mich aufzumuntern, anzunehmen, doch es war sehr schwer, Hoffnung zu haben in diesen dunklen Zeiten.

Als wir dann bei der Heilerin angekommen waren und sie uns schnell in ihr Haus geleitet hatte, um keine Aufmerksamkeit auf uns zu lenken, war ich erstaunt. Nicht ein modernes Gerät war hier zu sehen, keine Droiden, keine Elektronik. Die Heilerin war eine Togruta und ihre blauweißen Lekku waren von kleinen Falten übersäht. Anscheinend musste sie bereits sehr alt sein.

Sie erinnerte mich direkt an das kleine Togruta-Mädchen, das Obi-Wan und Anakin eine Zeitlang begleitet hatte. Asokah war ihr Name gewesen und wenn ich es richtig in Erinnerung hatte, war sie Anakins Padawan gewesen. Die ganze Geschichte kannte ich nicht. Ich wusste nur, dass sie den Orden hatte verlassen müssen. Und als ihr die Chance einer Rückkehr gegeben wurde, hatte sie diese nicht angenommen.

"Eine Freundin hast du mitgebracht?", fragte die alte Togruta mit einem fremden Akzent und rauchiger Stimme. Padmé stellte mich kurz vor und die Togruta nickte, sah aber so aus, als würde sie über irgendetwas nachdenken. Dann schien sie sich jedoch auf die wichtigere Sache zu konzentrieren und wandte sich wieder Padmé zu.

"Du hast alle Tränke genommen?", fragte die Heilerin nun meine Freundin und ich sah sowohl Gregar als auch Padmé entsetzt an. Sie hatte sich Tränke geben lassen? Und sie auch noch einfach so getrunken? Doch zu meiner Beruhigung zeigte Gregar mit einer kurzen Handbewegung an, dass er sie alle selbst getestet hatte, bevor Padmé sie getrunken hatte. "Gut. Sehr wichtig für neues Leben ist." Dann bat sie Padmé, sich hinzulegen, und legte ihr eine Decke über Beine und Unterleib, sodass Gregar nichts sehen konnte.

"Alles ist gut. Babys gesund und bereit", sagte die Togruta, nachdem sie meine Freundin untersucht hatte, und ich sah sie erstaunt an. Bereit? Laut dem. was Padmé mir erzählt hatte, mussten es noch mindestens eineinhalb Monate sein, bis das Baby... Moment, hatte sie gerade tatsächlich Babys gesagt?

Padmés Gesichtsausdruck sah ich an, dass gerade tatsächlich etwas gesagt wurde, was selbst sie noch nicht gewusst hatte, denn das erste Mal seit langem sah sie sprachlos aus. Als sie noch einmal nachfragte, bestätigte die Heilerin ihre Aussage nur noch einmal und spezifizierte sie selbst noch, indem sie uns auch noch eröffnete, dass es ein Junge und ein Mädchen waren. Wahrscheinlich war das Echosystem in den hohlen Hörnern der Togruta doch besser, als man gemeinhin vermutete. Denn womit hätte sie das sonst feststellen sollen völlig ohne technische Hilfsmittel?

"Eine neue Hoffnung wächst in dir heran." Ihre Stimme spiegelte trotz des rauen Akzentes und des rauchigen Tones dennoch etwas von dem warmen Grinsen wider, das sich auf dem roten Gesicht zeigte. Doch irgendetwas sagte mir, dass sie mehr wusste, mehr mit ihren Worten meinte, als wir begreifen konnten. Dann gab sie Gregar eine Liste mit Kräutern und anzurührenden Salben, die Padmé so schnell wie möglich anwenden sollte, und verschwand für einen Moment im Hinterzimmer.

Sie kramte wild herum, fluchte in ihrer eigenen Sprache und schien etwas zu suchen, was sie lange Zeit nicht mehr gebraucht hatte. Als sie wieder zurückkam, hielt sie ein kleines, ziemlich verwittertes Plüschtier in der Hand. Es war ein kleines Voorpak, ein Haustier unseres Heimatplaneten.

"Deine Mutter es vergessen hat", sagte sie und hielt das Spielzeug auffordernd in meine Richtung. Erstaunt blickte ich sie an, wusste nicht recht, was sie damit meinen konnte. Wie sollte dieses Stofftier aus dem Besitz meiner Mutter hierher nach Coruscant gelangt sein? Das ergab für mich keinen Sinn, immerhin war ich auf Naboo geboren worden. Sicherlich verwechselte die Frau mich mit irgendjemand anderem. Denn auf meinem Heimatplaneten hatten meine Eltern mich aus einem Waisenhaus mitgenommen.

Doch sie ließ sich nicht durch meinen skeptischen Blick beeindrucken, sondern hielt mir das Tier dennoch entgegen und bestand darauf, dass ich es nahm. Als ich meine Hand danach ausstreckte und es zögerlich packte, griff sie nach dem Ärmel meines Gewandes und zog ihn hoch. Mit ihrem roten Finger zeigte sie auf das Muttermal an meinem Handgelenk, genau über der darunterliegenden Pulsader.

"Noch eines unter deinem Nabel", sagte sie grinsend und Padmé sah mich verwirrt an. Doch ich konnte ihr keine Antwort auf ihre unausgesprochene Frage geben, denn ich wusste selbst nicht, woher diese Frau das wusste. Ich kannte sie nicht, hatte sie noch nie gesehen. "Deine Mutter sah genauso aus wie du. Sie Angst hatte bei deiner Geburt", versuchte sie zu erklären und vermutlich sah ich genauso fassungslos aus wie Padmé.

Sie wusste, wer meine Eltern waren. Zumindest glaubte sie es zu wissen, hatte sie Tiré und Jacen Hertes doch ein paar Mal gesehen. Sie wusste jedoch nicht, dass ich adoptiert war. Dass meine Eltern nicht meine leiblichen Eltern waren.

Aber ich wusste es natürlich, denn meine Eltern hatten es mir bereits in meiner Kindheit erzählt. Und bevor mein Vater verstorben war, hatte er mit eröffnet, dass meine leibliche Mutter seine Schwester war. Doch wie konnte die Togruta davon wissen, wenn es nur eine Handvoll Menschen, von denen mittlerweile nur noch ich existierte, in der Galaxis gegeben hatte, die das Geheimnis gekannt hatten?

Irgendwie entsetzt aber auch zutiefst verunsichert knetete ich das Stofftier in meinen Händen und starrte darauf. Wie in Trance frage ich: "Wie hieß sie?" Wenn diese Togruta tatsächlich meine richtige Mutter gekannt hatte, vielleicht hatte sie dann auch den Grund gewusst, warum meine Mutter mir dieses Amulett gegeben hatte, vor was sie mich hatte beschützen wollen. Vielleicht lebte sie sogar noch und ich konnte sie selbst fragen, wenn ich sie denn fand. Leider verpuffte dieser Wunsch mit einem einzigen Kopfschütteln der Heilerin. Genau wie Padmé hatte meine Mutter wahrscheinlich ihre Identität geheim halten wollen.

"Gut gekleidet sie war, wie du. Und in Begleitung einer Dienerin, sie dich mitgenommen hat." Ich hatte nicht bemerkt, wie ich mich auf den Schemel gesetzt hatte, auf dem eben noch Padmé Platz genommen hatte. "Danach ich nichts mehr von ihr gehört. Bei einem Unfall alle ums Leben gekommen, hat man gesagt. Ich dachte, du auch tot."

"Ihr müsst Euch irren. Meine Freundin wurde auf meinem Heimatplaneten geboren, nicht hier", sprang nun Padmé ein, als ich sprachlos blieb und den kleinen gelben Voorpak in meinen Händen anstarrte. Der Voorpak war ein Zeichen, dass ich von Naboo stammte, da war ich mir sicher. Doch warum hatte meine Mutter Angst gehabt? Warum hatte sie sich wie Padmé einer Heilerin anvertraut und nicht einem Medidroiden?

"Mylady, Euer Termin. Wir müssen aufbrechen." Selbst Gregar schien diese ganze Situation äußerst unangenehm zu sein und das lag nicht nur an der Tatsache, dass er immer wieder in Sachen gezogen zu werden schien, von denen er eigentlich nichts wissen wollte. Direkt sah ich, wie Padmés Blick kühler wurde und sie sich nur kurz von der Togruta mit dem Versprechen verabschiedete, in wenigen Tagen wiederzukommen.

Ich für meinen Teil wollte eigentlich noch nicht gehen. Zu viele Dinge waren hier angesprochen worden. Und dennoch stieg ich mit Padmé und Gregar in den Speeder. Wenn ich es richtig verstanden hatte, dann wusste die Togruta nicht mehr, als sie mir bereits gesagt hatte.

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