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Kapitel 8

 

Meditation

 

 

 

In letzter Zeit schien etwas wirklich nicht mit mir zu stimmen. Stets wenn ich aufwachte, hatte ich das Gefühl, nicht geschlafen oder etwas verpasst zu haben. So auch dieses mal. Es fiel mir nicht direkt auf, erst als ich aus meinem Bett aufstehen und den Morgenmantel um mich legen wollte, den ich mir immer bereits abends zurechtlegte. Doch dieses Mal war weder der Mantel in meiner Nähe, noch trug ich das gewohnte Nachthemd. Ich trug nur eine leichte Tunika und eine lange bequeme Hose, die ich sonst nur trug, wenn es mir nicht gut ging.

Auf dem Weg zum Spiegel erschrak ich dann und mir entfuhr ein Schrei, der meinem sowieso ziemlich schmerzhaften Kopf den letzten Rest gab und er beinahe explodierte. Im Spiegel sah ich einen schlafenden, nein meditierenden Obi-Wan auf dem Sessel neben meinem Bett, und als Dané erschrocken von meinem Schrei das Zimmer betrat, sah ich sie nur geschockt an.

„Er hat Euch gestern Nacht hierhergebracht. Erinnert Ihr Euch nicht mehr?“ Ihr verschmitztes Grinsen beruhigte mich nicht gerade und ich bat sie, ein kleines Frühstück vorzubereiten, während ich versuchen würde, mich daran zu erinnern, was passiert war, nachdem wir die Bar verlassen hatten.

Als ich sah, dass Obi-Wan nur seine Tunika, den Gürtel und die Hose trug, betete ich zur großen Göttin, dass wir nichts getan hatten, was unsere eigenen Prinzipien verraten hätte. Doch im nächsten Augenblick verwarf ich diesen Gedanken direkt. Sicherlich würde ich mich daran erinnern können. Es wäre schon sehr ungerecht, wenn wir alles beiseitegelegt hätten, war wir für gut und recht hielten, und ich mich dann noch nicht einmal daran erinnern könnte.

Und dann kamen die Erinnerungen langsam wieder. Er hatte mich aus der Bar getragen, weil der Alkohol doch über mich gesiegt hatte. Der Flug hierher hatte unendlich lange gedauert, zumindest war es mir mit meiner Übelkeit so vorgekommen. Mindestens zwei Mal hatte ich mich auf dem Flug übergeben müssen. Erst als wir hier angekommen waren, hatte er Dané um etwas gebeten, das den Einfluss des Alkohols etwas minderte, damit er zumindest vernünftig mit mir reden konnte. Er selbst hatte auch etwas von dem übel riechenden Gebräu zu sich genommen und mich dann mit der Bitte um ein etwas vertrauliches Gespräch in meine Gemächer zu führen.

Deswegen hatte Dané mich auch eben so angesehen. Für sie musste das alles ziemlich eindeutig gewesen sein. Doch wie so meist bei Obi-Wan und mir, war es anders, als es im ersten Moment den Anschein hatte. Während Dané sicherlich vermutete, dass wir hinter verschlossenen Türen unseren Spaß miteinander gehabt hatten, so hatte Obi-Wan mich tatsächlich darum gebeten, einfach nur meditieren zu dürfen.

„Ich muss herausfinden, was das, was Meister Windu gesehen hat, bedeutet, ob diese Leere tatsächlich mit Euch zu tun hat. Doch dafür muss ich etwas tun, was wir Jedi nur selten tun“, hatte er gesagt, als sich die Tür hinter uns geschlossen hatte. Er empfahl mir, mich in den angenehmsten Kleidern zu kleiden, die ich besaß, und streifte sich selbst seinen Umgang und die oberste Tunika ab.

„Wir müssen uns vereinigen.“ Mein Blick musste Bände gesprochen haben, denn er gluckst nur leicht, als er spezifizierte, was er mit dieser doch eher zweideutigen Botschaft meinte: „Wir müssen unsere Gedanken miteinander verbinden, die Macht durch uns beide fließen lassen.“

Ich stockte einen Moment. War das überhaupt möglich? Und wenn ja, wie sollte das funktionieren mit meinem Amulett? Yoda hatte deutlich gemacht, dass ich es nicht ablegen sollte. War es weise, seinen Rat zu missachten?

„Es gibt eine Möglichkeit dazu, ohne dass Ihr es ablegen müsst“, hatte er dann gesagt und mich um Erlaubnis gebeten, sich, der Bequemlichkeit wegen, auf mein Bett setzen zu dürfen. Bei einem anderen Mann hätte ich sicherlich an einen erbärmlichen Trick gedacht, um doch das Bett mit mir zu teilen, aber bei Obi-Wan wagte ich das zu bezweifeln.

Ich hatte ihn also beobachtet, wie er sich auf meinem Bett in der gewohnten Meditationshaltung positioniert hatte, und dann hatte er mich gebeten, mich einfach mit einem Kissen so hinzulegen, dass mein Kopf auf seinem Schoß lag. Dann legte er eine Hand um das Amulett und eine Hand auf meine Schläfe.

Sobald diese eigenartige Verbindung hergestellt war, hatte ich wieder das seltsame Gefühl, über die Macht mit ihm verbunden zu sein. Dass er alles hörte, was ich dachte, alles spürte, was ich spürte, und alles sah, was ich sah. Doch es war intensiver als zuvor und auch ich hatte nun beinahe unbegrenzten Zugang zu der Essenz seines Seins. Hätte einer von uns bösere Absichten gehabt, wir hätten den anderen ohne auch nur einen Hauch von Blutvergießen allein mit unseren Gedanken vernichten können.

Immer wieder bat er mich, mich auf meine Verbindung zu ihm zu konzentrieren und nicht in seinen anderen Erinnerungen verloren zu gehen. Und bald merkte ich, was er tat. Er durchforstete jedes noch so kleine Detail, analysierte jedes Wort, das wir jemals miteinander gesprochen hatten. Dann konzentrierte es sich noch etwas mehr und führte uns tiefer in die Macht.

Hatte ich mich noch zu Beginn gefragt, warum Jedi nicht öfter von einer solchen Vereinigung profitierten, hatte ich nur Augenblicke später gewusst, warum. Eine furchtbar starke, aber auch wirre Vorahnung hatte mich getroffen. Sie war verschwommen und bestand nur aus Bruchstücken und Gefühlen. Ich merkte, dass auch Obi-Wan es gespürt haben musste, denn er zitterte förmlich und schien Schwierigkeiten zu haben, seine Konzentration aufrecht zu erhalten.

Dann hatte er unsere Verbindung abrupt abgebrochen und es war für mich beinahe etwas schmerzhaft gewesen. Ich war danach so erschöpft, dass ich einfach eingeschlafen war, während er nur weiter meditiert hatte.

Und jetzt hatte er die Augen geöffnet und beobachtete mich, wie ich die Geschehnisse zu ordnen versuchte. Ich fragte mich, ob die Wirkung des Alkohols unterdrückenden Gebräus auch bei ihm nachgelassen hatte und ob er ähnliche Kopfschmerzen hatte wie ich. Ich für meinen Teil war ziemlich bedient und hatte das Gefühl, eine Armee Banthas trampelte von einer Schläfe zur anderen.

„Ein Teil Eeurer Kopfschmerzen ist wohl der gemeinsamen Meditation geschuldet. Den Rest habt Ihr Euch selbst zuzuschreiben“, sagte Obi-Wan trocken, als er sah, wie ich mir meinen Kopf hielt. Ich merkte direkt, dass sich irgendetwas in ihm verändert hatte. Es schien beinahe, als habe er seine innere Ruhe gefunden, aber ob mich das beruhigen sollte, wusste ich nicht.

„Ich habe das Gefühl, dass sich das Schicksal bald zeigen wird. Grievous’ Entdeckung steht bevor und ich werde Coruscant verlassen, vielleicht noch heute, vielleicht erst morgen“, wechselt er plötzlich das Thema und nahm meine Hand. Seine Stimme war so ruhig und gesammelt, dass das, was er sagte, beinahe surreal wirkte. „Der Aufenthaltsort Grievous' wird mein Schicksal entscheiden. Ich bin mir mittlerweile sicher, dass es eine Falle sein wird, in irgendeiner Weise.“ Sanft strich er mit seinem Daumen über meine Wange und ich konnte mich nicht gegen das Gefühl wehren, dass er versuchte, sich endgültig zu verabschieden.

„Ich fürchte, wir werden uns nicht mehr wiedersehen, Sabé.“ Es war eine der seltenen Situationen, in denen er mich mit meinem richtigen Namen und nicht meinem Titel ansprach, und ich merkte, dass es ihm wichtig war, in diesem einen Moment die Distanz, die immer zwischen uns herrschte, zu überwinden.

„Obi-Wan, das kann nicht das Ende sein.“ Meine Stimme klang beinahe flehend, als ich dem Drang, ihn zu umarmen, nicht mehr widerstehen konnte. Ich wollte nicht glauben, dass dies unsere letzten Momente sein sollten, und doch spürte auch ich seit unserer Verbindung am Vorabend, dass die Dunkelheit bedrohlich nahe war.

„Versprecht mir eines, Sabé: Sollte irgendetwas passieren, hier auf Coruscant, flieht. Setzt Euch auf einem Planeten ab, auf dem man Euch nicht vermuten würde, und lebt dort ein schönes Leben.“

„Das kann ich nicht“, sagte ich und meine Stimme versagte unter dem Versuch, die Tränen zurückzuhalten. Wie sollte ich ein schönes Leben haben, wenn etwas passierte, das mich dazu brachte, zu fliehen? Wie sollte ich ein schönes Leben haben, wenn Obi-Wan tot war?

Er nickte nur stumm und küsste mit einer sanften Berührung seiner Lippen meine Stirn. „Ich musste es zumindest versuchen“, flüsterte er und ich meinte auch in seiner Stimme den Klang unterdrückter, offener Trauer zu hören. Als er sich schließlich von mir löste, denn ich war dazu nicht in der Lage, meinte ich für einen winzigen Moment, eine Träne in seinem Augenwinkel gesehen zu haben, die aber schnell wieder verschwunden war. Dann trat er immer weiter zurück, bis die Länge unserer Arme nicht mehr ausreichte und sich auch unsere Hände voneinander lösten. Ich wusste, ich hatte nicht die Kraft, ihn bis zum Lift zu begleiten, sonst wäre ich ihm vielleicht gefolgt, egal wohin er ging.

Ich stand also in meinem Zimmer, blickte ihm hinterher und versuchte mich zusammenzureißen für den Fall, dass er sich doch noch einmal umdrehte. Ich wollte nicht, dass sein letzter Eindruck von mir der einer weinerlichen Frau war.

„Möge die Macht mit Euch sein, Meister Obi-Wan.“

Er drehte sich nicht um, blieb aber stehen. „Ben“, sagte er schlicht und ich antwortete: „Leb wohl, Ben.“

„Leb wohl, Sabé.“ Dann war er verschwunden.

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