top of page

Kapitel 16

 

Geheimnisse einer Toten

 

 

 

Warten war für mich schon immer die grausamste Strafe gewesen. Wenn man wartete, hatte man viel zu viel Zeit über das nachzudenken, über das man nicht nachdenken wollte. Vor allem wenn man sich an einem Ort befand, der nur so von schmerzlichen Erinnerungen überwuchert war. Hier hatte ich Padmé kennengelernt, hatte mich mit ihr angefreundet und sie hatte mir ihr Leben anvertraut. Hier hatten wir Qui-Gon die letzte Ehre erwiesen und hier war mein Vater gestorben. Gregar hatte nicht weit von hier sein Auge verloren und draußen im Garten hatte Obi-Wan mich das erste Mal geküsst, bevor ich ihn ganze 10 Jahre nicht mehr wiedergesehen hatte.

"Ich bin hierher geeilt, sobald ich erfahren habe, dass du hier bist!" Saché war einfach in das Zimmer gestürmt gekommen, in dem ich untergebracht war, und irgendwie wunderte es mich kein bisschen, dass sie mich gefunden hatte, obwohl es ein wohl gehütetes Geheimnis war, dass ich mich überhaupt auf Naboo aufhielt. Sie fiel mir regelrecht in die Arme und begann augenblicklich zu weinen. Ich wusste, wieso: Vor einem halben Jahr hatte sie Padmé gebeten, sie aus dem Dienst zu entlassen, da ihre Mutter schwer krank geworden war und sie sich nun um ihre drei kleineren Geschwister kümmern musste. Wahrscheinlich machte auch sie sich Vorwürfe, nicht für Padmé dagewesen zu sein in ihren letzten Stunden.

"Yané und Eirtae sind bei Padmés Eltern und unterstützen sie bei den Vorbereitungen. Wir hatten Sorge, dass du auch gestorben bist. Vor allem nachdem Dané und Halé alleine nach Naboo zurückgekehrt sind", sagte sie, nachdem sie sich wieder ein bisschen beruhigt hatte. Ich sah ihr an, dass allein der Gedanke, mich auch noch verloren zu haben, ihr einen Schauer über den Rücken laufen ließ, und ich nahm sie nochmals in den Arm.

"Ich werde herausfinden, was Padmé zugestoßen ist. Glaub mir, Saché, wenn auch nur irgendwer etwas damit zu tun hat, wird er es noch bitter bereuen." Ich sah an ihrem Blick, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, woher ich annahm, dass Padmé nicht eines natürlichen Todes gestorben sein sollte. Dann erklärte ich ihr, dass sie von Polis Massa hierher gebracht wurde und sie kurz vor dem Angriff auf den Jedi-Tempel noch im Senatsgebäude auf Coruscant gewesen war.

"Warum hätte sie Coruscant verlassen sollen?", fragte Saché ungläubig und hörte sich skeptisch an.

"Genau das gilt es herauszufinden. Wenn ich das weiß, dann werde ich auch wissen, woran Padmé gestorben ist."

"Ich werde dir helfen, wo ich nur kann." Ich war froh über Sachés Unterstützung, auch wenn sie mir zu Beginn nicht viel würde helfen können. Aber vielleicht konnte sie besser mit Leuten reden als ich. Auch die Königin war der Meinung gewesen, dass es für mich besser war, unbemerkt zu bleiben. Sicherlich suchte man nach dem, was ich im Jedi-Tempel gesehen und vom Imperator gehört hatte, immer noch nach mir. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man dafür Zeugen gebrauchen konnte, die im Zweifelsfall gegen die neue Regierung aussagen konnten.

Außerdem hatte Palpetine vermutlich immer noch die Hoffnung, mich für seine Zwecke gebrauchen zu können, auch wenn ich lieber sterben würde als ihm zu helfen. Aber wer wusste schon, was er noch für Tricks im Ärmel hatte. In gewisser Weise hatten wir ihm immerhin alle bereits geholfen, ohne zu wissen, zu was es führen würde.

Als dann die Nachricht kam, dass der Transporter mit Padmés Leichnam an Bord angekommen war, wollte ich mich natürlich nicht abhalten lassen, sie noch ein letztes Mal zu sehen, doch die Königin kannte mich und hatte vorgesorgt. Selbst die alten, geheimen Versorgungstunnel waren mit Wachleuten besetzt, die sich nicht auf meine Überredungskünste einließen. Die meisten von ihnen kannte ich persönlich und sie folgerichtig auch mich.

"Wir habe genaue Anweisungen erhalten", entgegnete Ular, ein kräftiger Kerl, der mir zu Akademiezeiten deutliche Angebote gemacht hatte. Selbst er ließ sich nicht umstimmen und ich ging verzweifelt in das Zimmer zurück, in das man mich gesteckt hatte.

"Der Göttin sei Dank!" Ich hatte das Zimmer kaum betreten, da stand auch schon ein ziemlich erschöpfter, aber erleichtert aussehender Gregar vor mir. Er verlor keine Zeit und schloss mich fest in seine starken Arme. "Ich dachte schon, du seist mit ihr gestorben!", seufzte er und ich sah ihn verwirrt an. War er nicht bei ihr gewesen, als sie gestorben war? Hatte er sie tatsächlich alleine gelassen? In ihrem Zustand?

Wut wallte in mir hoch, als ich daran dachte, dass er es vielleicht hätte verhindern können. Und ich schrie ihn an: "Was hast du getan? Warum hast du sie nicht beschützt? Es war deine Pflicht, sie zu beschützen!" Wie von Sinnen hieb ich mit den Fäusten auf seine Brust ein. Ich wollte einfach nicht glauben, dass Padmé einfach alleine, ohne auch nur einen, der sie beschützen konnte, gestorben war.

Gregor sagte für einige Momente gar nichts, ließ es zu, dass ich meinen ganzen Frust an ihm ausließ, während er einfach nur meine Handgelenke festhielt, damit ich ihn nicht weiter schlagen konnte. Was ich ihm an den Kopf warf, war alles anderes als schicklich für eine Botschafterin. Aber der ganze Frust auf mich selbst, weil ich nicht bei ihr hatte sein können, entlud sich hier mit einem Mal.

"Sabé, ich... Sie ist einfach aufgebrochen. Sie hat nur die Droiden mitgenommen."

"Wieso bist du ihr nicht gefolgt? Wieso hast du nicht darauf bestanden, sie zu begleiten?" Ich sah in seinen Augen, dass er sich diese Frage oft genug selbst gestellt hatte. Anscheinend hatte Padmé geplant, alleine abzureisen, denn sie hatte Gregar gebeten, alles vorzubereiten, um mit dem Nubian nach Naboo zurückzukehren, während sie sich das Skiff genommen hatte. Selbst Motee hatte nichts davon mitbekommen.

"Wohin ist sie geflogen?"

"Das kann ich dir nicht sagen, das Skiff war nicht auf Polis Massa und wir haben die Ortung verloren", gab Gregar zu. Es war also immer noch unklar, warum Padmé Coruscant verlassen hatte. Aber es war klar, dass jemand etwas versuchte zu vertuschen. Warum sonst sollte zwar Padmé gefunden sein, jedoch niemand einen Schimmer haben, wo das Skiff und die beiden Droiden abgeblieben waren?

"Kommt dir das Ganze nicht auch merkwürdig vor?", fragte ich Gregar und er nickte nur. "Wir müssen herausfinden, was mit Padmé passiert ist, Gregar." Ich sah ihn an und konnte erkennen, dass er keine leidenschaftlichen Gefühle mehr für mich empfand, er sich aber dennoch meiner Bitte nicht erwehren konnte. Ohne ein weiteres Wort wies er mich an, ihm zu folgen.

Gregar schien für die meisten der Wachen ein Zeichen zu sein, dass die strenge Isolation zum Teil aufgehoben war, immerhin war er ihr Vorgesetzter und eskortierten mich nun an ihnen vorbei. Er brachte mich bis in den privaten Landehangar der Königin, in dem vor wenigen Stunden der Transporter mit Padmés Leichnam gelandet war und der nun auch zur Salbung genutzt wurde. Hier würde Padmés Körper für die Ewigkeit vorbereitet werden, wie es bei allen ehemaligen Königinnen und Königen getan wurde.

Bevor ich eintreten durfte, schmiss Gregar mir eine graue Robe der Schwesternschaft über, damit ich nicht als ungebetener Gast auffiel. Die Schwangerschaft stand vollkommen im Dienste der Göttin und sorgte für die Einhaltung aller Rituale, die mit der Beisetzung etwas zu tun hatten.

"Sie sieht so seltsam aus. Als würde sie nur schlafen", bemerkte ich leise, als Gregar und ich nahe genug an den Tisch getreten waren, auf dem sie lag.

"Sie hat keinerlei Wunden oder ähnliches", bestätigte Gregar meine Beobachtung, doch irgendetwas war seltsam. Irgendetwas wollte nicht so recht in das Bild passen, doch die Erkenntnis wollte einfach nicht kommen. Dann sah ich sie einfach als das, was sie in diesem Moment war. Sie war keine Fremde, deren Tod es zu ermitteln galt. Sie war meine beste Freundin und sie lag hier tot vor mir.

Ich brach augenblicklich auf die Knie, ohne das Gregar auch nur eine Chance gehabt hatte, mich zu stützen. Ich hatte in ihr lebloses Gesicht gesehen und ein kleiner Teil von mir hatte einfach gehofft, sie würde ihre Augen öffnen und sagen, dass das alles nur eine Charade war, um in Sicherheit zu gelangen. Doch das war es nicht. Nichts an alledem hier war gespielt. Sie war tatsächlich tot und würde nie wieder auch nur ein Wort zu mir sagen können.

In diesem Moment war es mir egal, was die Schwestern dachten, die Padmé vorbereiten wollten, mir ging es um den Abschied von einer Freundin. Einer Freundin, mit der ich so vieles durchgestanden hatte, der ich mein Leben anvertraut hatte und sie mir ihres. Ich schlang meine Arme ein letztes Mal um sie.

Direkt, als ich ihren gewölbten Bauch berührte, merkte ich, was die ganze Zeit so seltsam gewesen war, was mich an Padmés Anblick so gestört hatte: Ihr Bauch war unheimlich unförmig und auch um einiges kleiner als das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte. Unauffällig drückte ich meinen Ellbogen etwas hinein, während ich Padmé weiter umarmte, und es fühlte sich einfach nur seltsam an.

Natürlich, einer der Zwillinge hätte sich während ihres Todeskampfes vielleicht noch anders legen können, aber dort, wo ich noch vor zwei Tagen den unteren Rücken eines der Kinder hatte spüren können, war nun nichts mehr. Es fühlte ich an wie eine Art Gelee, das sich langsam wieder in die ursprüngliche Form zurückbildete.

Während wir uns noch in Gegenwart der Schwesternschaft befanden, sagte ich Gregar natürlich nichts von dem, was ich vermutete. Aber sobald wir uns wieder in meinem temporären Zimmer befanden, konnte ich es nicht mehr für mich behalten. Im ersten Moment wollte er meine Vermutung noch abtun, doch ich ließ mich davon nicht abbringen: Die Zwillinge waren am Leben. Padmé hatte die beiden geboren und war erst danach gestorben.

Das warf jedoch eine neue Frage auf: Wo waren die Babys? Waren sie noch auf Polis Massa? Eine Krankenstation gab es dort und es war gut möglich, dass die Geburt dort stattgefunden hatte. Aber wer war dabei gewesen, der die beiden danach mitgenommen hatte? War es vielleicht Anakin gewesen und er war danach mit den beiden verschwunden? Das wäre zumindest eine Erklärung dafür, dass er in den HoloNews nicht an der Seite des Imperators war, war er doch dessen neues... Haustier.

"Wir müssen herausfinden, was mit den Babys passiert ist."

"Vielleicht sind sie auch gestorben?"

"Und man hat was mit ihnen gemacht? Sie einfach in das Weltall treiben lassen? Wohl kaum. Wären sie gestorben, hätte man sie auch hergebracht", argumentierte ich und es schien selbst für Gregar einleuchtend, dass die Kinder nicht gestorben sein konnten. Zumindest nicht, wenn ich recht hatte und sie sich nicht mehr in Padmés Bauch befanden. Doch diese Tatsache musste erst bewiesen werden.

bottom of page