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Kapitel 11

 

Ich war außer Atem als wir endlich an den Mauern von Shuroo angekommen waren und ich wusste nicht wann ich das letzte Mal innerhalb eines Tages so viel gelaufen war. Ich spürte wie meine Fersen bei jedem weiteren Schritt protestierten und ich hätte mir nichts lieber gewünscht als ein Auto das mich einfach in diese Stadt gefahren hätte und ich sah, dass es zumindest Loki nicht anders ging. Auch er war des Laufens müde, aber wir hatten keine andere Wahl. Wenn wir eine Überlebenschance haben wollten, würde wir so schnell wie möglich an der Arche ankommen, die nun über die Mauern herausragte.

 

Vor einigen Minuten, hatten wir bereits eine Lautsprecher Ansage gehört, dass alle Passagiere sich nun an Bord begeben sollten, da die Arche bald abheben würde. Es blieb also nicht mehr viel Zeit. Wenn es so war, dass alle starben weil die Arche zu spät abhob mussten wir sichergehen, dass sie in weniger als 10 Minuten diesen Mond verließ. Wie wir das schaffen sollten, war mir jedoch ein Rätsel als ich die Massen sah, die sich vor den Zugang zur Arche tummelten und vergeblich versuchten hineinzukommen.

 

„Sie lassen sie alle sterben“, bemerkte auch Loki entgeistert, als er feststellte das keiner der hier anwesenden noch eine Chance darauf hatte auf die Arche zu gelangen. Ich war überrascht, dass es ihn interessierte, dass die Menschen hier ohne Hoffnung auf Rettung zurückgelassen werden sollten.

 

Als ich mich in dieser Stadt so umsah spürte ich einen Schauer meinen Rücken hinunterlaufen. Dieser Mond war an sich keine Schönheit gewesen, doch diese Stadt zeugte nur davon was hier schieflief. Anscheinend war dieser Mond eine einzige Miene und die Leute die hier wohnten konnte man in drei Parteien unterteilen. Die Reichen, die hier ihre Mienen bewirtschafteten, ihre Arbeiter und Ausgestoßene, die hier versuchten ihren Geschäften nachzugehen ohne behelligt zu werden.

 

Shuroo erinnerte mich an einige Orte auf der Erde nach Thanos Fingerschnips. Las Vegas war einer dieser Orte geworden. Die Armen versuchten in den Kanalsystemen zu überleben und überfielen regelmäßig die ehemaligen Casinos und Supermärkte der Stadt. Die übriggebliebenen Casino-Besitzer versuchten die Vagabunden mit mehr und aggressiverer Security zu verscheuchen und es hatte regelmäßige Straßenschlachten gegeben.

 

Als sich dann der Zugang zur Arche schloss war uns klar, dass es hier in den nächsten Augenblicken ungemütlich werden würde. Die Leute würden nicht untätig zusehen wie die Reichen sich retteten, während sie hier zum Sterben zurückgelassen wurden.

 

„Wir müssen auf die Arche, und dafür sorgen das die Abhebt.“, sagte Sylvie eindringlich zu uns während wir noch ungläubig auf den nun verschlossenen Zugang sahen und beobachteten wie die verzweifelten Leute versuchten über die Absperrung zu gelangen.

 

Und dann begannen die Aufstände und die Leute begannen zu kämpfen. Die Wachen die zurückgeblieben waren versuchten so gut es ging die Ordnung aufrecht zu erhalten, aber das war aufgrund der Lage kaum noch möglich. Es flogen explosive Brandsätze durch die Gegend und die Leute liefen wie wild umher, einige, um sich an den Kämpfen zu beteiligen, andere um sich in Sicherheit zu bringen.

 

Wir versuchten derweilen einen anderen Weg auf die Arche zu finden und Sylvie war der Meinung, dass wir es außenherum versuchen sollten, auch wenn ich vermutete, dass die Zeit dafür zu knapp war.

 

Ein beängstigend lautes Grollen und knirschen zeigte mir dann, dass ich mit meiner Vermutung recht hatte.  Der Planet, der mittlerweile beinahe den gesamten Himmel einnahm, brach vor unseren Augen sprichwörtlich auseinander und ich sah wie eine unheimliche Anzahl an großen und kleinen Gesteinsbrocken auf uns zu flogen. Der Mond hatte höchstens noch eine Stunde bis zur totalen Vernichtung.

 

Und plötzlich waren die Aufstände und die explosiven Brandsätze unser kleinstes Problem, denn die Geschosse die nun auf uns niedergingen waren aus Stein und sie kamen aus dem Himmel. Sie waren deutlich größer als die Tennisball großen Geschosse die uns hier auf dem Mond begrüßt hatten und in zusammen hang mit der Elektronik die hier in der Stadt vorhanden war sorgten sie für teilweise heftige Explosionen.

 

Eine von diesen riss sowohl mich als auch Loki und Sylvie von den Füßen und der Laute knall dröhnte noch in meinen Ohren nach, während Loki versuchte mich auf meine Beine zu ziehen.

 

„Alles gut bei euch?“, fragte Sylvie besorgt nach während wir in eine Bar liefen. Wir nickten nur und wollten schon weitergehen, als wir dann von einigen Wachen angegriffen wurden, die uns anscheinend für Aufständige hielten. Doch sie hatten dieses Mal keinerlei Chance gegen uns und wir schafften es schnell sie zu überwältigen und hinter uns zu lassen.

 

„Vorsicht!“, rief ich erschrocken aus als wir wieder in Richtung der Arche liefen und plötzlich eines der höheren Gebäude direkt über uns von einem Gesteinsbrocken getroffen wurde und über uns einzustürzen drohte.  Der Antenne konnten wir noch ausweichen, als jedoch der Turm uns zu erschlagen drohte blieb ich einen Moment stehen, nahm alle meine Konzentration zusammen und versuchte ihn wieder aufzustemmen. Leider merkte ich sehr schnell, dass meine Kraft nicht ausreichte und ich fürchtete schon erschlagen zu werden als ich merkte, wie Loki meine Hand ergriff und anstatt mich wegzuziehen blieb er stehen.

 

„Ich hab’s!“, rief er aus und ich merkte wie uns eine Energie durchströmte und er mit seiner Magie meine Kraft steigerte und mir dabei half das Gebäude wieder in seine Ursprüngliche Position zu bringen.

 

„Wir können es noch schaffen!“ Ich war leider nicht so optimistisch wie Loki doch ließ mich bereitwillig von ihm mitziehen, selbst als die Triebwerke der Arche lautstark zum Leben erwachten.

 

Doch als würde das Universum uns endgültig sterben sehen wollen, flog in dem Moment, in dem wir uns endlich bis zum Tor durchgeschlagen hatten, ein großer Meteorit durch die Arche hindurch und zerteilte sie in einem Inferno von Flammen. Auch unsere letzte Hoffnung von diesem Mond herunterzukommen war damit vernichtet worden und keiner von uns würde in den nächsten Minuten noch mit einem genialen Plan um die Ecke kommen können.

 

Auf einmal verstummten alle Schreie in Shuroo und ich ahnte, dass alle genauso ungläubig auf die Arche starrten wie wir es nun taten. Einer ganzen Stadt wurde im selben Moment die Hoffnung genommen, jeder Anwesende dachte dasselbe. Selbst Loki war vollkommen sprachlos und stand einfach nur wie versteinert da und blickte auf die in Flammen aufgegangene Arche.

 

„Loki, lass uns gehen“, sagte ich ruhig als ich meine Gedanken wieder sortiert hatte. „Ich möchte hier nicht bleiben.“ Er sah mich an, sah mir direkt in die Augen und ich erkannte, dass auch er sich in diesem Moment so leer fühlte wie ich. Wir hatten so viel überstanden und jetzt waren wir hier auf diesem Mond gestrandet. Erst als wir uns gemeinsam umdrehten merkte ich, dass Sylvie bereits gegangen war und einige Meter vor uns durch die immer noch unbeweglichen Massen ging.

 

„Komm.“, sagte Loki dann und nahm meine Hand. Wir folgten Sylvie aus der Stadt und in einen der Tagebaukrater der sich teilweise mit Wasser gefüllt hatte und zu einem See geworden war. Es war seltsam aber das Lichtschauspiel was sich an dem noch zu sehenden Horizont abspielte und die in der Ferne herunterkommenden Meteoriten, die beinahe aussahen wie Sternschnuppen ließen einen über die Schönheit dieser Zerstörung sinnieren.

 

Erst jetzt merkte ich, dass ich keinerlei Angst mehr empfand wegen dem was uns bevorstand. Angst war etwas was man empfand um den Fluchtmodus im Körper zu aktivieren. Etwas was den Ausstoß mehrerer Hormone im Körper veranlasste sich für einen Kampf oder eben für die Flucht bereit zu machen. Wir konnten nicht mehr fliehen, also gab es keinen Grund mehr dafür. Wir konnten nur noch zusehen und hoffen, dass es für jeden von uns Schnell und schmerzlos von statten ging und wir konnten versuchen noch ein kleines bisschen Frieden zu finden.

 

Sylvie stand direkt am Ufer und ich war mir nicht sicher, ob sie Gesellschaft wollte, oder ob sie in diesem Moment lieber allein war. „Sollen wir zu ihr gehen?“, fragte ich daher mit beinahe flüsternder Stimme.

 

„Später.“, erwiderte Loki und auch wenn ich nicht annahm, dass wir noch lange Zeit für dieses ‚später‘ hatten, so akzeptierte ich seine Antwort, sah ich ihm doch genau an, dass ihm etwas auf dem Herzen lag. Loki setzte sich auf einen Felsen, der vor uns stand und zog mich ebenfalls nach unten.

 

„Ich werde mein Versprechen wohl nicht einhalten können.“, sagte er dann nach einem kurzen Moment in dem er sich anscheinend seine Worte zurechtgelegt hatte. „Es tut mir leid, Avenger.“ Ich brauchte ihn nicht anzusehen, um zu wissen, dass er die Entschuldigung ernst meinte.

 

„Es ist nicht alleine deine Schuld, Loki.“ Für mich war das ganz klar, aber ich wusste, dass er es hören musste.

 

„Ich muss erst sterben, um das von einem von euch zu hören.“, versuchte er zu witzeln, aber sein lächeln wirkte aufgesetzt und sah mehr besorgt als fröhlich aus. Ich wusste was er mir ‚einem von euch‘ meinte. Er meinte damit nicht nur die beiden Frauen die ihn gerade begleiteten, sondern er meinte auch die Avengers und all die anderen Leute, die Loki in der Vergangenheit für ihre Verfehlungen verantwortlich gemacht hatten.

 

„Wie wäre es von einem Freund?“, fragte ich und drückte seine Hand, die immer noch meine festhielt nochmals fest und ergriff auch seine andere. „Dich trifft keine Schuld daran, dass wir auf diesem Mond festsitzen, Loki.“, sagte ich so klar ich es mit meiner unsicheren Stimme im Moment konnte.

 

„Wie schaffst du es die Dinge so zu sehen?“

 

„Wenn man mit dem Hulk zusammenlebt, lernt man hinter die Fassade eines Monsters zu blicken, auch wenn das Monster es nicht kann.“, antwortete ich ihm mit einem leichten Lächeln und erinnerte mich an das was Mobius ganz zu Beginn gesagt hatte: ‚Sie haben ein fable für Monster‘

 

„Nicht jedes Monster ist so offensichtlich wie der Hulk, manche fühlen sich nur aufgrund ihrer Taten und der Erfahrungen ihrer Vergangenheit als Monster.“ Ich wollte ihn nicht direkt auf die Tatsache ansprechen, dass er ja eigentlich ein Frostriese war und diese Tatsache ihn in seinen Augen schon zum Monster machte. Loki schien auch so zu verstehen was ich meinte und schüttelte nur bewundernd den Kopf. „Niemand wird böse geboren, Loki. Es sind die Umstände wie man Aufwächst. Wie einen die Leute behandeln, die einem am nächsten stehen, die einem zu dem werden lassen was man ist.“ Ich wollte es nicht aussprechen, aber ich war persönlich der Meinung, dass Odin zwar ein guter und weiser König gewesen war, aber als Vater seiner Kinder, Hela eingeschlossen, maßlos versagt hatte.

 

„Du er en bemerkelsesverdig menneske, min elskede hevner.“, sagte er dann und ich sah den Anflug von Tränen in seinen Augen. Ich verstand zwar nicht was er gesagt hatte doch in seiner Stimmte hatte eine Offenbarung gelegen. So als hatte er gerade in diesem Moment etwas erst richtig realisiert.

 

 

Es erinnerte mich wieder an das Lied das er auf der Statesman immer gesummt hatte und dass ich ihm im Zug gedankenverloren vorgesungen hatte und ich bat ihn es mir zu übersetzen. Doch er zögerte, war der Meinung, dass es die Aufgabe des andere Lokis gewesen wäre.

 

„Denn du brauchst das Licht nur, wenn es abbrennt

Vermisst die Sonne nur, wenn es anfängt zu schneien

Merkst erst, dass du sie liebst, wenn du sie hast gehen lassen

Du weißt erst, dass du glücklich warst, wenn du niedergeschlagen bist

Hasst den Weg nur, wenn du deine Heimat vermisst

Merkst erst, dass du sie liebst, wenn du sie hast gehen lassen

Und du hast sie gehen lassen.“

 

 

Loki sah Sylvie entgeistert an, so als hätte sie ein Geheimnis verraten, bei dem ihr das nicht zugestanden hatte. Ich merkte jedoch wie mir sprichwörtlich die Kinnlade herunterfiel als das gehörte meinen Verstand erreichte.

 

„Du bist ein bemerkenswerter Mensch, mein geliebter Avenger“, wiederholte Sylvie nun auch die Worte, die Loki mir gerade noch gesagt hatte. Diesmal jedoch in einer Sprache die ich auch verstehen konnte und sie schien beinahe genervt, dass wir beide so taten als wäre das eine vollkommene Neuheit für uns. Sie riss beinahe verzweifelt die Hände in die Luft, weil sie nicht verstehen konnte, wie wir das für sie Offensichtliche anscheinend nicht hatten sehen wollen.

 

„Du kannst unsere Sprache noch?“, war dann jedoch Lokis Antwort und nicht nur Sylvie war überrascht, dass gerade das seine dringendste Frage zu sein schien. Doch ich konnte mir auch vorstellen, dass er vor seiner eigentlichen Frage und meiner eventuellen Antwort darauf Angst hatte und er ihr deswegen mit einem anderen Thema aus dem Weg gehen wollte.

 

„Ich erinnere mich an Asgard.“ Offenbarte sie uns dann und als sie merkte, dass keiner von uns beiden auf das eingehen wollte, worüber wir zuvor noch gesprochen hatten, erzählte sie uns ihre Geschichte.

 

Es bestätigte was ich bereits vermutet hatte.  Sie hatte in unzähligen Apokalypsen gelebt nur um nicht, wie zu Beginn ihrer Flucht, einen Nexus-Vorfall und damit ein Leuchtfeuer für die TVA zu erschaffen. Ich spürte wie diese traumatisierende Kindheit sie bedrückte und lies eine Hand Lokis los, um auch eine ihrer Hände in meine zu nehmen. Ich verstand auf einmal warum sie die TVA so sehr hasste und warum sie diese zerstören wollte. Sie hatten ihr ihr Leben genommen und sie hatte verhindern wollen, dass das noch einmal passierte. Sie wollte, dass ihre Flucht endlich ein Ende hatte.

 

„Glaubst du einen Loki macht zum Loki, dass wir auf ewig dazu bestimmt sind zu verlieren?“, fragte sie, ihren Blick auf den Horizont gerichtet, in dem man immer mehr Meteoriten auf den Planeten fallen sah.

 

„Nein,“ antwortete ich, als Loki es nicht zu tun schien, weil er selbst zu sehr in Gedanken war. „Ihr mögt verlieren, oft deutlich-“

 

„-aber wir sterben nicht. Wir überleben.“, beendete er dann meinen Satz und sah mich dankbar an.

 

„Sieh dich doch an.“, bemerkte ich und nickte Sylvie zu. „Du bist als Kind geflohen, hast dir selbst Magie beigebracht. Du hast es beinahe geschafft die TVA zu Fall zu bringen und das ganz alleine.“ Ich brauchte meine Bewunderung für das was sie trotz ihrer Vergangenheit erreicht hatte nicht vorspielen, denn ich Bewunderte sie tatsächlich für ihre Stärke.

 

„Ja, du hast sie an der Nase herumgeführt. Du bist erstaunlich.“, stimmte mir auch Loki zu und ich sah ihn dankend an. Ich war froh, dass er merkte, dass wir alle etwas Unterstützung in dieser Situation brauchten in der wir uns nun befanden. Wir alle brauchten am Ende einen Freund, die Gewissheit nicht alleine zu sein.

 

„Und du,“ wandte ich mich nun an Loki „du hast öfter überlebt als du es verdient hast und ich liebe dich dafür.“ Er legte bei diesen Worten seine Hand an mein Gesicht und strich mir zärtlich über die Wange und ich sah wie nun eine seiner zurückgehaltenen Tränen doch seine Wangen hinunterrollten. „Wenn wir sterben, dann bin ich froh, dass ich es in eurer Gegenwart tue, zusammen mit Freunden.“, schloss ich ab und ich sah, wie die beiden nickten und Loki auch Sylvie seine Hand entgegenstreckte. Sie nahm sie leicht lächelnd an während wir in einiger Entfernung unser Ende endlich näherkommen sahen als ein großer Meteorit nicht weit entfernt von uns einschlug und eine gewaltige Druckwelle in unsere Richtung schickte.

 

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