
-Fanfiktion Autorin Nefertari442-
Nefertari Amun
Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.
~ Albert Einstein

Prolog
It’s not just,
that she makes him a better person,
and she does,
but he changes her too.
He challenges her,
surprises her.
He makes her question her life
Her beliefs.
He is either the best thing for her,
or the worst.*
Der Mond stand hoch über der alten Eiche über dem Bühl von Beutelsend und der Wind und die Blätter verursachten ein wunderschönes Lichtspiel auf dem am Tage so saftig grünen Gras. Nur ein paar dünne Wolken verhüllten dann und wann einmal das helle Licht des Mondes. Doch manche dieser Wolken waren nicht so weit entfernt wie man vielleicht denken mochte. Viele von ihnen waren das Zeichen für warme Feuer in den einzelnen Smials unter dem Bühl, an dessen Spitze vor vielen Jahren Beutelsend gebaut worden war. Doch die Kleineren, kaum Sichtbaren, die kamen aus einer genüsslich gerauchten Pfeife.
Mit dem Rücken flach auf dem trockenen Gras in den Himmel blickend lag eine Gestalt genau unter der alten Eiche und ließ die Lichter mit sich spielen, während sie sich einfach von ihren Gedanken an längst vergangene Abenteuer, die noch nicht einmal sie selbst erlebt hatte, wegtragen ließ. In ihren Gedanken befand sie sich in solchen Momenten nur selten im Auenland. Meistens trugen sie sie bis ganz in den Osten, weit über das Nebelgebirge und hinter den großen Wald, der sich dort erstreckte.
Sie hatte die Geschichten so oft gehört, dass sie sie mittlerweile selbst genau rezitieren konnte, jedes einzelne Lied, jede einzelne Biegung, die der Weg getan hatte, und sie war sich sicher, würde sie sich nun auf den Weg machen, sie würde den Weg bis zum Ende gehen können.
Seufzend setzte die Gestalt sich auf und ihre langen braunen Haare fielen ihren Rücken entlang, während sie leicht aufstöhnte. Eleodora Beutlin sehnte sich nach den Abenteuern, von denen ihre Mutter ihr immer und immer wieder erzählt hatte, doch sie wusste, dass sie wahrscheinlich nie ein solches erleben würde.
Nicht nur, dass der alte wandernde Zauberer, von dem ihre Mutter immer wie von einem guten Freund erzählte und an den sie sich nur noch sehr spärlich erinnern konnte, sich schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr hatte blicken lassen, nein, vor 14 Jahren hatte sie auch noch den Sohn ihrer Cousine bei sich aufgenommen, dessen Eltern es geschafft hatten zu ertrinken.
Nicht, dass Eleodora ihren Cousin nicht mochte. Frodo war ein wunderbarer und aufgeweckter Kerl, der mittlerweile mitten in seinen Zwanzigern steckte, aber sie hatte die Zeit, die sie mit ihrer Mutter alleine gehabt hatte, genossen. Sie empfand es als eine Schande, dass sie sich selbst kaum noch an die Zeit erinnern konnte, in der ihre Mutter und sie noch fernab von Hobbingen gewohnt hatten.
Nur noch verschleierte Erinnerungen von hochgewachsenen Gestalten mit langen Haaren und spitzen Ohren waren ihr geblieben, und die Gewissheit, dass das die Elben gewesen sein mussten, die ihre Mutter vor so vielen Jahren für einige Zeit bei sich aufgenommen hatten.
Der Erste, woran Eleodora Beutlin sich wirklich erinnern konnte, war die Feier ihres 13. Geburtstages gewesen. Keiner hatte gewusst, warum ihre Mutter so ein großes Ereignis daraus gemacht hatte, immerhin war 13 kein besonderes Alter für einen Hobbit. Aber wahrscheinlich hatte sie es gemacht, weil es der erste richtige Geburtstag gewesen war, den sie für ihre Tochter hatte veranstalten können. Kinder aus dem ganzen Auenland hatte sie eingeladen und mit jedem hatte sie sich gut verstanden.
Doch als sie älter geworden war, waren selbst die sonst so höflichen Hobbits nicht mehr so zuvorkommend gewesen, wie man es vielleicht von ihnen erwarten mochte. Im Gegensatz zu anderen Hobbits hatte Eleodora nämlich kleinere, unbehaarte Füße. Nur die Ledersohle unter ihren Füßen zeigte, dass es Füße eines Hobbits waren. Für die anderen Hobbits war das eine Abnormalität. Oft hatten sie Eleodora ausgelacht, als ihre Füße immer die Füße eines Kindes blieben und die Füße ihrer Altersgenossen langsam größer und behaarter wurden. Sie erinnerte sich noch genau daran, wie Daisy Pausbacken, für einige Zeit ihre beste Freundin, sie einfach von einem Tag auf den anderen hatte stehen lassen, weil sie auf einmal ihre ersten Haare auf den Füßen bekommen hatte und Eleodora nicht.
Deswegen war Eleodora Beutlin, nun da sie beinahe die Volljährigkeit erreicht hatte, am liebsten ganz alleine. Die einzigen, die ihr ab und zu Gesellschaft leisteten ohne sie zu verspotten, waren ihr Cousin Frodo und sein treuer Freund Sam. Aber nicht diese Nacht. Diese Nacht war sie alleine nach draußen gegangen und hatte neben der alten Eiche gesessen, die ihr schon so viele Jahre Trost gespendet hatte.
„Elly, komm herein, der Mitternachtssnack ist beinahe fertig und ich glaube nicht, dass dein Cousin dir heute viel davon übrig lassen wird“, hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Sie wusste nicht, ob es jedem Kind so ging, aber wenn sie so an die Vergangenheit dachte, hatte sie das Gefühl, dass sich ihre Mutter seit damals nicht viel verändert hatte. Es war beinahe so als wäre sie immer noch so jung wie damals, bei ihrem 13. Geburtstag.
Mit einem letzten Blick auf den Mond stand Eleodora von ihrem Platz auf und eine leichte Brise erfasste ihr langes, dickes Haar. Dann legte sie noch eine Hand auf den Stamm der alten Eiche und versprach sich selbst wieder öfter abends hier herauf zu kommen, denn es befreite sie von den Strapazen eines Arbeitstages auf dem Markt, wo sie für ihre Mutter die selbst angebauten Kräuter und Blumen verkaufte.
Als sie in die Stube von Beutelsend kam war der Tisch bereits mit allen Zutaten für ein üppiges Mitternachtsmahl gedeckt und einmal mehr fragte Eleodora sich, wie Menschen, Elben oder Zwerge nur ohne so ein Mahl vor dem Zubettgehen verzichten konnten. Frodo hatte sich bereits das erste Brot genommen und eine dicke Scheibe Käse darauf gelegt, während Eleodora sich doch lieber für die kleinen, gefüllten Hörnchen aus Blätterteig entschied, die die Frau des Ohms einmal in der Woche zubereitete.
„Wir müssen uns bald an die Einladungen begeben.“ Frodos Mund war so voll, dass man ihn kaum verstehen konnte, aber anscheinend waren die beiden Hobbitdamen seine Manieren so sehr gewöhnt, dass sie ihn weder zurechtwiesen noch ihn nicht verstanden. Eleodora hätte allerdings lieber so getan, als hätte sie die Worte ihres Cousins nicht gehört. Für sie gab es keinen Grund zu feiern, oder besser gesagt niemanden, mit dem sie feiern wollte. Die meisten Hobbits mieden sie immer noch, wenn sie nicht unbedingt Ware von ihr kaufen mussten, und ihre einzigen Freunde war die engste Familie und die Gamdschies.
Aber, und da kam sie nun einmal nicht drumherum, ihr 33. Geburtstag würde anstehen und jedermann würde sie für noch seltsamer halten, wenn sie diesen nicht feiern würde. Sie wollte den anderen Hobbits, und vor allem den Sackheim-Beutlins, nicht noch mehr Grund geben, über sie und ihre Mutter zu reden.
Normalerweise war es auch so, dass sich viele Hobbits bei diesem Anlass ihren Partner erwählten, aber Eleodora war sich äußerst sicher, dass ihr dies auf ihrer Feier nicht passieren würde, immerhin würde es keinen jungen Hobbitmann im heiratsfähigen Alter auf ihrem Fest geben. Wahrscheinlich würde sie eine der wenigen Hobbits sein, die unverheiratet zu Yavanna zurückkehrten, genauso wie ihre Mutter.
Eleodora wusste, dass ihre Mutter ihr nie die volle Wahrheit über ihre Herkunft gesagt hatte. Sie hatte es gesehen, wann immer ihre Mutter ihr diese Geschichte von diesem liebevollen aber mysteriösen Edelhobbit erzählt hatte, den sie eines Tages getroffen hatte, der aber noch bevor sie erfuhr, dass sie mit Eleodora schwanger war, dahinschied. Es war keine Lüge in ihren Worten gewesen, doch in ihren Augen hatte etwas geschrieben gestanden, dass Eleodora bis heute nicht richtig zu deuten vermochte.
Manchmal, und wahrscheinlich lag es eher an der Tatsache, dass sie einfach anders war als alle Hobbits im Auenland, stellte sie sich sogar vor, ihr Vater wäre gar kein Hobbit, sondern vielleicht ein Mitglied einer anderen Rasse, ein Mensch, ein Zwerg, oder gar ein Elb. Aber immer wieder hatte sie sich einen Narren gescholten. Nur weil sie sich eine Erklärung wünschte, für das, was sie anders machte, musste es noch lange keine geben.
„Wirst du mir endlich die Wahrheit sagen, wenn ich meinen 33. Geburtstag erreicht habe, Mutter?“, fragte Eleodora dann, während sie und ihre Mutter mittlerweile in der Küche waren und gemeinsam das Geschirr säuberten. Die ältere Hobbitdame, die nicht älter aussah, als habe sie gerade erst ihren 50. Geburtstag überschritten, aber schon beinahe doppelt so alt war, erstarrte förmlich in ihrer Bewegung und es war ein Wunder, dass der frisch gesäuberte Teller, den sie in der Hand hielt, ihr nicht aus den Fingern rutschte. „Du weißt genau, dass ich es weiß, Mutter.“
Resignierend nickte die Ältere und stellte den Teller aus ihrer Hand mit einem tiefen Seufzen auf die Anrichte neben sich. Dann legte sie langsam auch das Handtuch hinzu und Eleodora kam es beinahe so vor, als würden die Hände ihrer Mutter zittern. Konnte das sein? War Billiana Beutlin, Tochter von Belladonna und Bungo Beutlin, tatsächlich unsicher und nervös?
„Ich denke…“, sagte sie und holte nochmals tief Luft, um das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. „Ich denke, wir sollten lieber vor den Kamin gehen. Hole meine Pfeife und bring auch deine mit“, bat sie ihre Tochter und ging schon einmal voraus.
Dies verwirrte Eleodora nun doch und es machte sie beinahe selbst etwas nervös wegen dem, was nun kommen mochte. Hatte ihre Mutter tatsächlich vor, ihr die ganze Wahrheit zu erzählen? Würde sich vielleicht heute, ein halbes Jahr vor ihrer Volljährigkeit, bereits das Geheimnis lüften, woher sie tatsächlich stammte?
„Setz dich, es wird eine lange Geschichte werden.“ Als Eleodora in das Kaminzimmer gekommen war, saß ihre Mutter bereits in einem der gemütlichen Sessel und war gerade dabei das Pfeifenkraut bereitzustellen. Neben ihr lag ein Bild, ein Bild, von dem sie wusste, dass es auf der großen Reise ihrer Mutter entstanden war. Auf dem Abenteuer, das ihr ganzes Leben verändert hatte, der Reise zum Einsamen Berg. Eine Freundin von ihr, Ori, hatte dieses Bild während ihrem Aufenthalt in Bruchtal gemacht, bevor, wie Billa Beutlin immer erzählte, alles dunkler geworden war.
„Mutter, ich kenne die Geschichte bereits, wie du mit den Zwergen ausgezogen bist, um den Drachen Smaug zu besiegen“, sagte Eleodora und machte sich etwas Sorgen um das Gedächtnis ihrer Mutter. Wusste sie nicht mehr, dass sie diese Geschichte beinahe im Schlaf erzählen konnte?
„Du kennst nicht alles“, sagte sie nur und brachte ihre vorlaute Tochter dadurch zum Schweigen. „Doch damit du begreifst, muss ich von vorne beginnen.“
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
* Zitat aus 'The Vampire Diaries'