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Love Story

 

 

 

 

Ziemlich nervös lief ich in der großen Ankunftshalle des Hauptflughafens in Los Angeles auf und ab. vor genau 8 Stunden waren meine Frau und mein Sohn mit all unseren verbleibenden Sachen von Heathrow aufgebrochen und würden nun jeden Moment hier in LA landen. Wären sie einfach nur gekommen, um mich an einem meiner Filmsets zu besuchen, wäre ich wahrscheinlich nicht so aufgeregt gewesen, aber das hier war etwas anderes.

 

Die beiden kamen her, um hier zu leben, zusammen mit mir. In den letzten Jahren hatten wir bemerkt, dass es einfacher war, in der Nähe von Hollywood zu wohnen, in der Nähe der ganzen Filmstudios. Ich hatte uns also ein kleines Häuschen in den Hombly Hills gekauft und hoffte inständig, dass es Teti und Seth gefallen würde.

 

Das Problem war nur, dass ich in den letzten Wochen wegen eines Filmdrehs eher wenig Zeit gehabt hatte, das Haus, welches schon einige Zeit leer gestanden hatte, wohnlich zu machen. Ich hätte ohne Frage das Geld gehabt, um einigen Handwerkern freien Lauf zu lassen oder mir gar ein anderes, schöneres Haus kaufen zu können, was vielleicht sogar schon voll möbliert war, aber das war nicht das, was ich wollte.

 

In den letzten 5 Jahren, die ich nun mit Teti verheiratet war, hatte ich endlich die Möglichkeit gehabt, zumindest außerhalb der Arbeit ein normales Leben zu führen. Sobald ich von einem Set oder einem Termin auf dem Weg nach Hause war, war ich nicht mehr Orlando Bloom, der Hollywood-Star, sondern einfach nur Orlando, ein Mann, der nach der Arbeit zurück nach Hause zu seiner Familie fuhr und sich auf sie freute.

 

Es war mehr als seltsam, wusste ich doch von vielen meiner Arbeitskollegen, dass sie nicht in der Lage waren, ein normales Leben zu führen, selbst nicht innerhalb ihrer eigenen vier Wände. Aber wahrscheinlich hatte das alles etwas mit der Einstellung zu tun. Viele von ihnen machten den Job um berühmt zu sein, versuchten in den ersten Jahren alles Mögliche, um diesen Status zu halten. Sie ließen die Reporter in ihr Haus, gaben alles von sich preis, nur um eine positive Schlagzeile zu ergattern; mache machten sich allerdings noch nicht mal etwas aus negativen Schlagzeilen, es wurde immerhin über sie geredet. Und irgendwann, dann wurde ihnen der Trubel zu viel. Dann versuchten sie alles, um nicht mehr abgelichtet zu werden, und das ging meistens mehr als schief.

 

Deswegen hatte ich immer versucht, außerhalb von Terminen wie Interviews oder Premieren in den Hintergrund zu treten. Ich brauchte diese ganze Publicity nicht, auch wenn meine Managerin Aileen sicherlich anderer Meinung war. Sie hatte mich oft gebeten, einfach mal ganz offen mit Teti und Seth über den Sunset Boulevard zu flanieren, ihr einige schöne Dinge von Gucci, Prada oder Louis Vuitton zu kaufen. Aber Teti war keine von diesen Frauen. Wenn sie einkaufen ging, dann eher in eine Mall, wo es einigermaßen „normale“ Kleidung gab. Und wenn es um Premieren ging, griff sie auch eher nur widerwillig zu einem Abendkleid.

 

Sie war es, die mich seit Beginn meiner Karriere auf dem Boden der Tatsachen gehalten hatte. Nicht nur, seitdem wir verheiratet gewesen waren, sondern auch zuvor. Und Gott weiß, dass es mehr als eine Gelegenheit gab, in der mein Name ziemlich groß in der Zeitung gestanden hatte. Vielleicht war es auch die Tatsache, dass ich gesehen hatte, was Ruhm auslösen konnte, dass es nicht immer nur Gutes brachte, dass es eine ganze Familie zerstören konnte. Immerhin war meine kleine Familie, auch wenn es sich nie so angefühlt hatte, eine Patchwork-Familie. Die Gier nach Ruhm und Macht hatte Seth‘ biologische Mutter zerstört und sie hatte andere mit sich gerissen. Doch nur dadurch hatten Teti und ich endlich zueinander finden können.

 

Ich bemerkte die vereinzelten Paparazzi gar nicht, die immer wieder hinter einer der Säulen hervorlugten und Bilder zu machen schienen. Oder besser gesagt, ich wollte sie nicht bemerkten. Wenn man ihnen das Gefühl gab, sie waren unerwünscht, wurde es für sie doch nur interessanter. Also hatte ich mir angewöhnt, sie einfach zu ignorieren, mich zu verhalten wie jeder andere Mensch in diesem Flughafen. Hin und wieder ging ich sogar an ihnen vorbei auf dem Weg von einem kleinen Café zu den Monitoren, auf denen die Ankünfte angeschlagen waren.

 

Es konnte nun nicht mehr lange dauern, bis ich meine Familie wieder bei mir hatte, denn das kleine Symbol für die Gepäckabfertigung leuchtete bereits auf. Wahrscheinlich würden die beiden etwas länger brauchen, immerhin mussten sie noch Bahad vom Zoll abholen. Aber sie befanden sich bereits auf dem Boden und das war schon eine Erleichterung für mich.

 

„Dad!“, hörte ich eine Stimme, als ich mich gerade noch einmal umgedreht hatte, um mir noch einen Kaffee zu holen. Es war Seth, aber er war alleine. Im ersten Moment packte mich ein Anfall von Besorgnis, aber er ebbte direkt wieder ab. Wahrscheinlich war Teti noch beim Zoll und hatte Seth schon einmal vorgeschickt.

 

„Hallo Kumpel!“ Ich ging ihm einige Schritte entgegen und wunderte mich über seinen plötzlichen Anfall von Zuneigung mir gegenüber. Es war nicht so, dass er mich nicht liebte. Es war nur so wie bei jedem anderen Jungen auch: die Mutter zu umarmen war etwas anderes, als den Vater zu umarmen. Aber es freute mich, dass er es dennoch tat. Wieder ignorierte ich einfach die klickenden Geräusche der Fotoapparate hinter mir. Wenn sie meinten, dass diese Bilder ihnen viel Geld brachten, dann sollten sie doch machen. Hier gab es nichts Verwerfliches zu bestaunen und diese Typen, egal wie penetrant sie auch manchmal waren, machten auch nur ihren Job. Meine Frage war eher, was die Leute davon hatten, wenn sie in einem Magazin Bilder sahen, die sie zu Hause wenn sie wollten jeden Tag sehen konnten.

 

Aber wahrscheinlich war das auch der Grund, warum in meiner Nähe nie so viele Paparazzi herumschwirrten wie bei anderen. Mein Privatleben war einfach nicht außergewöhnlich, nicht ausschweifend genug. Teti hatte mich sogar einmal mit den ganz Großen verglichen und hatte gesagt, dass ein George Clooney oder ein Sean Connery auch nie wegen ihrem Privatleben in die Schlagzeilen kamen, sondern wegen ihrer exzellenten Arbeit und ihrem guten Aussehen, und bei mir war es genauso.

 

„Mom kommt gleich. Sie holt noch Bahad ab, aber ich fürchte, wir müssen ihn heute baden… Der hat sich wohl ziemlich eingesaut“, erklärte mein Sohn mit einem schiefen Grinsen und ich wusste bereits, dass er sich sicherlich nicht bereiterklären würde, seinen alten Freund zu waschen. „Wir haben doch eine Badewanne, oder, Dad?“ Ich kniete mich zu meinem Sohn, der mich mit etwas besorgten Augen ansah.

 

„Natürlich haben wir eine Badewanne. Und direkt morgen werden wir losfahren und uns die neuen Möbel für unsere Zimmer aussuchen. Du darfst dir sogar einen von drei Räumen aussuchen“, sagte ich und ich sah direkt das Strahlen in den Augen meines Sohnes, das ich so sehr an ihm liebte. Auch wenn es eigentlich nicht möglich war, aber ich sah Teti darin, beinahe so, als sei sie wirklich seine Mutter.

 

„Solche Versprechungen bereits am Anfang?“, hörte ich eine leicht amüsierte Stimme hinter mir und ich brauchte mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Teti mit einem breiten Lächeln hinter mir stand. Nicht nur, weil ich ihre Stimme kannte, sondern auch wegen dem aufgeregten Winseln hinter mir, das ohne Zweifel von Bahad kommen musste, der in seiner Transportbox eingesperrt war.

 

„Darf er nicht raus?“, fragte ich meine Frau daher, nachdem ich sie richtig begrüßt hatte.

 

„Der Gute hat sich etwas… Na ja, sagen wir, 8 Stunden Flug waren für seinen Darm und seine Blase etwas zu stressig“, sagte sie und ich musste mir bei dem Blick auf ihrem Gesicht ein kleines Lachen verkneifen. Wahrscheinlich wusste sie schon genau, an wem die Pflege des armen Hundes wieder hängenblieb, nämlich an ihr.

 

„Haben wir heute Abend ein Bett?“, fragte sie mich leise, als wir langsam aus der Ankunftshalle gingen und die Umgebungsgeräusche laut genug wurden, dass uns nicht unbedingt jeder hören konnte. Sie wusste, dass ich nicht wirklich weit mit unserem Haus gekommen war und ebenso wusste sie, dass wir die wenigen Sachen, die sie von England mitgenommen hatte, nicht vor morgen bekommen würden. Dankenswerterweise hatte Sean, der nun unser neuer Nachbar war und mir auch den Tipp mit dem Haus gegeben hatte, sich bereiterklärt, den Leuten der Spedition unsere Haustüre aufzuschließen, während ich mit Teti und Seth in eines der großen Möbelhäuser in LA ging. Die einzige Bedingung, die er gehabt hatte, war, dass er und seine Familie am Abend mit uns unseren Umzug feiern durften, und natürlich hatten wir dazu nicht Nein sagen können. Aber diesen Abend, den hatten wir für uns und den würden wir als Familie gemeinsam verbringen.

 

„Zählen unsere alten Matratzen?“, fragte ich sie mit leicht zusammen gekniffenen Augen. Es war mit schon fast peinlich, dass ich es noch nicht einmal geschafft hatte, vernünftige Matratzen zu besorgen, aber die letzten Tage waren wirklich sehr stressig gewesen. Es waren die letzen Drehtage eines neuen Filmes gewesen und wir waren eigentlich weit hinter dem Zeitplan gewesen. Und weil ich von Anfang an klar gemacht hatte, dass ich nach Ende dieses Zeitplanes nicht mehr zur Verfügung stand, hatten sie die ganzen restlichen Szenen, in denen ich gebraucht wurde, schneller abgehandelt. Ich hatte also sozusagen Überstunden schieben müssen und daher hatte ich keine Zeit mehr gehabt, um mich um provisorische Möbel zu kümmern.

 

„Für ein paar Tage“, seufzte Teti mit einem etwas vorwurfsvollen Blick. Aber ich wusste, sie verstand meine Situation und war nicht wirklich böse auf mich. Manchmal liebte sie es auch nur mich in dem Glauben zu lassen, sie sei böse auf mich, nur um mich etwas zu ärgern. Aber ich kannte sie mittlerweile schon lange genug, um zu wissen, was wirklich in ihr vorging.

 

„Ich habe heute ein sehr interessantes Lied gehört. Es war eine Neuvorstellung. Ich muss es dir nachher mal im Internet zeigen“, murmelte sie leise und etwas verschlafen, als wir endlich an meinem Wagen angekommen waren und ihr Gepäck eingeladen hatten. Seth gähnte bereits genüsslich und mir war klar, dass dieser Flug ihn sehr geschlaucht haben musste. Zusätzlich war es mittlerweile in England schon später Abend und keiner der beiden hatten wahrscheinlich den Jetlag bedacht, den sie hier haben würden. Wahrscheinlich würden sie, sobald wir in unserem Haus ankamen, auf die Matratzen fallen, ohne dem Haus auch nur einen langen Blick zu schenken.

 

„Worum geht es in dem Lied?“, fragte ich neugierig und um sie wachzuhalten. Ich wusste, am besten war es, wenn man sich nach einem solchen Flug wachhielt, so lange bis auch in der neuen Umgebung die Nacht begann. Teti zuckte nur gähnend mit den Schultern, sicherlich hatte sie mir schon nicht mehr richtig zugehört.

 

„Hey Kumpel, in der Nähe ist ein Fußballplatz. Da können wir etwas kicken“, versuchte ich mein Glück nun auch bei meinem Sohn, doch der lehnte bereits mit seinem Kopf am Fenster und hatte die Augen geschlossen. Wahrscheinlich würde ich morgen mit halben Zombies einkaufen gehen.

 

Keiner von den beiden bekam noch mit, wie wir vom Parkplatz des Flughafens herunterfuhren und uns auf den Weg durch LA machten. Deswegen versuchte ich auch gar nicht durch die beliebten und stark befahrenen Straßen zu fahren, sondern fuhr ohne Umwege direkt nach Hause. Ich war selbst gespannt, was wir dort vorfinden würden, denn immerhin war ich selbst erst das zweite Mal hier. Vor einer Woche hatte ich einige Sachen von der Spedition dort entgegen genommen, einige Möbelstücke, die wir nicht hatten in England lassen wollen. Möbelstücke, die uns etwas bedeuteten und die wir noch brauchen würden. Doch ich war nie dazu gekommen wirklich auszupacken. Die Sachen standen immer noch in einigen Kartons aufgestapelt im ganzen Haus herum und wahrscheinlich war es gut, wenn Seth und Teti heute noch nicht viel von dem Haus mitbekamen.

 

Als ich den Entschluss gefasst hatte, mit meiner Familie hierher zu ziehen, hatten mich viele Makler beinahe mit ihren Häusern überrannt. Anscheinend verkauften momentan viele der „Superstars“ ihre Häuser und suchten jemanden, der ihre riesigen Anwesen übernahm. Ich wusste allerdings nicht, wozu ich 10 Schlafzimmer, 3 Swimmingpools, 3 Küchen und ähnliches brauchen konnte. Ich wollte ein Haus, in dem ich leben konnte, nicht eines, in dem ich meine Familie den ganzen Tag suchen musste. Ich wollte ein Haus, in dem wir alle Platz hatten, in dem jeder sich zurückziehen konnte, wenn er das wollte, in dem wir aber auch eine Familie sein konnten.

 

Als Sean mir dann von diesem Haus am Rand der Hombly Hills berichtet hatte, hatte ich sofort zugeschlagen. Ich hatte dieses Haus schon oft gesehen, wenn ich Sean besucht hatte, und hatte mich oft gefragt, was damit war, denn es stand schon lange leer und niemand schien sich darum zu kümmern. Der alte Mann, dem es gehört hatte, war bereits vor Jahren im Altenheim verstorben und seine Enkel hatten sich jahrelang um das Erbe gestritten. Erst vor 4 Monaten hatte der Streit ein Ende gefunden und man hatte sich entschlossen das Haus zu verkaufen.

 

Ich hatte viele Pläne mit dem Haus. Natürlich konnte ich nicht alle alleine realisieren und ich würde mir Fachmänner dafür holen müssen, aber die Idee sollte von mir kommen, und wenn ich die Möglichkeit hatte zu helfen, und das schwor ich mir, würde ich bei den Arbeiten mit anpacken. Ich wollte nicht jemand sein, der einfach mit einem Cocktail in der Hand neben den Arbeitern stand und dann auch noch Anweisungen gab. Ich wollte mittendrin sein, wollte Teti zeigen, dass ich ein ganz normaler Mann und Vater war. Aber das waren nicht die einzigen Pläne, die ich mit diesem Haus hatte. Es gab nicht ohne Grund insgesamt 5 Schlafzimmer. Eines war für uns, das war keine Frage. Das Zweite für Seth und eines für eventuelle Gäste. Aber die anderen, die wollte ich noch mit Kindergeschrei füllen, auch wenn Teti im Moment noch nicht gerade begeistert von dem Gedanken war. Aber sie war jetzt 28 und ich 31 und auch, wenn wir schon Seth hatten und ihn sehr liebten, wollte ich auch von Teti Kinder haben.

 

Als wir jedoch in unserem neuen Zuhause ankamen, überraschte mich das Haus direkt negativ: Der Strom funktionierte nicht. Ich fluchte innerlich, dass ich nicht noch einmal hergekommen war, bevor ich die beiden abgeholt hatte. Sicherlich hatten sie keine Lust, in so einem Haus zu übernachten. Vielleicht würde Teti auch gar nicht hier bleiben wollen.

 

Bevor ich sie also weckte, und ich war mir sicher, dass keiner der beiden so schnell von alleine aufwachen würde, versuchte ich verzweifelt im Haus wieder den Strom anzuschalten, aber es funktionierte einfach nicht. Egal, welchen Schalter ich auch umlegte, der Strom wollte einfach nicht fließen. Im Moment war das noch nicht weiter schlimm, immerhin war es noch helllichter Tag, aber heute Abend würde es sicherlich ein Problem sein. Vor allem weil Seth und Teti dann sicherlich wieder putzmunter waren.

 

Also öffnete ich alle Rollläden, um endlich etwas von dem hellen Sonnenlicht in das Haus zu lassen, und zum ersten Mal sah ich selbst richtig, wie es hier aussah. Es war nicht sonderlich schlimm, der Boden war noch brauchbar und auch die Wände waren noch einigermaßen gut. Natürlich, hier und da war ein kleines Loch zu stopfen und die Wände würden sowieso einen neuen Anstrich gebrauchen können, aber alles in allem war es so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Küche ging nahtlos in das große, geräumige Esszimmer über, in dem sogar ein versteinerter Kamin stand. Daneben ging es durch einen Durchgang in das Wohnzimmer, in dem sicherlich unsere Filme- und Büchersammlung ihren Platz finden würden. Ich sah uns drei schon dort sitzen und unzählige Filme sehen, darunter sicherlich auch mehr als einmal den Herrn der Ringe.

 

Dann ging ich wieder nach draußen und weckte die beiden wichtigsten Menschen in meinem Leben auf. Entgegen meiner Erwartungen schienen sie jedoch mehr oder weniger wach zu sein. Vielleicht hatten sie im Flugzeug bereits etwas vorgeschlafen.

 

„Wow, Dad! Das ist ja cool!“, rief Seth lächelnd aus und blieb mit großen Augen vor der mächtigen Eingangstüre stehen. Auch ich musste leicht über seinen Enthusiasmus lächeln. Wenigstens konnte ich einen überzeugen. Teti sah allerdings etwas reserviert aus.

 

„D-Die Fassade werde ich erneuern“, versicherte ich ihr direkt und sie sah mich verwundert an.

 

„Wie kommst du jetzt darauf? Ich mache mir eher Sorgen darum, dass ich den ganzen Tag nur damit verbringen werde, dir und Seth hinterher zu räumen. Hier gibt es ja noch mehr Zimmer, in denen man Verwüstungen anrichten kann“, sagte sie mit einem gespielten Seufzen. Es gefiel ihr also. Auch ich seufzte, jedoch war es bei mir Erleichterung. Allerdings schien das letzte Wort noch nicht gesprochen und ich hoffte, dass die nicht versuchen würde, die Lichter anzuschalten. Vielleicht würde sie es heute gar nicht herausfinden.

 

„Ich werde mich zusammenreißen“, sagte ich beinahe feierlich und Teti schüttelte nur lachend den Kopf. Wahrscheinlich wusste sie, dass dieses Versprechen nicht lange halten würde. Ich musste zugeben, dass ich schon ziemlich unordentlich werden konnte, vor allem während eines Filmdrehs. Die letzten 5 Jahre hatte Teti in solchen Situationen oft alleine den Haushalt schmeißen müssen und sie war oft durchgedreht, weil „ihre beiden tasmanischen Teufel“ das, was sie am Tag aufgeräumt hatte, innerhalb weniger Minuten wieder verwüsten konnten. In der Hinsicht war sie in den letzten Jahren zu einer richtigen Hausfrau geworden. Und das, obwohl sie immer noch im Museum gearbeitet hatte.

 

Jetzt hatte sie an der UCLA einen Job als Dozentin angenommen und würde endlich zwei ihrer Leidenschaften miteinander verbinden können: Die Ägyptologie und die Freude, anderen etwas beizubringen. Und ich war mir sicher, so einen interessanten und wahrheitsgetreuen Unterricht hatten Studenten noch nie gehabt. Außerdem würde Teti ihnen die Hoffnung geben, dass noch nicht alle großen Artefakte wirklich gefunden waren. Immerhin hatte sie selbst zu einer Zeit, in der man dachte, alles Außergewöhnliche sei bereits gefunden worden, einen unglaublichen Fund gemacht.

 

Ich hatte sie schon öfter gefragt, warum sie nicht noch andere Sachen suchte, Sachen, von denen sie durch unsere Vergangenheit wusste, wo sie sein mussten. Und ihre Antwort war einfach nur gewesen, dass sie nicht wollte, dass sie gefunden wurden, vor allem nicht von ihr. Für sie waren ihre und meine Erinnerungen an diese Ereignisse vor Tausenden von Jahren wichtiger als die Beweise dafür.

 

Dann traten wir langsam in das Haus ein und ich hoffte wirklich, dass es Teti gefiel, aber ihr leichtes Lächeln erleichterte mein Gemüt sofort. Auch, wenn hier noch nicht alles fertig war, sie mochte es, konnte sich anscheinend vorstellen, was hier noch alles entstehen würde. Zumindest sah es so aus, als sähe sie mehr, als sie tatsächlich sehen konnte.

 

„Was wolltest du mir denn zeigen?“, fragte ich, nachdem wir uns bei einem Lieferanten eine Pizza bestellt hatten, Bahad gebadet war, ich Seth ins Bett gebracht hatte und mittlerweile ziemlich voll mit Teti auf den Matratzen saß, die wir im Esszimmer neben dem Kamin ausgebreitet hatten. Im Kamin brannte zwar noch kein Feuer, aber alleine der Gedanke hier zu sitzen, machte es schon etwas gemütlicher, und ich schrieb mit das nötige Holz dafür direkt auf meine kleine „to-do“-Liste in meinem Kopf.

 

„Ach, es gibt da ein neues Lied von Taylor Swift. Ich habe wirklich gedacht, sie sing von uns, wie wir einmal waren“, fügte sie noch leise hinzu, damit Seth das nicht hören konnte. Wir hatten beide entschieden, dass Seth nichts von der ganzen Sache erfahren sollte. Erst, wenn auch er mit diesen seltsamen Träumen begann, worin wir uns ziemlich sicher waren, und er uns Fragen stellen würde. Dann würden wir ihm Antworten geben, aber bis dahin musste er noch nichts wissen.

 

„Ach ja?“, fragte ich erstaunt. Ich hatte dieses Lied in der Tat noch nicht gehört. Sie nickte nur lächelnd und stand auf, um ihren Laptop aus der noch vollkommen gepackten Handgepäcktasche zu holen. Anscheinend hatte sie, wie sie es so oft tat, vergessen, ihn vollkommen auszuschalten, denn als sie das Display aufklappte, sprang er schon an und war auch innerhalb weniger Sekunden hochgefahren. Sie konnte wirklich von Glück reden, dass dieses Ding im Standby-Modus kaum Akku verbrauchte, ansonsten hätten wir wahrscheinlich nichts damit anfangen können.

 

Schneller, als ich gucken konnte, hatte sie auch schon die richtige Internetseite gefunden und startete das gesuchte Video.

 

*We were both young when I first saw you.

I close my eyes and the flashback starts:

I'm standing there

On a balcony in summer air.

 

See the lights, see the party, the ball gowns,

I see you make your way through the crowd

And say hello.

Little did I know:

 

That you were Romeo, you were throwing pebbles

And my daddy said:

"Stay away from Juliet."

And I was crying on a staircase Begging you:

"Please, don’t go."

 

And I said:"Romeo, take me somewhere we can be alone.

I'll be waiting, all there's left to do is run.

You'll be the prince and I'll be the princess.

It's a love story, Baby, just say yes.

 

So I sneak out to the garden to see you.

We keep quiet cause we're dead if they knew,

So close your eyes,

Escape this town for a little while.

 

Cause you were Romeo, I was a scarlet letter,

And my daddy said: "Stay away from Juliet."

But you were everything to me,

I was begging you: "Please, don't go."

And I said:

 

Romeo, take me somewhere we can be alone.

I'll be waiting, all there's left to do is run.

You'll be the prince and I'll be the princess.

It's a love story, Baby, just say yes.

 

Romeo, save me,

They try to tell me how to feel.

This love is difficult, but it's real.

Don't be afraid, we'll make it out of this mess.

It's a love story,Baby, just say yes.

 

Oh oh oh...

 

I got tired of waiting,

Wondering if you were ever comin' around.

My faith in you was fading

When I met you on the outskirts of town.

And I said:

 

Romeo, save me, I've been feeling so alone.

I keep waiting for you, but you never come.

Is this in my head? I don't know what to think.

He knelt to the ground and pulled out a ring

And said:

 

"Marry me, Juliet, you'll never have to be alone.

I love you and that's all I really know.

I talked to your dad, Go pick out a white dress.

It's a love story, Baby, just say yes.

 

Oh oh oh...

Oh oh oh....

 

'Cause we were both young when I first saw you.

 

 

Vollkommen erstaunt und auch etwas heftig getroffen blickte ich auf die Stelle, wo gerade noch der Bildschirm gewesen war. Sobald das Video fertig gewesen war, hatte Teti den Laptop auch schon wieder geschlossen und weggestellt. Aber ich konnte immer noch nicht glauben, was ich da gerade gesehen hatte. Es war wirklich so wie sie es sagte: Es erinnerte sehr an unsere eigene Geschichte.

 

Wir waren zwar nicht Romeo und Julia und unsere Familien waren auch nicht wirklich verfeindet gewesen, aber auch unsere Liebe war zu Beginn schwer gewesen, egal in welchem Leben. Der Satz „This love is diffucult, but it’s real“ wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen, denn es war genau das, was ich in den ersten 3 Jahren, die wir uns kannten, immer wieder gedacht hatte. Es war das gewesen, was mir geholfen hatte, bei dem ganzen Trouble, den es gegeben hatte, nicht verrückt zu werden, immer genau vor Augen zu haben, was richtig war.

 

„Mom, Dad, es ist ziemlich kalt da oben“, sagte Seth vorsichtig, als er die Treppe herunter kam. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass er Ärger bekommen würde, weil er einfach aus dem Bett aufgestanden war, und das zu einer ziemlich späten Uhrzeit. Heute würde er jedoch keinen Ärger bekommen. Ich war froh, die beiden wieder bei mir zu haben, und ich wusste, dass es für Seth nicht einfach war, wieder an einem neuen Ort Fuß fassen zu müssen.

 

„Weißt du was?“, fragte ich und stand langsam von der Matratze auf. „Ich weiß, du bist ein großer Junge, aber du legst dich jetzt zu Mom, während ich noch mal schnell losfahre und einige Decken besorge. Hier ist es wirklich kalt und die Heizung muss erst noch gewartet werden“, schlug ich vor und Seth nickte vorsichtig. Teti lächelte mich warm an und ich wusste, dass ich das Richtige entschieden hatte. Sie hob ihre Decke etwas an und ließ Seth darunter krabbeln. Es tat wirklich gut, die beiden so zu sehen. Die wichtigsten Menschen in meinem Leben, wie sie friedlich zusammen gekuschelt auf dieser Matratze lagen und mir mit einem Blick zu verstehen gaben, dass auch ich der wichtigste Mensch in ihrem Leben war.

 

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* Love Story - Taylor Swift

 

 

 

 

 

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